RobGordon
RobGordons Blog
vor 8 Jahren - 30.03.2016
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Shazam für die Nase!

Musik begleitet mich ebenso lange wie Gerüche!

Resümierte ich letztens, inmitten meines gedanklich bereits fertig gestellten Alpinums in der Wiener Ostersonne zu den Klängen der Italienischen Symphonie. Während emsige Bienen und Hummeln bereits dienstbeflissen ihre Arbeit verrichteten. Ich kann anderen nicht beim Arbeiten zusehen, deswegen schloss ich sofort die Augen und ließ die Gedanken weiter kreisen.

Anfangs im Baby-Alter war sicher nichts Hit-verdächtiges dabei, eher Muttis Partituren der Tonlage "Schlaf endlich, du Fratz!" oder eben Technik, wie nervige Spieluhren, die diese Information für mich, später auch als "das Omen 2" berüchtigt, damals in verständliche, beruhigende Schallwellen zu übersetzen in der Lage war.

Ich bin überzeugt, meine Mutter hielt mir nie einen Duft-Teststreifen ihres Lieblings-Chypre mit der Frage "Ist das da hinten Myrrhe oder Vetiver?" unter die Nase und ich habe mangels Sprachfertigkeit auch sicher nicht geantwortet, "Wie soll ich das feststellen, wenn dir ein halber Büffel zwischen dem 7er und dem 8er im Oberkiefer verwest."

Man wurde quasi bei der Schulung der Sinne mit läppischen Pheromonen abgespeist, wenn da nicht schon früh proaktive hands-on Qualitäten gezeigt wurden, wie zum Beispiel selbst die Stoffwindel zu lüften, ob da in dem Hipp-Glas, welches gerade in die Windel verdaut wurde, auch spannendes wie Zibetkatzen, die einen Lei aus Jasmin tragen, zu finden waren. Ob das noch Kopfnote ist und ob diese Sauerei im drydown beherzt den letzten Orbit der Stoffwindel erreicht hat.

Sprache wird beim frühen Heranwachsen geschult, der Zusammenhang mit absolutem Gehör wissenschaftlich nachgewiesen, Grobmotorik, Feinmotorik, Gleichgewicht, alles wird trainiert. Dem Riechen widmet man sich nicht. Das tut man einfach und wenn man länger nicht gebadet wird, riecht man schlecht.

Duftorgeln für das Gitterbett? Fehlanzeige! Rasseln für die Nase? Riechkolben-Expander? Dito!

Und da diesem Sinn in zumindest meiner Familie wenig Bedeutung beigemessen wurde, widmete ich mich mehr der Musik. Mit dem Aufkeimen des Internets fanden sich so wie hier die Nasen dort die Ohren.

Und sie wussten auch jedes Stück Kunst von allen Seiten zu beleuchten. Es gab aber auch Rituale, die nicht auf die hiesige Leidenschaft übertragbar sind, wie wöchentliche/monatliche Musik-Quizze!

Schnipsel von wenigen Wimpernschlägen, womöglich ohne Vocals, sonst konnte man auch ohne echtes Musikgedächtnis via Google-Fertigkeiten und viel Zeit punkten. Mit Einzug von Musikerkennungs-Algorithmen a la Shazam hat sich aber sämtliches Brauchtum aufgelöst.

In der Zeit vor dem Internet sowie vor den Smartphones gab es immer wieder die Situation, dass man einen Song mochte, aber Titel und Interpret nicht kannte. Meine Suchliste aus 70-90 umfasste ziemlich exakt 10 Songs, die sich mit viel Mühe, viel Unterstützung von Leidensgenossen auf einen Einzigen reduzierten. Die Anhaltspunkte, die ich Dritten geben konnte, waren zugegebenermaßen spärlich.

Heute bewegt mich weniger die Qualität dieses Songs. Eher, dass der letzte Haken unter diese Liste noch immer nicht gesetzt werden kann. Hätte es 89 oder 90 Smartphones und Software gegeben, wäre die Sache längst als "erledigt" eingestuft. Nur würde ich Parallelen zwischen Musik und Duft nicht hier zum Thema machen, wenn es nicht auch Düfte gäbe, die mich hinsichtlich Titel und Interpret unaufgeklärt zurücklassen.

Erst gestern dachte ich mir, eine App um die Sillage von Menschen zu entschlüsseln, das wär's! Gleich zwei mal hätte ich sie gestern brauchen können.

Es scheint, als fahren derzeit alle ihre besten Geschütze auf und ich will sie alle! Blöd ist, wenn 3 Menschen in einem Radius von 2 Metern an der Kassa stehen und jeder der Träger dieses sagenhaften Duftes sein könnte. Einzeln verhören? Oder ein - "Wer riecht denn da so gut?", empfehlen sich nicht immer. Man würde nach Klärung 2 Nasen enttäuscht zurück lassen, weil ihr Duft es nicht war, der es in den Recall schaffte.

Was will man auch mit Anhaltspunkten in einer Qualität von:

"Duft den ein U20 [?] im Jahr 2010 mit weißem T-Shirt beim "The National" Konzert in der Wiener Arena getragen hat. Blumige Frische in Richtung Eau de Cartier Concentrée, extrem unwiderstehlicher Amber und/oder Moschus Note und einer Sillage die nicht raumfüllend sondern als Frei-Areal füllend zu umschreiben wäre."

Manchmal kann Technik ein echter Segen sein:
"Hören Sie, was verfolgen Sie mich mit Ihrem Smartphone?"

"Och nüschts! Mach bloß ein SNS [Sillage-Nasen-Selfie]. Bin noch am Kalibrieren der Parfumo-App, geh'n Sie einfach im Schritttempo weiter und sorgen für ordentlich Wind, wenn's leicht geht."

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