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6 - 8 von 8
Smnbkr vor 3 Jahren 7 3
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Duft
les histoires des parfums - chapitre 3 - Zimttabak-Dessert aus der Rue Bonaparte
Kennt ihr die Ladurée-Filiale in der Rue Bonaparte an der Ecke zur Rue Jacob in Paris? Wenn nicht, dann schreibt es euch auf eure „To-do-Liste“ für euren nächsten Aufenthalt (wenn der noch nicht gebucht oder zumindest geplant ist, bitte ich euch, dies schnell nachzuholen :-) ). An der Thematisierung meiner grenzenlosen Liebe für die ville lumière komme ich also auch in dieser Rezension nicht vorbei, und, ehrlich gesagt, möchte ich es auch nicht. Wie ich den Bogen zum 2012 erschienen „Herod“ von Parfums de Marly schlage? Hört genau zu…!

Unser Protagonist lebte damals erst wenige Wochen in Paris. Er wusste über Nischendüfte relativ gut Bescheid, und hatte einige Besuche in der Jovoy-Boutique an den Tuilerien (ebenfalls auf die Paris-Liste, s‘il vous plaît) hinter sich, bei denen er sicherlich auf der langen Metro-Fahrt nach Hause alle Menschen in einem Radius von zehn Metern für immer allergisch gegen Parfüm gemacht hat. Er beschloss also, sich den Flagship-Stores der Pariser Nischenparfümerien zuzuwenden, und erkor die Parfums-de-Marly-Boutique als Erste aus. Grund dafür war einmal mehr Jeremy Fragrance, der (ja, wirklich) damals noch eine Art Gott der Parfümwelt für unseren Protagonisten war. Dessen andauerndes, mantrahaftes Wiederholen des „Layton“-Duftes aus diesem Haus hatte den vom YouTuber gewünschten Effekt erzielt, und trieb den 19-jährigen FSJler demnach an einem kühlen Spätoktobertag nach der Arbeit und dem Fitnessstudio noch einmal in die Pariser Innenstadt. Bekleidet mit Daunenjacke und Nike-Jogginghose, leicht verschwitzt und nicht wirklich wohlhabend, hat er wohl einen zweifelhaften Eindruck bei der Verkäuferhyäne neben dem Dufttisch hinterlassen; das war ihm jedoch ziemlich wurscht. Er wollte jetzt unbedingt einmal die so hochgelobten Marlys testen. On y va…

Begonnen wurde mit den Düften aus der „Arabian-Breed“-Reihe. Flakontechnisch ist das wirklich Championsleague. Mercedes-Maybach. Haus in den Hamptons. Schwarz und edel stehen sie dort in Reih und Glied, darauf wartend, getestet zu werden. Leider konnte keiner dieser Luxusrösser der Nase des Protagonisten standhalten, und so blieb außer „Oajan“, der ein schöner Raumduft sein könnte, nichts bleibend in Erinnerung. Anders verhielt es sich mit den Düften, die er sich auf seine Liste geschrieben hatte. Layton, Pegasus, Godolphin und Herod überzeugten ihn in der Boutique so sehr, dass er die Verkäuferhyäne bat, ihm von allen vier Düften Abfüllungen mitzugeben, was sie, erstaunlich bereitwillig für Hyänenverhältnisse, auch tat. Der Heimweg wurde zufrieden angetreten, nicht zuletzt wegen der überzeugenden Performance auf Französisch, was am Anfang des Jahres in Paris keineswegs selbstverständlich war.

„Herod“ sollte keine lange Zeit brauchen, um den Protagonisten völlig in seinen Bann zu ziehen. Es war die vielbeschriebene „Liebe auf den ersten Sniff“. Warm, weich, gourmandig (er kannte diesen Ausdruck damals noch nicht, roch aber genau das, was er heute so beschreiben würde), leicht süß, feine Tabaknote im Hintergrund. Was für ein Geruch. „Oajan“ ohne Raumduft-Feeling. Holzig-tabaklastiger Layton (der ihn auch noch überzeugen sollte, aber dazu in einem anderen chapitre mehr) mit Gourmand-Feeling. Die Zimtnote erinnerte ihn komischerweise, auch wenn es weder geruchs- noch geschmackstechnische Gemeinsamkeiten gibt, an eine Macaron-Special-Edition aus der oben erwähnten, weltbekannten Konditorei, die er einmal geschenkt bekommen hatte. Er musste ihn haben, den ersten wirklich teuren Nischenduft seines Lebens. Also kaufte er ihn eines Nachmittags kurzentschlossen in ebenjener Boutique, wo er ihn zum ersten Mal getroffen und gerochen hatte. Preislich damals jenseits von Gut und Böse und jenseits von allem, was er für ein Parfüm zu dieser Zeit für adäquat hielt. Er hatte wohl noch nie von Roja, Xerjoff und Tiziana Terenzi gehört. ?

Den ersten Auslauf gönnte er ihm an einem Tanzabend mit der schon in der Rezension zu „Grand Soir“ erwähnten französischen Freundin und ihrem damaligen Partner im „Panic Room“, einer kleinen Bar mit integriertem Techno-Keller im 11. Arrondissement östlich der Innenstadt. Nach zwei Komplimenten (die seiner beiden Mittänzer nicht mitgezählt) auf dem kleinen Dancefloor wusste er, dass er die richtige Wahl getroffen hatte. Er registrierte ihn nur noch häppchenweise, er war auf seiner Haut ein tendenziell leiser Begleiter.

Zum Ausklang des schönen Feier-Abends wurden auf einem kleinen Grünstreifen nahe der Metrostration „Filles du Calvaire“ noch ein paar Zigaretten konsumiert und über Gott und die Welt, Paris und über die Französischfortschritte des Protagonisten schwadroniert. Er allerdings rauchte keine Zigarette. Er hatte seine nikotinfreie Tabakdosis schon gehabt. Und was für eine…..
3 Antworten
Smnbkr vor 3 Jahren 31 7
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
les histoires des parfums - chapitre 2 - l´homme noir
Wie schon den wunderbaren „Grand Soir“ habe ich diesen Duft in meinem unvergesslichen Jahr in Paris zum ersten Mal gerochen, und, ebenfalls wie beim König der Amberdüfte, gibt es eine nette, kleine Anekdote aus der Stadt der Liebe. Doch der Reihe nach…

Wir schreiben den Winter 2019. Jegliches Virus war weit weg, kalt und dunkel war es trotzdem in der französischen Hauptstadt. Ende November besagten Jahres machte sich ein damals 19-jähriger, deutscher Bursche mangels sozialen Kontakten auf den Weg zu einer seiner unzähligen Parfumtouren durch alle Quartiers und Arrondissements. Doch anstatt wie üblich die heißgeliebten kleinen Boutiquen wie die wunderschöne „Nose“ im zweiten Arrondissement oder die Parfums de Marly-Boutique nahe der Tuilierien abzuklappern, dachte er diesmal größer. Weihnachten stand vor der Tür, und vielleicht zog ihn dieses Gewissen zum zweiten Mal in die Beauty-Abteilung der Galeries Lafayette. Er fuhr mit dem RER bis nach „Auber“, warf sich ins früh vorweihnachtliche Getümmel und fuhr mit der Rolltreppe bis ins zweite Geschoss. Angekommen im olfaktorischen Paradies, wusste er zuerst nicht wohin mit den Augen. Parfums de Marly? Kennt er alle. Creed? Nicht so sein Fall. Stephane Humbert Lucas? Wundervolle Düfte, jedoch zu teuer. Also testete er sich durch die Le-Labo-Theke, und als er dort außer dem Platzhirsch Bergamotte 22 nichts brauchbares finden konnte, beschloss er, sich erneut den Kunstwerken von Monsieur Francis Kurkdjian zuzuwenden.

Beim „Grand Soir“ blieb er kurz stehen, hielt inne und lächelte kurz. Er brauchte ihn nicht zu testen. Er wusste genug (Siehe Rezension zu „Grand Soir“ von mir). Er ging also weiter und blieb bei den damals neuesten Düften, einem Duft-Doppelpack, stehen. Sogleich sprang ein pflichtbewusster Verkäufer heran und stellte ihm die Flakons als Zwillingsdüfte „Gentle fluidity“ vor; eine goldene, eher feminine, und eine silberne, eher maskuline Version. Der junge Mann, der sich normalerweise nicht von aggressiven Verkäuferhyänen aus der Ruhe bringen lässt, testete beide Düfte, um das Raubtier zu füttern.

Die goldene Edition war ihm tatsächlich zu feminin, bei der silbernen hielt er inne. „Stop. Moment. Habe ich diesen Duft nicht schon fünfzig Millionen mal gerochen? Kenne ich den nicht?“ Diese Fragen kursierten in seinem Kopf, als er sich abwandte, um seine Aufmerksamkeit auf andere Düfte zu lenken. Aber er scheiterte. „Gentle fluidity silver“ auf der MFK-Testkarte stellte ihm tausende Fragen, auf die er keine Antwort wusste. Er war nervös, wusste nicht, wohin mit sich. Also ging er aus dem Duftparadies hinaus auf den belebten Boulevard Haussmann, ging in die Metrostation, und wäre schon fast in den Zug nach Hause gestiegen, als ihm d e r Duft erneut begegnete. Nicht auf einem Teststreifen, sondern an einem lebenden Mann. Einem ca. 1,75 m großen, farbigen, französischen Mittvierziger, genauer gesagt. In marineblauem Anzug und grauem Mantel stand er dort, wartete auf den Zug, und war sich der Wirkung auf den 19-jährigen Jungen in keiner Weise bewusst. Er war sich sicher: dieser Mann trägt "Gentle fluidity silver" von Maison Francis Kurkdjian, kein Zweifel. Und nicht nur das… er trägt ihn gut. Er trägt ihn souverän. Er trägt ihn unkompliziert. Er trägt ihn weltmännisch. Er trägt ihn in sich ruhend. Er trägt ihn ein bisschen arroganter und eloquenter als alle anderen. Er trägt ihn, wie man ihn tragen sollte. Gentlemanly…

Ich möchte meine Geschichte hier abkürzen. Unser Protagonist stürmte noch an diesem späten Nachmittag zurück in die Galeries Lafayette, um für nicht ganz kleines Geld einen silberweißen, 75-ml-Flakon des hier behandelten Duftes zu erstehen. Er hat es bis zum heutigen Tage nicht bereut. Warum?

Weil dieser Duft so wenig, aber gleichzeitig so viel ist. Er kommt unspektakulär, unlaut und ohne viel trara daher. Er trägt nicht dick auf, hält sich bedeckt, und weiß mit Understatement zu überzeugen. Welchen Eindruck er dennoch bei denjengen macht, die sich in seinen Dunstkreis begeben, habe ich oben zur Genüge beschrieben. Für mich ist es DER Alltagsduft. Punkt. Ein frisch-holziger, dennoch irgendwie auf seine Art subtil-attraktiver Immergeher. Ob ihm Büro, beim Dinner oder mit seinen Kindern beim Film-schauen auf der Couch; die Situation, wo „Gentle fluidity silver“ nicht passt, muss noch erfunden werden.

Chapeau, Monsieur Kurkdjian, für einen Duft, der die Definition von Tragbarkeit ist. Zwei Mal aufsprühen, losgehen, und sein Leben leben. Unkomplizierter geht es nicht.

GFS
7 Antworten
Smnbkr vor 3 Jahren 70 15
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
les histoires des parfums - chapitre 1 - une soirée vraiment formidable
Meine Nischenparfumtour begann, als ich im August 2019 meine Zelte für ein Jahr in Paris aufschlug, um ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Schule für behinderte Kinder zu machen. Ich hatte kurz davor begonnen, mich intensiver mit Düften aller Art auseinanderzusetzen (zuerst natürlich Designer); aber wie ich es von mir kenne, bleibe ich nicht lange bei den "normalen" Dingen des Lebens hängen, sondern widme mich lieber dem Extravaganten und, damit einhergehend, dem Teuren. Also recherchierte ich im Internet fleißig nach den bekanntesten und renommiertesten Pariser Parfumboutiquen, und fand unter anderem das "Maison" (Haus) von Francis Kurkdjian, einem 1969 in der von mir so heiß geliebten Stadt geborenen Parfümeur mit armenischen Wurzeln.

Das Flakondesign der in der Boutique nahe der Tuilerien ausgestellten Düften riss mich sofort komplett vom Hocker: so simpel, so praktisch, aber dennoch so genial, so edel und so herrlich snobby ;).

Nach mehreren Tests wahllos aus dem Regal gegriffener Parfums (mit damals noch seeeeehr ungeübter Nase) erregte der Duft meine Aufmerksamkeit, dem ich diese Rezension widme. Wie flüssiges, rotbraunorangenes Gold in einem 75-ml-Glasfläschchen, dachte ich mir. Wie sehr ich recht behalten sollte, wusste ich damals nicht..........

Auf den Tester gesprüht, für "In Ordnung" befunden, und neben ein paar anderen échantillons, hauptsächlich von der "Oud-mood"-Reihe, mit in mein kleines Westpariser Apartment genommen. Am nächsten Tag (Samstag) parfümierte ich mein Zimmer mangels anderer choses a faire dann komplett ein, und sprühte einige MFKs auf Arm, Hand und andere noch freie Hautstellen. Auch der "Grand Soir" landete irgendwo auf meinem Körper, und öffnete die Tür in eine andere Welt. Bevor jemand das für übertrieben hält, wartet ab!

Nach unzähligen weiteren Tests nur noch dieses einen Parfüms (die "Oud-mood"-Reihe war plötzlich schrecklich langweilig geworden) eilte ich zur Metro, stieg bei den "Tuileries" aus und ergatterte einen 75-ml-Grand-Soir-Schmückstück. Nach weiteren Testsprühern in den nächsten Tagen war ich mir sicher, dass ich endgültig in einer anderen Welt war. Die Klasse, die Eleganz, die Sophistication, die gekonnte "Snobiety" dieses Duftes ist unfassbar und unvergleichlich. Für mich riecht dieser Duft nach einer Art sympathischen und liebenswerten, trotzdem wahnsinnig dekadenten Arroganz. Dies könnte schon das Ende dieser/meiner Geschichte mit "Grand Soir" von Maison Francis Kurkdjian sein, wenn da nicht noch eine kleine, riesige Anekdote wäre.

Im relativ milden Pariser Winter des Jahres 2019 freute ich mich sehr auf eines von einigen Treffen mit einer Freundin, die in einem östlichen Vorort von Paris wohnt. Wir waren in einer Bar nahe dem Place de la Nation im umtriebigen und lebendigen Viertel Bastille verabredet, und sie sagte mir vorab, es würden noch ein paar andere Freunde von ihr dazustoßen. Eine halbe Stunde nach uns trafen diese "anderen Freunde" in der Bar ein, und stellten sich als 2 sympathische junge Männer und ein Mädchen vor, dessen Anblick mir vom ersten Moment an die Sprache verschlug. Ihr Aussehen, ihr Auftreten, ihre zwanglose Eleganz und ihr unaufgesetzter Charme lösten in mir so etwas wie Liebe auf den ersten Blick aus. Ich hatte natürlich inzwischen die Duftwolke des Duftes vergessen, die mich auch gute anderthalb Stunden nach dem Auftragen der 2 Sprüher auf den Hals noch sehr wahrnehmbar umgab. Als wir uns mit den typisch französischen Wangenküssen begrüßten, schaute sie mich einen Moment zu lange an und sagte "tu sens merveilleux" mit einem nur zu erahnenden Lächeln auf den Lippen. Wir verbrachten einen wunderbaren Abend, lachten, spielten Karten, unterhielten uns über die deutsch-französischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede, genossen die Atmosphäre und borgten uns einer Pariser Abend aus einem Bilderbuch, von einem Meister gezeichnet.

Bevor ich einschlief, meldete sich ein unsichtbarer Begleiter, den ich mittlerweile zum zweiten Mal vergessen haben sollte, eindrucksvoll wieder. Er schien mit mir zu sprechen, mir etwas zuzuflüstern. Ich verstand ihn nicht, er sprach eine Sprache, die nicht von dieser Welt war. Ich wusste sofort, was er mir sagen wollte. Zwei Worte. Grand. Soir. Großer. Abend. Mehr brauchte er nicht zu sagen. Mehr war nicht nötig. Ich lächelte und nickte. Ja, ein wahrhaft großer Abend. Du hast ihn dazu gemacht. Dein Name ist Programm. Du bist wie geschaffen für einen großen Abend in Paris. Du passt wie angegossen zu dieser pulsierenden, atemberaubenden, charmanten, schönen, unbeschreiblichen Weltstadt. Merci beaucoup, Monsieur Grand Soir für diesen Abend, der als einer der schönsten meines Lebens in Erinnerung bleiben wird und merci, Monsieur Francis Kurkdjian, für diesen Duft.

Ich habe das Mädchen bis zum heutigen Tage nur ein einziges Mal gesehen. An diesem Abend. Ob ich sie jemals wiedersehe, weiß nur der Himmel. Doch wenn ich "Grand Soir" trage, sitzt sie neben mir und lächelt mir sanft zu...
manche Momente kann man nicht wiederholen. Sie sind zu einzigartig, zu golden. Man kann sie höchstens in einem Parfumflakon konservieren, und herausholen, wenn man sich erinnern möchte...

zum Beispiel an große Abende ...
15 Antworten
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