08.06.2013 - 13:39 Uhr

Palonera
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Palonera
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34
Mister Spock in Großmutters Badewanne
Als ich ein kleines Kind war und viel Zeit bei meinen Großeltern im Hochsauerland verbrachte, war es dort noch üblich, samstags zu baden und am folgenden Morgen sauber und wohlduftend zum Hochamt in die Kirche zu gehen.
Ich freute mich schon den ganzen Tag auf die abendliche Zeremonie und konnte es kaum erwarten, im nach Fichtennadel oder Latschenkiefer duftenden grünen Wasser mit seinen damals noch obligaten Schaumbergen zu versinken und erst dann unter Zetern und Klagegeheul wieder herauszukommen, wenn meine Haut längst schrumpelig und aufgequollen war wie die einer alten Waschfrau.
Niemals mehr wieder war Baden ein solcher Genuß, niemals wieder duftete ein Badezusatz so wunderbar wie der von Großmutter, niemals wieder fühlte ich mich nach einem Bad so sauber und wohlig und kuschelschmusemüde wie damals, wenn ich im Alter von vielleicht fünf Jahren in das dicke Badetuch gewickelt auf dem Schoß meines Großvaters saß und davondöste.
Kindheit – die schönste wo gibt!
Mit vielem hatte ich gerechnet, als ich anhub, "Craft" zu testen – jenen Duft, der allüberall futuristische Assoziationen an Roboter, Eiswüsten, Sci-fi-Figuren und gruselklapperkalt zu erwecken schien.
Kalt sollte er dann nicht sein, der Tag, den ich für mein Rendezvous mit "Craft" auswählte, denn kalt, so schien mir, würde mir im Test früh und anhaltend genug werden.
Vielleicht ist Petrus auch ein Parfumisto, vielleicht war er selbst neugierig, wie "Craft" denn nun riecht, vielleicht hatte er aber auch einfach nur genug von dem Unsinn, mit dem er wochenlang die Jahreszeiten durcheinander zu werfen schien.
Jedenfalls schickte er pünktlich zu Testbeginn Sonne und blauen Himmel und Temperaturen, mit denen ich auch am Mittelmeer glücklich gewesen wäre – ideale Startbedingungen also für einen Duft, dessen Kühlkammerruf ihm vorauseilte.
"Pffft" machte mein Sprüherchen – und plötzlich befinde ich mich vierzig Jahre früher in der Vergangenheit.
Verblüfft stehe ich vor der Badewanne meiner Großmutter, der dampfende fichtennadelig-koniferige Schwaden entsteigen, als hätte Großmama den halben Nadelwald hinter dem Haus im Badewasser konzentriert.
Dunkelgrün ist das und zugleich warm und kühl, belebend und beruhigend, vertraut und unkompliziert – und doch überhaupt ganz anders, denn in Großmutters Badewanne räkelt sich Mister Spock, als wäre dies die selbstverständlichste Sache der Welt.
Kein Muskel regt sich in seinem Gesicht, kein Schweißtropfen perlt auf seiner glatten Stirn – kühl und unergründlich begegnet mir sein Blick, einen Millimeterbruchteil nur hebt sich seine Augenbraue, als wollte sie sagen: "Faszinierend!"
Ich weiß, daß ich mit meinen weitaufgerissenen Augen und dem offenen Mund frappierende Ähnlichkeit mit dem Goldfisch der Nachbarn haben muß, und ich ahne, daß sich Mister Spock insgeheim darüber amüsiert, doch niemals würde er ein so unschickliches Gefühl zeigen, das wäre eines Vulkaniers nicht würdig.
Während ich noch starre, tritt meine Großmutter an meine Seite und reicht mir einen Teller frischgebackener Vanilleplätzchen – und im nächsten Moment knie ich neben ihr in der Bank der kleinen Dorfkirche, das Dröhnen der Orgel im Ohr, den Duft des Weihrauchs in der Nase, so aromatisch und warm und doch auch kühl, wie ich ihn in keiner anderen Kirche wiedergefunden habe.
Wenig später ist das Hochamt zu Ende, treten wir hinaus in den warmen Frühsommertag – der Wind trägt den Duft des nahen Kiefernwaldes herüber, der sich mit dem aus der Kirche ziehenden Weihrauch vermischt.
Und irgendwo hinter mir steht Mister Spock.
"Craft" ist ein Duft, der in für mich perfekter Weise Gegensätze vereinigt – tiefgrün, bodenständig und erdwarm verbindet er sich mit ätherisch-mentholischen Aspekten, wirkt belebend und kühlend, ohne kalt oder gar eisig zu werden, zumindest nicht an mir, nicht auf meiner Haut.
Klar, direkt und schnörkellos, verläßlich und grünblütig wie der berühmte Vulkanier – "cool" würde man heute sagen, doch "Craft" ist nicht cool, nicht trendy, nicht stylish, "Craft" ist kein Duft für jedermann und wird niemals "everybody's darling" sein.
Dafür hat er viel zuviel Charakter.
Mister Spock wäre sicherlich auch fasziniert gewesen.
Ich freute mich schon den ganzen Tag auf die abendliche Zeremonie und konnte es kaum erwarten, im nach Fichtennadel oder Latschenkiefer duftenden grünen Wasser mit seinen damals noch obligaten Schaumbergen zu versinken und erst dann unter Zetern und Klagegeheul wieder herauszukommen, wenn meine Haut längst schrumpelig und aufgequollen war wie die einer alten Waschfrau.
Niemals mehr wieder war Baden ein solcher Genuß, niemals wieder duftete ein Badezusatz so wunderbar wie der von Großmutter, niemals wieder fühlte ich mich nach einem Bad so sauber und wohlig und kuschelschmusemüde wie damals, wenn ich im Alter von vielleicht fünf Jahren in das dicke Badetuch gewickelt auf dem Schoß meines Großvaters saß und davondöste.
Kindheit – die schönste wo gibt!
Mit vielem hatte ich gerechnet, als ich anhub, "Craft" zu testen – jenen Duft, der allüberall futuristische Assoziationen an Roboter, Eiswüsten, Sci-fi-Figuren und gruselklapperkalt zu erwecken schien.
Kalt sollte er dann nicht sein, der Tag, den ich für mein Rendezvous mit "Craft" auswählte, denn kalt, so schien mir, würde mir im Test früh und anhaltend genug werden.
Vielleicht ist Petrus auch ein Parfumisto, vielleicht war er selbst neugierig, wie "Craft" denn nun riecht, vielleicht hatte er aber auch einfach nur genug von dem Unsinn, mit dem er wochenlang die Jahreszeiten durcheinander zu werfen schien.
Jedenfalls schickte er pünktlich zu Testbeginn Sonne und blauen Himmel und Temperaturen, mit denen ich auch am Mittelmeer glücklich gewesen wäre – ideale Startbedingungen also für einen Duft, dessen Kühlkammerruf ihm vorauseilte.
"Pffft" machte mein Sprüherchen – und plötzlich befinde ich mich vierzig Jahre früher in der Vergangenheit.
Verblüfft stehe ich vor der Badewanne meiner Großmutter, der dampfende fichtennadelig-koniferige Schwaden entsteigen, als hätte Großmama den halben Nadelwald hinter dem Haus im Badewasser konzentriert.
Dunkelgrün ist das und zugleich warm und kühl, belebend und beruhigend, vertraut und unkompliziert – und doch überhaupt ganz anders, denn in Großmutters Badewanne räkelt sich Mister Spock, als wäre dies die selbstverständlichste Sache der Welt.
Kein Muskel regt sich in seinem Gesicht, kein Schweißtropfen perlt auf seiner glatten Stirn – kühl und unergründlich begegnet mir sein Blick, einen Millimeterbruchteil nur hebt sich seine Augenbraue, als wollte sie sagen: "Faszinierend!"
Ich weiß, daß ich mit meinen weitaufgerissenen Augen und dem offenen Mund frappierende Ähnlichkeit mit dem Goldfisch der Nachbarn haben muß, und ich ahne, daß sich Mister Spock insgeheim darüber amüsiert, doch niemals würde er ein so unschickliches Gefühl zeigen, das wäre eines Vulkaniers nicht würdig.
Während ich noch starre, tritt meine Großmutter an meine Seite und reicht mir einen Teller frischgebackener Vanilleplätzchen – und im nächsten Moment knie ich neben ihr in der Bank der kleinen Dorfkirche, das Dröhnen der Orgel im Ohr, den Duft des Weihrauchs in der Nase, so aromatisch und warm und doch auch kühl, wie ich ihn in keiner anderen Kirche wiedergefunden habe.
Wenig später ist das Hochamt zu Ende, treten wir hinaus in den warmen Frühsommertag – der Wind trägt den Duft des nahen Kiefernwaldes herüber, der sich mit dem aus der Kirche ziehenden Weihrauch vermischt.
Und irgendwo hinter mir steht Mister Spock.
"Craft" ist ein Duft, der in für mich perfekter Weise Gegensätze vereinigt – tiefgrün, bodenständig und erdwarm verbindet er sich mit ätherisch-mentholischen Aspekten, wirkt belebend und kühlend, ohne kalt oder gar eisig zu werden, zumindest nicht an mir, nicht auf meiner Haut.
Klar, direkt und schnörkellos, verläßlich und grünblütig wie der berühmte Vulkanier – "cool" würde man heute sagen, doch "Craft" ist nicht cool, nicht trendy, nicht stylish, "Craft" ist kein Duft für jedermann und wird niemals "everybody's darling" sein.
Dafür hat er viel zuviel Charakter.
Mister Spock wäre sicherlich auch fasziniert gewesen.
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