Stalker

Nach langer, langer Abwesenheit kehrt der Prophet aus der Wüste heim. Dieses mal werde ich aber keinen Duft durch den Kakao ziehen. Auch will ich ihn nicht in den Himmel heben, denn er selbst ist der Himmel.

Ich glaube mit den beliebtesten Düften ist es wie mit der großen Liebe, man weiß sofort: 'Das ist er/sie/es!'. Jedenfalls war ich vor fast einem Jahr noch blutjunger Duftschnüffler, als ich schon beim Papierstreifentest eine bis dahin nie dagewesene Anziehung spürte und dachte 'Wow, mit uns das könnte was werden!'.

Und dann auf der Haut erst, die Pyramide in Vollendung. Es gibt so viele schöne, angenehme Duftnoten - scheinbar widersprüchlich - aber sie gehen sanft in einander über und nichts sticht heraus. Blumen - aber nie zu blumig, Leder - aber nie zu ledrig, Hölzer - aber nie zu holzig, Gewürze - aber nie zu würzig, Süße - aber nie zu süß. Man glaubt von Wolke zu Wolke zu schweben. Später bemerkte ich auch Zimt, welches ich sonst geradezu hasse. Doch in diesem Universum ist alles sauber und harmonisch zu einander, und am passenden Platz. ("Und J.P. Guerlain sah das es gut war.")

Aber! Ich frage mich welche Kreaturen tummeln sich hier, was passiert hier überhaupt? Antwort: Ich weiß es nicht, auch von "oben" wurde mir nichts eingegeben. Mir kommen zwar einige Bilder in den Sinn, aber keines trifft es richtig:

Pferderennen? - Dann schon eher Barbie und Ken auf dem letzten Einhorn.
Rocker im roten Jäckchen? - Wenn er danach zu Däumelinchen schwebt, vielleicht.
Weihnachtsmarkt? - Seien wir mal ehrlich, so fein wurde nicht mal in Wien für Sissi gebacken.
Dorota Popolski als Jungfrau von Orleans? - Absurd.
Modeschau auf Proxima Centauri? Ja ich weiß, unser Nachbarstern. Ich war aber nie dort.

Gut, denke ich, dann predige ich einfach den Himmel weiter, bis ein Wunder geschieht. Und das Wunder kam recht bald. Genau genommen war es zu Weihnachten, als meine Mutter beim Abschied zu mir sagte: "Du riechst ja gar nicht mehr wie mein Sohn." Nun ja es gibt Schlimmeres, aber ich begriff, dieser Himmel ist (noch) nicht für mich gemacht. Ich muss wieder in die Wüste und mit Wasser vorlieb nehmen, bis der Juniorchef kommt und dort Platz für die Kreaturen schafft.

Dennoch 100%, weil J.P. Guerlain uns zeigte, dass es den Himmel überhaupt gibt.

Die Ossis unter uns werden es noch kennen: Zur Winterzeit war Pittiplatsch nicht bei Mischka und der Schnatterente, sondern er reiste zu seiner Verwandtschaft ins Koboldland. Dort wohnte er mit seiner Oma und den anderen Kobolden (Drehrumbum, Nickeneck) in einer Kaffeekanne. Dann werden sie von der Omama bewirtet und kriegen von ihr Geschichten erzählt während im Kamin das Kakaoholz lustig vor sich hin knistert. Manchmal gab es auch einen Ausflug ins Pfefferkuchenland, manchmal machte man halt den Unsinn den Kobolde so machen.

Genau dieses Bild taucht in mir unweigerlich auf, wenn ich A*Men rieche.

Zum Duft: Die Basisnote ist wirklich nett, aber was nützt mir das wenn ich von der Kopfnote immer noch Kopfweh habe. Ich würde es selbst nie nehmen aber finde es aber echt abgefahren. Ich glaube dem kiffenden Punk aus meiner alten WG, der nach Hugo Boss nur so stank, werde ich es mal empfehlen, falls er mir noch mal über den Weg läuft.

daneben liegende Gewürzbude.

Nach den netten Beurteilungen hier ("Schamanenduft", keine Ahnung wie man darauf kam) und dem günstigen Preis bei Schlecker, kaufte ich mir zum ersten Mal blind einen Duft. Und das Resultat ist, dass ich in dieser Wolke aus Zuckerwatte in der es offenbar kein Ende gibt, geradezu Brechreize bekomme.

Ich bin wirklich einer wie der Don oder Apicius, die jedem Duft eine Chance geben. Aber auch nach dem fünften oder sechsten Male kann ich dieser Zuckerbombe nichts abgewinnen. Ich frage mich wieso gerade so feine Nasen wie Positron was daran finden können. Und auch denke ich, das es angenehmere und kreativere Düfte der Sparte "Du kannst mich heute Abend anknabbern, Baby!" gibt.

Bedauerlicher Fehlkauf, die Pulle Hustensaft für Kinder tausche ich jetzt gerne.