Aoud Lavender 2015

Dobbs
30.10.2015 - 10:07 Uhr
18
Top Rezension
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft

What you see is what you get

Bevor ich tatsächlich eine Nase dieses weiteren Sprosses der weitverzweigten Montale-Aoud-Dynastie genommen habe, hielt ich die Kombination des gerade in der montaleschen Interpretation gern mal recht harsch und streng wirkenden Adlerholzes mit Lavendel für eine ziemlich vogelwilde Idee. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass DAS gut riechen könnte. Tut es aber doch und zwar sogar ziemlich gut.

Eine überaus kräftige, aromatische Woge eines in voller Blüte stehenden Lavendelfeldes umspült meine Nase. Kein zarter, feiner, silbrig-heller Lavendelhauch, wie ich ihn in Gris Clair so sehr mag, sondern eher, wie von Montale erwartet, ein ordentlicher Schlag mit dem Lavendelstrauch mitten ins Gesicht. Sollten Bergamotten, Zitronen und Safran in der Kopfnote verbaut worden sein, dann nehme ich das mal als gegeben hin, herausriechen kann ich es nach dem Lavendelüberfall nicht mehr.

Eine halbwegs klar abgegrenzte Herznote kommt bei mir auch nicht an, weil sich direkt das Oud zum recht krawalligen Lavendel gesellt. Leise kann man dessen Auftritt auch nicht unbedingt nennen, dennoch empfinde ich die Duftnote hier im Vergleich zu einigen anderen Montale-Aouds als relativ verhalten, zurückgenommen, sich dem Lavendel unterordnend, um dann harmonisch mit ihm zu einem würzig-balsamischen Ganzen zu verschmelzen.

Im weiteren Duftverlauf bleiben Lavendel und Oud als vorrangig wahrnehmbare Komponenten erhalten, jedoch verliert der Lavendel nach und nach seine klare Frische, wird wärmer, samtiger. Gleiches gilt für das Oud, das mit ganz dezent hinzu kommender Süße und ein paar vereinzelten Blütenblättern seiner Schärfe beraubt wird, ohne aber dabei direkt zum Kuschelduft zu mutieren. Die anfangs kräftige, jedoch nicht durch geschlossene Türen reichende Duftschleppe pendelt sich rasch auf ein umweltverträgliches Maß ein, ohne dabei hautnah zu werden. Hinsichtlich der Haltbarkeit bleiben montaletypisch keine Wünsche offen.

Freunde der raffinierten, feinen Duftkomposition und der überraschenden Wendung im Duftverlauf werden sich wohl eher mit Schaudern abwenden. Wer aber die inflationär auf den Markt geworfenen Oud-Rose-mit-noch-was-Kombinationen, sei es aus dem Hause Montale oder auch von anderen Herstellern, leid ist, kräftige Düfte mag und mit Lavendel und Montale-Oud keine Probleme hat, der sollte mal ein Näschen nehmen. Ich mag Montale-Düfte im Allgemeinen recht gern – so auch diesen hier. Was auf der Flasche steht, bekomme ich auch: Lavendel und Oud, beides geradlinig, kräftig, ausdauernd und ohne viel Schnickschnack drumherum.
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