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loewenherz’ Blog
vor 8 Jahren - 12.11.2015
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'Sah ein Kna-hab ein Röslein steh'n...'

'...Röslein a-hauf der Heiden...' dichtete der junge Goethe schon 1770.

Wenn ich hingegen die Ansammlung meiner Parfums betrachte, sehe ich bereits zwei Röslein steh'n - und bei näherem Hinsehen bemerkte ich unlängst, dass sich in meiner Sammlung - für einen Herren noch immer etwas ungewöhnlich - mittlerweile tatsächlich neun Düfte finden, die ihrem Wesen nach Blumendüfte sind, manche von ihnen echte Soliflore, andere nicht ausschließlich, doch dennoch mit einer Blüte im Zentrum: neben den beiden Röslein - einem dunklen ("Noir de Noir") sowie einem leuchtend roten ("Sa majesté la rosé") - entdecke ich Neroli ("Neroli Portofino"), Freesie ("Ofrésia"), Jasmin ("Jasmine Musk"), Vanilleblume ("Heliotrope"), Gardenie ("Velvet Gardenia"), Champaka ("Champaca Absolute") sowie neuerdings die Hyazinthe ("Bluebell").

Die meisten Blütendüfte gelten noch immer als weiblich besetzt, so mein Eindruck - Neroli und andere Zitrusblüten vielleicht außen vor lassend - und werden hier entsprechend als Damendüfte eingeordnet, wenngleich ich beobachte, dass diese geschlechtsspezifische Verortung gleichgültiger wird, je länger wir uns mit Parfum beschäftigen - so auch bei mir. Doch ich bemerke auch, dass keiner der genannten neun ein 'Alltagsduft' ist - sie alle gehören zu denen, für die ich in Stimmung sein muss und mich entsprechend nur ganz ab und zu (doch regelmäßig und dann sehr gern) entscheide. "Ofrésia" und "Jasmine Musk" sind wunderbar zum grauen Anzug - auch "Bluebell" ist herrlich zu formeller Kleidung, ist er doch an einem Herrn auf hintergründig-schalkhafte Art und Weise viel überraschender als an einer Dame. "Heliotrope" ist dank seiner Gourmandnähe ein schöner 'Sofa-Kekse-Serienmarathon'-Duft. Rosendüfte in der Kombination Rose/Oud gelten gemeinhin als unisex und sind als solche inzwischen allgegenwärtig, doch Rosen-Soliflore wie "Sa majesté la rose" schrecken die meisten Herren wohl (noch) eher ab.

Blüten waren die vielleicht ersten (da naheliegendsten) Duftträger, deren wohlriechendes Herzens man mithilfe von Mazeration oder der - nach ihnen benannten - Enfleurage habhaft zu werden versuchte - und lange schmückten sich männliche Herrscher ganz selbstverständlich mit den köstlichen Essenzen aus Rose, Lilie und anderen Blumen. In Kombination mit anderen (stärkeren) Duftakkorden - Moosen, Hölzern, Leder und Patchouli etwa - waren und sind sie Bestandteil vieler klassischer Herrendüfte. Der Soliflor hingegen geriet - vielleicht vergleichbar mit der Gardenie im Knopfloch - über die Jahrzehnte aus der Mode und hat es bis heute schwer bei vielen Herren, gilt er doch immer noch als etwas manieriert oder effeminiert, weil wir doch echte Kerle sind. Schlage ich hier etwas aus der Art (na ja - die Mehrheit meiner Sammlung sind ja keine Blütendüfte, und ich nehme an, dies wird auch dauerhaft so bleiben, dazu ist meine Neigung zu Hölzern, Harzen, Tabak und Kräutern doch zu ausgeprägt) - oder stehen Röslein auf Kna-habenhaut vor einer Renaissance?

Etliche Blüten - darunter mehrere gemeinhin als besonders weiblich geltende: Lilie, Maiglöckchen und Tuberose - fehlen übrigens noch in meiner Sammlung. Auch Nelken duften wunderbar - und Pfingstrosen. Also wer weiß?

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