Toby

Mein Weg führte mich gestern mit meiner Frau an einem Schuhgeschäft vorbei. Mein erster Ansatz war mich auf den Boden zu werfen und einen Herzanfall vorzutäuschen. Aber beim sondieren der Lage fiel mir dann doch diese türkis schimmernde Geschäft im Augenwinkel auf und unsere Wege sollten sich auf unbestimmte Zeit trennen.

Angekommen und erst mal unauffälig an den immens unaufdringlichen Dougletten vorbeigeschlichen hatte ich dank gut gefülltem Laden die Möglichkeit, die Herrenabteilung mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Im vorbeischreiten (gaaaaaaaaanz langsam) besprühte ich mir zwei Teststreifen mit sehr interessanten Düften die ich noch nicht kannte. Deren Namen möchte ich aus Datenschutzrechtlichen Gründen hier nicht aufführen, zumal es eine schmach wäre diese doch guten Düfte in DIESEM Kommentar mit aufzuführen. An anderer Stelle dazu mehr.

Ganz am Ende des Regals (und ich habe an der Eingangstüre angefangen) stand dann ein kleiner, schmuckloser ja fast unauffälliger Aufsteller der auf den neuen Chanel Duft hinweisen sollte auf den ja jeder wartete. Gerade erblickt, stürmten zwei Paare mittleren Alters das Geschäft und rannten auf mich zu als hielte ich zwei Tomaten in der Hand und wäre im spanischen Buñol.

Ich per Ausfallschritt zur Seite, und schaffte es gerade noch den Wahnsinnigen (nachfolgend DW genannt) und der hinterherstampfenden Fachkraft in Türkis mit Dollarzeichen in den Augen auszuweichen. Jetzt kommts: Die eine der beiden Damen sieht die Verkäuferin (nachfolgend DV genannt) mit schmerzverzerrtem Gesicht an und ruft Ihr auffordernd zu:

DW: Hi-Hi-Hier, dat näue vomm Schanell wo Steht der Krom.

DV: Huch, das ist noch nicht ausgepackt. Moment ich hole es von der Palette im Lager. (Verlässt fluchtartig den Raum und rutscht dabei fast auf der Speichelspur von DW aus)

DV: (Betritt den Raum wieder) So hier ist das gute Stück. Moment ich öffne es, damit Sie es kurz testen können.

DW: (ungläubig blickend) Häh, testen? Schanell? Isch nehm zwei Fläschen un minge Fründinn für Ihre Kerl auch!!!!!

DV: Weg und wieder da. Als hätte jemand die ganzen Frames aus meinem Film rausgeschnitten!

Alle ab zur Kasse und mir gebrüll raus.

Mh, okay. Ich kroch danach mich vorsichtig umblickend zwischen den zwei Regalen wieder hervor, die mein Leben bei vorhegehendem Naturschauspiel schützten. Ich holte tief Luft nahm mir ein Herz, und griff nach dem Karton mit dem Tester. Da war Sie wieder. Die Dollarzeichendouglette: "Kann ich Ihnen helfen?" Äh, ja. Ich würde gerne.. "Ich sehe schon. Darf ich Ihnen behilflich sein?" und reichte mir den Tester ausgepackt rüber. Ich greife also beherzt zu, sprühe etwas auf den Streifen und... und... nichts! Nichts? Nö gar nichts! Eigentlich noch weniger. Es mag an der überaus duftkontaminierten Parfumerieluft gelegen haben, aber ausser ein wenig zitrischem konnte ich nichts feststellen. Aber die Erwartungshaltung der jungen Dame mir gegenüber nahm zu, was wiederum an dem vom grau ins grün verfärbende Dollarzeichen auf ihrer Retina festzustellen war. Meine Stirn legte sich in Falten. Das musste Sie wohl so deuten, das mir der Duft mißfiel. "Also das ist nicht gerade dass, was ich mir von Chanel erwartet habe." Wie meinen Sie dass denn, den Verkaufen wir wie geschnitten Brot! (lol)

Ich verabschiedete mich so freundlich ich noch eben konnte und verließ den Fachhandel.

Der Duft ist sehr, sehr beliebig. Vor allem beliebig austauschbar. Den hat der gute Herr Polges warscheinlich am morgen nach der operativen Korrektur seiner Nasenscheidewand kreiert.Sollte er immer in solcher Intensität nach nichts riechen, kann ich ihn aber getrost empfehlen um Serge Lutens Düft zu neutralisieren. Schade eigentlich!

Und die moral von der Geschicht:

Nicht überall wo Schanell draufsteht ist auch Schanell drin. Geh besser mit Deiner Frau Schuhe kaufen.

So, oder so ähnlich denke ich muss man sich den Herrn Parfumeur vorstellen. Seriös, diskret aber charismatisch aufdringlich ohne unsympatisch zu wirken. Genau wie diese eine seiner Schöpfungen.
Der geht aalglatt durch die Nebenhöhlen, nachdem er sich an der Nasenscheidewand seine würzige Orangenhaut abgestoßen hat.

Der auftakt wäre TVC15 wohl ein kleiner Freudentanz wert, ich denke der passt mit seiner herben Frische genau in sein Jagdmuster. Vom Sternanis merke ich persönlich da nix! Im weiteren Verlauf mischt sich langsam der Pfeffer mit ein. Als Munition aus einer Schrotflinte in den schicken 60's Echtholzschreibtisch geschossen.

Der ganze Duft ist wie Eingangs erwähnt ziemlich cool und unaufdringlich, anererseits unverkennbar und kräftig! Wie Maddin schon so schön sagte:

"Ein Duft wo der Träger seinem Gegenüber die Wahl lässt, wie er ihn wahr nimmt. Kann sowohl anziehend wirken, als auch unnahbare Autorität ausstrahlen."

Als ganz zu Beginn: Wer das Original nicht tragen will, weil es zu süß und klebrig ist, aber sich der ganzen Geschichte persönlich nicht verweigern will, der sollte hier mal dran riechen!

Die Malz-Version des Bäcker-Duftes wirkt irgendwie ganz straight, ohne seinen Ahnen zu verleugnen. Es wirkt ein wenig als wenn man diese etwas herbere Malznote in leichten Duftwolken um die Nase gehauen bekommt, während sich die ganzen anderen Duftnoten in einem um die Waden geschlungenen Bodennebel so nach und nach mit dazumischen!
Dadurch wird A*MEN der Schrecken genommen und wirkt ausgefallen, ohne einem die Nasenscheidewand mit Hilfe einer im Lagerfeuer vorgeglühten Kneifzange rauszureissen. (Ich mag A*MEN immernoch, das soll nur den Gegnern verdeutlichen, dass es gar nicht mehr so schlimm ist)

Wie gesagt die Grundnote sollte gefallen, sonst wird das nix!

Sorry TVC15 und Chemist, aber lasst es!! :-)

oder mit anderen Worten: Ich will 'nen Cowboy als Mann.

Andy Tauer hat es hier wirklich astrein geschafft, die Assozationen, die ich, und anscheinend auch einige andere mit Cowboys, Prärie und den damit zusammenhängenden Klischees, wie unrasierte, Typen, Jeans und Lederhandschuhen in seinem Duft wiederzuspiegeln.

Der Birkenholzteer haut da irgendetwas Kaugummiähnlich süßes mit rein. Aber keinesfalls klebrig sondern in Richtung Big Red gehend. Süß, würzig und scharf. Da ist auch einiges undefinierbares für mich mit drin. Vielleicht die Möhrensamen, die ich als Duft nicht erkennen kann. Ansonsten eine Menge Leder und Rauch. Kein Weihrauch, kein Zigarettenrauch und kein Rüchermännchenrauch. Heisser fast schon dampfender Rauch. Es ist auch garnicht kantig, sondern sehr homogen. Nicht etwa angepasst, sondern einfach rund und absolut stimmig. yeehaw!

Der Mix macht's. Und in diesem speziellen Fall ist er überaus gelungen. Lonestar Memories sticht aus der Masse heraus. Der Träger, respektive die Trägerin, sollte schon 'ne gute Portion selbstbewusstsein haben, und idealerweise auch breite Schultern und schmale Hüften. Womit meine einstellung zm Thema Unisex bezüglich des Duftes erklärt sein sollte.

Hut ab! :)

Pierre Montale gewinnt bei mir immer mehr Anerkennung und dankbarkeit... :)

Nachdem ich mich die vergangenen zwei Tage mit den Aouds beschäftigt habe in denen doch das Oud ganz klar die Fahne trägt, gab es heute Aoudb Cuir d'Arabie.

So, jetzt habe ich nur das Problem, das meine Vorredner den Nagel auf den Kopf getroffen haben, und ich so gar nicht weiss, was ich von mir geben soll, ohne zu zitieren oder euch zu langweilen, will aber trotzdem menen Senf dazu geben...

Ok, ich versuchs mal so:

Lolitas Vergleich Lederduft - Wildlederetui & orange-braune Ledertasche:

1+

Wer die Teile noch kennt, wird sich im ersten moment kaputtlachen wie imitierend dieser Duft gerade im Bezug auf dieses Leder respektive diese Produkte ist

Inhaltliche Beschreibung des Aoud Eindrucks:

1+

Ergibt im Zusammenhang bei mir was ganz eigenartig, wohlgemerkt absolut schön eigenartig, ledrig-herb-holziges seltsam süß angehauchtes etwas.

Aber wie die anderen Montales: Genau mein Geschmack. Mein Grinsen wird mit jedem Tag und jeder neuen Probe, die ich benutze breiter - wenn das so weiter geht brauche ich bald einen Duft von Colgate oder so...

Zurück zum Duft selbst:

Daumen hoch, ganz großer Sport! Wer Leder mag sollte auf keinen Fall versäumen mal hier dran zu riechen!