Turbobean
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vor 7 Jahren - 16.12.2018
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Oud aus Thailand oder Warum auch der letzte Adlerholzbaum gefällt wird. 

Es folgen Impressionen meines diesjährigen Thailand-Urlaubes.

Die Menschen in den nördlichen Bergen Thailands können sich Rücksichtnahme gegenüber der Natur kaum leisten. Sie verbringen ihr Leben meist im eigenen Haus (was oftmals nicht mehr als eine zugige Hütte ist) und zahlen somit keine Miete. Zum Leben bleibt ihnen meist entweder eine Mini-Sozialrente (etwa 20 Euro) oder ein Einkommen zwischen 200 und bestenfalls 400 Euro pro Monat.

Jeder versucht, entweder etwas zusätzliches Geld zu verdienen oder kostenlose Angebote der Natur zu nutzen. Alte Frauen verkaufen Produkte aus ihrem Garten, ArbeitnehmerInnen gehen nach der Arbeit diversen Geschäften nach, unter der Hand wird Schnaps gebrannt oder Tabak angebaut, der in junge Bananenblätter gedreht wird. Nichts, aber auch gar nichts, bleibt ungenutzt.

In der Mangosaison kostet ein Kilo der köstlichen Frucht kaum mehr als 30 Cent. Die zweite Ernte des Jahres wird dann nicht mehr reif, aber die grünen, harten Früchte werden, wie viele andere, süßsauer eingelegt und schmecken dann ganz passabel.

Papayas wachsen überall. Die großen, reifen Früchte (oft von Vögeln vollgeschissen) werden am Straßenrand für 25 Cent angeboten. Dazu ein Korb mit Limetten ebenfalls für 25 Cent. Mit einer Tüte hausgemachtem Kimchi (25 Cent) jedenfalls ein genialer Snack für acht Leute.

Köstliche Beeren könnten in China für 100 Euro das Kilo angeboten werden. Aber sie verderben so schnell, dass hier ein Körbchen für nur 50 Cent auf Abnehmer wartet.

Manche Waren wachsen quasi überall. Kleine Bananen oder Chilischoten oder Knoblauch. Deren Preise sind fast nicht der Rede wert. All das wird fantasievoll verarbeitet und angeboten.

Wenn man Proteine benötigt, geht man mit dem Gewehr in den Wald oder mit der Angel an den Fluss. Ein paar kleine Fische, ein paar Ratten, sonstige Nager, aber auch große Raubvögel und Kleinwild, irgendetwas findet sich immer. Pilze sowieso. Die Regierung hängt große Plakate auf mit allen giftigen Sorten. Es gab viele Vergiftungen.

Auch Hornissennester werden geerntet und über dem Feuer gebrutzelt. Die gegarten Larven sind eine teure Spezialität und werden für gutes Geld an Händler verkauft.

Wundert es jemanden, dass ein entdeckter Adlerholzbaum nicht stehen bleibt, obwohl er weltweit streng geschützt ist? Ein gut mit Oud durchwachsenes Exemplar bringt schon mal mehrere Jahreseinkommen. Die Händler und ihre arabischen Kunden sind ganz wild darauf. Endlich kann das Haus repariert werden!

Der Farmer, der mir seine ca. 30 Kilogramm Adlerholzschnitzel präsentierte, hatte soeben einen Bussard geschossen. Die Flügel mit Brustfleisch hingen zum Trocknen an der Sonne. Gegenüber ein paar ausgenommene Ratten, mit Kräutern haltbar gemacht. Der Ofen für die Hornissennester stand im Eck. Mir wurde eine Tasse Tee mit Salz angeboten. Einmal im Jahr kommt der Teebauer und tauscht ein paar Kilo gegen Reis oder ein paar Baht. Der Tee kam aus einer rußgeschwärzten Kanne und war nicht nach meinem Geschmack.

Aber das Holz duftete köstlich. Einige Schnitzel sogar nach Oud Fars. Andere mehr nach Holz mit etwas Patchuli. Der Oudgehalt des Holzes war nur sehr gering, sonst hätten Händler längst zugegriffen. Ich bekam etwa 50 Gramm Holz (3 Handteller große Schnitzel) zum Probieren geschenkt.

Die Abende in unserem Haus in den Bergen waren kühl und ich machte stets ein kleines Holzkohlefeuer, um das meine Freundin, ihre kleine Tochter und meine Wenigkeit herum saßen und Getränke genossen (in meinem Fall Bier, ansonsten Milch).

Als ich zum ersten Mal eine Spalte des Holzes auf die glühende Kohle legte, war das eine Offenbarung. Ich hatte schon einmal fünf Gramm Oud in Deutschland erworben und wurde sehr enttäuscht. Es roch, wie in einer Kifferhöhle aber nicht nach gutem Oud. Hier jedoch zeigte sich die ganze Großartigkeit von wildem Oud.

Ein himmlischer Duft, schwer, betörend, beruhigend und auch hier duftete zumindest eines der drei Stücke intensiv nach Oud Fars. Wir verbrachten seitdem jeden verbleibenden Abend mit dem Genuss von echtem Oud. Ich werde das nie vergessen.

Nun liegen immer noch dreißig Kilo dieses Holzes bereit und ich frage mich, ob es eine Möglichkeit gibt, dies nach Deutschland zu exportieren. Gerne hätte ich bei meiner Rückreise einige Kilo eingepackt, aber ich wollte nicht im „Bangkok Hilton“ landen (so nennt man das dortige Gefängnis), sondern Weihnachten zuhause.

Allen ein frohes Fest!


25 Antworten
ExUserExUser vor 7 Jahren
Deinen Blog habe ich sehr gerne gelesen! Von den Fotos hätte ich sogar sehr gerne noch mehr gesehen. Vielen Dank für die schönen Eindrücke! :-)
CherguiaCherguia vor 7 Jahren
Danke für den interessanten Bericht! Nächsten Sommer fliege ich nach Thailand.
GlobomanniGlobomanni vor 7 Jahren
Khop khun maak khrap für Deinen Bericht. Da ich schön öfter in Thailand war, kann ich das, was Du geschrieben hast, gut nachvollziehen. Natürlich ist den Hunger stillen wichtiger als Naturschutz; das kann man aber erst vollends verstehen, wenn man selber bereits gehungert hat, was für einen Großteil der Deutschen ein Fremdwort ist.
BloemeBloeme vor 7 Jahren
Danke fuer die Einsicht in thailändisches Leben und wildes Adlerholz.
CouchlockCouchlock vor 7 Jahren
danke für die impressionen! genauso ist das mit moschus...in thailand gibt es einige oudplantagen, aber das rettet auch nicht die wildwachsenden exemplare.
ich bin vor vielen jahren von chiang mai nach chiang rai gewandert, am fluss entlang, die menschen in den dörfern waren sehr gastfreundlich. dein text weckt erinnerungen und fernweh....frohe weihnachten!
Holly66Holly66 vor 7 Jahren
Dir auch ein frohes Fest und Danke für die tollen Bilder und Eindrücke!
TurbobeanTurbobean vor 7 Jahren
@Maris, eine Flasche guten Schnaps und zwei Päckchen 4711 Erfrischungstücher (siehe auch meinen vorletzten Blog).
MarisMaris vor 7 Jahren
Du hast das Oud-Holz als Geschenk angenommen? Was hast du denn als Gegengeschenk gegeben?
JumiJumi vor 7 Jahren
Danke für den Reisebericht!
AutunnoAutunno vor 7 Jahren
Erinnert mich an die Geschichte des Doppelschwanzmännchens.
IFumerIFumer vor 7 Jahren
Danke für diese Perspektive. Das alte Phänomen. Eigentlich ist auf jedem Platz dieses Planeten genug Nahrung, genug Raum, genug Holz, genug Duft. Wir Europäer brauchen doch so viel, dass es nicht reicht. Unsere Wellness mit "jener" Kokosnüsse, unsere Parfums mit "dieser" Bäume, unsere Energiewende durch "wieder anderer" Lithium. Die größte Herausforderung meines Schaffens wird eine Komposition mit einem Radius von 1000km. Es wird. Nächstes Jahr schon. Perspektive wechseln. Per-fumum. Frohes Fest
LUILUI vor 7 Jahren
Es dreht sich immer um die gleichen Fragen - wie verhält man sich als bewusster Mensch, um keinen Störfaktor für eine heile Umwelt darzustellen?
Die Antwort: Wir sind kein Faktor, der der Natur und Umwelt hilft, wir selbst sind das Problem!
Wir sind nicht gut für die Natur, ohne uns wäre die Erde besser dran.
RosalieRosalie vor 7 Jahren
JA, uns geht es gut hier, vergisst man oft nur sehr schnell. DANKE für diesen spannenden, und informativen Bericht. Gerne gelesen.
GarconGarcon vor 7 Jahren
Sehr informativ! Danke für das Teilen Deiner Erfahrungen!
JacSi9JacSi9 vor 7 Jahren
Spannend geschrieben. Sehr gerne gelesen!
TurbobeanTurbobean vor 7 Jahren
Ich danke Euch für Eure Rückmeldungen! Bin inwischen ja wieder in Deutschland und werde den Duft von natürlichem Oud nie vergessen. Ob jemals ein Oud-Duft meine Sammlung bereichern wird, kann ich aber nicht sagen. Bisher bewundere ich manche Exemplare, rieche sie gerne an Anderen, möchte sie selbst aber dennoch nicht tragen. Und was in Thailand funktionierte, muss hier noch lange nicht passen.
ivkoivko vor 7 Jahren
Ja, es gibt immer zwei Seiten ... was ein ausserordentlich
cooler Blog! (Bis zu "Aber das Holz duftete köstlich." Ne ne,
Witzle, wer ohne Sünde ist, der werfe das erste Schnitzel!
AnosmiaAnosmia vor 7 Jahren
Sehr cooler Blog! Und yes, Naturschutz und Fair Trade muss man sich leisten können. Übrigens auch in Deutschland: Wer bei Kik kauft macht das in der Regel nicht aus Geiz oder Spaß. Viel Spaß noch in Thailand!
Hasiputz80Hasiputz80 vor 7 Jahren
Dazu fällt mir nur ein: ein Hoch auf die synthetischen Düfte!
StanzeStanze vor 7 Jahren
Wenn die Lebensbedingungen so schlecht sind, hat Naturschutz keine Chance. Die Leute hier vergessen immer, dass sie reich sind.. im Vergleich mit der Durchschnittsbevölkerung in solchen Ländern. 30kg Adlerholz wäre natürlich ein schönes Mitbringsel gewesen, aber das hättest du nicht unauffällig mitnehmen können. :P
SalmixSalmix vor 7 Jahren
Das hätte ich auch gerne gerochen! Ein interessanter Bericht - allerdings mit dem Naturschutzaspekt leicht eigentorverdächtig. ;-) Zum einen werden die Adlerholzbäume ja nur deshalb nicht stehengelassen, weil es Abnehmer dafür gibt - die Verantwortungskette muss schon etwas weiter gedacht werden. Zum anderen trägt jemand, der sein Leben in der eigenen Hütte verbringt, global gesehen mehr zum Naturschutz bei als jemand, der für ein wenig Exotik (vermutlich regelmäßig) um die halbe Welt jettet.
JazzbobJazzbob vor 7 Jahren
Danke für die Impressionen! Aber man stelle sich diese Armut mal in einem Land vor, das nicht so viele Essensquellen in der Natur zu bieten hat...
TerraTerra vor 7 Jahren
Es gibt sicher offizielle Regierungsstellen, bei denen du dich informieren kannst. Und selbst wenn es illegal ist, wird in so einem Land doch jede Strafttat mit ein wenig Bestechungsgeld vergessen.
RosaviolaRosaviola vor 7 Jahren
Leider ist auch Armut und Hunger am Raubbau der Natur verantwortlich. Wenn man Hunger hat setzt man andere Prioritäten, da steht der Naturschutz hinten an. Leider.
Fresh21Fresh21 vor 7 Jahren
Hallo, mein Lieber! Ich begrüße dich zurück und danke dir für deinen wunderbaren Bericht, der so fesselnd geschrieben ist, als wäre man dabei gewesen. Und um das Oud beneide ich dich auch. Wünsche dir nun etwas ruhigere Zeiten daheim, doch zunächst auch ein frohes Fest !

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