Mit 18 war ich mit meiner Mama das erste Mal in Ägypten.
Auf dem Weg vom Flughafen ins Hotel dachte ich: Was soll ich hier in dieser Einöde?
Sand, Geröll, ein Felsen, noch mehr Sand und Geröll, ein Felsen. Ich langweilte mich schon bei dem Anblick.
Eine Woche waren wir dort und als ich wieder zu Hause war, bemerkte ich erst, wie sehr die Wüste mich gepackt hatte, das Licht, die Ruhe, die Düfte.
So begannen 4 Jahre, in denen ich, wenn ich es finanziell einrichten konnte, jede Ferienwoche nach Ägypten flog - ich verzehrte mich regelrecht danach.
Natürlich verliebte ich mich auch....wie das halt so ist.
Sayed war wesentlich älter als ich, sprach astreines Deutsch mit österreichischem Akzent und war Reiseleiter/Tourguide. Er leitete vorwiegend Ausflüge, die die Touristen, auf Dromedaren reitend zu (natürlich präparierten) Beduinenlagern brachte.
Dort wurde gegessen, der Sternenhimmel bestaunt und manchmal auch übernachtet.
Ich war selbstverständlich immer mit dabei - ich konnte von der Atmosphäre nie genug bekommen.
Einmal nahm er 2 Wochen Ferien und wir machten einen richtigen Roadtrip, besuchten Freunde, Familie, waren bei den Pyramiden, in Alexandria, er erzählte, erklärte, ich lauschte, staunte und wollte alles sehen - aber hauptsächlich waren wir draußen, unterwegs, “wanderten“ von einem Touri-Beduinenlager zum nächsten, nur wir, die heißen Tage, die milden sternenübersäten Nächte.
Ich kann nicht wiedergeben, in welchem Zauber ich gefangen war, wie frei ich mich fühlte, wie sehr eins mit allem.
Nie zuvor hatte ich mich so gefühlt und auch danach nie wieder.
Natürlich hatten wir immer Unmengen an Wasser dabei, aber waren wir in einem der Lager, tranken wir Tee.
Ich weiß bis heute nicht, was für ein Tee das war (Beifuß vielleicht?), aber dieser Duft war für mich der Inbegriff dieser Abende, wenn es langsam kühler wurde, das Licht schwand und man nichts mehr hörte außer den leisen Stimmen und dem Brodeln des Teewassers, nichts roch außer dem zarten Duft, der aus dem Topf aufstieg - staubig, leicht minzig, holzig, kräuterig, mild, etwas bitter.
Irgendwann wußte ich, daß ich diese Ferienbeziehung auf Dauer nicht ertrage. Ich brach im Urlaub einen furchtbaren Streit vom Zaun, benahm mich Sayed gegenüber widerlich.
Als er mich zum Flughafen brachte (er war so traurig ....und ich auch....) drückte er mir zum Abschied eine große Tüte in die Hand, gut verpackt und verschnürt. Ich wollte mir keine Blöße geben, stopfte sie unbeachtet in meinen Koffer und flog einfach nach Hause.
Wieder zu Hause machte ich die Tüte auf - mein Tee.
Er hatte mir meinen Tee mitgegeben.
Ich grub meine Nase hinein, holte tief Luft und schlagartig war ich wieder dort, in meiner geliebten Einöde, Sayed neben und die Sterne über mir.
Da erst konnte ich weinen.
Den Tee, an den mich “Rosarium“ so sehr erinnert, bewahrte ich noch Jahre auf. Nur ganz selten machte ich mir eine Tasse. Meistens schnupperte ich einfach daran und träumte mich zurück.
Ich habe nie wieder etwas von Sayed gehört.
Und ich war in den 16 Jahren, die seitdem vergangen sind, nie wieder in Ägypten.