
Salbeizweig
Rezensionen
Johannesbeer-Aperitif am Komposthaufen
Als ich
Risvelium zum ersten Mal teste, bin ich auf den Weg zu unserem Acker. Als Möchtegern-Landwirtin bewirtschafte ich ein kleines Areal auf einem Berg über der Stadt, zwischen Wald, Ziegenwiese und Obstbäumen. Als ich loslaufe ist es angenehm warm, und auf der steilen Strecke hoch zur Bergkuppe gerate ich ins Schwitzen. Mir schlägt eine herbe Zitrusnote entgegen. Einige Vorredner hier sprechen von Grapefruit und Zitrone, ich denke sofort an Johannisbeere. Je mehr ich transpiriere, desto mehr Erde breitet sich aus.
Angekommen am Acker, bin ich mir kurz unsicher, was so nach verwitterterem Grund riecht. Ist es der Humus, der auf einem Haufen neben den Gemüsebeeten vor sich herdampft und auf seinen Einsatz wartet, oder ist es Risvelium?
Während ich ein paar Setzlinge aus dem Gewächshaus nach draußen verfrachte, steigt mir wieder ein spritziger Hauch entgegen. Trockener Johannisbeer-Aperitif am Komposthaufen. Vielleicht haben sich ein paar schmucke Golfer vom Nachbarberg auf das Grundstück verirrt und stoßen gerade hinter der Hecke an. Durch seine gewisse Synthetik hat Risvelium für mich etwas "Poshes". Dieser Komposthaufen riecht nicht total dreckig, sondern eher wie dessen schnieke Darstellung für ein kultiviertes Publikum, das sich seine Hände nicht wirklich schmutzig macht. Zumindest ist das mein Eindruck, als ich abwechselnd an feuchter Gartenerde und meinem Handgelenk schnüffle.
Nachdem ich alle Jungpflanzen versorgt habe, mache ich mich auf den Rückweg. Auf dem Feldweg kommt mir ein Bauer entgegen. Plötzlich ist mir der Risvelium unangenehm. Ich fühle mich merkwürdig aufgedonnert und hoffe, dass der Duft trotz der mächtigen Sillage nicht zu ihm durchdringt. Der muss doch denken, dass ich bescheuert bin, so viel Geld auszugeben, um nach artifiziellem, vergorenen Zitrus-Humus zu riechen! Verschämt murmle ich zur Begrüßung "Daag"! Und natürlich fällt mir ein, dass der Bauer nicht wissen kann, was für einen Aufriss wir hier um Düfte betreiben.
Als ich wieder zu Haus bin, merke ich, wie sich die feuchte Erde etwas zurückzieht. Auf meiner Haut bleibt den ganzen Tag ein dunkel-würzig-maskulines Etwas, das ich nicht recht einordnen kann. Die Jeansjacke, die ich an diesem Tag trug, beglückt mich noch eine Woche später mit den letzten Resten Risvelium.
Wie finde ich das nun? Tatsächlich ist Risvelium bislang mein Favorit von Orto Parisi. Ich kenne
Bergamask und
Terroni. Die DNA ist bei den Dreien unverkennbar die selbe. Durch das Zitrische ist Risvelium näher bei Bergamask, biegt dann aber in eine ganz andere, erdige Richtung ab, die ich persönlich schätze.
Nun habe ich ja gehört, dass der gute Alessandro Gualtieri den Duft nach einem Ayahuasca-Trip kreiert hat. Für die Freunde der Psychedelik hier: Ich sehe den Anknüpfungspunkt absolut. Wie der Trank alle Synapsen zum Ausflippen bringt und gleichzeitig eine spritzige, künstlich veränderte Wahrnehmung mit sich bringt, aber auch ganz existenziell in den verwitternden Schoß der Mutter Erde führt. Ich persönlich würde Risvelium aber auf gar keinen Fall zu einem solchen Ritual tragen. Dazu ist er viel zu einnehmend und "spitz". Für Ausflüge zum Acker und alle, die Lust auf einen Johannisbeer-Aperitif am Komposthaufen haben, ist er aber klasse.

Angekommen am Acker, bin ich mir kurz unsicher, was so nach verwitterterem Grund riecht. Ist es der Humus, der auf einem Haufen neben den Gemüsebeeten vor sich herdampft und auf seinen Einsatz wartet, oder ist es Risvelium?
Während ich ein paar Setzlinge aus dem Gewächshaus nach draußen verfrachte, steigt mir wieder ein spritziger Hauch entgegen. Trockener Johannisbeer-Aperitif am Komposthaufen. Vielleicht haben sich ein paar schmucke Golfer vom Nachbarberg auf das Grundstück verirrt und stoßen gerade hinter der Hecke an. Durch seine gewisse Synthetik hat Risvelium für mich etwas "Poshes". Dieser Komposthaufen riecht nicht total dreckig, sondern eher wie dessen schnieke Darstellung für ein kultiviertes Publikum, das sich seine Hände nicht wirklich schmutzig macht. Zumindest ist das mein Eindruck, als ich abwechselnd an feuchter Gartenerde und meinem Handgelenk schnüffle.
Nachdem ich alle Jungpflanzen versorgt habe, mache ich mich auf den Rückweg. Auf dem Feldweg kommt mir ein Bauer entgegen. Plötzlich ist mir der Risvelium unangenehm. Ich fühle mich merkwürdig aufgedonnert und hoffe, dass der Duft trotz der mächtigen Sillage nicht zu ihm durchdringt. Der muss doch denken, dass ich bescheuert bin, so viel Geld auszugeben, um nach artifiziellem, vergorenen Zitrus-Humus zu riechen! Verschämt murmle ich zur Begrüßung "Daag"! Und natürlich fällt mir ein, dass der Bauer nicht wissen kann, was für einen Aufriss wir hier um Düfte betreiben.
Als ich wieder zu Haus bin, merke ich, wie sich die feuchte Erde etwas zurückzieht. Auf meiner Haut bleibt den ganzen Tag ein dunkel-würzig-maskulines Etwas, das ich nicht recht einordnen kann. Die Jeansjacke, die ich an diesem Tag trug, beglückt mich noch eine Woche später mit den letzten Resten Risvelium.
Wie finde ich das nun? Tatsächlich ist Risvelium bislang mein Favorit von Orto Parisi. Ich kenne


Nun habe ich ja gehört, dass der gute Alessandro Gualtieri den Duft nach einem Ayahuasca-Trip kreiert hat. Für die Freunde der Psychedelik hier: Ich sehe den Anknüpfungspunkt absolut. Wie der Trank alle Synapsen zum Ausflippen bringt und gleichzeitig eine spritzige, künstlich veränderte Wahrnehmung mit sich bringt, aber auch ganz existenziell in den verwitternden Schoß der Mutter Erde führt. Ich persönlich würde Risvelium aber auf gar keinen Fall zu einem solchen Ritual tragen. Dazu ist er viel zu einnehmend und "spitz". Für Ausflüge zum Acker und alle, die Lust auf einen Johannisbeer-Aperitif am Komposthaufen haben, ist er aber klasse.
2 Antworten
Blütenumspielte Thermalquelle
Direkt nach dem ersten Sprühen rieche ich aquatische Noten mit einem spritzigen Hauch Zitrone. Letzterer verflüchtigt sich schnell, wobei die Frische durchweg bleibt. Ohne einen Blick in die Duftpyramide hätte ich Eukalyptus nicht direkt mit dieser grünen Frische assoziiert. Erkältungsbalsam Fehlanzeige, eher ein leicht synthetisches Bonbon für wohlriechenden Atem.
Im Zentrum des Dufts stehen für mich der Wacholder - nicht alkoholisch-Gin-artig, sondern grün - und die sagenumwobenen Wasserblumen. Ich habe Seerosen und andere Wasserblumen bislang nur vom trockenen Ufer aus betrachtet und beziehe mich somit lediglich auf die Vorstellung eines Geruchs, die hier erfüllt wird. Ein wenig erinnert mich die Note an den ebenfalls ominösen Meerfenchel aus
Phtaloblue, auch wenn das Parfum sonst eine ganz andere (viel synthetischere) Geschichte ist.
Nach gut 20 Minuten verliert der Duft ein klein wenig an Frische und umschmeichelt die Haut zunehmend samtiger. Trotz des durchweg aquatischen Charakters hat les dieux aus bains eine angenehme Wärme, wie eine blütenumspielte Thermalquelle, in der die Götter schwelgen.
Im Zentrum des Dufts stehen für mich der Wacholder - nicht alkoholisch-Gin-artig, sondern grün - und die sagenumwobenen Wasserblumen. Ich habe Seerosen und andere Wasserblumen bislang nur vom trockenen Ufer aus betrachtet und beziehe mich somit lediglich auf die Vorstellung eines Geruchs, die hier erfüllt wird. Ein wenig erinnert mich die Note an den ebenfalls ominösen Meerfenchel aus

Nach gut 20 Minuten verliert der Duft ein klein wenig an Frische und umschmeichelt die Haut zunehmend samtiger. Trotz des durchweg aquatischen Charakters hat les dieux aus bains eine angenehme Wärme, wie eine blütenumspielte Thermalquelle, in der die Götter schwelgen.
Ein neugieriger Duft
Unseren letzten Sommerurlaub verbrachten wir an der herrlich mediterranen Côte d’Azur. Etwas abgekehrt von den blauen, felsgesäumten Stränden, weiter im Landesinneren, liegt Grasse.
Die einstige Parfummetropole hat ihre goldenen Zeiten hinter sich und nur wenige Meter neben den touristisch erschlossenen Gassen, bröckelt der Putz von verlassenen Fassaden.
In dem herausgeputzten Teil des Städtchens liegt der Laden von Didier Gaglewski. Der Parfumeur steht hier selbst hinter der Theke und kommt mit seinen Kunden ins Gespräch.
Journaliste habe ich im Laden gleich zu Anfang getestet, da ich ein paar Jahre für Zeitungen geschrieben habe und ich mich fragte, wie ein Metier, das seine Nase überall hereinstecken möchte, olfaktorisch dargestellt wird. Gaglewski selbst meinte, er habe einen „neugierigen“ Duft kreieren wollen.
Tatsächlich finde ich den Duft zu Beginn recht vorwitzig. Eröffnet wird er mit stark hervorstechendem Kardamom und einem Anflug von Zimt, ein bisschen wie ein Gewürztee (kennt jemand den Klassik Chai von Yogitee?). Mandarine und Ingwer rieche ich bei mir auf dem Handgelenk nicht gezielt heraus, aber er hat eine gewisse angenehme Spritzigkeit und Schärfe.
Nach ein paar Minuten treten die Gewürze ein wenig in den Hintergrund und holzige Noten kommen dazu. Der Duft wirkt nun weniger „neugierig“, sondern angenehm gesetzt. Vielleicht hat der Journalist einen vertrauten Interviewpartner vor sich, der ihm in gemütlicher Atmosphäre über das Neuste aus der Kulturszene berichtet.
Nach gut einer Stunde kommt die Tonkabohne mit leichtem Erdton noch gut zum Vorschein. Bei mir wirkt der Duft etwas süßlich, aber das schiebe ich auf meine Haut, bei meinem Partner ist der Abgesang weitaus würziger, aber definitiv ganz ohne Schweißnote.
Der Journalist ist bei mir nach gut 5 Stunden mit Interview und Artikel fertig und darf dann auf den nächsten Auftrag warten.
Insgesamt bin ich sehr froh, den Duft aus Grasse nach Hause mitgenommen zu haben. Er bereitet mir gerade im Herbst/Winter Freude.
Die einstige Parfummetropole hat ihre goldenen Zeiten hinter sich und nur wenige Meter neben den touristisch erschlossenen Gassen, bröckelt der Putz von verlassenen Fassaden.
In dem herausgeputzten Teil des Städtchens liegt der Laden von Didier Gaglewski. Der Parfumeur steht hier selbst hinter der Theke und kommt mit seinen Kunden ins Gespräch.
Journaliste habe ich im Laden gleich zu Anfang getestet, da ich ein paar Jahre für Zeitungen geschrieben habe und ich mich fragte, wie ein Metier, das seine Nase überall hereinstecken möchte, olfaktorisch dargestellt wird. Gaglewski selbst meinte, er habe einen „neugierigen“ Duft kreieren wollen.
Tatsächlich finde ich den Duft zu Beginn recht vorwitzig. Eröffnet wird er mit stark hervorstechendem Kardamom und einem Anflug von Zimt, ein bisschen wie ein Gewürztee (kennt jemand den Klassik Chai von Yogitee?). Mandarine und Ingwer rieche ich bei mir auf dem Handgelenk nicht gezielt heraus, aber er hat eine gewisse angenehme Spritzigkeit und Schärfe.
Nach ein paar Minuten treten die Gewürze ein wenig in den Hintergrund und holzige Noten kommen dazu. Der Duft wirkt nun weniger „neugierig“, sondern angenehm gesetzt. Vielleicht hat der Journalist einen vertrauten Interviewpartner vor sich, der ihm in gemütlicher Atmosphäre über das Neuste aus der Kulturszene berichtet.
Nach gut einer Stunde kommt die Tonkabohne mit leichtem Erdton noch gut zum Vorschein. Bei mir wirkt der Duft etwas süßlich, aber das schiebe ich auf meine Haut, bei meinem Partner ist der Abgesang weitaus würziger, aber definitiv ganz ohne Schweißnote.
Der Journalist ist bei mir nach gut 5 Stunden mit Interview und Artikel fertig und darf dann auf den nächsten Auftrag warten.
Insgesamt bin ich sehr froh, den Duft aus Grasse nach Hause mitgenommen zu haben. Er bereitet mir gerade im Herbst/Winter Freude.