Im Labor: Vetiver-Sorten im Vergleich
Im ersten Teil meines Beitrages über das Süßgras Vetiver bin ich auf die Herkunft und meinen aktuellen Vetiver-Favoriten eingegangen. Schon da hatte ich geschrieben, dass es sehr unterschiedliche Arten gibt: Von unterschiedlicher Herkunft, aus unterschiedlichen Regionen, mit unterschiedlichen Ausprägungen. So gibt es auf dem Markt zahllose Essenzen, die aus den Wurzeln dieser wundervollen Süßgrasart gewonnen wurden. Also musste ich einen Test machen, um einige Vetiver-Arten zu vergleichen.

In diesem 2. Teil meiner kleinen Vetiver-Serie stelle ich daher die 6 Vetiver-Sorten vor, die ich selbst besitze und in meinem kleinen Labor getestet habe: Und zwar aus Haiti, Hawaii, Java und Sri Lanka. Auch habe ich sie grob eingeschätzt, um auf sie selbst künftig gezielt zuzugreifen.
Vetiver Haiti
Quelle: Perfumiarz (Albert Vieille) | CAS: 8016-96-4
Dieses Vetiver von Albert Vieille stammt aus den Wurzeln des Vetiver-Gewächses in Haiti. Für mich ist es aktuell mein Lieblings-Vetiver, gerade weil es sich so vielseitig einsetzen lässt. So verfügt es über einen fast schon puren und sehr sanften Geruch. Am Riechstreifen spürt man zu Anfang das Erdig-Holzige, eine leichte balsamische Süße, ganz bisschen Pfeffriges. Es ist deutlich cremiger als das Vetiver Sri Lanka und – und das kann in der Komposition wichtig sein – verzichtet auf die rauchigen Nuancen beispielsweise. der javanischen Sorte. Dieses im Vergleich fast schon zarte, angenehme Vetiver verliert auch nach mehreren Tagen nur wenig von seiner Intensität. Dies zeigt, warum Vetiver als natürlicher Fixativ gerne in Parfüms eingesetzt wird.
Vetiver Java
Quelle: De Heskerij | CAS: 8016-96-4
Aus Indonesien, genau gesagt aus Java, stammt dieses Vetiver, wieder destilliert aus den Wurzeln des Süßgrases per Wasserdampf. Seit dem Kauf ist es mein zweites Lieblings-Vetiver – und zwar für die rauchig-würzigen Momente in Parfümkonzeptionen. Im ersten Moment riecht es weniger holzig, dafür süßer, warmer, dunkler, intensiver. Auch ist es deutlich rauchiger als die Sri Lanka und Haiti-Versionen. Nach einem Tag ist die rauchige Note noch leicht wahrnehmbar, dazu das Erdige. Die Süße ist verschwunden. Bei einem mehrtägigen Vergleich nahm ich dieses Vetiver zwar als intensiver als das Vetiver aus Sri Lanka, aber als schwächer als das Vetiver aus Haiti wahr. Trotzdem bleibt die rauchige Note weiter erhalten. Bei künftigen Vetiver-Entwürfen, bei denen ich eher die rauchige, torfige Note in den Fokus stellen will, werde ich auf dieses Java-Öl zugreifen.
Vetiver Indonesia
Quelle: Tokopedia | CAS: unklar
Direkt aus Indonesien habe ich mir dieses Vetiver über einen Online-Store und einen Freund liefern lassen. Dabei handelt es sich um reines 100%iges Öl, das durch direkte Destillation ohne Vermischung aus frischem Qualitäts-Vetiver aus Indonesien gewonnen wurde. Die fehlende Verdünnung erkennt man übrigens sofort an der zähen, klebrigen Flüssigkeit, die jede Pipette schnell verschließen lässt. Zu Anfang wirkt diese Sorte cremig und dunkel. Ähnlich wie beim Hawaii-Vetiver spürt man zu Anfang neben Holz auch viel Erde, Boden und eine leichte Süße. Der rauchige Lagerfeuergeruch vom Java-Vetiver kommt mit der Zeit immer intensiver auf. Durch diesen Verlauf bin ich etwas unentschlossen, wie ich dieses in Entwürfe integrieren könnte. Ich muss wohl viel testen.
Vetiver Sri Lanka
Quelle: De Hekserij | CAS: 84238-29-9
Erdig, würzig, holzig – aber ohne balsamische Süße wie bei Vetiver Java und ohne die rauchigen Aspekte wie beim Vetiver aus Hawaii oder Java: Dies sind meine ersten Empfindungen, wenn ich das Vetiver aus Sri Lanka teste. Das Sri Lanka-Öl ist daher weniger schwierig zu verwenden, da keine Würze, kaum Rauchigkeit, keine Süße hervorsticht. So lässt sich dieses Vetiver sicherlich gut in holzigen Akkorden integrieren – mit etwas Zedern- und Sandelholz. Das Problem dieses Vetiver: Nach einem Tag hat es seine Kraft fast völlig verloren, auf dem Riechstreifen ist nur noch eine leichte, immer stärker verfliegende Holznote vernehmen, mehr nicht. Da hält die beschriebenen Vetiver-Sorten aus Haiti und Java deutlich länger.
Vetiver Hawaii 10%
Quelle: Parfumseminar.de | CAS: unklar
Bei diesem Vetiver handelt es sich – so die Beschreibung – um reines und bestes Hawaiianisches Vetiver Öl aus Bioanbau in einer vorverdünnten 10%igen Konzentration. Zumeist ist Hawaiianisches Vetiver tief erdig und rauchig geprägt. So auch hier: Kräftig, mächtig, intensiv, tief – und auch holzig. Zum Holz kommt etwas Erdiges und Modriges, ja, feuchte Erde. Eichenmoos und Patschuli würden hierzu passen. Mit den Minuten dringt immer stärker die Lagerfeueratmosphäre durch: Leichtes Karamell, etwas Schärfe, würzige Tiefe, die den Holzgeruch zurückdrängt. Nach einem Tag hat das Vetiver das Erdige verloren und das Holzig-Würzige und Dunkel-Rauchige dominiert. Auch nach mehreren Tagen ist es im Vergleich zu den anderen Vetiver-Sorten deutlich holziger geblieben.
Vetiveryl Acetate 50% in Ethanol
Quelle: Pellwall (IFF) | CAS 62563-80-8
Dieses halbsynthetisches Produkt von IFF basiert auf dem Vetiver-Öl in Java – 50% in Ethanol aufgelöst. Es ist deutlich holziger und balsamischer als das Vetiver Hawaii oder die anderen rein natürlichen Vetiver-Essenzen. Warm und holzig, aber mit deutlicher Rauchnote, so wirkt es etwas eleganter als beispielsweise das zu Anfangs fast schon brachiale Lagerfeuer-Vetiver aus Hawaii. Dass Vetiveryl Acetat häufig in holzigen, Ambre- und Chypre-Parfüms wegen seiner langanhaltenden Beständigkeit verwendet wird, merkt man recht bald: Auch 24 Stunden später hat der Geruch auf dem Riechstreifen kaum an Intensität eingebüßt.
Work in Progress
Auch wenn die Vetiver-Sorten natürlich eine gewisse Ähnlichkeit haben, besitzen sie alle ihre besondere Note: Da ist das stärker Rauchige, das balsamisch Holzige, das dauerhaft Bleibende, das kurze Brachiale. Und genau dies macht Vetiver in der Parfümkunst zu so einer grandiosen Essenz.
Wenn ich weitere Sorten am Testen bin – und einige Tipps habe ich hier bereits erhalten –, werde ich sie mit Sicherheit ergänzen. Daher muss ich auch an dieser Stelle natürlich an die Vetiver-Fanfamilie fragen: Gibt es Vetiver-Arten, die ich vergessen habe und unbedingt mal testen sollte?
Ach ja: Und jetzt?
Vetiver soll auf einem Riechstreifen bis zu 320 Stunden wahrnehmbar sein. Meine persönlichen Erfahrungen sind ähnlich: Die Haltbarkeit bei den meisten ist enorm, auch über viele Tage hinweg. So überrascht es nicht, dass Parfümeuren Vetiver gerne als natürlichen Fixativ einsetzen.
Doch wie und wo lässt sich Vetiver einsetzen? Mit Sicherheit für waldige, hölzerne Düfte. Durch den holzig-erdigen Aspekt verträgt sich Vetiver sicherlich gut mit weiteren Holznoten wie Sandel- und Zedernholz, auch mit Patschuli und mit Eichenmoos. Dies können wir in der Zusammensetzung vieler Parfüms erkennen. Gleichzeitig könnte ich mir gut vorstellen, dass sich Vetiver perfekt mit anderen grünen Pflanzen und Kräuternoten kombinieren lässt – und natürlich mit Chypre-Düften, die auf dem Zusammenspiel zwischen frischen Zitrusölen und warmen, holzig-moosigen Noten basieren. Auf jeden Fall ist Vetiver eine für mich schon jetzt wichtige Komponente, um Parfüm-Kompositionen nicht nur mehr Langlebigkeit, sondern auch mehr Tiefe zu verleihen bzw. einzuhauchen.
„Vetiver: Addicted to you“, schrieb ich über den ersten Teil meines Beitrages. Darum wird das Süßgras auch der Protagonist meiner nächsten Komposition werden. Jetzt muss ich nur noch die passenden Mitspieler finden 😉. Ich werde darüber berichten.

Ich besitze nur zwei Vetiveröle von Primavera. Vetiver Bio (schwer, dunkel, erdig, tief und warm) und Vetiver Bourbon gereift (holziger, noch tiefer, tabakartig, schwarz, zäh, aber auch erhellend).
Die Wirkung, die Vetiver in der Aromatherapie zugeschrieben wird, finde ich auch sehr interessant. Im Buch "Himmlische Düfte" von Fischer-Rizzi steht z.B.: ...Verbindung mit den Kräften der Erde...Stärkung, Energie, Regeneration...Hilfe für "Entwurzelte"...gut bei Nervosität, Erschöpfung, Stress oder Magersucht...
Ich kombiniere es gern mit Rosengeranie, da es so für viele Menschen gefälliger wird.
Danke für deinen Beitrag! So etwas bringt einen echt weiter!