24.05.2020 - 18:00 Uhr
FvSpee
323 Rezensionen
FvSpee
Analyse Top Rezension
28
Rosen an kühler Butter, Kühe im Mittelgebirge
Erste Szene
Kühl, vornehm, lebendig. Als Gourmand: Chinesischer Gurkensalat mit süß-scharfer Chilisauce, schön gekühlt. Als Landschaft: Grasiges Mittelgebirge mit würzigen Kräutern. Raffiniertes Leder: eine Kuh mit königlichem Glockenband.
Zweite Szene
Gedämpft und distanziert. Als Gourmand: Herber Gewürzkuchen, cremiger Kakao fast ohne Zucker. Als Stillleben: Prächtiger betauter Rosenstrauß an einer Schale mit kühler, luftig geschlagener Butter.
Dritte Szene
Delikat, weich, balsamisch. Mal hell und mal dunkel. Als Gourmand: Mandelcreme. Als Landschaft: Würzige Wälder, harzig und blühend.
* * *
Der vorletzte Vermeire-Duchaufour, den ich teste und kommentiere, ist bisher der schönste. Wie Turandot, der ich ohnehin nie widerspreche, bereits festgestellt hat, ist (auch) er allerdings ein wenig konfus und richtungslos. An sich mag ich keine konfusen Düfte, aber ich war hier bereit, mich treiben- und auf ihn einzulassen. Um ihn zu beschreiben, funktionieren indes (wie schon bei Mumbai Mumpitz) nur Traumsequenzen. Wenn auch hier ohne Currywurst und Berliner Stadtreinigung.
* * *
Auch die Namensgebung und Konzeption erscheint mir etwas wirr. Mohur ist eine indische Münze, die zur Zeit des Mogulreichs üblich war. So etwas wie bei uns "Taler". Warum genau dieser Name gewählt wurde, wird nicht erklärt, weshalb es dafür auch nur 5 Punkte gibt. Alle Düfte der Reihe sollen einen historischen Aspekt Indiens beleuchten, dieser hier "die Mogulära und die Ära Britisch-Indiens".
Das ist ein dicker Brocken, den sogar dieser zutatenreiche Duft nicht stemmt. Die Mogulära begann gegen 1500, da war von den Briten in Indien noch nicht viel zu sehen, und die Briten verschwanden 1947, da waren die Moguln schon 100 Jahre weg vom Fenster.
Die Mogulkaiser waren vor den Briten die letzten, die Indien (halbwegs) unter einer (nämlich ihrer) Herrschaft vereinigten, und das besondere war, dass sie Muslime waren, während ihre Untertanen das ganz mehrheitlich nicht waren. Sie waren sehr der Kunst zugetan: Das weltberühmte Taj Mahal ist ein Bauwerk aus der Mogulära. Da der von den Moguln praktizierte Islam von eher liberaler Richtung war und sich insbesondere nicht ans strenge Bilderverbot hielt, sind uns auch viele beeindruckende Porträtmalerien überliefert.
* * *
Und zwar unter anderem auch von der schönen Mehr-Un-Nisa, später bekannt unter dem Ehrentitel "Nur Jahan" (Licht der Welt), der dieser Duft laut Neela Vermeire ganz besonders gewidmet ist (und von der ich nicht weiß, was sie mit den Mohur-Münzen zu tun hat, vielleicht war ihr Antlitz auf welche geprägt).
Sie war die zwanzigste (und letzte) Ehefrau des Mogulkaisers Jahangir. Das mit den zwanzig Frauen lasse ich jetzt einfach mal im Raum stehen. Was aber viel besonderer sein dürfte, ist, dass sie, als der Kaiser sich Hals über Kopf in sie verliebte, um ihre Hand anhielt und so die zwanzig voll machte, schon vierunddreißig Jahre alt, verwitwet und Mutter war.
Sie muss eine starke Frau gewesen sein, denn sie nahm nicht nur fast gleichberechtigt neben ihrem Mann an der Regierung teil, sondern verschaffte auch ihrer gesamten äußerst weit verzweigten Familie, armen Flüchtlingen aus Persien, ausgesprochen hohe Posten in Politik und Verwaltung.
Undank ist der Welten Lohn, denn ihr eigener Bruder, dem sie einen Super-Job am Hof verschafft hatte, sperrte sie nach dem Tod des Kaisers weg, weil er seine eigenen Ideen für die Thronfolge hatte. So verbrachte sie die letzten 18 Jahre ihres Lebens unter Hausarrest. Aber immerhin: Nicht nur ließ man ihr den Kopf auf dem Hals, sondern auch Geld und Personal, sodass sie ausreichend Zeit hatte, diversen Hobbys nachzugehen wie der Planung ihres eigenen Mausoleums.
Nach der Internetseite von Neela Vermeire soll ein großes Hobby von ihr auch die Parfümerie, insbesondere die auf Basis von Rosenölen gewesen sein. Ich weiß aber nicht, ob Neela da ein bisschen flunkert, um ihren Duft interessanter zu machen. Rose ist hier jedenfalls deutlich spürbar, aber so dicht verwoben in ein ganzes Panoptikum anderer Noten, dass man nicht, oder allenfalls in der Herznote, von einem Rosenduft sprechen kann.
* * *
Mohur ist ein schöner Duft, wenn man bereit ist, sich auf eine etwas wirre Komposition einzulassen. Er ist, obwohl die Serie sich wohl primär an Frauen richtet, nach meiner Auffassung auch sehr gut für Männer tragbar. Für einen Vermeire ist er von sehr guter Haltbarkeit (etwa 12 Stunden, allerdings die zweite Hälfte davon nur noch sehr hautnah und ohne weitere Entwicklung, die Musik spielt vorher). Die Bilder und Farben sind vielfältig, die Temperatur des Duftes ist jedoch durchgängig kühl und frisch.
Kühl, vornehm, lebendig. Als Gourmand: Chinesischer Gurkensalat mit süß-scharfer Chilisauce, schön gekühlt. Als Landschaft: Grasiges Mittelgebirge mit würzigen Kräutern. Raffiniertes Leder: eine Kuh mit königlichem Glockenband.
Zweite Szene
Gedämpft und distanziert. Als Gourmand: Herber Gewürzkuchen, cremiger Kakao fast ohne Zucker. Als Stillleben: Prächtiger betauter Rosenstrauß an einer Schale mit kühler, luftig geschlagener Butter.
Dritte Szene
Delikat, weich, balsamisch. Mal hell und mal dunkel. Als Gourmand: Mandelcreme. Als Landschaft: Würzige Wälder, harzig und blühend.
* * *
Der vorletzte Vermeire-Duchaufour, den ich teste und kommentiere, ist bisher der schönste. Wie Turandot, der ich ohnehin nie widerspreche, bereits festgestellt hat, ist (auch) er allerdings ein wenig konfus und richtungslos. An sich mag ich keine konfusen Düfte, aber ich war hier bereit, mich treiben- und auf ihn einzulassen. Um ihn zu beschreiben, funktionieren indes (wie schon bei Mumbai Mumpitz) nur Traumsequenzen. Wenn auch hier ohne Currywurst und Berliner Stadtreinigung.
* * *
Auch die Namensgebung und Konzeption erscheint mir etwas wirr. Mohur ist eine indische Münze, die zur Zeit des Mogulreichs üblich war. So etwas wie bei uns "Taler". Warum genau dieser Name gewählt wurde, wird nicht erklärt, weshalb es dafür auch nur 5 Punkte gibt. Alle Düfte der Reihe sollen einen historischen Aspekt Indiens beleuchten, dieser hier "die Mogulära und die Ära Britisch-Indiens".
Das ist ein dicker Brocken, den sogar dieser zutatenreiche Duft nicht stemmt. Die Mogulära begann gegen 1500, da war von den Briten in Indien noch nicht viel zu sehen, und die Briten verschwanden 1947, da waren die Moguln schon 100 Jahre weg vom Fenster.
Die Mogulkaiser waren vor den Briten die letzten, die Indien (halbwegs) unter einer (nämlich ihrer) Herrschaft vereinigten, und das besondere war, dass sie Muslime waren, während ihre Untertanen das ganz mehrheitlich nicht waren. Sie waren sehr der Kunst zugetan: Das weltberühmte Taj Mahal ist ein Bauwerk aus der Mogulära. Da der von den Moguln praktizierte Islam von eher liberaler Richtung war und sich insbesondere nicht ans strenge Bilderverbot hielt, sind uns auch viele beeindruckende Porträtmalerien überliefert.
* * *
Und zwar unter anderem auch von der schönen Mehr-Un-Nisa, später bekannt unter dem Ehrentitel "Nur Jahan" (Licht der Welt), der dieser Duft laut Neela Vermeire ganz besonders gewidmet ist (und von der ich nicht weiß, was sie mit den Mohur-Münzen zu tun hat, vielleicht war ihr Antlitz auf welche geprägt).
Sie war die zwanzigste (und letzte) Ehefrau des Mogulkaisers Jahangir. Das mit den zwanzig Frauen lasse ich jetzt einfach mal im Raum stehen. Was aber viel besonderer sein dürfte, ist, dass sie, als der Kaiser sich Hals über Kopf in sie verliebte, um ihre Hand anhielt und so die zwanzig voll machte, schon vierunddreißig Jahre alt, verwitwet und Mutter war.
Sie muss eine starke Frau gewesen sein, denn sie nahm nicht nur fast gleichberechtigt neben ihrem Mann an der Regierung teil, sondern verschaffte auch ihrer gesamten äußerst weit verzweigten Familie, armen Flüchtlingen aus Persien, ausgesprochen hohe Posten in Politik und Verwaltung.
Undank ist der Welten Lohn, denn ihr eigener Bruder, dem sie einen Super-Job am Hof verschafft hatte, sperrte sie nach dem Tod des Kaisers weg, weil er seine eigenen Ideen für die Thronfolge hatte. So verbrachte sie die letzten 18 Jahre ihres Lebens unter Hausarrest. Aber immerhin: Nicht nur ließ man ihr den Kopf auf dem Hals, sondern auch Geld und Personal, sodass sie ausreichend Zeit hatte, diversen Hobbys nachzugehen wie der Planung ihres eigenen Mausoleums.
Nach der Internetseite von Neela Vermeire soll ein großes Hobby von ihr auch die Parfümerie, insbesondere die auf Basis von Rosenölen gewesen sein. Ich weiß aber nicht, ob Neela da ein bisschen flunkert, um ihren Duft interessanter zu machen. Rose ist hier jedenfalls deutlich spürbar, aber so dicht verwoben in ein ganzes Panoptikum anderer Noten, dass man nicht, oder allenfalls in der Herznote, von einem Rosenduft sprechen kann.
* * *
Mohur ist ein schöner Duft, wenn man bereit ist, sich auf eine etwas wirre Komposition einzulassen. Er ist, obwohl die Serie sich wohl primär an Frauen richtet, nach meiner Auffassung auch sehr gut für Männer tragbar. Für einen Vermeire ist er von sehr guter Haltbarkeit (etwa 12 Stunden, allerdings die zweite Hälfte davon nur noch sehr hautnah und ohne weitere Entwicklung, die Musik spielt vorher). Die Bilder und Farben sind vielfältig, die Temperatur des Duftes ist jedoch durchgängig kühl und frisch.
19 Antworten