Turbobean
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vor 4 Jahren - 18.11.2019
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Sind Parfumpreise irrsinnig? Sind Parfumkäufer dum?

Liebe Leut'

In früherer Zeit machten weise Menschen, allen voran der Kollege Sokrates, Aussagen wie: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Sie wollten damit sagen: „Zwar habe ich eine Menge studiert und dazugelernt, bin vielleicht auch besser ausgebildet als der Durchschnitts-Grieche, aber dennoch bin ich mir darüber im Klaren, dass mein Wissen winzig ist. Im Prinzip weiß ich auch nicht mehr, als alle anderen.“

Diese Erkenntnis wird heutzutage in Fachkreisen dadurch signalisiert, dass man einen anderen Menschen 'dum' nennt. Soll heißen: "Ich benenne andere Menschen als unwissend, bin aber selbst nicht viel schlauer und schreibe sogar das Wort 'dumm' falsch." Also nichts anderes als "Ich weiß, dass ich nichts weiß."

So viel zur Einführung. Nicht dass jemand denkt, ich mache hier Schreipfehler.

Und unter dieser Prämisse, stelle ich folgende These auf:

Parfumkäufer/innen sind dum!

Warum? Ganz einfach: Da werden hundert, zweihundert, dreihundert Euro gezahlt für ein Fläschchen mit einem Inhalt, der vielleicht gerade mal zwischen einem und acht Euro Wert ist. Ein netter Flakon, ein schönes Etikett, ein wohlklingender Name und schon greifen die Abhängigen zu, und zahlen Mondpreise.

Wie dumm manche von uns sind, wurde uns ja auch bereits mehrfach in Blogs bescheinigt, die sich dieses Themas angenommen haben.

Sind wir also wirklich dumm? Warum in aller Welt, zahlen wir solch horrende Summen für fünfzig oder hundert Milliliter Duftwässerchen? Und wie in aller Welt bringen uns die Hersteller dazu, freiwillig deren Wucher zu unterstützen? Sind hier nur Bekloppte unterwegs?

Die Antwort ist relativ einfach. Weder haben die Hersteller geheime Manipulationsinstrumente (abgesehen von der üblichen Werbung), noch sind die Käufer unzurechnungsfähig.

Dass diese Artikel mit geringen Herstellungskosten für viel Geld an den Mann / die Frau gebracht werden, liegt daran, dass sich der Preis eines Duftes primär eben nicht an den Herstellungskosten orientiert, sondern an seinem Nutzen für den Anwender.

(Das ist übrigens in der Pharmabranche nicht anders.)

Einen Zusammenhang zwischen Verkaufspreis und Herstellungskosten gibt es natürlich trotzdem. Nämlich, dass ein Duft mit einem höherem Nutzwert auch höhere Herstellungskosten verursacht. Das liegt in der Natur der Sache und es gibt dabei nur wenige Ausnahmen (z.B. Molecule 01 und andere Synthetiker).

Die liebe Kollegin @Duftsucht hat es in ihrem wunderbaren Blog über den Luxus bereits trefflich beschrieben, was Düfte in unserem Leben bedeuten können.

Ich habe beispielsweise für meine 120ml Green Irish Tweed damals 160,- Euro bezahlt. Lass es heute 180,- Euro für 100ml sein. Das ist kein geringer Preis. Im Gegenteil. Aber es ist ein Fliegenschiss dagegen, was mir dieser Flakon für eine Freude bringt. Nach dem Frühstückstee sind die Aussichten manchmal ziemlich trübe. Es wartet eine Menge Arbeit, vielleicht auch Ärger, Regen und kühler Wind, viel Verkehr und unnötige Wartezeiten. Die Aussicht, nach der Dusche zwei oder drei Sprüher dieses Duftes aufzutragen, verschönert mir den Morgen und macht mir Lust auf den Tag. Und ein Vorrat von 100ml schafft diese Freude etwa dreihundert mal.

DAS ist der Nutzwert eines Duftes und deshalb bezahle ich den geforderten Betrag zwar mit Murren, aber doch mit dem Gefühl, dass ich einen für mich lohnenden Kauf getätigt habe. Von dem Gedanken, dass ich damit jemand anderem einen erheblichen Gewinn in die Kassen gespült habe, lasse ich mich nicht irritieren.





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