StenLaurel

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1 - 5 von 7
StenLaurel vor 13 Tagen 9 3
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Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Angels' Share und Bügeleisen
Zuckerexplosion habe ich gelesen. Ja, kann man so sehen. Oder Verpuffung. Verpuffung trift es eher. Jedenfalls ist er mir nicht um die Ohren geflogen.

Tja, wonach riecht er? Um es kurz zu machen, er riecht wie Angels' Share mit Bügeleisen. Also diesem Geruch, den jeder kennt, der schonmal sein Hemd gebügelt hat. Oder dabei war. Fotografen erinnern sich vielleicht an die Zeiten, als noch mit Nitraphot Lampen beleuchtet wurde. Versengter Staub, ein ganz charakteristischer Geruch. Dazwischen liegt Raghba Wood Intense. Zwischen Bügeleisen und angesengtem Staub. Verheiratet mit Zuckerwatte und einem Anflug altherrigen Rasierwassers.

Ob man das mag? Das sei dahingestellt. Meine bessere Hälfte meinte "Huiii!!" Was das bedeutet, sei auch dahingestellt. Ich sag mal so: Kann man mögen, muss man aber nicht. Sakkoträgern mit Hang zum Dolce Vita könnte er gefallen. Wobei Dolce wörtlich zu nehmen ist.

Nach etwa vier Stunden hat er sein Gesicht gewandelt. Es gibt so Pralinen, mit Schokolade ummantelte Zuckerkruste, gefüllt mit Berentzen Apfelkorn. Das trifft es ganz gut, hautnah gut wahrzunehmen.

Und ja, der Klassiker einer Rezension darf natürlich nicht fehlen: Kein Kandidat für einen Blindbuy!
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StenLaurel vor 21 Tagen 6 5
Hufblack und Honig
Das Hufblack blitzt in der untergehenden Abendsonne. Ich habe Jack die Fingernägel lackiert. OK, nicht die Fingernägel, aber die Hufe. Morgen reiten wir Pleasure. Da müssen wir eine gute Figur machen. Den Stetson nochmal bedampft und in Form gebracht, dem Quarterhorse die Mähne geflochten, die Weste mit Bling Bling gebügelt, makellose Hufe. Was soll da schief gehen.

Ich reibe meinen Sattel ein. Mit Bienenwachslotion. In die Lotion habe ich etwas Tobacco Honey gegeben. Das ist der Duft, mit dem ich mich morgen in aller Frühe einsprühe. So werden wir eins. Die Nase reitet mit. Nach Honig werden wir duften. Nach Honig und Tabak. Nach Honig und Pferd. Nach Honig und Freiheit. Wir werden gewinnen. Und dann zünden wir uns eine Marlboro an.
5 Antworten
StenLaurel vor 2 Monaten 9
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Von Bären, Wald und Lagerfeuern
Abends am Lagerfeuer. Der nächste Morgen, das Lagerfeuer ist aus. Aber dennoch ist es da, hat sich verewigt. Verewigt in den Klamotten. Ich halte das Hemd vor die Nase, atme tief ein, das Lagerfeuer ist zurück. Ich kann mich nicht erinnern. War da nur das Lagerfeuer, oder ist der ganze Wald abgebrannt? Mein Hemd meint zweiteres. Sagt man das so, zweiteres? Egal. So riecht der Bär. Riecht wie mein Hemd, riecht nach Feuer, Rauch.

Aber das ist nur der erste Eindruck. Wenn man den Bären aufgesprüht hat, wenn er einem mit der Tatze einen auf die Nase gibt.

Man darf nicht zuviel sprühen, der Bär ist sensibel. Weniger ist hier mehr. Dann wird die Tatze sanft, zeigt, dass sie auch streicheln kann. Dann entwickelt sich der Bär zu einem komplexen Duft aus Wald, aus Honig. Rauchigem Honig und geheimnisvollen Zutaten. Es ist ein, wie man sagt, dunkler Duft. Dunkel und mystisch. Mystisch und verzaubernd. Oder er eckt an. Süsskramliebhabern könnte er nicht gefallen. Oder vielleicht gerade, ist mal etwas anderes, etwas ganz anderes. Und man wird diesem Duft ganz sicher nicht an jeder Ecke begegnen. Diesem einzigartigen Duft!


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StenLaurel vor 3 Monaten 12 5
6
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Heute bin ich ein Lord
Ich bin zur Herrenjagd. Dem Fuchs hinterher. Die Meute hat ihn aufgespürt. Die Seiteschlossflinte spricht. Von Purdey, soviel Flinte muss sein. Sie hat schon viele Füchse erlegt.

Mein Tweedsakko ist in der Reinigung. Es war eine aufregende Jagd. Ich hole es ab. Es ist wieder makellos, duftet, wie ein Tweedsakko duften muss. Ein bisschen konservativ, ein bisschen nach Schneiderei, edel, ein bisschen nach Marzipan.

Zurück auf dem Herrensitz sprühe ich mich ein. Passend zum Sakko. 2 Sprüher, mehr nicht. Understatement, das gehört sich für einen Lord. Lord George. Tragedy of Lord George. So heisst das Parfum. Die Tragödie erschliesst sich mir nicht. Gut, der Flakon ist fast leer. Das ist natürlich eine Tragödie. Nicht direkt, aber fast. Für heute reicht der Lord noch. Ich muss unbedingt neuen besorgen. Er verströmt einen Duft wie das Tweed Sakko. Ein bisschen konservativ, ein bisschen nach Marzipan. Marzipan, das da gar nicht drin ist. Und trotzdem ist es da. Ganz subtil, nicht aufdringlich, einfach edel. Ich habe Lord George. Ich bin Lord George!
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StenLaurel vor 3 Monaten 11 4
6
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Quarzgrau und der Hecht
"Ganz viel Freude mit dem Quarzgrau. Höre nicht zum ersten Mal das der als "Wohlfühlduft" bezeichnet wird."

Dieser Satz, den ich in einem Forum las, war meine erste Begegnung mit dem Quarzgrau. Ich mag Grau, am liebsten dunkles Grau. Maschinengrau. So wie früher, bevor alles Grün wurde, Resedagrün. Aber ich schweife ab.
Meine Neugier war geweckt. Der Parfumeur höchstselbst hatte diesen Satz geschrieben. Ich schrieb Martin an, bestellte ein Sample. Alles in Grau. Opalgrau, Ceylongrau, Malachitgrau, Quarzgrau. Opal und Ceylon waren nix für mich. Nicht, dass sie schlecht sind, nein ganz im Gegenteil, nur nix für mich.
Malachit und Quarz, die gefielen mir beide. Das Malachitgrau erinnerte mich an etwas, das ich zunächst nicht einordnen konnte. Ein bekannter Geruch. Nur, was? Was war das. An was erinnerte mich dieser Duft? Es war Getriebeöl, gutes Hypoidgetriebeöl. Ich liebe den Geruch von Getriebeöl, andere rümpfen die Nase. Dann war da noch das Quarzgrau. Das erinnerte mich auch an etwas. Ich kam lange Zeit nicht drauf. Dazu gleich mehr. Die Proben gingen zur Neige. Ich bestellte einen Flakon. 100ml. Grau. Quarzgrau von Grauton. Dieser Duft hatte mich geflasht. Tut er immer noch. Und ich bin froh, gleich 100ml geordert zu haben, einen Schatz.

Wir schreiben das Jahr 1971. Es ist 6:00 Uhr morgens. Ein frischer und dennoch warmer Morgen im Mai. Ich bin an der Elbe. Mit dem Fahrrad. Durch die Stadt, durch die Dünen. Bewaldete Dünen. Bewaldet mit mächtigen Kiefern. Die gibt es heute nicht mehr. Das ist heute ein Industriegebiet. Früher war alles besser, so sagt man. Hier stimmt das.

Das Wasser blubbert um meine Füsse. Es ist noch nicht richtig hell. Bin ganz alleine, stehe auf einem Stack. Stack sagt man hier, woanders heisst es Buhne. Schaum dümpelt auf dem Wasser, wird von der Strömung verteilt. Die Strömung ist stark hier, sehr stark, der Stack ist gleich der dritte hinter dem Stauwehr. Ich werfe meine Angel aus. Spinnrute, am Ende der Schnur ein dicker Bleikopfspinner.
Der Geruch der Elbe steigt mir in die Nase. Die Elbe hat einen ganz charakteristischen Geruch. Den kann man nicht beschreiben, den muss man gerochen haben. Ein Hecht nimmt den Köder. Ich drille ihn bis vor meine Füsse. Er ist kein Riese, aber er ist auch nicht klein, einen Unterfangkescher habe ich nicht. Ich werde ihn greifen müssen. Mit der blossen Hand. Hinter die Kiemen, der Hecht hat scharfe Zähne, ich muss vorsichtig sein. Die Rute schnellt hoch, der Hecht! Weg! Der Hecht ist weg. Das schwarze Wasser gluckert, habe das Gefühl, es lacht mich aus. Ich bin ganz alleine, bin den Tränen nahe. Aber ich heule nicht, ich bin schon gross. Der Geruch der Elbe steigt zu mir hoch. Ich atme tief ein. Nächstes Mal kriege ich Dich!

Ich stehe im Bad. Frisch gebadet. Ich sprühe. Sprühe Quarzgrau. Schliesse die Augen, atme tief ein. Den Geruch von früher. Ich bin wieder an der Elbe, das schwarze Wasser umspült meine Füsse, heute fange ich ihn!
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