Ein Glücks-Cocktail für die Nase
Kürzlich durfte ich wieder einige Stunden in meiner Lieblingsparfümerie – zumindest in Deutschland – verbringen: der Kurfürstenparfümerie in Mannheim. Denn fast nirgendwo sonst in Deutschland erhält der ambitionierte Amateur so viel Wissen, so reiche Geschichten, so gute Tipps und so spannende Düfte zu riechen. Gerade dann, wenn man das Glück hat, von der Gründerin Elke Popp persönlich betreut zu werden.
Wenn ich solch eine Reise in die Welt der Düfte mache, bringe ich mir gerne etwas mit. Aber nur dann, wenn sich meine Nase wirklich verführt, neugierig getroffen und gerne etwas verwirrt fühlt. So wie dieses Mal von Aican von Kajal. Zugegeben: Die Pariser Marke kannte ich zuvor noch nicht. Und sie war auch nicht das Ziel meines Besuches. Aber als mir diese wundervollen, großartig gestalteten Flacons geöffnet wurden, war es um mich und speziell meine Nase geschehen.
Kurz zur Marke: Die Flakons des 2014 gegründeten Dufthauses fallen sofort ins Auge: Mächtig, quadratisch, hochwertig mit überdimensionalem gold-schwarzer Verschluss. Schwer, aber gut liegen die luxuriösen Flakons in der Hand. Von Bescheidenheit oder gar Demut, wie Khajal aus dem arabischen übersetzt bedeuten soll, ist wenig zu spüren. Vielmehr spiegelt sich in Aican die Liebe zum Luxus wider.

Eine verführte Nase
Beim Öffnen des Flakons kriecht sofort ein fruchtig-süßer wie saftiger Cocktail aus Passionsfrucht, aus Ananas, aus Mandarine in meine Nase, ohne im kleinsten Maße klebrig zu sein. Kein Wunder: Für die kreative Arbeit ist der Parfümeur Gökhan Şimşek verantwortlich, der gerne mit diesen fruchtigen Ingredienzen arbeitet.
Jeder Fruchtakzent lässt sich klar identifizieren, als wäre er die einzige Kopfnote. Dominieren Ananas und Passionsfrucht ganz am Anfang, schiebt sich die süße Mandarine immer stärker nach vorne, die aber weniger an die Frucht aus dem Obstkorb, denn an ein leckeres Bonbon erinnert.
Mit der Zeit rüttelt immer stärker ein cremiger Amber-Akkord an dem fruchtigen Thron, bis er ihn Schritt für Schritte, Stufe für Stufe bestiegen hat. Aber Moment: Da taucht plötzlich auch noch ein intensiver Hauch von Vetiver auf – vermutlich die zart-cremige und überhaupt nicht-rauchige Sorte aus Haiti, über die ich kürzlich hier geschrieben habe. Auf jeden Fall schaffen es die cremigen Noten, dass sich meine Nase endgültig verführt dem schönen Duft hingibt.

Aican oder Almaz? Aican!
Ich gebe ja zu: Lange konnte ich mich nicht zwischen Aican und dem ebenfalls formidablen Almaz von der gleichen Marke entscheiden: beide liefern eine Art lang anhaltenden Frucht-Cocktail, der mir bis zum Morgen vor meinem Besuch völlig fremd war. Doch während bei Almaz nach einem Auftakt aus Beeren und Passionsfrucht die weiche Zartheit des Cremigen dominiert, lässt mich der fruchtige Akkord von Aican mit seiner orientalischen, auch vom Vetiver mitgeprägten Tiefe auch nach Stunden nicht los.
Richtig gelesen: nach Stunden; denn Sillage und Haltbarkeit sind enorm und überbordend.
Eine Frucht-betrunkene Nase
Natürlich kommt der Marke zu Gute, dass diese Art der Gourmand-Düfte, der Frucht-Bomben im Trend liegen. Auch meine Nase wurde erst kurz erschreckt und dann verführt, auch wenn sie zuvor mit allem Fruchtigem und Süßem eher auf Kriegsfuß stand.
Und ist dieser Duft jetzt eher männlich? Oder weiblich? Oder doch unisex? Diese Frage stellt sich nicht. Einfach gesagt: Wer seine Nase von cremigen, teils gewärmten Früchten verführen lassen will, findet hier sein Glück. Die anderen sollten sich davon eher fern halten. Denn danach ist jede Nase ziemlich Frucht-betrunken.
Kurz zur Duftpyramide (laut parfumo.de):
– Kopfnote: Passionsfrucht, Mandarine, Ananas,
– Herznote: Ingwer, Jasmin, schwarzer Pfeffer
– Basisnote: Praline, Moschus, Sandelholz, Vanille, Amber, Patschuli, Vetiver
Die Marke habe ich noch nicht getestet, mich schrecken die Flakons ab :) Vielleicht sollte ich meine Vorurteile überwinden.
Mit fruchtigen Düften allerdings kann man mich jagen :)
Den Duft kenne ich leider noch nicht aber dein Eintrag macht Lust auf mehr :)