TantePoli

Als Fan eher der knallenden Düfte mit starker Sillage war ich ja riesig gespannt auf meinen zweiten Maison Christian Dior, denn mein erster (New Look) war eher zahm.
Die Beschreibung war so mal ganz was anderes.
Und schon mal vorab: ja, lieber François, das hast Du echt ganz toll hinbekommen; die Noten der Pyramide sind wohl dosiert und keiner dominiert.
So fand ich mich die ersten Minuten im Tante-Emma-Laden wieder, wo ich damals nach der Schule für 60 Pfennig 2 Kirschlollis (die am grünen Stiel :-)) und 2 Schaum-Erdbeeren kaufte. Mmhm, das ist aber eigentlich gar nicht so mein Ding.
Jedoch schwupps, ist auch schon das mega Süße verschwunden und es bleibt ein Hauch Frucht. Ganz lecker.
Dann, ja, das ist meines, gesellt sich die so geliebte schwarze Johannisbeere dazu und bremst das Süße komplett mit einer feinen Herbe aus.
Der Schlussakkord mit einer so unglaublich feinen Dosierung P-M ist einfach der Knaller und bleibt und bleibt und bleibt. Ich rieche auch nach Stunden noch ALLE Duftnoten.
Trotz einer eher schwachen Sillage wirst Du einer meiner Lieblinge.

1927 scheint ausnahmsweise mal keine Jahreszahl zu sein, sondern die Summe der Duftnoten-Kombis, die dieses außergewöhnliche Parfum im Laufe des Tragens annimmt.
Von grün-erdig über süß-pudrig, zurück zu grün, jetzt mit frisch bis hin zu würzig, dann blumig, und so geht das eine ganze Weile weiter.
Ich kann's nicht glauben, es ist ein permanentes Spiel zwischen 2 Duftnoten, dann wieder Kehrtwende und flux eine neue Kombi.
Moos, Blume, Tante Frieda, Puder, ich werde verrückt, schon wieder anders, ich schwanke zwischen mag ich und mag ich nicht.
So was ist mir noch nicht unter die Nase gekommen.
Wenn ich auf das Dufttyp-Tortendiagramm der Community sehen, muss ich schmunzeln; das ist der statistische Beweis.
Letztendlich ist bei mir an einem kalten Herbsttag etwas blumige-cremiges geblieben; wäre interessant, wie das im Sommer wäre.
Ich setze Dich mal auf die Merkliste und behalte Dich im Auge.

Leider erstmal eine vielleicht enttäuschende Anmerkung : mit dem Duft rund um den Okanvango hat das recht wenig zu tun. Ich habe meinen schönsten Sonnenuntergang auf dem Okavango erleben dürfen, aber eine Assoziation mit diesem Duft gestaltet sich schwierig.
Ich versuche es dann mal mit dem Bild einer feinen Dame, die sich in den frühen 1900en auf einer Luxussafari in einer Lodge fein gemacht hat. Ja, die könnte so ein Parfum benutzt haben.
Zum Duft selbst:
Bereits der erste Sprüher verzaubert in einem Blütenmeer gepaart mit einem Hauch Mandarine; sehr edel und extravagant; irgendeinem Duft aus meiner Vergangenheit kommt das nahe; ich habe tagelang überlegt, aber ich komme nicht drauf; Magnolia wie hier schon geschrieben, ist es bei mir nicht; vielleicht kann mir ja jemand aus den Community helfen.
Relativ schnell folgt die cremige Note und das ganze erinnert mich ein wenig an Chanel-Düfte; das bleibt und bleibt und bleibt , die Haltbarkeit ist unglaublich.
Ein edler Begleiter , mit dem ich mich den ganzen Tag als feine Dame fühle.
Und ich verspreche, ihn bei meiner nächsten Okavango-Tour zu verwenden (und da ich nur eine Abfüllung besitze, hoffe ich auf eine schnelle Rückkehr nach Afrika)!

Ich habe diesen wunderbaren Duft erst einmal 3 Tage tragen müssen, um mir eine endgültige Meinung zu bilden und diese auch irgendwie formulieren zu können.
Schlussendlich trifft es meine Überschrift ganz gut: puristisch, modern und einfach wunderbar.
Beim ersten Sprüher war ich erst einmal verwirrt; ich konnte es überhaupt nicht einordnen: irgendwie wie frisch gebügelt/chemische Reinigung ; die zweite Wahrnehmung: oje, herb und leider zu maskulin.
Das legt sich aber binnen Minuten und es bleibt ein reiner und cleaner Duft; und dann... so nach 10 Minuten kommt zur großen Überraschung ein kleiner feiner Hauch Zitrik dazu, die bleibt.
Diese Mischung ist genial.
Ich fühle MICH, zwar 'geschmückt', aber nicht 'maskiert'.
Keine starke Sillage, aber lange Haltbarkeit.
Alles in allem ein gender-neutraler und moderner Duft für alle Jahreszeiten und Anlässe.

Nein, jetzt kommt keine Teenie-Schmuddelgeschichte, sondern eine Liebeserklärung aus der Vergangenheit.
Mit süßen 17 waren meine beste Freundin und ich hoffnungslos den neu entdeckten Düften verfallen.
Etwas anderes als die Klassiker der Mütter (ich erinnere an Tosca o.ä. und sehr selten an Chanel No 5) war schwer zu ergattern, bzw. erstmal zu erschnüffeln, denn große Parfümerien waren damals noch rar. Ich schwelge in schwärmerischen Erinnerungen, als ich das erst mal in den Galeries Lafayette in Paris oder im KDW in Berlin war: Duft-Paradiese. Auch gab es nicht so wirklich viele für Schülerinnen erschwingliche Wässerchen.
Paris, Opium, Anais Anais und ein paar andere waren die signifikaten Düfte, die waren mir aber alle zu schwer und lieblich.
Und dann war da MEIN Armani. Dass das chypre-artig-blumig war, war mir natürlich nicht bewusst, aber das war einfach MEIN Duft. Ich hatte mir nur das Deo leisten können, aber hatte mich mit dem ersten Sprüher umgehend in die große weite Welt versetzt gefühlt. Ich bin erwachsen, ich bin sexy, ich bin emanzipiert, ich werde studieren, die Welt erobern. Natürlich erst einmal zu heftig aufgetragen hatte es meinen Fahrlehrer damals fast in Ohnmacht versetzt.
Ich habe es lange getragen und bedauere es bis heute, dass die Produktion eingestellt wurde. Alle nachfolgenden Armanis wurden getestet , aber kein Vergleich oder gar eine zweite Liebe.
Es war MEIN Duft; ich kann ihn in Erinnerung noch immer riechen und würde ihn auch heute noch sofort kaufen.