18.01.2015 - 14:43 Uhr
Meggi
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Don Incenso schlägt zurück
Um nicht sofort antworten zu müssen, nahm der greise Don Incenso einen bedächtigen Schluck aus seinem Glas und stellte es anschließend sorgfältig in den Abdruck zurück, den es auf dem Tischtuch hinterlassen hatte. Er brauchte Zeit, um ruhig zu bleiben, sich nicht anmerken zu lassen, dass Avvocato Sorpreso Scatola-Mandarino ihn für einen Moment überrumpelt hatte.
„Da packt er jetzt seine Akten zusammen, kann kaum sein schleimig-selbstzufriedenes Grinsen unterdrücken und glaubt, er hätte mich gekriegt“, dachte der Patriarch. Dottore Scatola-Mandarino war einer der etwas jüngeren Partner der alteingesessenen Kanzlei Cardamomo, Coriandolo e Cumino, die an der vornehmen Via Principe di Bel-Odore in Palermo residierte. Trotz seines exotischen Namens war der Avvocato vollständig eingesüdet in den speziellen Habitus der Kanzlei. Dort stänkerte keiner aus der Reihe, dafür sorgte der geschäftsführende Partner Dottore Olfactio Cumino schon.
In Wirklichkeit steckte natürlich ohnehin die Familie Orientalo hinter diesem öligen Juristen-Pack. Das wusste jeder, erst vor drei Monaten hatte erneut eine entsprechende Hochzeit stattgefunden, diesmal waren es einer der Enkel des alten Coriandolo und eine Orientalo-Großnichte gewesen. Die Orientalos waren scharf auf die Geschäfte des Don, scheuten allerdings die handfeste Auseinandersetzung. Passte ja sowieso alles irgendwie nicht mehr so richtig in die Zeit mit dem ständigen gegenseitigen Abgemurkse. Man war doch nicht in einem Mafia-Film hier. Also versuchten die Orientalos mit Unterstützung eben jener Anwälte, die Aktivitäten des Don zu übernehmen.
Sie glaubten, ihm bei moderneren Methoden der Kriegführung überlegen zu sein, weil in seinem Clan immer noch er, der alte Don, das Zepter allein in der Hand hatte und er schlichtweg einer längst vergangenen Zeit entstammte. Aber er hatte seine Trümpfe und gleich zwei davon würden innerhalb weniger Stunden eintreffen.
Schweren Herzens hatte er vor fast vierzig Jahren seine einzige Tochter Cedra in den Norden ziehen lassen, wo sie in die aufstrebende Holzfabrikanten-Familie Sandalo eingeheiratet hatte. Zu seiner – dereinst - ungeheuren Verblüffung (in Sachen Emanzipation musste er sich widerwillig selbst eine gewisse Gestrigkeit attestieren) war sie zügig Vorsitzende des Verwaltungsrates geworden und führte die Geschäfte straff und erfolgreich. Zudem stand sie ihm außerordentlich diskret bei Finanzierungsfragen auch anrüchiger Art mit mehr praxiserprobt-zeitgemäßer Kompetenz zur Seite, als es sich das Anwalts-Gesocks je träumen lassen könnte. „Heute brauche ich ihre Erfahrung dringender denn je“, gestand sich der Don ein.
Wenige Stunden später würde ihre jüngste Tochter Ambera Betulla eintreffen, mittlerweile eine verheiratete Cuoio. Fern vom Blickfeld der palermischen Sippen war aus seiner Enkelin (und darüber war seine Überraschung dann schon bereitwilliger gewichen) während ihrer erst kurzen Tätigkeit in der Kanzlei Olibanum & Profumum in Rom eine vorzügliche Anwältin geworden, die mit ihrem frisch-verbindlichen Auftreten einen glasklaren Verstand verbarg. „Damit wird sie einen Lackaffen vom Cardamomo-Kaliber schneller enteiern, als der seine Nase über die junge Frau rümpfen kann“, amüsierte er sich nun still. „Und heute ist ihr Können für mich wichtiger denn je.“
Es war zwischen ihnen dreien alles grundsätzlich bereits besprochen worden und die vorwitzig-freche Bemerkung des Avvocato von vorhin würde den Plan nicht nennenswert ändern: Durch die Begebung von Genussscheinen, platziert auf dem britischen Kapitalmarkt, würde er die erforderlichen Mittel beschaffen, die Orientalos auf diesem einen Schlachtfeld rasch und nachhaltig in ihre Schranken zu weisen, und zwar – das war der Clou - auf völlig legale und konventionelle Weise. Sicher, sie würden es anderswo wieder versuchen, auch mal die Oberhand behalten, aber nicht jetzt. Denn obgleich er gerne im Hintergrund blieb, hier und heute hatte einzig einer das Sagen: Don Incenso Inglese.
„Da packt er jetzt seine Akten zusammen, kann kaum sein schleimig-selbstzufriedenes Grinsen unterdrücken und glaubt, er hätte mich gekriegt“, dachte der Patriarch. Dottore Scatola-Mandarino war einer der etwas jüngeren Partner der alteingesessenen Kanzlei Cardamomo, Coriandolo e Cumino, die an der vornehmen Via Principe di Bel-Odore in Palermo residierte. Trotz seines exotischen Namens war der Avvocato vollständig eingesüdet in den speziellen Habitus der Kanzlei. Dort stänkerte keiner aus der Reihe, dafür sorgte der geschäftsführende Partner Dottore Olfactio Cumino schon.
In Wirklichkeit steckte natürlich ohnehin die Familie Orientalo hinter diesem öligen Juristen-Pack. Das wusste jeder, erst vor drei Monaten hatte erneut eine entsprechende Hochzeit stattgefunden, diesmal waren es einer der Enkel des alten Coriandolo und eine Orientalo-Großnichte gewesen. Die Orientalos waren scharf auf die Geschäfte des Don, scheuten allerdings die handfeste Auseinandersetzung. Passte ja sowieso alles irgendwie nicht mehr so richtig in die Zeit mit dem ständigen gegenseitigen Abgemurkse. Man war doch nicht in einem Mafia-Film hier. Also versuchten die Orientalos mit Unterstützung eben jener Anwälte, die Aktivitäten des Don zu übernehmen.
Sie glaubten, ihm bei moderneren Methoden der Kriegführung überlegen zu sein, weil in seinem Clan immer noch er, der alte Don, das Zepter allein in der Hand hatte und er schlichtweg einer längst vergangenen Zeit entstammte. Aber er hatte seine Trümpfe und gleich zwei davon würden innerhalb weniger Stunden eintreffen.
Schweren Herzens hatte er vor fast vierzig Jahren seine einzige Tochter Cedra in den Norden ziehen lassen, wo sie in die aufstrebende Holzfabrikanten-Familie Sandalo eingeheiratet hatte. Zu seiner – dereinst - ungeheuren Verblüffung (in Sachen Emanzipation musste er sich widerwillig selbst eine gewisse Gestrigkeit attestieren) war sie zügig Vorsitzende des Verwaltungsrates geworden und führte die Geschäfte straff und erfolgreich. Zudem stand sie ihm außerordentlich diskret bei Finanzierungsfragen auch anrüchiger Art mit mehr praxiserprobt-zeitgemäßer Kompetenz zur Seite, als es sich das Anwalts-Gesocks je träumen lassen könnte. „Heute brauche ich ihre Erfahrung dringender denn je“, gestand sich der Don ein.
Wenige Stunden später würde ihre jüngste Tochter Ambera Betulla eintreffen, mittlerweile eine verheiratete Cuoio. Fern vom Blickfeld der palermischen Sippen war aus seiner Enkelin (und darüber war seine Überraschung dann schon bereitwilliger gewichen) während ihrer erst kurzen Tätigkeit in der Kanzlei Olibanum & Profumum in Rom eine vorzügliche Anwältin geworden, die mit ihrem frisch-verbindlichen Auftreten einen glasklaren Verstand verbarg. „Damit wird sie einen Lackaffen vom Cardamomo-Kaliber schneller enteiern, als der seine Nase über die junge Frau rümpfen kann“, amüsierte er sich nun still. „Und heute ist ihr Können für mich wichtiger denn je.“
Es war zwischen ihnen dreien alles grundsätzlich bereits besprochen worden und die vorwitzig-freche Bemerkung des Avvocato von vorhin würde den Plan nicht nennenswert ändern: Durch die Begebung von Genussscheinen, platziert auf dem britischen Kapitalmarkt, würde er die erforderlichen Mittel beschaffen, die Orientalos auf diesem einen Schlachtfeld rasch und nachhaltig in ihre Schranken zu weisen, und zwar – das war der Clou - auf völlig legale und konventionelle Weise. Sicher, sie würden es anderswo wieder versuchen, auch mal die Oberhand behalten, aber nicht jetzt. Denn obgleich er gerne im Hintergrund blieb, hier und heute hatte einzig einer das Sagen: Don Incenso Inglese.
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