Shamis
Shamis’ Blog
vor 7 Jahren - 20.02.2017
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Die Wahrheit über Parfümnamen

Als langjähriger Schalter und Walter von Parfümix ist Nod sowohl an Düften als auch an Kummer bereits so einiges gewöhnt. Nun aber ist er auf etwas gestoßen, das ihn an seine Grenzen bringt:

"Sardellen Kölnisch Wasser (Eau de Colgne)"

https://www.parfumo.de/forum/viewtopic.php?t=63598

Gruselig, findet Nod - und nicht nur er. Denn obwohl noch gar nicht gelistet, gibt es bereits eine lebhafte Diskussion über die olfaktorische Kuriosität. Hin- und hergerissen zwischen Abscheu und Faszination verfolgt Nod die wilden Spekulationen:

zum einen wird vermutet, es handele sich bei dem zumindest wohl nicht alltäglichen Duft um eine Art als Parfüm getarntes Menschen-Fernhalte-Spray. Gut, es gibt Tage, da könnte er so etwas auch gebrauchen... Andere dagegen sehen in dem Sardellenwasser ganz unmißverständlich eine Neuheit aus dem Bereich "Alles für dein Haustier!", woraufhin Nod prompt ein schlechtes Gewissen überkommt. Fische hatte er in jungen Jahren ja auch mal, aber Parfüm haben sie von ihm nicht bekommen. Zu seiner Verteidigung räumt er ein, dass ihm die Existenz eines solchen Produkts bislang nicht einmal bekannt war. Und gesund kann das für die Aquarienbewohner auch nicht gerade sein, überlegt Nod. Wenn er es richtig in Erinnerung hat, sind diese in Bezug auf die Wasserqualität doch eher sensibel. Einfach mal so Duftstoffe dazukippen kommt ihm nicht unbedingt ökologisch unbedenklich vor. Kein Wunder, dass die auf dem Flakon abgebildete Sardelle nicht allzu begeistert dreinschaut. Schlimm genug, dass es Düfte für Babys gibt - jetzt auch noch Haustiere einzudieseln und dabei ausgerechnet mit Fischen anzufangen... Empörend, was unter dem Deckmäntelchen der Tierliebe so alles auf den Markt gebracht wird! Da ist ihm die Vorstellung vom bei Bedarf aufsprühbaren Gammelduft beinahe lieber.

Vielleicht, überlegt Nod, hat man es hier aber auch mit einem dieser experimentellen Duftstoffe zu tun: dazu geschaffen, dem gelangweilten, da übersättigten Parfümfan mit etwas möglichst Schrägem wieder Appetit auf sein Hobby zu machen. Möglich wäre es: immerhin existieren Nods Wissen nach bereits solche absonderlichen Duftnoten wie aalverseuchtes Meerwasser ("Nagini's Curse") und mediterranes Gestrüpp ("Chourilium") - warum also nicht auch noch Sardelle? Nun gut, erlaubt ist was gefällt. Trotzdem fände Nod es irgendwie besser, wenn der Hersteller des Sardellenwassers vorerst auf ein Extrait verzichten würde. Auch die Erweiterung des Sortiments in Form anderer Duftrichtungen wie etwa Thunfisch Kölnisch Wasser, Hering Kölnisch Wasser und Lachs Kölnisch Wasser wäre zwar denkbar, aber nicht erstrebenswert, wobei man letzteres ja zumindest noch mit einem Zitrusduft layern könnte...

Das bringt Nod auf die Frage, ob es sich bei der Duftnote "Sardelle" eigentlich um eine neue Art von Gourmand handelt. Schließlich muss "Sardelle" früher oder später in das Duftnotenverzeichnis übernommen werden, und hier ist sich Nod bei der korrekten Einordnung unschlüssig. Gourmand, aquatische Note oder doch eher animalisch? Ein Blick auf die laufende Diskussion erlöst ihn aus seinem Dilemma: wie durch eifriges Recherchieren ermittelt werden konnte, handelt es sich beim "Sardellen Kölnisch Wasser" nicht wie zunächst vermutet um Fischgeruch aus der Flasche. Ganz im Gegenteil dient das Cologne dem Zweck, unangenehmen Sardellengeruch zu neutralisieren. Also so eine Art Erfrischungstuch im Flakon. Das macht aber auch mehr Sinn, findet Nod. Wobei sich dann allerdings die Frage stellt, wie es mit den anderen Colognes aus Köln aussieht. "Acqua Colonia Blood Orange & Basil" etwa würde Orangen- und Basilikumduft demnach entfernen, "Acqua Colonia Lavender & Thyme" Lavendel und Thmian. Naja, so schlimm ist Lavendel jetzt aber auch wieder nicht, findet Nod. Überhaupt ist er ein wenig irritiert. Bisher war er stets ganz naiv davon ausgegangen, wo "Lavendel" draufsteht ist auch Lavendel drin. Offenbar hat er da etwas völlig falsch verstanden... Als Oberhaupt von Parfümix ist Nod das etwas unangenehm. Diese Führungskräfte, die alles besser wissen und dabei von nichts eine Ahnung haben, findet er nicht so gut.


Spontan beschließt Nod, der Sache auf den Grund zu gehen und umgehend die wahre Bedeutung der Parfümnamen zu erforschen. Besonders schwierig ist das ja nicht - einfach ein paar prägnante Namen heraussuchen und mit den dazugehörigen Duftnoten abgleichen. Das Ergebnis fällt überraschend aus: in vielen Fällen ist die im Parfümnamen verwendete Note das Hauptthema des dazugehörigen Duftes, in anderen dagegen nicht mal vorhanden. Hinweise auf weitere Neutralisationsdüfte a la "Sardellen Kölnisch Wasser (Eau de Cologne)" findet Nod zu seiner Erleichterung nicht. Also lag er mit seiner ursprünglichen Einschätzung der Parfümnamen doch nicht ganz daneben. Und überhaupt - die meisten Namen scheinen gar nicht eine Art gestraffte Inhaltsangabe der enthaltenen Duftnoten darzustellen, sondern sollen wohl eher die Phantasie der Parfümfreunde beflügeln, vermutet Nod. Zufrieden beendet er seine Nachforschungen: nicht nur technisch, auch parfümtechnisch ist er nun wieder auf dem neuesten Stand, seine unparfümierten Fische hatten es gut bei ihm und Parfümix bleibt ohne die neue Duftnote "Sardelle" einfach dufte!



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