RobGordon
RobGordons Blog
vor 8 Jahren - 01.04.2016
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Die Leiden des jungen Parfum-Wärter!

Ich hab's getan! Ich hab mich durch einen Kommentar hier anstacheln lassen, eine Zeitreise in die tiefsten 90er zu machen. Kostenpunkt 35€. Das Ticket wurde bei Ama*on gekauft und entwertet.

Nun liegt ein atypisch verschweißter blauer Karton vor mir und ich überlege, soll ich ihn überhaupt öffnen. Der Batch-Code ist auch im Karton-Boden eingestanzt und durch die dicke Plastikfolie die den Charme einer 6er Mineralwasser Überverpackung hat, dennoch gut ersichtlich, zu fotografieren weniger. Originalverschweißt? Mitnichten!

Zellophan, wie man es sonst gewohnt ist, hätte sich angesichts dieser Lagerdauer wahrscheinlich nicht erst auf der Müllhalde aufgelöst sondern auf dem Karton selbst. Somit nicht unklug von A. es den Supermärkten gleichzutun.

Die Batch-Nummer lautet "UN172".

Dadurch ist er gerade noch ein Zwilling im Sternzeichen, riecht aber bereits wie ein Krebs, ein modriger!

Schließlich ist sein Geburtsjahr 1993 und sein Geburtstag war der 21.6. Ich habe gehofft, dass es nur die Kopfnote erwischt hat, wobei das bei diesem Duft bereits fatal wäre, aber leider das schöne, dass diesen Duft seinerzeit ausgezeichnet hat ist dahin. Es bleibt ein Auftakt aus dumpfem Mief mit leichter Essignote.

Ich bin überzeugt, er wurde vorbildlich gelagert, der Karton weist keine tiefen Schrammen auf, ist nicht durch Feuchtigkeit verquollen, finster war es in seinem Überkarton sicher auch, als ich ihn öffnete, brannte jedenfalls kein Licht. Wenn ich mir die Plastik-Pelle genauer ansehe, könnte ein Erstickungstod noch in Erwägung gezogen werden. Da fand definitiv kein ernstzunehmender Luftaustausch statt.

Es befinden sich auch keine Undichtigkeiten an der Sprüheinheit, sieht aus wie gestern produziert. Vor dem ersten Sprühen hatte ich noch mit mir gedanklich gescherzt, was 80% Alkohol wohl mit einem Plastik-Rüssel in 23 Jahren anstellt und ob er vielleicht durch Gewinn einer subtilen Plastiknote zum Stern am Nischenhimmel mutiert.

Es ist nichts diffundiert, sieht wie eine gut gefüllte Halbe ohne Schaum aus. Fremdeinwirkung ausgeschlossen, bin gespannt was die Obduktion ergibt.

Mitnehmen, werde ich von diesem Experiment, dass Designer-Düfte der Neuzeit durch luft- und lichtdichtes Verpacken nicht vor der Verwesung gerettet werden können.

Ärgernis? Nicht wirklich, wer kann schon von sich behaupten so einen schicken Türschloss-Enteiser für den Winter zu haben. Ich wusste worauf ich mich einlasse, dass es sich um Altbestände handelt war klar. Ob das jeder Ama*on-Kunde ebenso weiß, dem dieser Duft als "neu" verkauft wird, wage ich jedoch zu bezweifeln.

Im Moment riecht er nach schlechter Seife. Wer diesen Duft mit heutige noch verfügbaren Material bewertet tut ihm mit sehr großer Wahrscheinlichkeit unrecht.

Ich habe jedenfalls gelernt, man muss auch loslassen können. Aber vielleicht schüttle ich den Flakon doch noch einmal ordentlich auf, damit der gute Stoff, der sich womöglich als Parfumstein abgesetzt hat, vielleicht wieder in den Alkohol einfährt.

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