ThomC

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26 - 28 von 28
ThomC vor 4 Jahren 15 6
7
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
Alte Spelunken-Diskothek am nächsten Morgen.
»Boa!« denke ich, jedes Mal wenn ich ihn rieche. Es gibt kaum einen intensiveren, langanhaltenden wie auch schönen und zugleich hässlichen Duft wie diesen »Dhanal Oudh Nashwah« von meinem geliebten Rasasi. Ein Duft, der extremst polarisiert, die Spannung hält - und das liebe ich. Eigentlich.

Ein Duft, aufgeladen mit merkwürdigsten Assoziationen - aber ich komme immer wieder drauf zurück: alte Diskothek oder Saufkneipe mit zwielichtigen bis armseligen Gestalten. Abschleppschuppen von in-die-Jahre-gekommener. Tägliches fünf Bier, schütteres Haar, Bierplauzen, Gesichter mit schlechter Haut, die nach der klassischem Eine-Packung-Pro-Tag aussehen. Später Doppelkorn bis Korn-Cola. Vermutlich verortbar irgendwo in St. Pauli, der »Goldene Handschuh«, aber der macht ja niemals zu.

Und nach so einem Schuppen riecht das Dhanal: wenn der letzte zugesoffene Gast torkelnd gegangen ist, die Musik abgeschaltet wird, das Personal beginnt aufzuräumen, Stille. Es riecht nach den gerade ausgebürsteten Aschenbechern, nach Bierglas spülen, nach alten mit Schweiß und Bier zu gezogenes Thekenholz, nach durchgessenen Kunstledersitzen eines muffigen Opel Kadett Baureihe C. Nur mit "Oud" hat das Dhanal doch wenig zu tun. Was solls?!

Es ist auffällig, es ist dicht, es ist nicht schön und - gerade wegen seiner assoziativen Hässlichkeit - wieder schön! Ein Yin und Yang der Liebe und Unschlüssigkeit. Sicher kein alltägliches Parfüm, auch kein Parfüm, mit dem der Herr sich einer Dame daten sollte. Ich jedenfalls trage es am liebsten allein. Ungestört. Ohne Rechtfertigungsdruck.

Höchstens tragbar in Gesellschaft zum lustigen Düfteraten, aber nie um ein Statement abzugeben. Dafür riecht er mir auf Dauer zu anstrengend und spelunkig. So einen holt man drei mal im Jahr heraus, weil ihm ein wenig die Mehrdimensionalität fehlt und er sich doch spürbar abnutzt. So ein Überrraschungseffekt gibts eben nur beim ersten Mal!

Die Musik zum Parfüm: Ruth Händel »Meine letzte Zigarrette« [1975]
6 Antworten
ThomC vor 4 Jahren 5 4
9
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
6.5
Duft
Kurzer Blazer mit fiesen Schulterpolstern. Welcome 80ies!
Mein alter Herr hatte diesen Duft 1988 bis 1989 getragen. Und ich musste ihn als 12 jähriger ertragen. Weil er ihn immer zu viel aufgetragen hat und dabei dachte: viel ist gut. Dieser Duft hatte sich zeitweise in mein junges Hirn gefressen, mich überall begleitet, auf dem Beifahrersitz, beim Besuch, Zuhause. Es war sein Versuch, sich der Damenwelt herauszuputzen nach der Scheidung. Vorher hatte er nie wirklich Parfüm getragen. Rückblickend muss ich sagen: "Drakkar Noir" war keine schlechte Wahl, es hatte dem Zeitgeist entsprochen, hatte Stil, war schrill. Ich musste es jetzt nach über dreißig Jahren einfach mal wieder riechen. Ein Selbstcheck, ob ich es nach so langer Zeit wieder erkennen würde.
Nein, tat ich nicht wirklich. Jedenfalls schossen keine Erinnerungen zurück. Und dennoch kam es mir bekannt vor. Aber ich mag es nicht, denn es müffelt nach billigem Herrn, es kratzt in der Nase, es riecht nach schriller 80er Mode, nach Penetranz. Es riecht einfach nur, ohne irgendwelche erkennbaren Einzeldüfte. Und es fehlt der "Pfiff", der Dreh im Hirn irgendwie, der mich sagen lässt: Das will ich tragen. Nö! Flakon steht im Bad bei den gefühlt milliarden Anderen als Monument eines verschwundenen Zeitgeistes. Als Warnung und Erinnerung zugleich. Geht so okay. Aber nicht mehr.
Das Video zum Parfüm: "Girl You Know It's True" von Milli Vanilli.
4 Antworten
ThomC vor 4 Jahren 14 3
7
Flakon
9
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Love it or hate it in Reinkultur / Schaut in die unteren Regale!
Kurzum: Dieser Duft ist eine Sensation!
Ich finde ja, dass in den Mainstreamketten in den untersten Regalen mitunter ganz interessantes Zeugs steht. Das, was den Mainstream halt nicht so interessiert. Gut für mich - bin eben nicht der Prada-L'Homme-Typ (was ich übrigens erschreckend mäßig empfinde, anderes Thema).
Es war in diesem Herbst, die Langeweile trieb mit auf der Düsseldorfer Königsallee in den Duftladen mit dem D. Nur ma' gucken, riechen, nichts kaufen. Die Bodenregale, da ganz unten wo niemand schaut, - standen die unbekannten Flakons. Der gefühlte Bodensatz des Mainstreams. Ein Flakon war blau und eckig, mit silberner Kappe und erinnerte ein wenig an den brockigen Monolith aus Kubricks »2001« - und zwar in blau! Es war Alyssa Ashley »OUD« für Ihn. Nie gehört, nie getragen. Okay, dachte ich: Wo »OUD« draufsteht, ist immer ein Argument zum reinschnuppern drinnen.
Opps, was ist das bitte? Nochmal riechen. Krass. Verstörend schön! Was bitte ist das? Und warum steht dieser Duft ganz unten im Bodenstaub und mein Hassduft Prada L'Homme auf Augenhöhe?
Nee, mit OUD hat das blaue Dingen von Alyssa Ashley doch weniger zu tun - mehr mit der fetten Ladung Weihrauch und diversen Räucherstäbchen, fast schön klebrig, etwas schöner Moder, ganz eindeutig eine NISCHE, yeah! Und was für eine.
Wochen später eine kleines Parfümtasting (ich nenne es so - komme aus der Weinwelt...). Von sieben Nischendüften, die blind gereicht würden, verstörte und polarisierte dieses Alyssa Ashley OUD am meisten. Und wurde doch problemlos von Laien immer wieder erkannt. Ha! Wenn das kein Indiz für gelungene Handschrift ist....
Ich recherchiere: Parfümeur ist ein gewisser Luca Maffei - Jungspund und Italiener. Große Mainstreamdüfte hat er wohl noch nicht kreiert - offenbar fühlt er sich in der gehobenen Nische ganz wohl. Ich bestelle von seinen Kreationen einige Proben, mich interessiert sein Stil.
Maffei, so lese ich bei Parfumo, hat einige Düfte für Edelschmiede Perris Monte Carlo kreiert, so auch den »OUD IMPERIAL«. Das Irre: Maffei hat mit Alyssa Ashley OUD seinen eigenen Dupe geschaffen. Ich jedenfalls rieche zwischen beiden nur haarfeine Unterschiede, im Groben und Ganzen passt es zusammen wie Düsseldorf und Altbier - nur kostet Maffeis Version von Alyssa Ashley einen Bruchteil. Und wer sich die Mühe macht, die Kommentare zu Perris Monte Carlos »OUD IMPERIAL« durchzulesen, wird merken: auch das teure Original (ist es das überhaupt oder ist Ashleys »OUD« das Original?) polarisiert die Gemeinschaft ebenfalls. Die einen husten - die anderen jubeln. Strike!
Fazit: Wer auffallen will, wer polarisieren will, wer mal was anderes haben will - der kauft das blaue Alyssa Ashley »OUD«. Bietet irre viel Charakter für wenig Geld. Im Netz wird einem Ashleys »OUD« hinterhergeschmissen. Gerne - ich kaufe alles auf.

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