Die Frage ob früher alles besser war oder nur ich anspruchsloser
Ihr kennt das doch, du stehst morgens auf und fühlst dich wie ein Neandertaler. Erst einmal metaphorisch am Hintern kratzen und an der Achsel schnüffeln, und dann ab ins Bad um den Duft des männlichen Mannes aufzutragen während das Testosteron den Jäger und Sammler in dir auf den Plan ruft.
Solche Tage habe ich ein/zwei mal jährlich, muss so eine Art Gegenstück zur Menstruation bei Frauen sein. Nur mit dem Unterschied das es absolut keinen Sinn macht, und du den ganzen Tag nach einem heute absolut untragbaren 80er Jahre Herrenparfum riechst das hauptsächlich aus Aldehyden besteht und dich damit unfassbar gut findest.
Ich also heute morgen ins Bad gelatscht, siegessicher nach dem Kouros EdT gegriffen und es fröhlich über dem halben Knaben verteilt. Und dann zig mal geduscht um den Duft von öffentlicher Toilette und Aldehyden zumindest zu dezimieren.
Wieso wir überhaupt die Analdrüsen oder ähnliches irgendwelcher armen Tiere ausgequetscht haben (oder es noch immer tun) um zu riechen wie ein inkontinenter Biber ist ein Thema für sich.
Momentan beschäftigt mich die Frage wieso ich solche olfaktorischen Erlebnisse früher tatsächlich erstrebenswert fand. Um nicht zu sagen wohlriechend.
Oder wusste ich damals schon das gewisse Noten einfach fies sind und fand sie nur gut weil es alle gut fanden? In meiner jugendlichen Sturm- und Drangzeit galt alles als schick das ohne Rücksicht auf Verluste auffiel. Kouros war der Duft des verwegenen Mannes und funktionierte wie "Des Kaisers neue Kleider": Alle wussten das es pestilenzartigen Gestank verbreitete, aber alle ignorierten ihn.
Vielleicht auch weil die Auswahl nicht so groß war wie heute und wir alle bescheidener. Vielleicht finden wir heute auch nostalgisch vieles einfach nur gut weil wir die Einfachheit wieder schätzen würden. Bei hunderten von fast gleichen wohlduftenden und edlen Rosendüften im Angebot erscheint einem der eine müffelnde Biberhintern plötzlich enorm erstrebenswert.
Und wenn wir heute darauf zurück schauen kommt wieder diese Verklärung mit ins Spiel: Ach ja, er war streng aber ein einzigartiger Klassiker. Seufz.
Nein, er hat nach Pipi und Chemie gemüffelt und tut es heute noch. Chanel no 5 ist eine synthetische Jasmindröhnung die man nur frenetisch abfeiern sollte wenn es das einzig bekannte Parfum weit und breit ist.
Und In zehn Jahren reden wir dann darüber wieso wir alle Baccarat Rouge so fantastisch fanden.
Chanels Nummer fünf mag ich auch nur in der Vintageversion, an Damen.