RoMi58

RoMi58

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11 - 15 von 29
RoMi58 vor 9 Jahren 15 5
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9.5
Duft
Angekommen!
Mag sein, Du bist müde und erschöpft. Mag sein, Du stiefelst nass und frierend durch den Matsch. Du triffst auf eine Hütte, einladendes Licht im Fenster. Du trittst durch die Tür mit der Aufschrift: „Spirit of the Glen“:

Dich umfängt wohlige, trockene Wärme. Es ist still, ein wenig staubig, aber sauber und aufgeräumt. Du meinst, ein Kaminfeuer knistern zu hören, nimmst aber keinen Rauch wahr. Der Duft der rauhen, alten Holzbohlen der Hütte und des Mobiliars umfängt Dich, zurückhaltend, nicht harzig, eher ein wenig modrig, vertraute alte Eiche, einladend und warm. Weiter hinten im Raum ein einfaches Lager auf Heu - eine Fülle duftenden Heus durchsetzt mit Wiesenkräutern, mag sein auch heilender Kamille. Du hattest schon das Aroma von frisch gemahlenem, geschroteten oder gequetschten Getreide (Gerste? Hafer?) bemerkt und siehst jetzt: Auf dem groben Holztisch ist für Dich bereitet: Getreidemüsli, frisches Brot, ein Steinkrug mit warmer Milch. Ein wenig trockene oder eingemachte Frucht - wahrscheinlich Birne - schenkt Dir dazu dezente Süße. Ein weicher Single Malt (den hattest Du gleich zu Beginn bemerkt) beschließt Dein Mahl. Du legst die Beine hoch, horchst in die Stille, bist umsorgt. Du hast alles, was Du für den Moment brauchst. Du bist glücklich angekommen!

(… angekommen wie ich bei diesem Duft: Spirit of the Glen lässt die Zeit stillstehen - und hebt die Duftpyramide auf: Alles ineinander verwoben und gleichzeitig, einfach, ausgewogen und harmonisch. Dezent und präsent. Glückliche Stunden lang anhaltend.)
5 Antworten
RoMi58 vor 9 Jahren 14 7
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Mystische Erde
Lag es am Pepperoni- roten Sprühkopf meines kleinen Rest- Pröbchens (reichend gerade für einen Tag), dass ich beim Schnuppern daran neben den grasigen und erdigen Noten etwas wie Paprika assoziierte? Seltsame Mischung!

An einem stillen Retreat- Tag dann voller Neugier die Live - Probe: Sofort wähne ich Hals und Handgelenk voll von Gras, Erde und Strohresten! Unerfahren im Analysieren von Duftpyramiden fische ich gänzlich im Trüben: „feuchte Lauberde Absolue“ - gibt‘s das vielleicht? Gras, Tau und Wiesenkräuter? Spinat, Salbei und Sauerampfer? Patchouli vielleicht für das Erdige?

Eine braun- grüne Landschaft (Schottisches Hochland im Frühsommer oder Herbst) dämmert in mein Kopfkino herauf, Sonne durchbricht die wabernden Nebelschwaden. Die Erde dampft, es duftet ein ein wenig säuerlich, erdig, warm, krautig, würzig, pfeffrig. Bei der mittäglichen Rast an der Waldböschung umweht mich Aroma von feuchter, warmer Lauberde im Blatt- flirrenden Sonnenlicht, dazu eine ganz feine, hintergründige, herbe Süße, vielleicht von einem dunklen, kräftig berindeten Bauernbrot mit Butter und herbem Edelkastanienhonig als Labung. Vielleicht wittere ich den Hauch des Aromas von Wildtieren, die in der Nähe vorbeigestreift sind? Später, weiter - es wird schon dunkel - klebt an den duftenden Kartoffeln noch die Erde - und das rauchige Holzfeuer, in dem sie gegart wurden, ist nur in der Ferne wahrzunehmen.

Natur und Kunst, schmutzig und doch so fein! Großes Duftkino für die Wochen um die Tag- und Nachtgleiche - viele Stunden lang! Ich bin hingerissen!
7 Antworten
RoMi58 vor 9 Jahren 14 9
9
Duft
Kraft und Wärme
Ein kalt- trüber Samstagmorgen Ende Februar. Halbwegs ausgeschlafen nach unruhiger Nacht, noch etwas erschöpft von einem „gebrauchten“ Freitag. In den kommenden sechs Stunden soll ich ein Seminar halten. Nachdenken vor meinem kleinen „Duftschrank“: Brauche heute etwas, das mich stützt, mir „Standing“ gibt. Finde eine Probe von Tanoke, vor einiger Zeit schon einmal getestet - das passt!

Dunkle Gewürze, Weihrauch, Harze und darüber - als Ahnung - eine eingedunkelte Citrusfrische - so begrüßt mich Tanoke und so begleitet er mich durch die folgenden Stunden, kraftvoll, wahrscheinlich körpernah, ausdauernd, warm und wohltuend. Am Ende des 6-stündigen Seminars, durch das er mich mit anhaltender Präsenz begleitet hat, hat er sich wenig verändert, die würzig- harzige und pfeffrig- funkelnde Wärme hat sich nur leicht abgeschwächt, glimmt aber weiter: Ich nehme den Weihrauch wahr, den Muskat und ein balsamisches, holziges Harz (Gujakholz, Mammutbaum der Duftpyramide?); Pfeffer und Citrus gaben im Hintergrund Schärfe und Glanz.

Aus meiner Sammlung am ähnlichsten ist Le Vetiver von Lubin - nicht nach den Duftkomponenten, die sind ganz anders: Le Vetiver ist satt strahlend dunkelgrün - Vetiver und Weihrauch mit Citrus -, Tanoke glüht in einem dunklen goldbraun - Weihrauch und Gewürze mit Harz. Charakter und Haltung aber verbinden beide: Warm und herb, streng und schützend wie ein schwerer Lodenmantel bei nasskaltem Wetter; herb- natürlich und elegant zugleich, einnehmend und doch Distanz wahrend (vielleicht kann das auch verführerisch sein?). Für einen Tag wie diesen Samstag ist dieser Duft wie geschaffen, stärkt das Rückgrat, vertrauenerweckend, freundlich, bestimmt! Großartig!

(P.S.: Weil er mich so schön durch den Tag getragen hat, sprühe ich abends zuhause etwas nach: Kleiner Fehler! - denn nach Abfall der Spannung wäre ein kuschligerer Duft jetzt passender!)
9 Antworten
RoMi58 vor 9 Jahren 25 7
5
Sillage
5
Haltbarkeit
8
Duft
It`s just tea!
Tee ist wunderbar! Grüntee, Schwarztee, Oolong, Darjeeling, Assam, Long Jing oder Wu Yi - ich genieße jeden! Fasziniert lernte ich vor Jahren erstmals einen Teeduft kennen: Tea for Two von L‘Artisan. Warum ich den damals links liegen ließ, weiß ich nicht mehr, müsste ihn erneut testen. Zur Zeit suche ich „meinen“ Teeduft.

„Infusion Assam“ ist genau das, was der Name verspricht: Warmer, würziger, vollmundiger, milder, malziger, dunkel- schimmernder Assam- Schwarztee! Assam - etwas gesüßt mit Tonka- „Kandis“. Alle weiteren Zutaten dienten nur zum Blenden dieses Tees, nicht dazu, ihm etwas hinzuzufügen. Bergamotte, Jamin, Mate nehme ich nicht eigens wahr - vielleicht kräftigen und unterstützen sie den Teecharakter einfach. Teegenuss: Unverstellt, ehrlich, feinsinnig, stimmig!

Damit ist eigentlich alles gesagt. Vielleicht noch im Vergleich zu anderen Tee- Düften, die ich zuletzt kennengelernt habe:

Gucci pour Homme II: Der will in erster Linie ein gefälliger Herrenduft sein und bedient sich dabei einer schönen, kräftigen Tee- Anleihe - aber im Gemisch mit anderen blumigen und würzigen Komponenten. Gucci pour Homme ist ein teehaltiger Allround- Alltagsduft, der Tee in Infusion Assam dagegen hat mehr Volumen und Tiefe für besondere Gelegenheiten.

Tribal Black Tea von Illuminum: Eine feine, leuchtende, duftige Earl- Grey- Jasmintee- Mischung; Infusion Assam dagegen ist dunkler, samtiger, weich- würziger Herrentee.

I-III Russian Tea von Masque ist zugleich rauchiger, schmutziger, „ländlicher“ und gröber, eher Samowar mit Himbeerkuchen als gediegener Assam.

Théssenza von Culti ist ganz anders, ein Frischeduft mit Grünteekomponente.

Harmatan Noir No. 11 von PG: Wüstentau- frischer marokkanischer Nanaminze- Schwarztee

Infusion Assam bleibt, glaube ich, recht körpernah; er schenkt ein inneres Lächeln - damit es anhält, schenke ich mehrfach am Tag nach und habe etwas Sorge, dass das Kännchen bald leer sein wird.

Infusion Assam ist nicht besonders komplex, nicht anstößig, nicht herausfordernd. It‘s just Tea! Straightforward! Nicht weniger, nicht mehr! Keine heiße 100%- Affäre, aber vielleicht der Beginn einer warmherzigen Freundschaft: Irish tea time - time to calm down!
7 Antworten
RoMi58 vor 9 Jahren 11 3
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Sternenstaub
Craft - nicht dass ich unbedingt erwartet hätte, dass er mir gefällt. Ich dachte, ich neige eher den „Naturdüften“ zu, nicht dem Synthetischen. Aber neugierig war ich!

Zu beginn eines langen anstrengenden Arbeitstags Mut gefasst und nach vorsichtigem Probeschnuppern einfach aufgesprüht: „Craft“ bedeutet ja Arbeit, Handwerk, Fertigkeit, müsste also zu diesem Tag passen: Silbergrau, blitzend, strahlend, frisch empfängt mich der Duft! Eine feuchte Kühle geht anfangs von ihm aus - diese kohlensaure Kühle vergeht nach 15-60 Minuten und danach wandelt sich der Duft im Laufe vieler Stunden nicht wesentlich weiter. Das ist gut so: Der silberweißgraue haltbare Duftglanz wird durch eine leichte Harzigkeit angewärmt und obenhin empfinde ich über einige Stunden eine Art zartes Prickeln mit einer ganz dezenten Süße: Wie Brausepulver in einem Tropfen Wasser auf einer Chromzierleiste. Im Vergleich zu anderen „hellgrauen“ Düften wie Gris Clair oder Masculin Pluriel empfinde ich Craft als klarer, heller, lebendiger. Mich hat dieser strahlende Duft (gute Sillage) durch den Tag getragen, viele Stunden lang (dezentes Nachsprühen nach ca. 5 oder 6 Std. wäre vielleicht nicht unbedingt nötig gewesen). Und er hat mich einen ganzen Tag lang sehr lebhaft an irgendetwas erinnert, ließ mich immer wieder schnuppern, und ich kam einfach nicht drauf…

Übernächster Tag, Samstag: Grau, kalt, morgens zuhause allein sitz ich am Schreibtisch, fröstelnd: Wieder ein Tag für Craft? Aufgesprüht und.... Nein! Für diesen unwirtlichen Wintertag im kalten Zimmer ist Craft viel zu kühl! Vielleicht für Leute, die auch noch bei eisigem Schneetreiben eiskaltes Mineralwasser mit Kohlensäure trinken - aber nicht für mich!

Craft spricht an, ist anders und nicht leicht beschreibbar. Ein mineralisch kühl-warm flirrender Duft für Freizeit, Handwerk, Atelier, Büro oder Vernissage, aber kein Duft fürs gemütliche abendliche Kuscheln. Passt toll zu eisgekühltem Champagner, aber nicht zu samtigem Rotwein am Kaminfeuer. Meines Erachtens unisex: Glitzernder Sternenstaub für das Haar und die Haut einer Frau oder silbrig- metallisches Strahlen für einen Mann.

Und am Abend plötzlich weiß ich, an was er mich ständig erinnert hat: Ecclesiæ von Arte Profumi! Dieser Weihrauchduft, den ich mir demnächst zu Ostern schenken will, weil er so wunderschön strahlend und klar ist und daher wie kein anderer zu diesem Fest passt. Wenn Ecclesiæ mich an Bach erinnert und an die Brandenburgischen Konzerte mit Hornfanfaren, herbsüßen Blockflöten und singenden Streichern, dann ist Craft - wiewohl ohne Weihrauch aber wohl mit ebensoviel Elemi - die coole Jazz- Version davon: Mit blendenden Trompetenriffs, rhythmischen und harmonischen Verschiebungen, prickelnd, lebendig und anregend.
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