11.06.2025 - 16:59 Uhr

SebastianM
53 Rezensionen

SebastianM
Sehr hilfreiche Rezension
9
American Pie
Dieses Parfüm hätte ich für ein Damenparfüm aus den 70ern gehalten. Zu Beginn hat es sogar noch die geballte blumige Opulenz von noch älteren Parfüms. Narzisse kann ich nicht identifizieren, eher hätte ich auf etwas wächserne Tuberose getippt, oder Gardenie, jedenfalls haben wir hier direkt ein schweres, unspezifisches Weißblühergemisch, allerdings befreit von jeglicher Indolik. Doch schnell wird es durch die hinzutretenden herberen, grünen Noten, Zitrik und Harze (ich empfinde durchaus auch Weihrauch) verspielter, natürlicher und individueller.
Im Verlauf erscheint der Duft zunächst würziger. Ich rieche deutlich weißen Pfeffer. Das ist nun in dieser Umgebung wirklich etwas Neues! Nach ein paar Stunden wird es dann pudriger und cremiger - Moschus und Sandelholz eben. Originell ist so ein Amber-Moschus-Sandel-Drydown zwar wahrlich nicht, aber durch das Patchouli im Amber (darauf tippe ich jedenfalls) kommen die 70er-Jahre-Assoziationen wieder auf.
Abgesehen davon, dass der Duft bei flüchtigem Hinriechen schön ist, ist er außerdem bei genauerer Analyse immer interessant und lebendig. Es gibt ab und zu eine kleine Überraschung: Zum Beispiel macht sich die Bergamotte bei mir nach ein paar Stunden noch einmal bemerkbar, und der Übergang in den Drydown vollzieht sich eine Weile zwei Schritte vor, einen zurück.
Die Sillage ist - nach der anfänglichen Explosion - angenehm: man ist deutlich zu riechen, aber nicht aufdringlich. Die Haltbarkeit ist normal. Die Reste des Duftes sind ziemlich lange auf der Haut wahrzunehmen, doch nach etwa 5 Stunden rieche ich nur noch Puderholz.
Also: eine herb-pfeffrige Blütencreme auf pudrig-harzig-holzigem Amber. Ein stimmiger Verlauf, klassische Ausstrahlung, aber nicht retro. Eine echte Entdeckung! Danke Rebecca!
Fast witzig, dass Rock River Melody nicht einmal als unisex, sondern direkt als Herrenduft vermarktet wird. Das verrät nur Ungutes über den gegenwärtigen Zustand der Damenparfümerie ;-)
Ach ja, die Überschrift: Diesen Song von 1971 verbinde ich mit Nostalgie und Freiheit, Boho und Flower Power. Er ist ein musikalischer Abschiedsbrief an eine Zeit voller Träume, Rebellion und Liebe. Deswegen finde ich, dass er gut zu dem Parfüm passt.
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Bearbeitung am 14.06.25: Ich möchte noch eine Distanzierung vom Marketinggeschwurbel nachtragen. Dieses liest sich folgendermaßen:
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A muddy ride on horseback in sparkling green Fontainebleau forest. Woody, sharp, masculine elements. From Régime des Fleurs and Christopher Niquet.
"For a pony named Rock River Melody. Christopher and I worked together to capture that feeling of striking out into the outdoors for the first time after a long winter. Crisp spring mornings with young leaves on trees and flowers just beginning to bud. We envisioned the magic of the ancient forest of Fontainebleau outside of Paris whose vistas have been captured by artists and inhabited by French aristocracy for a millennium."
Alia
Perfumer & Founder
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Ich habe einen völlig anderen Duft gerochen, als er hier beworben wird. Zwar war ich nie in Fontainebleau, aber ein Waldduft ist RRM nicht. Besonders kühl ist er auch nicht, reichlich Amber. Die Blüten sind keine bloßen Knospen. Und es gibt auch keine Ponies oder Schlamm. Aber "Rock River Melody" ist ein hübscher Name für ein Pony!
Im Verlauf erscheint der Duft zunächst würziger. Ich rieche deutlich weißen Pfeffer. Das ist nun in dieser Umgebung wirklich etwas Neues! Nach ein paar Stunden wird es dann pudriger und cremiger - Moschus und Sandelholz eben. Originell ist so ein Amber-Moschus-Sandel-Drydown zwar wahrlich nicht, aber durch das Patchouli im Amber (darauf tippe ich jedenfalls) kommen die 70er-Jahre-Assoziationen wieder auf.
Abgesehen davon, dass der Duft bei flüchtigem Hinriechen schön ist, ist er außerdem bei genauerer Analyse immer interessant und lebendig. Es gibt ab und zu eine kleine Überraschung: Zum Beispiel macht sich die Bergamotte bei mir nach ein paar Stunden noch einmal bemerkbar, und der Übergang in den Drydown vollzieht sich eine Weile zwei Schritte vor, einen zurück.
Die Sillage ist - nach der anfänglichen Explosion - angenehm: man ist deutlich zu riechen, aber nicht aufdringlich. Die Haltbarkeit ist normal. Die Reste des Duftes sind ziemlich lange auf der Haut wahrzunehmen, doch nach etwa 5 Stunden rieche ich nur noch Puderholz.
Also: eine herb-pfeffrige Blütencreme auf pudrig-harzig-holzigem Amber. Ein stimmiger Verlauf, klassische Ausstrahlung, aber nicht retro. Eine echte Entdeckung! Danke Rebecca!
Fast witzig, dass Rock River Melody nicht einmal als unisex, sondern direkt als Herrenduft vermarktet wird. Das verrät nur Ungutes über den gegenwärtigen Zustand der Damenparfümerie ;-)
Ach ja, die Überschrift: Diesen Song von 1971 verbinde ich mit Nostalgie und Freiheit, Boho und Flower Power. Er ist ein musikalischer Abschiedsbrief an eine Zeit voller Träume, Rebellion und Liebe. Deswegen finde ich, dass er gut zu dem Parfüm passt.
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Bearbeitung am 14.06.25: Ich möchte noch eine Distanzierung vom Marketinggeschwurbel nachtragen. Dieses liest sich folgendermaßen:
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A muddy ride on horseback in sparkling green Fontainebleau forest. Woody, sharp, masculine elements. From Régime des Fleurs and Christopher Niquet.
"For a pony named Rock River Melody. Christopher and I worked together to capture that feeling of striking out into the outdoors for the first time after a long winter. Crisp spring mornings with young leaves on trees and flowers just beginning to bud. We envisioned the magic of the ancient forest of Fontainebleau outside of Paris whose vistas have been captured by artists and inhabited by French aristocracy for a millennium."
Alia
Perfumer & Founder
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Ich habe einen völlig anderen Duft gerochen, als er hier beworben wird. Zwar war ich nie in Fontainebleau, aber ein Waldduft ist RRM nicht. Besonders kühl ist er auch nicht, reichlich Amber. Die Blüten sind keine bloßen Knospen. Und es gibt auch keine Ponies oder Schlamm. Aber "Rock River Melody" ist ein hübscher Name für ein Pony!
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