Sanglier

Sanglier

Rezensionen
Sanglier vor 5 Jahren 12 1
7
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Grün wie Rosmarin
Das Geschäft in A. ist klein: es geht direkt auf die Wellen hinaus, woher auch die Sonne hereinstrahlt, und auf der anderen Seite auf die luftige, lebendige Gasse. Mediterran. Und da soll ich an Honig mit Pfeffer und Weihrauch riechen? Die äusserst kundige und charmante Dame bringt Honig aus Arabien - im grünen Flacon. Ach ja, ich habe um "grün" gebeten. In Erwartung von süssem Balsam - den ich gar nicht möchte - rieche ich als Erstes roten Pfeffer und bin froh, dass ich den Honig suchen muss. Nach Kurzem - er ist halt etwas zähflüssig - taucht er doch noch auf, leicht krautig. Gefällig und weich schunkelt ein eher würziger Duft über die Haut, ganz gemütlich, bis unvermittelt ein spitzer, saurer Ton heraufsticht. Sehr irritiert über diese eher unappetitliche Wendung schreibe ich den Duft geistig ab. Da das Gespräch und das Sortiment zu interessant sind, springe ich nicht gleich zum Lavabo - und es lohnt sich. Die Säure ist verflogen, Rosmarin beitet sich aus: Der intensive Duft der jungen, vom Oel klebrigen feinen Rosmarinnadeln, unterlegt mit Nadelholz. Und dabei bleibt er sehr lange. Nun gehört er in diese Gegend: Felsen mit Rosmarin über dem Meer, der Wind trägt etwas Salz mit, die Sonne erhitzt die Nadeln und Zapfen am Boden. Herbes Grün. Noch lange danach müsste ich den Honig suchen - aber ich will nicht.
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Sanglier vor 5 Jahren 12 1
7
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
Fernweh
Ein Kellerlokal in B., vor langen Jahren. Der Kommilitone sprüht etwas auf den Tisch und hält sein Feuerzeug an die Spur. Ein blaues Flämmchen kriecht über den Tisch hinfort, es riecht nach hellem Holz und warmen Kräutern, nach Heide. Nachhaltig...
Nur mein Budget hinderte mich damals am Kauf. Der Name brachte viel, viel später den Geruch wieder her: Phileas. Nun hindert die Verfügbarkeit den Kauf, bis sich auf einer Plattform ein 30ml Exemplar EdT fand.
In der Nase ein stark konzentriertes Sir Irish Moos (auch sehr alt, ich weiss), auf der Haut zunächst künstlich, etwas scharf, süsslich in raschem Wechsel: eigentlich enttäuschend, so weit weg vom Spontangeruch und von der Erinnerung. Dann Wechsel zu Bienenwachs, und langsam tritt Herbes hervor. Die sonnenwarmen Kräuter breiten sich aus, moosiger, warmer Waldboden. Der Versuch, die Duftkomponenten herauszuriechen, führt immer wieder zu Moos und dann zu kühlem, altem Leder. Gewürze sind nur sehr diskret wahrnehmbar, Moos und Leder überwiegen. Es riecht nach Reise. Nachhaltig - immer noch.
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Sanglier vor 5 Jahren 8 1
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Wie ein scharfer Schnitt
Ein regennasser Tag in B, das Parfumgeschäft im Sousol. Ein elegantes, dunkelrotes Lederbehältnis zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Die Flasche daneben ist nicht ganz so hübsch rot. „Rudis“ erklären das Etikett und der Verkäufer... das von Rudi? Nein, Latein. Aha. Deckel abnehmen und am Zerstäuber riechen. Da ist das Bild:
Der Korken ist aus der Flasche gezogen, feucht noch vom Wein duftet er frisch und kühl. Etwas Salz liegt in der Luft. Ein schattiger Platz am Meer? Der Blick in die Ferne und - in heissen Sand, irgendwo ist Bewegung, Staub steigt auf. Heiss ist es und trocken... Tatendrang trotz der Hitze.
Es musste ein scharfer Schnitt gewesen sein, als Gladiator in die Freiheit zu treten, das warme Holzschwert in der Hand, und zum ersten Mal unbeschwert frischen Wein zu trinken.
Mein Entscheid war sofort da. Mit dem Rudis in der Hand trat ich ins Freie.
An den vielen heissen Sommertagen dieses Jahres war Rudis auf meiner Haut: hell und motivierend.
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