Wasishier

Eine Duftkomposition mit einem Schachspiel zu vergleichen wirkt schon weit hergeholt.
Oder auch nicht. Immerhin fiel mir beim ersten Tragen dieser sofort die berühmte Partie von 1956 zwischen Donald Byrne und Bobby Fischer ein. Ein Jahrhundertspiel.

Ich will sicher nicht alle hier mit einer ausschweifenden Analyse langweilen, aber die Parallelen sind nennenswert.

Fischer eröffnete mit der Grünfeld Variante. Das passt, denn die Kopfnote erscheint, mit dem sauber vorgetragenen Lavendel, sehr frisch, ohne Übermut, aber klar in der Definition. Ein sogenanntes geschlossenes Spiel.

Entscheidend für den Beau ist aber eine Variante im Mittelspiel. Hier opfert das Talent und späterer Weltmeister seine Dame im 17. Zug. Sinnbildlich. Tom Ford verzichtet auf eine Tangente zum Unisex. Er schließt bewusst die weibliche Zielgruppe aus. Eichenmoos und Basilikum halten die Geranie unter Kontrolle. Es ist ein Herrenduft!

Das Opferspiel brachte übrigens Fischer zum Endspiel 1 Turm, 2 Läufer und einen Bauern mehr. Und so spielt auch der Duft sorgfältig seine letzten weichen Komponenten eher männlich, aber sanft aus.
An Balance ist diese Mischung kaum zu übertreffen. Perfekt!

Nachtrag: Robert James „Bobby“ Fischer war damals erst 13 Jahre alt. Und auch der Beau de Jour ist mit seinem Erscheinungsjahr 2019 eher ein Jugendlicher.

„Viel zu lernen du noch hast.“ Sagte Yoda und blickte traurig auf den Flacon, der ein Imperator sein wollte.

„Ein großer Krieger? Groß machen Kriege niemanden.“ Der Meister begegnete leise den Übertreibungen des vermeintlichen Helden.

Auf die stolze Aussage des Schülers, dass 150ml eine Menge sei, blickte ihn der Jedi tief in die Augen mit den Worten „Größe ist nicht alles. Die kleinere Truppe wir sind, dafür größer im Geist.“
Ein Hinweis auf Meister wie Roja. Eine Legende im Universum.

Der junge Padawan berief sich auf seine durchlagende Wirkung. Die auch von Yoda entkräftet wurde: „Zorn. Furcht. Aggressivität. Die dunklen Seiten der Macht sind sie. Besitz ergreifen sie leicht von dir.“ Er war entäucht, dass der Eleve nicht begriff, dass Oberflächlichkeit, Effekthascherei und Durschlagskraft kein Platz für Souveränität und Balance lassen.

Ich verschenkte gerade den Flacon nach drei Tagen Nutzung. Er wehrte sich mit den Worten, dass er mächtig sei, man sehe das ja auch hier bei dem was man über ihn spricht. Der alte Weise mit Tränen in den Augen flüsterte zum Abschied nur: „Wenn so mächtig ihr seid, warum dann schon gehen?“

Epilog: Die Zitate waren echt, der Duft nicht. Er brachte mir viele Komplimente, aber er hat den Träger betrogen. Er war egoistisch, tat alles um zu glänzen, aber ihm fehlte jegliche Sinnlichkeit und Differenziertheit, damit ich selber ihn als Duft auf der Haut empfand. Haltbarkeit und Wirkung ist nicht alles. Ihm fehlt die Klasse.
Ich hoffe ich habe jetzt hier im Forum nicht die Rache der Sith heraufbeschworen.

Bestens von den Mitstreitern hier im Forum beschrieben, vielleicht noch eine Metapher von mir:

„Ja, sofort anders.“
„Nehmen!“
„Der isses“!

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Das waren die Reaktionen der weiblichen Anwesenden beim Düftemarathon in der Parfümerie.
(Ich weiß, Kopfnotenrummel im Fachgeschäft ist nur die halbe Wahrheit, aber damals wusste ich es nicht besser und kannte diese Plattform nicht.)

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Alles war klar. Gelbgrüner Duft. Ziemlich kantig, ein Pflanzenbomber. Da deutet doch alles auf Zitronengras, Vetiver und Holz hin. Eindeutig und gerade aus. Aber das ist nicht wirklich das Geheimnis dieser Komposition, welche an einen Naturschützer im Schilf erinnert, stark aber pazifistisch.

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Nein viel schlimmer. Es ist ein verborgendes Raubtier, das diesem Wässerchen innewohnt. Ich habe es erst nach einer Flasche bei Charge 2 entdeckt. Der animalische Moment ist grau, fast schwarz und heißt Weihrauch. Durchtrieben, listig und kompromisslos.

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Nichts mehr zu spüren von der grundehrlichen Aussage aus Kopf- und Herznote. Eine Entwicklung in der Basisnote, die ihre Herkunft leugnet, aber auch realistischer ist.
Denn den aufrichtigen Mann, der die Welt rettet gibt es nicht. Er bleibt ein Tier, mal mehr mal weniger. Sex, Alkohol und kriegerische Auseinandersetzungen……..

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Ja doch, FAZIT:
Keine Angst vor Vetiver, der Duft kann mehr! Kaufen! War das o.k.?

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Ich will es mal anders formulieren.

Wir stellen uns einen Film vor, in dem der Protagonist die Bühne betritt und wir uns fragen, ob das wirklich mein Hauptdarsteller werden soll. (Farbe im Flacon orange, überhaupt nicht mein Farbspektrum).

Dann sieht man seine ersten Aktionen und ist entsetzt. Er stolpert, er ist ungelenk und manche rufen schon „buh“. (Kopfnote völlig überladen und undefinierbar, untypisch für Guerlain).

Die noch im Kino geblieben sind erleben den Kampf eines Mannes, der nicht aufgibt und sich immer mehr in die Aufgabe reinarbeitet. (Angenehme Herznote mit eleganter Würze).

Jetzt wird es interessant, die Zuschauer merken überhaupt nicht, dass der Antiheld zum Held wird. Es ist plötzlich alles so selbstverständlich. (Wunderschöner und geschmeidiger Übergang zum Finale der Duftkomposition).

Zum Schluss gibt das geschrumpfte Publikum stehend Applaus. Was für eine starke Persönlichkeit. Wow. (Patchouli in sehr männlicher Ausführung).

Nein, der erste Eindruck ist nicht der wichtigste. Russel Crowe erscheint heute im ersten Moment übergewichtig und uncharmant. Aber der Schein trügt, er ist mein Lieblingsschauspieler.

Die Liebe, Essen, Trinken, Genüsse....Oft geht es um Abwechslung. Vielleicht will man nichts verpassen, ist neugierig oder kann sich nicht entscheiden. Ein ständiges Auf und Ab.

Natürlich sind neue Impulse wichtig und man soll die Welt kennen lernen. Aber wo gehört man hin? Was ist meine eigentliche Signatur?

Alles habe ich probiert. Böse Sachen, wie Leder 6 von Schwarzlose, ausgefallene Vetiver- Düfte, Klassiker oder Frischekanten wie Replica - At the Barber's. Und ja, durchaus interessant.

Mein "langweiligster" Vertreter ist Guerlain Homme. Gefällig, ohne Ecken und Kanten, klassisch.
Aber halt! Langweilig? Verwechsle ich hier Beständigkeit und Zeitlosigkeit gepaart mit Charme und Souveränität etwa? -Jipp.

Nach allen Eskapaden lande ich immer wieder beim George Clooney der Düfte. Mein täglich im Büro getragener und nie -Aufpassen!- langweilig werdener Begleiter. Während die anderen Jungs ihr Pulver nach Monaten verschossen haben, ist Guerlains "Mann" ein echter Mann. Klasse setzt sich halt durch!