Swansch

Ich habe irgendwie schon immer am Meer gelebt. Zuerst an der Nordsee, dann - zum Studium - an der Ostsee, zwischendurch mal an der schwedischen Küste und jetzt hat es mich wieder zurück an die Nordsee verschlagen.
Somit kann ich felsenfest behaupten, ich kenne den Geruch des Körpers nach einem Strandtag (oder wahlweise an der Nordsee nach einem Schlicktag). Nichts geht über den Hautduft an einem lauen Sommerabend, nachdem man den ganzen Tag am Strand war: salzig, ein wenig schwitzig, voller Sonnenmilch und als Krönung obendrauf der unvergleichliche Geruch nach Sonne. Wunderbar!
Batucada hat diesen Zustand authentisch eingefangen und Flaschen abgefüllt.

Was ich allerdings nicht kenne, ist Exotik. Mein Urlaub führt mich eher nach Frankreich, Dänemark oder Rügen. Wenn es mal weiter weg geht, dann Italien. Karibik oder eben Brasilien ist - im wahrsten Sinne des Wortes - Neuland für mich.
Und genau das ist der Haken bei Batucada - zumindest für jemanden wie mich: Warum diesen Geruch nach Somnertag ins Klischee abgleiten lassen, mit Limette, Kokos und Minze?
In dieser Kombination sind diese Noten viel irritierender als der Haut-akkord. Warum nicht viel mehr den Fokus auf den "menschelnden" Bereich setzen, statt mit aller Gewalt die Karibik zu zitieren?
Nun, mir ist bewusst, dass ich vielleicht die einzige bin mit dieser Meinung, aber für mich ist diese Kombination von Intimität und Exotik unvereinbar.
Aber ich gebe nicht auf, schlecht ist der Duft auf keinen Fall und zudem noch absolut interessant.

Mein Vater ist Ostfriese, meine Mutter nicht - das macht aus mir eine Halbostfriesin. Deshalb kenne ich mich wunderbar mit den Tee-Gebrächen dieser Region aus. In Norden, der Stadt, in der meine Großmutter lebte, gibt es ein Tee-Museum. Statt Kaffee trinkt man in Ostfriesland Tee (mit Kluntje und Sahne. Und wehe, man rührt den Tee um!). Die Teekanne darf nur mit klarem Wasser ausgewaschen werden und selbst die Liebe zu einer Frau wird mit dem Teegenuss verglichen: Die Verliebtheitsphase, sahnig und cremig. Dann folgt der bittere Tee und nur wenn der Mann diese Phase durchhält, stößt er auf den süßen Zucker am Boden der Teetasse.
Kurzum: Ostfriesen haben zu ihrem Tee eine ganz besonders innige Beziehung.
Ich besitze ein feines, filigranes Teegeschirr mit einem ostfriesischen Rosenmuster drauf. Leider steht das fast nur zur Deko im Schrank, denn ich trinke jeden Morgen Espresso. Meinen Tee-Jieper stille ich lieber mit "Still". Denn hier gibt es die schönste Tee-Note, die ich in einem Parfum je riechen durfte. Plötzlich stehe ich in Norddeich auf dem Deich. Die gute Jennifer hat den Ostfriesentee eingefangen, mit ein wenig Sandelholz und Iris verfeinert, heraus kam dieses zarte Meisterwerk. Alle anderen Duftnoten sind meiner Meinung nach nur Statisten für diese wunderbare Tee-Note.
Aber vielleicht bin ich ja ein klein wenig befangen, denn schließlich wurde ich zum Teil in Ostfriesland sozialisiert.

Vanille,
Heimat, Liebe, Geborgenheit
Urvertrauen.
Kindheit, Apfelstrudel, Vanillesoße, Rosinen, Frucht.
Holz, Rum und Zeder.
Kuscheln, sanfte Süße, feines Puder.

Das alles und noch viel mehr ist Eau des Missions.
Ich glaub sogar, dass er viele direkt in die Kindheit zurückbeamt. Das, was sie dort gegessen haben, riechen sie auch in Eau des Missions.
Durch die Nase direkt ins Stammhirn.

Parfumeur Professor Nasus wendet sich an seinen Praktikanten:
"Hör mal Hein, die von Calvin Klein wollen, dass wir auch so ein süßes Parfum kreieren, was dann ale jungen Mädchen tragen. Und als besondere Challenge wollen sie in einer Stunde schon das Ergebnis sehen, schließlich ist Zeit ja Geld. Deswegen löst du als erstes mal die Gummibärchen in Wasser auf."
"Jawohl Herr Professor", sagte Hein und schritt zur Tat. Aber da es sein erster Tag als Praktikant war und Hein sowieso nicht der Schlauste ist, gab es ein schwerwiegendes Missverständnis. Denn als der Professor eine halbe Stunde später wieder ins Labor kam, schlug er entsetzt die Hände über den Kopf zusammen. "Oh mein Gott Hein, was hast du gemacht?! Ich sagte 'Wasser'! Jetzt schwimmen die Gummibärchen in meinem Hustensaft! Und wir haben keine Zeit mehr, eine neue Tinktur anzusetzen."
"Ohje", sagte Hein, erbleichte und wollte seinen Fehler wieder ausbügeln. Er griff nach dem Putzlappen, der neben ihm lag und versuchte, die Bärchenreste aus dem Saft zu fischen.
"Heeeein!" Die Stimme des Professors überschlug sich fast vor Entsetzen. "Nicht mit dem dreckigen Lappen darein!"
Doch zu spät. Inzwischen hatte sich der Bärchen-Hustensaft mit dem modrigen Wasser aus dem Putzlappen vermischt.
"Wie sollen wir das nur den Chefs von Calvin Klein erklären?" jammerte der Professor? "Die wollten doch damit das schnelle Geld machen."
"Ach Herr Professor", Hein legte seine Hand beruhigend auf die Schulter seines Vorgesetzten. "Das können die doch immer noch machen. Die füllen das Zeug einfach in eine schicke Flasche, kleben da ihren Markennamen rauf und gut is'."
"Oh Hein. Du bist ja doch gar nicht so blöd wie ich dachte", strahlte der Professor.

Dieses kleine Schätzchen hat sich klammheimlich zu meinem Sommerfavoriten gemausert. Und ja, auch ich kann die Ähnlichkeit zu Light Blue nicht abstreiten. Aber während bei Light Blue eher Zitronen für das Zitrische verantwortlich sind, sind es hier eher Orangen. Alles wirkt ein wenig weicher und runder, zudem rieche ich deutlich die Gewürze, die dafür sorgen, dass Soleil de Capri zwar ein erfrischender Sommerduft ist, sich aber dennoch von Light Blue & Co. abhebt.
Um es mal so zu sagen: Light Blue ist ein Duft, den man sich aufsprüht, wenn man frisch geduscht rüberkommen will. Soleil de Capri riecht ein wenig schmutziger - im positiven Sinne ;-) So, als sei die Dusche im Hochsommer schon ein, zwei Stunden her. Man wirkt zwar immer noch gepflegt und frisch, aber da ist etwas im Hintergrund, das dem Ganzen noch eine etwas persönlichere Note gibt.
Zur Haltbarkeit brauche ich kaum etwas zu sagen. Nur Montale bekommt es hin, dass ein zitrischer Sommerduft an die acht Stunden durchhält.