Nick
Mein Dufttagebuch
vor 11 Monaten - 16.08.2024
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Ikonische Momente für die Nase

Kürzlich habe ich wieder einmal viel Zeit in zwei wunderbaren, kleinen Parfümläden in Berlin verbracht. Lange haben wir dort über aktuelle Marken und Trends, über die Veränderungen von Düften, über frühere und heutige Ingredienzen gesprochen. Und über die sich verändernden Qualitäten und Preise. Natürlich musste ich zuletzt auch wieder etwas mitnehmen. 

Natürlich wurde ich gefragt, was ich suche? Ich bin ein Vetiver-Addicted (ja, das Vetiver von Heeley werde ich mir auch noch holen müssen), aber auch ein Freund von Sandelholz-Düften, von nicht zu schwerem Oud, von warmen Leder, von Zitrusdüften mit Fokus auf Yuzu und schwarzer Zitrone, von Wacholder. Und zu vielen habe ich schon meine - aktuellen - Lieblingsdüfte gefunden.

Doch was sind Lieblingsdüfte?
Wenn ich mich auf die Suche nach Düften begebe, dann hoffe ich auf Gerüche, die ich sofort wiederkennen, die mich sofort in diese Zeit zurückversetzen, die mich auch künftig nicht mehr loslassen werden, also wirkliche Signature-Düfte, auch wenn sie meine Nase teils erschrecken, nerven, aufregen, durchschütteln, aber stets neugierig machen. Darum: wer mit seinen beliebtesten Düften wirbt, hat bei mir schon verloren.

9 Signature-Düfte
Doch was sind für mich solche ikonischen Momente für die Nase? Wenn ich die letzten 20-30 Jahre Revue passieren lasse – ja, das Alter nagt etwas –, dann habe ich bis heute einige wirkliche Klassiker in der Nase. Spontan denke ich an diese 9 Düfte:

1) Eau Sauvage von Christian Dior, aber bitte das alte aus den 90er Jahren (okay, die Version von 1966 habe ich nicht!), das erste Männerparfüm von Dior, ein zitriges Chypre, das ich behüte wie meinen größten Schatz. Es gab für mich bis heute kein besseres Parfüm, das der Zitrusnote auch durch das Hedione eine solche Eleganz wie Leichtigkeit geschenkt hat, begleitet von einem dahinfließenden Eichenmoos ... wundervoll. Und sorry, nein, die aktuelle Version ist nix für meine Nase. Wenn Eau Sauvage, dann nur mit Edmond Roudnitska.

2) Das Eau Pour Homme von Armani aus den 1980er Jahren – also ein weiterer Klassiker –, das ich ebenso tief im Dunkeln verstecke und dessen Nachfolger meine Nase nie wieder richtig beglückt haben. Ein Fougère-Vintage-Duft, der – vielleicht neben dem viel zu früh verblichenen Attitude – wirklich in seiner unaufgeregten Eleganz für diese Marke stand. Wie konnte man dieses nur einstellen!

3) Natürlich das früher omnipräsente Fahrenheit von Christian Dior, diesen würzigen Klassiker, über das ich hier schon mal geschrieben habe. Und das mir immer noch, wenn ich es heute rieche – wenn auch kaum mehr trage –, ein Lächeln entlockt, da es mich in eine frühere Zeit versetzt.

4) Die damals neue marine Frische des Cool Water von Davidoff von 1988, von Pierre Bourdon, weil es für mich der erste stark aquatisch geprägte Duft überhaupt war, der eine solche frische Brise aus Lavendel und Minze verströmte, dass ihn mir meine damalige Freundin immer wieder gemopst hatte.

5) Das würzig-männliche Safari for Men von Ralph Lauren (1992) in diesem auffälligen, chicken Flakon, für mich ein wirkliches Statement, ein Gentleman-Duft, für den ein gewisses Alter und ein elegantes Auftreten nötig ist. Und ja, James Bond könnte ihn natürlich ganz wunderbar tragen.

6) Das leicht störrische l'Ether von Olivia Giacobetti der leider viel zu früh verschwundenen Marke IUNX (damned!). Wer einmal die Chance hatte, diese holde Kombination aus warmen Sandelholz und kühlem Weihrauch einzuatmen und nasal zu erleben, wird ihn nie wieder vergessen bzw. diesen sofort immer wieder erkennen.

7) Das edle Santal de Mysore von Serge Lutens (1997), bei dem das tief-warme Sandelholz auf cremiges Karamell trifft und für einen wärmenden, lang anhaltenden Gourmand-Duft sorgt. Schwer die Wange umschmeichelnd, mit einer ewigen Haltbarkeit – speziell für den tiefen Herbst und Winter.

8) Das schnell zum Klassiker avancierte Terre d'Hermès von Jean-Claude Ellena aus dem Jahre 2006, der wahrscheinlich in jedem gut gepflegten dunklen Schrank eines Parfümliebhabers steht und dort ab und zu die holzig-würzige Frische versprüht, die kein Hermès-Ableger jemals wieder erreicht hat. Merci, Monsieur Ellena, pour vos créations chez Hermès. Ja, ich habe vor 1 Jahr über ihn hier geschrieben.

9) Oder aber das zitrisch-frische L'Eau d'Issey pour Homme von Issey Miyake aus dem Jahre 1994, das ich selbst nie getragen habe, weil es zwei meiner besten Freunde für sich entdeckt hatten und ich nicht mit diesen "verwechselt" werden wollte, auch wenn dieser Duft von damals mich bis heute fasziniert. Vielleicht sollte ich doch mal darüber nachdenken ..

Warum diese 9 hier?
Diese 9 und einige mehr, die meine Nase nur für diesen Moment verdrängt hat, sind wirkliche Signature-Düfte – auch wenn ich einige davon heute nicht mehr tragen (will). Und selbst wenn seitdem Tausende von weiteren Parfüms die Welt entdeckten: solche Gerüche wird meine Nase immer wieder erkennen. Und bei wie vielen neuen Parfüms ist dies heute der Fall?

Und ihr so?
Jetzt meine Frage in die Runde: Das sind auf jeden Fall einige meiner Ikonen. Ich gehe davon aus, dass ihr selbst solche habt, die ihr sofort erkennt.

Welche sind es denn? Ich bin neugierig ...

27 Antworten
TurbobeanTurbobean vor 11 Monaten
Wer dem Ur-Cool Water nachtrauert, dem empfehle ich den Nachbau von Dua. His Dua Water heißt es, glaube ich. Man wird sofort in die damalige Zeit versetzt. Schöner Blog.
NickNick vor 11 Monaten
@Turbobean Genau Scentit meinte ich. Ich habe nur das Gefühl, dass ich dort gleich mehrere besorgen muss - und ich denke dabei nicht nur an das River Fougère. Da spielt Porto dann bald keine Rolle mehr 🤪. Aber auf das wird es wohl rauslaufen, wenn ich alle gerne mal testen will 👃🏽
TurbobeanTurbobean vor 11 Monaten
@Nick Besorg dir doch ein paar Abfüllungen von Scentit London. Porto ist dann 14 Euro und noch 10 Euro Zoll, wenn du Pech hast. Aber den His Dua Water würde ich gleich als als Flakon bestellen und bei Nichtgefallen kriegst du ihn im Souk gut los.
NickNick vor 11 Monaten
Danke dir fürs Kompliment, @Turbobean. Und was Dua betrifft: die Marke wurde schon öfters erwähnt. Würde ich gerne mal durchriechen. Nur außer online in GB und in den USA ist das leider etwas schwer. Oder hast du ne Idee?
JSoneJSone vor 11 Monaten
Echt ein tolles Parfüm!
JSoneJSone vor 11 Monaten
Das Cool Water von Davidoff
NickNick vor 11 Monaten
@JSone Welches meinst du denn von den 9?
JackWalshJackWalsh vor 11 Monaten
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Ganz ganz toll geschrieben….
Sowas lese ich mit Begeisterung….
Kenzo Homme vergessen???
NickNick vor 11 Monaten
Danke dir! Ich habe Kenzo Homme selbst nie getragen. Aber es würde definitiv in die Liste passen, @JackWalsh. Muss es wohl mal wieder selbst testen ☺️
Alexza74Alexza74 vor 11 Monaten
Bei mir wären das eindeutig White Musk von The Body Shop und Samsara. Mehr Erinnerung an die Vergangenheit geht nicht. Beim Herrenduft: Minotaure. Männer mit diesem Duft waren automatisch toll ☺
NickNick vor 11 Monaten
@Alexza74 Das kenne ich übrigens auch, dass man bei besonderen Düften den Menschen mit ganz anderen Augen sieht. Wie heißt es hier so schön: Ich kann dich gut riechen 😉. Ansonsten werde ich Minotaure mal testen ...
SchoeibksrSchoeibksr vor 11 Monaten
Wenn du Yuzu magst : J-Scents Yuzu
Wenn du Vetiver & Eichenmoos mit Yuzu & anderer Zitrik in natürlich magst : Vêtu de Vert von Motif Olfactif
Du magst scheinbar auch Fougères - Dua hat mit River Fougere eine gelungene Nachbaut von YSLs Rive Gauche pour Homme. :)
NickNick vor 11 Monaten
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Danke dir, @Schoeibksr.
Yuzu von J-Scents habe ich gleich auf meine Test-Liste gepackt. Bisher habe ich Yuzu nur von Heeley und von der wunderbaren Patricia de Nicolaï aus Paris.
Und auf das krautige River Fougère von Dua bin ich schon länger neugierig. Mal sehen, wo ich beide riechen darf ...
AbscheBoAbscheBo vor 11 Monaten
Da Du vom Wandel von Inhaltsstoffen über die letzten Jahrzehnte berichtest: Das wird sich m.E. verschärfen. Es stehen 56 neue Allergene zur Deklaration an, wenn sie in einer Konzentration größer als 0,001% in Parfüms enthalten sind. Neue deklarationspflichtige Allergene sind u.A. die Naturöle von Lavendel, Jasmin, Ylang-Ylang, Sandelholz und Bergamotte. Das allergene Potential von Ylang-Ylang und Sandelholz wird so hoch, wie das von dem mittlerweile verbotenen Lyral eingestuft. Jetzt schaut Euch mal die beliebtesten Parfüme mit diesen natürlichen Ölen an. Sehr viele ikonische Parfüms unter den aktuellen Top 100 in der Popularität/Beliebtheit. Wahrscheinlich werden alle allergenen Naturöle über kurz oder lang durch künstliche Riechstoffe ersetzt, die nachgewiesen nicht allergen sind.
NickNick vor 11 Monaten
@AbscheBo Das ist richtig. Nur habe ich schon häufig darüber gelesen, dass solche Allergien bei konzentrierten Ölen dann in 1 von 10.000 Mal oder sogar noch seltener auftreten. Darum finde ich häufig ein Verbot etwas zweifelhaft. Aber was die Reformulierungen betrifft: Ja, Bleu de Chanel zählt sicherlich dazu, nachdem es so oder so schon häufiger umformuliert wurde ....
AbscheBoAbscheBo vor 11 Monaten
Meist sind es Hautkontaktallergien. Und Parfums sind dazu gemacht stundenlang auf der Haut getragen zu werden, und wenn der Alkohol verdampft ist, als konzentrierte Öle. Ideal um eine Sensibilisierung aufzubauen. Trinken wäre unkritischer 😁. Den Bleu de Chanel Parfum sehe ich als heißen Umformulierungskandidaten …
NickNick vor 11 Monaten
@AbscheBo Sind Alkoholika beispielsweise nicht auch Luxusprodukte - z.B. die edlen Gins, Whiskeys oder Rums in meiner Vitrine? Aber unabhängig davon: Ich gebe dir recht mit dem Kampf und der fehlenden Lobby und den Herausforderungen. Gerade in meinen letzten Gesprächen mit den kleinen Duftläden landeten wir schnell bei den Preisen und den hochwertigen, sehr häufig natürlichen Essenzen. Wenn irgendwann alle bei IFF & Co. nur noch einkaufen, werden wir Liebhaber von dannen ziehen - oder uns auf unsere alten Schätze stürzen, die wir besonders intensiv wie wirkliche Schätze bewahren. So geht es mir beispielsweise schon mit dem alten Eau Sauvage.
NickNick vor 11 Monaten
@Schoeibksr Ich will dir da überhaupt nicht widersprechen. Im Gegenteil: Du hast natürlich recht. Allein aus Kostengründen werden die Top 100 Düfte kaum natürliche Ingredienzen beinhalten. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich diese Düfte nie wirklich für mich entdeckt habe. Wenn ich im Gegensatz dazu dann ein Santal de Mysore von Serge Lutens mit echtem Sandelholz rieche, dann weiß ich schon heute, was mir bald fehlen könnte.
AbscheBoAbscheBo vor 11 Monaten
Die Parfümindustrie kämpft ja gleich an mehreren Fronten (Gesundheitsschutz, Umweltschutz, Post-Kolonialismus, soziale Ausbeutung, Kinderarbeit …) und hat als (unnötiges) Luxusprodukt da wenig Gnade zu erwarten. Ich sehe schon, auch bei einigen angesagten Luxus- und Prestigemarken stillschweigende Umformulierungswellen in den nächsten zehn Jahren. Und wie grenzt man sich nun von den Designer- und den Drogeriedüften ab, wenn nicht mehr über die teuren natürlichen Zutaten? Es kaufen dann letztlich alle bei Firmenich, IFF &Co und die haben dann wiederum Probleme mit ihren Riechstoffen, wie Anreicherung im Fettgewebe (Cashmeran) und schlechte biologische Abbaubarkeit. Einige Herausforderungen …
SchoeibksrSchoeibksr vor 11 Monaten
@Nick Die Marken die du genannt hast arbeiten durchaus teilweise mit natürlichen Ingredienzen. Ich bezog mich aber explizit auf die Düfte der Top 100 Liste. Da arbeitet kein Duft mit einer ordentlichen Menge an natürlichen Sandelholz, auch wenn es gelistet sein mag. Häufig stehen auch die angeblich verwendeten Noten natürlichen Ursprungs kaum in Relation zum aufgeforderten Preis. Sonst nenne mir bitte, bei welchen Düften du der Meinung bist, dass echtes Sandelholz verwendet wird. Ich habe es in natürlicher Form pur als Öl & schon mehrfach in zahlreichen Werken im IFRA-befreiten, 100% natürlichen Artisanbereich gerochen. 🤔
NickNick vor 11 Monaten
Natürlich bestehen bereits einige aus rein synthetischen, wie @Schoeibksr schreibt. Aber definitiv nicht alle. Zudem gibt es viele Marken wie Heeley, früher IUNX, Obvious, Profumum Roma und auch viele neue Independant Marken, die mit natürlichen Essenzen arbeiten bzw. bei denen natürliche Essenzen einen wesentlichen Anteil in ihren Formulierungen bieten. Und diese Arbeit wird durch diese Verbote nicht gerade erleichtert. Naja, we will see - and smell.
NickNick vor 11 Monaten
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Leider sehe ich diese Entwicklung ganz ähnlich, @AbscheBo. Meine Nase machen diese Entwicklungen auf jeden Fall nicht gerade glücklich.
Bei Bergamot gibt es ja das Bergamot BF, das ich selbst verstärkt einsetze. Aber wenn das wundervolle intensive Sandelholz oder das gerade bei männlichen Kopfnoten so wichtige Lavendel nicht mehr eingesetzt werden dürfen, dann müssen wir uns wohl vorher noch mit alten Düften eindecken - oder künftig alles selbst erstellen.
Und auch wenn ich kein Mediziner bin: ich bin immer stärker - vorsichtig gesagt - überrascht, wie schnell man Essenzen bzw. Naturöle derzeit wegen des allergenen Potenzials verbietet. Denn Warnhinweise wären eine andere Lösung. Aber Verbote? Da müssten wir eigentlich noch ganz andere Dinge sofort aus dem Verkehr ziehen.
SchoeibksrSchoeibksr vor 11 Monaten
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Die Top 100 Düfte mit den besagten Noten bestehen in den meisten Fällen bereits aus synthetischen Ersätzen, also da wird ein Verbot von beispielsweise Sandelholz nicht viel dran ändern :D
AbscheBoAbscheBo vor 11 Monaten
Nein, aber Sandelholz und Ylang-Ylang Öle haben sich in Studien als ebenso allergieauslösend gezeigt wie Lyral, was dann wegen seiner allergieauslösenden Wirkung in Parfüms verboten wurde. Außerdem werten Prüfinstitute wie Öko- Test Parfüme ab, wenn sie solche kritischen Inhaltsstoffe haben, auch wenn sie nicht verboten sind. Eine negative Oublicity, die niemand will.
Aramis924Aramis924 vor 11 Monaten
Führt denn Deklarationspflicht in der Parfümindustrie in der Praxis häufig zum kompletten Verzicht?
Nüsse in Lebensmitteln werden ja auch deklariert ... und dennoch kann man überall Nussecken und Studentenfutter kaufen.
PollitaPollita vor 11 Monaten
L'Ether zählt auch zu meinen Lieblingen. Überhaupt die Düfte von Olivia Giacobetti. Ja, die schönsten Kreationen werden meist zu früh eingestellt. Da muss ich Dir leider Recht geben. Das klassische Cool Water in der Lancaster-Version liebe ich ebenfalls.
NickNick vor 11 Monaten
@Pollita Das freut mich. Ansonsten ist mir auch aufgefallen, wie sehr ich auf die Düfte von Olivia G. stehe. Wenn doch nicht so viele eingestellt werden würden …. Liebe Grüße aus meinem kleinen Labor.

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