TomThumb

TomThumb

Rezensionen
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11 - 15 von 28
TomThumb vor 3 Jahren 6 2
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Der Tee darf nicht zu lange ziehen!!
Das ist wirklich wie nach Hause zu kommen! Lauwarmer Rooibus-Tee verströmt ein süß-blumiges Bukett, untermalt von sanfter Bergamotte. Hier gelingt recht zu Beginn der tolle Aufbrüh-Effekt, der mich schon bei "My Cup of Tea - Early Morning | Brocard / Брокард" überraschen konnte. Der Tee wird in diesem Fall stark und intensiv, die Aromen entfalten sich viel besser als bei jenem Duft. Die Herznote scheint im Duftverlauf sogar kräftiger und vor allem süßer zu werden.

Über den herben Tee legt sich nun eine süffige Frucht. Besonders differenziert nehme ich reifen Pfirsich und Johannisbeere wahr. Mit süßem Zimt wird der Duft trocken-gesittet und wirkt nicht einmal übermäßig synthetisch. Eine warme, blumige Pudrigkeit wertet diesen dabei auf. Dabei überfordert mich aber leider die (sehr ausgeprägte) geschmackliche Süße.
Im Ausklang nimmt die Fruchtblume beinahe Kirschnoten an und zuckrige Vanille mit einem Hauch von Tonka definieren die Basis.

Die Teeabbildung ist mit My Cup of Tea - Sweet Home tatsächlich gut gelungen. Nur die Süße und die uninteressante Herznote lenken von den Qualitäten dieses Duftes ab.
2 Antworten
TomThumb vor 3 Jahren 7
6
Sillage
7
Haltbarkeit
6.5
Duft
Den Tee zu heiß aufgegossen?!
Die Kopfnote weist auf einen leicht-beißenden Früchtetee hin. Eine Mischung aus Orange, Zitrone und Hagebutte erfrischt und wirkt belebend, dabei bleiben grüne Teeblätter nur trocken angedeutet. Für den Charakter des ohnehin leichten Duftes, ist scharfer Ingwer verantwortlich. Dieser schafft es mit Mühe und Not die flüchtigen Aromen zu halten und ein tatsächliches Teekonzept zu suggerieren.

Zu der Frucht kommen daraufhin starke Beeren und freundliche Blüten hinzu (ich kann Pfirsichnoten wahrnehmen), wodurch alles relativ schnell in Unkenntlichkeit verschwimmt. Auf diese Weise wird der Effekt des Tee-Aufgießens erstaunlich gut kopiert. Leider wohl mit etwas zu heißem Wasser, da die schönen Teearomen erschrocken entfliehen...
0 Antworten
TomThumb vor 3 Jahren 24 5
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Abschied von einem Teeladen
Ihr ganzes Leben schon hatte die alte Dame im Teeladen an der Straßenecke eingekauft. Das kleine, angejahrte Haus beherbergte eine gemütliche, immer warm-beleuchtete Stube. Dort gab es die ausgewähltesten Teemischungen und Süßwaren zu bewundern. Oft kam die Dame nur hierher, um sich der wundervollen Aromen zu erfreuen oder ein gutes Gespräch zu führen.

Heute jedoch war es anders. An der Tür hing ein Schild: "Ab morgen dauerhaft geschlossen!". Verwirrt und bestürzt öffnete die langjährige Kundin mit dem gewohnten, leisen Klingeln die Tür. Es war noch dunkler als sonst in dem antiquarisch eingerichteten Raum. Die einzige Person außer ihr war die gebrechliche Ladeninhaberin; damit beschäftigt, Regale auszuräumen. Als die Dame dieses verlorene und traurige Treiben sah, stiegen ihr Tränen in die Augen. Bedeckt fragte sie: "Stimmt das? Schließen Sie wirklich?". Die melancholische Antwort: "Ja, wir können den Laden leider nicht mehr halten. Möchten Sie sich vielleicht noch ein letztes Mal umsehen?". "Ich kann gar nicht fassen, dass es jetzt nach all den Jahren, die ich herkomme, zu Ende gehen soll. Irgendwie betrübt mich das..."
Daraufhin kamen auch der Inhaberin die Tränen, "Entschuldigen Sie mich kurz."

Fünf Minuten später kam sie dann mit einer frisch-aufgebrühten Teekanne zurück. Die beiden Damen unterhielten sich bei einem feinen Ceylon-Orange-Pekoe und kandiertem Ingwer unter Lachen und Weinen noch den ganzen Abend. Als die Eine sich dann ihre Lederhandschuhe angezogen hatte und in die kalte Oktoberluft hinaustrat, nahm sie ein letztes Mal den Duft des Ladens auf und machte sich einsam auf den Heimweg.

Die Dame könnte mit dem Laden durchaus den Duft von Five o'clock au gingembre verbunden haben. Er ist eine sinnlich-melancholische und elegante Komposition. Erst entfalten sich köstliche Teearomen aus feiner Bergamotte, würziger Orange und süßem Edelhonig. Das erinnert mich an einen gewissen Ceylon-Orange-Pekoe, den ich sehr schätze. Milder Pfeffer und ganz dezenter, trockener Kako kommen nach und nach hinzu, bevor der fruchtige Ingwer dominiert. Daraufhin entwickeln sich sinnliche Leder- und Holzstaubnoten. Erdiges Patschuli verleiht dem Duft Tiefe. Hier, ungefähr bei der Hälfte des Duftverlaufs, ergibt sich schon ein harmonisches, äußerst komplexes Gesamtbild.
Dann wird der Duft noch runder und heller. Frischer Zitronensaft spielt sich ein und komplimentiert hervorragend mit einer nunmehr rauchigen Ingwerschale. Ich meine auch Moschus und Sandelholz wahrzunehmen. Ein Hauch von Maracuja taucht ebenfalls auf. Zum Ende hin wird der Ingwertee angenehm pudrig.

Five o'clock au gingembre ist wahrlich außergewöhnlich und hat mich sofort verzaubert. Hier gelingt ein unglaublich komplexer, facettenreicher Duft, der trotzdem ausgewogen und sanft bleibt. Mit einem Wort: Wunderschön!
5 Antworten
TomThumb vor 3 Jahren 13 4
8
Haltbarkeit
9
Duft
Trügerischer Perfektionismus
Einleitend entfaltet sich eine gepflegt-warme Lederbasis, die durch pure, scharfe Orange und ätherisches Ingweröl belebt wird. Hinzu kommen in den nächsten Sekunden diverse Gewürze, von denen ich vor allem Zimt wahrnehme, und eine herbe, kandierte Zitrone. Das helle Leder bleibt dabei dominant und vermittelt einen feinen, lebendigen Eindruck. Der Duft entwickelt eine sanfte, aber notwendige Kraft.
Daraufhin wird die Grundkomposition fortlaufend untermalt. So taucht leicht-pudrige Neroli auf und sorgt für ein süffiges Bukett, Sandelholz bringt eine orientalische Würzigkeit ein und dezent-süße Vanille mit weichem Patschuli runden den Duft ab. Das ist durchaus raffiniert und faszinierend.

Das Eau de Parfum von Habit Rouge ist altehrwürdige Perfektion in virtuoser Reinheit! Ich bin begeistert von der Balance, die hier gelingt, ohne den Duft ins Extreme zu verlieren. Allerdings fehlt mir bei aller Harmonie eine gewisse Spannung, die sich gerade von einem Haus wie Guerlain erwarten lässt. Tatsächlich ist in diesem Parfum ansonsten alles vereint, was ein kompositorisches Meisterwerk ausmacht. Ein eleganter, formvollendeter Charakter, eine zeitlose Tragbarkeit sowie eine unübertroffene Vielfältigkeit.
4 Antworten
TomThumb vor 3 Jahren 23 8
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Eine Liebesgeschichte in mattgrün
Vetiver ist eine Allegorie von märchenhafter Romantik. Die Zeit ist die Belle Époque und der Schauplatz ein herbstliches London. Soeben beginnen die sanften Abendlichter zu leuchten, leichter Regen fällt auf die schweren Wollmäntel der gemütlich-spazierenden Herren, es ist immer noch angenehm warm.
Da rollt eine Equipage vor und ein gepflegter Mann im mittleren Alter steigt aus. Er ist der typische, altenglische Edelmann: Ausgesprochen förmlich, konservativ und immer beherrscht. Ein perfekter Moustache ziert sein aufmerksames Gesicht. Sein Eau de Toilette ist gleichsam elegant und altehrwürdig. Herbe Zitrone und scharfe Orange mit einer dezenten Seifigkeit halten seinen erschöpften Verstand wach. Er raucht russische Zigaretten.

Auf einmal fällt ihm etwas auf. Ein sanfter, aber bewusst auftretender Holzduft. Er dreht sich um und ist auf einen Schlag verzaubert. Vor ihm steht eine Frau, orientalisch, indisch vielleicht; das schönste Wesen, das er jemals zu Gesicht bekommen hat. Das durfte nicht sein! Wie konnte er einer so fremden, außergewöhnlichen Erscheinung verfallen? Doch er hatte ihr bereits eine feine, französische Praline angeboten...

Die beiden trafen sich täglich. Eine intime Liebesbeziehung, unter höchster Diskretion natürlich. Abends im Raum, nach ihren leidenschaftlichen Treffen, duftete es nach Vetiver.

Dieser Duft ist für mich in seiner Komposition so vollkommen, wie eine phantastische Liebesbeziehung! Den Auftakt nimmt jene elegante Frische von herber Zitrik und ätherischer, kühl-scharfer Bergamotte ein. Dezenter Pfeffer und eine leichte Muskatnote sorgen für ein würziges Kribbeln. Kalter Tabak und spritziger Limettensaft mit Zimt verleihen dem Duft noch eine komplexe Tiefe. Außerdem erwacht hin und wieder ein süß-grünlicher Lavendel.
Ich nehme den Duft in seiner Qualität als rein und ungetrübt-dynamisch wahr.

Nach ca. zehn Minuten setzt sich dann der Vetiver mit einem kräftigen Volumen durch und sorgt für dieses indische Gewürzaroma. Der holzige, süße Vetiver ist bodenständig-rural, aber doch pur und exquisit. Er bestimmt schnell den Charakter des Duftes.
In der weiteren Entwicklung, die durchaus aufregend bleibt, tauchen für mich scharf-weicher Pimentpfeffer, süßes, altes Holz und eine reinigende Bergamotte auf. Dabei geht auch von den ursprünglichen Qualitäten nichts verloren.

Vetiver ist für mich in seiner Reinheit und Finesse nahezu perfekt. Er weckt ganz viele, tatsächlich sinnliche Empfindungen und ist äußerst vornehm zu tragen.
8 Antworten
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