18.08.2021 - 09:54 Uhr

ThomC
28 Rezensionen

ThomC
Hilfreiche Rezension
10
Ein "Lost Cherry" der Bohème
Meine neueste Erkenntnis: Parfüms, die ich nicht verstehe, mit welchen, die ich verstehe, verstehen zu können. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht.
Jüngstes Beispiel: die seltene Ruby Edition der bourgeoisen One Man Show Reihe von Jacques Bogart. Den Roten im Retro-Flakondesign der späten 70er hatte ich vor eineinhalb Jahren besorgt - als Blindkauf, der eignetlich nur gedacht war, die One Man Show Reihe zu komplettieren, statt des Parfüms selbst willens.
Dann verstaubte er nach einigen Testsprühern im Regal, ohne Nutzen, ohne Begeisterung. Mir war er damals zu quietschig, zu fruchtig und passte somit in keine meiner Schubladen. Da war kein Twist, der nötig ist, etwas zu schätzen. Ich habe ihn trotzdem behalten, weil fünf unterschiedliche One-Man-Shows mit dem Farbkontrast eines Testbildes in Reihe stehen zu haben, ziemlich erhaben aussieht. Eine wirkliche Chance habe ich ihm aber nie gegeben.
Der Twist kam, als ich mir ein Pröbchen des recht umjubelten Lost Cherry von Tom Ford zukommen ließ. So, so, da war er also, der wohl witzigeste und "unseriöseste" Duft von Tom Ford. Von einem Großteil der Parfümos abgefeiert. Doch für mich roch er nach unisex - zu viel unisex. Das Konzept allerdings habe ich umgehend verstanden: Kirsche! Ziemlich tragbar, und im Drydown immer eleganter. Kann man machen, ist sogar für Männer mutig bis originell. Tragen gern - haben wollen doch eher nicht, denn ich habe ja einen im Regal mit Kirsche, der verstaubt: die Ruby Edition von Jacques Bogart. Aktion Staub entfernen begann.
Bedenke: Der Ruby Edition kam einige Jahre vor dem Lost Cherry (2018) heraus und verschwand eigentlich sang- und klanglos im Tal der Nichtbeachtung - taucht allerdings immer wieder mal in Wellen auf. Für keine 20 Euro ist dieser Duft eine Wucht - auch stilistisch wie von der Bogart-typischen Projektion.
Zunächst zeigt er viel Kirschlolly (diese fiesen kleinen Biester von KÜFA aus Dörentrup / Lipperland) und Nuancen von Himbeeren, eine olfaktorische Walze. Zu Beginn sehr auffällig und mir eine Spur zu süßlich. Doch das legt sich mit der Zeit: die Kirsche rundet sich ab, bleibt deutlich aber weniger künstlich. Nuancen von rotem reifen Apfel kommen hinzu (die ich für typisch halte bei vielen One-Man-Shows). Im weiteren Drydown wird er maskuliner, kantiger. Erst später schimmert die DNA der One Man Shows heraus: typische Männerseife der 70er, ein Stilmittel dieses Jahrzehnts. Beim Ruby allerdings sehr dezent und nicht vordergründig. Eine schöne Symbiose aus klassischem Oldschooler und modernem Unisex-Kirsch-Gequietsche. Krude Mischung - darauf muss man erst mal kommen!
Vergleiche ich ihn mit Tom Fords "Lost Cherry" auf dem Unterarm, fällt auf, wie sehr sie Brüder im Geiste sind. Auffällig ebenbürtig, und doch auf verschiedenen Planeten zu Hause: Hier der sympathische, auffällige Bohème von Bogart, arm und günstig wie Kirchenmaus - und dort das Tom-Ford'sche aberwitzig überteuerte Statussymbol mit Bling-Bling-Appeal. Geht beides. Wer den einen liebt, sollte den anderen checken - und wird überrascht sein, wie viel für U20-Euro möglich ist.
Die Musik zum Duft ---> "Rote Kirschen ess ich gern!" (Kinderlied) [https://www.youtube.com/watch?v=jevEH-o8CfU]
Jüngstes Beispiel: die seltene Ruby Edition der bourgeoisen One Man Show Reihe von Jacques Bogart. Den Roten im Retro-Flakondesign der späten 70er hatte ich vor eineinhalb Jahren besorgt - als Blindkauf, der eignetlich nur gedacht war, die One Man Show Reihe zu komplettieren, statt des Parfüms selbst willens.
Dann verstaubte er nach einigen Testsprühern im Regal, ohne Nutzen, ohne Begeisterung. Mir war er damals zu quietschig, zu fruchtig und passte somit in keine meiner Schubladen. Da war kein Twist, der nötig ist, etwas zu schätzen. Ich habe ihn trotzdem behalten, weil fünf unterschiedliche One-Man-Shows mit dem Farbkontrast eines Testbildes in Reihe stehen zu haben, ziemlich erhaben aussieht. Eine wirkliche Chance habe ich ihm aber nie gegeben.
Der Twist kam, als ich mir ein Pröbchen des recht umjubelten Lost Cherry von Tom Ford zukommen ließ. So, so, da war er also, der wohl witzigeste und "unseriöseste" Duft von Tom Ford. Von einem Großteil der Parfümos abgefeiert. Doch für mich roch er nach unisex - zu viel unisex. Das Konzept allerdings habe ich umgehend verstanden: Kirsche! Ziemlich tragbar, und im Drydown immer eleganter. Kann man machen, ist sogar für Männer mutig bis originell. Tragen gern - haben wollen doch eher nicht, denn ich habe ja einen im Regal mit Kirsche, der verstaubt: die Ruby Edition von Jacques Bogart. Aktion Staub entfernen begann.
Bedenke: Der Ruby Edition kam einige Jahre vor dem Lost Cherry (2018) heraus und verschwand eigentlich sang- und klanglos im Tal der Nichtbeachtung - taucht allerdings immer wieder mal in Wellen auf. Für keine 20 Euro ist dieser Duft eine Wucht - auch stilistisch wie von der Bogart-typischen Projektion.
Zunächst zeigt er viel Kirschlolly (diese fiesen kleinen Biester von KÜFA aus Dörentrup / Lipperland) und Nuancen von Himbeeren, eine olfaktorische Walze. Zu Beginn sehr auffällig und mir eine Spur zu süßlich. Doch das legt sich mit der Zeit: die Kirsche rundet sich ab, bleibt deutlich aber weniger künstlich. Nuancen von rotem reifen Apfel kommen hinzu (die ich für typisch halte bei vielen One-Man-Shows). Im weiteren Drydown wird er maskuliner, kantiger. Erst später schimmert die DNA der One Man Shows heraus: typische Männerseife der 70er, ein Stilmittel dieses Jahrzehnts. Beim Ruby allerdings sehr dezent und nicht vordergründig. Eine schöne Symbiose aus klassischem Oldschooler und modernem Unisex-Kirsch-Gequietsche. Krude Mischung - darauf muss man erst mal kommen!
Vergleiche ich ihn mit Tom Fords "Lost Cherry" auf dem Unterarm, fällt auf, wie sehr sie Brüder im Geiste sind. Auffällig ebenbürtig, und doch auf verschiedenen Planeten zu Hause: Hier der sympathische, auffällige Bohème von Bogart, arm und günstig wie Kirchenmaus - und dort das Tom-Ford'sche aberwitzig überteuerte Statussymbol mit Bling-Bling-Appeal. Geht beides. Wer den einen liebt, sollte den anderen checken - und wird überrascht sein, wie viel für U20-Euro möglich ist.
Die Musik zum Duft ---> "Rote Kirschen ess ich gern!" (Kinderlied) [https://www.youtube.com/watch?v=jevEH-o8CfU]
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