Tivellon

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Tivellon vor 12 Jahren 32 9
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Die Bienen erkennen seine Macht
Vor 800 Jahren wurde ein Prinz aus dem Königsgeschlecht der Zwage geboren. Ein Schwarm Bienen umkreiste den Neuankömmling nach seiner Geburt und seine Mutter rief: "Lalibela!" Was "Die Bienen erkennen seine Macht!" bedeutet. So kam der kleine Prinz zu seinem Namen, dessen prophetische Aussage sich bewahrheiten sollte.

Da er nicht der einzige Anwärter auf den Thron war, fiel er einer Intrige zum Opfer und wurde vergiftet. Doch mit Gottes Hilfe überlebte er und wurde König.

Zum Dank dafür ließ er an diesem Ort, hoch in den Bergen Lastas, geteilt durch den Fluß Jordan im heutigen Äthiopien, 11 Kirchen aus jeweils nur einem einzigen Stück Felsen (roter Basaltlava) schlagen.

"Und Engel kamen herab auf die Erde" und errichteten in nur einer Nacht dieses Wunder als neuen Wahlfahrtsort für die äthiopischen Christen und fortan hieß diese Stadt Lalibela.

Soweit zur Legende.

40.000 Arbeiter und ein indischer Architekt sollen König Gebra Maskal Lalibela an die 24 Jahre bei dem Bau seiner 11 Felsenkirchen zur Seite gestanden haben.

Noch heute ist Lalibela bewohnt, die Kirchen werden genutzt und von Pilgern besucht, wenn auch leider kaum noch so populär wie im Mittelalter. Doch sie gehören zu den wichtigsten und größten monolithischen ("fugenlosen", "aus einem Stück entstandenen") Bauwerken des Christentums und zählen zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Die roten Felsenkirchen haben oft mehrere Etagen, sind bis zu 10 m hoch und erstrecken sich über eine Fläche von 800m2. Einige von ihnen sind senkrecht in den Boden gemeißelt worden, von großzügigen Innenhöfen umgeben, von denen durch die Seitenwände wiederum ganze Labyrinthe voller Gänge, Gräber, Einsiedlerzellen, kleiner Gallerien und Tunnelsysteme abführen, die die Gotteshäuser untereinander verbinden.

Andere wurden vertikal in den Fels gehauen und sind ebenerdig zugängig. Teilweise verfügen die Felsenkirchen über äußert detaillierte, farbenprächtige Wandmalereien.

Nun aber zum Duft.

Memo nennen ihren Duft die "mysthische Rose". Und Rose ist auch zu erkennen, jedoch nicht so klar und rein, wie sie in unserer westlichen Welt interpretiert wird, sondern orientalisch umgesetzt. Also würziger, erdig-samtiger, dunkler, verwaschener und gourmandig unterlegt.

Aber wo ist der Honig, den man bei so einer Namensgebung vermuten könnte?

Honig ist nicht beinhaltet und zeigt sich auch nicht. Wenn man jedoch möchte, sö könnte man mit einem kleinen Augenzwinkern sagen, dass Bienen ja Rosen lieben und so vielleicht der Bogen zum Honig in der Namesgebung und der Erklärung von Memo, Lalibela sei der Duft der "mystischen Rose", geschlagen wird.

Als ich Lalibela zum ersten Mal auf der Haut hatte und noch nichts weiter über den Duft wußte, hatte ich auf keinen Fall eine Assoziation zu Afrika und schon gar nicht dem Christentum.

Vielmehr empfand ich Lalibela als hell und weder opulent noch ernsthaft/ nüchtern wie das Christentum. Mein Kopfkino projizierte sofort eine samthäutige und bauchfreie Orientalin, wie sie auf einem mit schwarz-purpurnen Rosen überwuchertem, mächtigem Balkon hinter seidenen, leicht im Nachtwind wehenden Vorhängen hervor späht.

Da steht sie in ihrem dunklen Gemach, mit den erst kürzlich gelöschten Lampen, versteckt hinter dem Vorhang und mit unterdrückt kichernder Begeisterung wartet sie auf das Vorbeireiten eines schmucken Fürstensohnes. In ihrer Phantasie erblüht ein ganzes Universum voll romantischer Vorstellungen und Hoffnungen - und sie lächelt verzaubert.

Ihre kleine Schwester heißt übrigens Siwa. Die beiden unterscheiden sich dadurch, dass Lalibela deutlich mehr Kurven hat und Siwa einer filigranen Dschinni gleicht.

In der Kopfnote sollen Kokosnuss und Orchidee sein, okay, aber meiner Wahrnehmung nach sind da auch ein Hauch Pfeffer und bereits ein wenig Patchouli mit von der Partie und es "braust und brizzelt" ganz schön im Auftakt. Süßlich, lieblich, frisch-würzig, seifig würd ich sagen.

Im Herzen dann die "orientalischen" Rosen. Die Pfingstrose und Jasmin lassen den Duft für mich cremiger und leicht blumiger wirken.

Am schönsten aber die Basis: Jetzt wirds holziger, Tabakblätter (gefallen mir hier sehr gut!), ein Hauch Vanille, ein nur zu erahnender Weihrauch und ein dezentes Patchouli bringen Ruhe und Erdung in den Verlauf. Labdanum steuert nebenbei etwas Gourmandiges bei. Alles ist perfekt miteinander verbunden, keine Note dominiert und diese Silage hält und hält und hält.

Eine Empfehlung noch von mir zur Größenauswahl:
Die 30ml-Flakons sehen absolut "mini" und unscheinbar aus. Wirklich enttäuschend - zumal bei einem Preis von noch stolzen EUR 79,--. Bei den 75ml-Flakons zu EUR 105,-- bis EUR 125,-- (schwanken im Moment noch von Händler zu Händler) hat man da schon deutlich mehr in der Hand und "fürs Auge".

Lalibela ist ein blumig-aromatischer Orientale, eigenständig, wunderschön und durch eine stets präsente Spannung sehr inspirierend.

Tragbar zu jeder Tages- und Jahreszeit, auch, wenn er im ersten Moment wie ein Tagesduft wirkt.
9 Antworten
Tivellon vor 12 Jahren 16 7
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
1
Duft
Vor sich hingärendes Obststilleben mit Kindergalle
Sehr fruchtig. Üppig fruchtig. Im ersten Moment noch mit etwas Frische behaftet, die sich bei mir jedoch schnell wieder verflüchtigt. Für meine Nase entwickelt sich da ein überreifes Obststilleben in schwüler, brütender Sommernachmittagshitze.

Wie ein Obstkorb auf dem Familienküchentisch, der längst vor sich hingärt. Die Hitze hat alle vertrieben, es ist mucksmäuschenstill... bis auf eine penetrant brummende Fliege, die nicht mehr ganz konzentrische Kreise fliegt und... eine kleine Kinderhand, die sich aufgrund mangelnder Restkörpergröße ein wenig blind über den Tisch hinweg ihren Weg ins Obstkörbchen tastet.

Nun ein kurzes Geschmatze.

– Fliege –

Wilde Würgegeräusche.

- Fliege -

Plötzlich eruptionsartig ein nasses Platschen auf dem Küchenfußboden, ein kleines Schniefen.

- Fliege –

Dann lauthalsiges „Mama“-Geschreie und kleine Stummelbeinchen, die aus der müffelnden Küche fliehen.

- Fliege –

Und nun bleibt genau das zurück, was ich rieche: Ein ausgegöbeltes Mus aus zu reifen, dumpfen Beeren, Bananen und Mango, vermischt mit bitterer Kindergalle.

Beeren machen sich irgendwie nicht gut auf meiner Haut. Multiple Rouge von Humiecki & Graef riecht bei mir auch verboten. Aber an ein fröhliches Multi-Kulti NY-Straßengetümmel (so die von mir interpretierte Intention von Masaki Matshushima zu diesen Duft) erinnert mich dieses Parfum leider gar nicht. Es sei denn, die reiern gerade alle und bewerfen sich zudem mit gammeligem Obst. (o;

**

Zum Glück - und das ist das mich mit am meisten Faszinierende an Parfums - ist das Duftempfinden bei jedem anders und jeder Duft geht mit seinem Träger eine individuelle Symbiose ein.
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