Steingrau, Mausgrau, Betongrau… Wenn das so weiter geht, wird’s ein teures Unterfangen mit den Grautönen.
Die Idee war, dass ich mir als Resultat meiner Samplekit-Verkostung vielleicht EINEN Grauton als Flacon bestellen würde. Nun, das wird leider eng.
Schon
Malachitgrau hat mich begeistert, doch hier geht‘s nahtlos weiter.
Mit der ersten Probe „Quarzgrau“ auf dem Unterarm saß ich morgens am Testtag1 auf dem Sofa und machte in regelmäßigen Sniff-Abständen Geräusche, die meine Nachbarn womöglich zu der Annahme verleiten konnten, ich hätte talentierten Herrenbesuch.
Erste-Sekunden-Eindruck: Upps, da waren sie wieder, meine Thundra-Pilze!… So liest meine Nase offenbar erdiges Patch aus. Doch hier ist es wunderbar ausbalanciert eingebunden, in der richtigen Anteiligkeit platziert und sticht keinesfalls dominant heraus, bettet lediglich die anderen Ingredienzien. Wahrscheinlich spitzte es für mich überhaupt nur durch, weil die Thundra mich damit so pilzgefoltert hat.
Auch dieser Grauton hat gleich zum Start wieder eine herrliche, mich sofort einfangende Frische, die beständig und langanhaltend stehenbleibt - etwas, was ich bei Düften oft suche und selten so finde.
Der Weihrauch ist wunderbar weich und ebenfalls als Teil der Komposition nicht zu „großgeschrieben“ (allerdings schon deutlich als solcher wahrnehmbar - magst Du explizit keinen Weihrauch, ist „Quarzgrau“ nichts für Dich). Die gegensätzlichen Aspekte aus „frisch“ und „sanftwarm“ umspielen und umschmeicheln einander und finden hier das für mich genau richtige Maß - Frische, ohne reines Brizzel-Cologne zu sein und dann „wegzuseifen“, und Sanftwarmsüße, ohne einen kuschelig in die Sofaecke zu drücken und den aktivierenden, energetisierenden, konzentrationsfördernden Aspekt zu verlieren.
„Quarzgrau“ zeichnet sich zum Einen durch sehr harmonische Abstimmung und Ausbalancierung aus. Für mich wirkt das „aufgeräumt“, aber ohne langweilig zu sein. Tatsächlich sind die Grautöne keine Düfte mit speziell herausragend-betonten Akzenten, den berühmten Ecken und Kanten, mit herausfordernder, spitzer Provokation. Sie sollen als Gesamtes stimmig sein und funktionieren, in sich abgeschlossen sein, und das tun sie auch.
Meine Assoziationen: Office, eher tagsüber, nicht lärmend, angenehm. Gebügeltes, sauberes, weißes, vielleicht sogar gestärktes Hemd. Seriös, vertrauenswürdig, professionell, Werte, Moral, Glaubwürdigkeit. Dieser ist kein Badboy und kein Khal Drogo - und doch durchs Hintertürchen gaaanz schön sexy…
Zum Anderen erlebe ich auf meiner Haut eine wirklich tolle Entwicklung.
Je länger ich „Quarzgrau“ auf meinem Unterarm spazieren führe, umso mehr wird er zunächst zu einem abgerundeteren, komplexeren Molecule 01. Ob Iso-E-Super enthalten ist, was ich stark vermute, oder hier andere Komponenten im Zusammenspiel zu diesem Dufteindruck führen, ist mir nicht bekannt. Ja, frischsaftigholzig ist er jetzt, und ich mag‘s.
Doch das war’ noch nicht - es folgt eine tolle, nicht übertriebene, komplexe, mildsanfte Süße. Ich stimme dem Vorschreiber zu, dass das Parfum über einen langen Zeitraum „twisted“, ohne sich selbst zu verlieren, was ich toll finde - es behält seinen Rahmen und entwickelt sich in diesem weiter. Typisch hochprozentiges Extrait ist es nicht so laut und schreit keine flüchtige Kopfnote in die Welt. Die Haltbarkeit und durchaus auch die Sillage erlebe ich am Folgetag mit der „normal eingesprüht“-Testung jedoch als wirklich gut bis sehr gut. Zu meiner großen Freude gehört „Quarzgrau“ zu den Parfums, die ich anhaltend und gut ausgeprägt an mir selber rieche. Und das tue ich, immer wieder - hmmmh, Suchtpotenzial!…
Wer trägt’s? Auch „Quarzgrau“ ist zunächst wieder herb und vermutlich vorrangig für Männer ge(m)/(d)acht, wenngleich Herr Fuhs seine Düfte alle als „unisex“ deklariert. Im Drydown wird es jedoch zunehmend weicher, sanft bei anhaltender Frische. Vom Horizont winkt mir entfernt eine homöopathische Erinnerung an ein Spritzcherchen „Joop Homme“ (für mich absolut unisex). Oder die Vorstellung einer - für meinen persönlichen Geschmack - besseren, abgerundeteren, gefälligeren „Thundra“ (sanfter, hintenraus weniger süß, weniger patchbetont). Wen ein bisschen „herb“ nicht stört und wer den krautigen Start durchsteht, für den/die ist dieser Duft durchaus geschlechtsunabhängig gefällig und tragbar (meiner Einschätzung noch mehr als beim etwas bitter-schärferen, dunkleren „Malachitgrau“ (mehr Khal Drogo ;) ) ).
„Quarzgrau“ ist „Malachitgrau“ („Opalgrau“ und „Ceylongrau“ noch in Testung) insofern ähnlich, als man durchaus einen Stil und eine Handschrift erkennt: Diese zwei aufeinanderliegenden, miteinander verwobenen „Layer“ aus (bleibender) Frische und „Warmsanftweich“, eine distinktive line Mineralik im Hintergrund, die seriöse Immergeher-Ausbalancierung, waldholzige Naturthema-Töne, die Weihrauch-Anmutung, die ich auch im „Malachitgrau“ wahrnehme… Jedoch keineswegs so eng verwandt, dass man sagen müsste, hast Du den einen, brauchst Du den anderen nicht (schade, hätte Geld gespart) - sie haben prägnant unterschiedliche Noten. „Malachitgrau“ hat noch mehr „Wumms“, ist für meine Lesart grüner (obwohl es ja hier viel mehr zedert, vielleicht macht das von mir sehr geschätzte Eichenmoos für mich den Unterschied), bitterscharf-maskuliner, draufgängerischer, selbstbewusster / „böser“, mehr „auch für die Nacht“ und etwas „süßdunkelwaldig-gruftiger“, „Quarzgrau“ finde ich transparenter, heller und noch mehr „Office-like“, vermutlich Damen zugänglicher (zum Selbertragen) und im positiven Sinne (!) absolut „störungsfrei“ (CAVE: Weihrauchallergiker).
Fazit: Voll auf meine Zwölf. Großartig. Wird (auch) bestellt.
Ich teile die hier bereits zu lesende Ansicht, dass der großes Fanpotenzial hat. Und denke, dass Frauen den an Männern lieben.
Von mir ein Ausprobier- oder gar Kauftipp.