Bourreau des Fleurs Serge Lutens 2017
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Top Rezension
Das Herz ist ein einsamer Jäger
Eines Vorneweg der berühmte Disclaimer:
Es wird lang, es wird anstrengend, ob es lohnenswert wird, mag doch bitte jeder für sich entscheiden.
Der Kommentar hat nur am Rande (die Grundstimmung) mit meinem Lieblingsbuch "Das Herz ist ein einsamer Jäger" zutun..also bitte nicht wundern.
Ein Duft über das Alter, den Schmerz , die Einsamkeit und die Unmöglichkeit der Liebe...
und trotzdem liebevoll...
Was? Ganz schön harter Tobak wird der geneigte Leser sagen...warum sollte ich mir so etwas auf den Hals sprühen?
Moment Moment langsam...
Wieso,weshalb, warum?
Herr Lutens Spätwerk "Bourreau des Fleurs" kann man nicht ohne "Dent de Lait" betrachten. (Es wird da vllt. auch noch ein Kommentar folgen..kommt Zeit, kommt Rat)
Diese 2 Düfte, beide 2017 lanciert, sind in meinen Augen untrennbar miteinander verbunden.
"Bourreau des Fleurs" hat, wie 'Jersey' in Ihrem Kommentare davor geschrieben, verschiedene Bedeutungen:
Charmeur der Liebe“, „Herzensbrecher“, „Blumenbrecher" und "Scharfrichter von Blumen“ ... hier wird es nun interessant.
Wie Serge Lutens einmal erwähnt hat, ist sein Verhältnis zu seiner Mutter ein zwiegespaltenes...eine Hassliebe könnte man sagen.
Der Dufttext von "Bourreau des Fleurs" im Deutschen ist etwas abgeändert worden und verschiebt den Kontext, obwohl dieser schon sehr gut ins Innere von Lutens Gefühlen blicken lässt.
Er lautet wie folgt:
Eine nächtliche Sonne… Gewalt, durchtränkt mit Liebe.
Schmeichelhaft, sinnlich, beruhigend und mystisch zugleich
Im Englischen klingt das schon etwas anders:
"The condemned: - Persecutor you slice, but in my blood you're the sap. Executioner: - And you, from my heart, you're the wood."
Lutens will und wollte mit seinen Düften immer bestimmte Emotionen in bestimmten Situationen vermitteln und für mich geht es hier,bei diesem, klar um Liebe...
Nicht aber die unschuldige,reine Liebe oder die Liebe zwischen Mann und Frau...
Es geht um die anstrengende Hingabe, die Abnabelung, aber trotzdem um das ewig Verbunden sein...die Liebe wird zu etwas schmerzlichen und entrücktem, etwas was über eine plakative "Ich liebe Dich" Bekundung weit hinausgeht!
Es geht um die Liebe zwischen Sohn und Mutter...
Will Lutens seine Mutter olfaktorisch zum Schafot führen? Erkennt er im Augenblick Ihres Endes die unweigerliche Verbundenheit Ihrer beider Seelen?
Interessant ist hierbei ein Ausschnitt aus einem schriftlichen Interview von 2014 mit Herrn Lutens, welches für mich als Blaupause zu "Bourreau des Fleurs" und "Dent de Lait" gesehen werden kann. Es geht um die frühkindlichen Erinnerungen aus der Nazizeit und danach.
Serge Lutens:
The image of Berlin is very present in my story: the war, Pétain’s laws, the German Occupation… My imaginings around this woman who is my mother. What is this? Who is my father? What is this about? Who is she? Who is this woman, who kept quiet all her life? Who died in silence… without telling me anything…
I don’t know who my father is, but I don’t know who my mother is… I know who my father is, since I didn’t love him, but actually, there’s a turnaround. Things aren’t that simple.
Wenn "Bourreau des Fleurs" das Ende dieses Prozesses darstellt, dann ist "Dent de Lait" der Beginn....Die Hybris der Geburt,der Kindheit...das "In die Welt geworfen" werden!
Dent de Lait wird im englischen wie folgt beschrieben:
Now weary of the tongue’s games which have for weeks on end been loosening its tooth, a young wolf is anxious to move from milk to blood.I have loved you for so long I will never forget you."
Hier geht es für mich klar um den schmerzlichen Abnabelungsprozess von seiner Mutter.
Serge Lutens:
At seven years old, a girl will usual go towards her father… A boy will naturally gravitate towards his mother, that’s more or less how the world establishes itself. Now, when you choose the mother as strongly as I did, of course it’s extremely dangerously, because it’s an incredible imbalance… The fact of having an adulterous mother, the fact of being a bastard, the fact that my father didn’t recognize me, refused to recognize me initially, that he married my mother two years later: she experience all that, of course, and I experienced it even though I wasn’t fully aware of it.
Because an anxious mother, that’s an anxious child. So this choice, if you will, that we make of one being or another at the outset of our lives, because deep down there’s only one choice, though we don’t know it’s a choice… Because you’re a child, you don’t understand you’re choosing. You don’t call it a choice. What’s a choice, anyway? I’ll tell you: in fact, you’re being stalked by wild beasts, there’s a flooded river in front of you and on the other side, there’s a quiet shore. What do you do? You cross the flooded river anyway.
Lutens, eine getriebene Seele, rastlos aber mit einem unglaublichen Willen und einem Gespür für den Augenblick, sei er schmerzlich oder wunderschön.
"Bourreau des Fleurs" ist für mich Lutens versöhnliches Ende einer langen Reise..hin zur Vergebung und dem eigenen akzeptieren seiner Selbst.
Gerade deswegen, wirkt der Duft wie ein "Best of" von Lutens.
Er lässt uns noch einmal teilhaben an den Stationen seines Lebens.
Der Duft enthält Spuren von reifen Pflaumen wie in "Bois et fruits", eine Grundwürze wie in "Arabie" und eine rauchige Komponente, verwoben mit Süße wie aus "Fille en aiguilles"
Über allem thront die Immortelle, die sich mit den ganzen Ingredienzien, zu einem fast dickflüssigem Syrup vermischt.
Dieser Duft hat etwas liebevolles,versöhnliches...Erinnerungen an eine Zeit von wärmender Sonne und Behaglichkeit ...aber auch etwas harzig,verkohltes was unter der Oberfläche brodelt tritt ab und zu hervor.
Ein mahnender Schatten - rauchige Lakritz.
Harmonie und Disharmonie liegen hier ganz nah beieinander, immer im Kampf miteinander.
Wer mag die Oberhand gewinnen?
Ich weiß es nicht...
Was ich aber zu wissen glaube ist, dass man mit diesem Duft einen Teil von "Lutens Selbst" zu kaufen bekommt.
Es ist der künstlerische Versuch einer Aufarbeitung, eine "duftgewordene Katharsis"
Ob einem dies 450€ wert ist,ist wie bei der Kunst im Allgemeinen, überflüssig zu beantworten.
Aus einer nüchternen Sicht, ist der Preis für einen "Best of" Duft sicherlich zu viel.
Hier wird nicht überrascht, hier gibt es keinen sensationellen Duftverlauf (es gibt viel zu entdecken, keine Frage)
Die Sillage und Haltbarkeit sind bei mir phänomenal, was sicherlich der Immortelle geschuldet ist,die, egal welchen Duft ich trage,immer sehr gut mit meiner Haut reagiert.
Dieser Duft ist und wird auch für mich immer, eine Herzensangelegenheit bleiben.
Wie es nunmal bei der Muse Kunst so ist...
Kunst ist eine "besitzergreifende Geliebte"…die nicht immer jedem gefällt... dies aber auch nicht muss.
Es wird lang, es wird anstrengend, ob es lohnenswert wird, mag doch bitte jeder für sich entscheiden.
Der Kommentar hat nur am Rande (die Grundstimmung) mit meinem Lieblingsbuch "Das Herz ist ein einsamer Jäger" zutun..also bitte nicht wundern.
Ein Duft über das Alter, den Schmerz , die Einsamkeit und die Unmöglichkeit der Liebe...
und trotzdem liebevoll...
Was? Ganz schön harter Tobak wird der geneigte Leser sagen...warum sollte ich mir so etwas auf den Hals sprühen?
Moment Moment langsam...
Wieso,weshalb, warum?
Herr Lutens Spätwerk "Bourreau des Fleurs" kann man nicht ohne "Dent de Lait" betrachten. (Es wird da vllt. auch noch ein Kommentar folgen..kommt Zeit, kommt Rat)
Diese 2 Düfte, beide 2017 lanciert, sind in meinen Augen untrennbar miteinander verbunden.
"Bourreau des Fleurs" hat, wie 'Jersey' in Ihrem Kommentare davor geschrieben, verschiedene Bedeutungen:
Charmeur der Liebe“, „Herzensbrecher“, „Blumenbrecher" und "Scharfrichter von Blumen“ ... hier wird es nun interessant.
Wie Serge Lutens einmal erwähnt hat, ist sein Verhältnis zu seiner Mutter ein zwiegespaltenes...eine Hassliebe könnte man sagen.
Der Dufttext von "Bourreau des Fleurs" im Deutschen ist etwas abgeändert worden und verschiebt den Kontext, obwohl dieser schon sehr gut ins Innere von Lutens Gefühlen blicken lässt.
Er lautet wie folgt:
Eine nächtliche Sonne… Gewalt, durchtränkt mit Liebe.
Schmeichelhaft, sinnlich, beruhigend und mystisch zugleich
Im Englischen klingt das schon etwas anders:
"The condemned: - Persecutor you slice, but in my blood you're the sap. Executioner: - And you, from my heart, you're the wood."
Lutens will und wollte mit seinen Düften immer bestimmte Emotionen in bestimmten Situationen vermitteln und für mich geht es hier,bei diesem, klar um Liebe...
Nicht aber die unschuldige,reine Liebe oder die Liebe zwischen Mann und Frau...
Es geht um die anstrengende Hingabe, die Abnabelung, aber trotzdem um das ewig Verbunden sein...die Liebe wird zu etwas schmerzlichen und entrücktem, etwas was über eine plakative "Ich liebe Dich" Bekundung weit hinausgeht!
Es geht um die Liebe zwischen Sohn und Mutter...
Will Lutens seine Mutter olfaktorisch zum Schafot führen? Erkennt er im Augenblick Ihres Endes die unweigerliche Verbundenheit Ihrer beider Seelen?
Interessant ist hierbei ein Ausschnitt aus einem schriftlichen Interview von 2014 mit Herrn Lutens, welches für mich als Blaupause zu "Bourreau des Fleurs" und "Dent de Lait" gesehen werden kann. Es geht um die frühkindlichen Erinnerungen aus der Nazizeit und danach.
Serge Lutens:
The image of Berlin is very present in my story: the war, Pétain’s laws, the German Occupation… My imaginings around this woman who is my mother. What is this? Who is my father? What is this about? Who is she? Who is this woman, who kept quiet all her life? Who died in silence… without telling me anything…
I don’t know who my father is, but I don’t know who my mother is… I know who my father is, since I didn’t love him, but actually, there’s a turnaround. Things aren’t that simple.
Wenn "Bourreau des Fleurs" das Ende dieses Prozesses darstellt, dann ist "Dent de Lait" der Beginn....Die Hybris der Geburt,der Kindheit...das "In die Welt geworfen" werden!
Dent de Lait wird im englischen wie folgt beschrieben:
Now weary of the tongue’s games which have for weeks on end been loosening its tooth, a young wolf is anxious to move from milk to blood.I have loved you for so long I will never forget you."
Hier geht es für mich klar um den schmerzlichen Abnabelungsprozess von seiner Mutter.
Serge Lutens:
At seven years old, a girl will usual go towards her father… A boy will naturally gravitate towards his mother, that’s more or less how the world establishes itself. Now, when you choose the mother as strongly as I did, of course it’s extremely dangerously, because it’s an incredible imbalance… The fact of having an adulterous mother, the fact of being a bastard, the fact that my father didn’t recognize me, refused to recognize me initially, that he married my mother two years later: she experience all that, of course, and I experienced it even though I wasn’t fully aware of it.
Because an anxious mother, that’s an anxious child. So this choice, if you will, that we make of one being or another at the outset of our lives, because deep down there’s only one choice, though we don’t know it’s a choice… Because you’re a child, you don’t understand you’re choosing. You don’t call it a choice. What’s a choice, anyway? I’ll tell you: in fact, you’re being stalked by wild beasts, there’s a flooded river in front of you and on the other side, there’s a quiet shore. What do you do? You cross the flooded river anyway.
Lutens, eine getriebene Seele, rastlos aber mit einem unglaublichen Willen und einem Gespür für den Augenblick, sei er schmerzlich oder wunderschön.
"Bourreau des Fleurs" ist für mich Lutens versöhnliches Ende einer langen Reise..hin zur Vergebung und dem eigenen akzeptieren seiner Selbst.
Gerade deswegen, wirkt der Duft wie ein "Best of" von Lutens.
Er lässt uns noch einmal teilhaben an den Stationen seines Lebens.
Der Duft enthält Spuren von reifen Pflaumen wie in "Bois et fruits", eine Grundwürze wie in "Arabie" und eine rauchige Komponente, verwoben mit Süße wie aus "Fille en aiguilles"
Über allem thront die Immortelle, die sich mit den ganzen Ingredienzien, zu einem fast dickflüssigem Syrup vermischt.
Dieser Duft hat etwas liebevolles,versöhnliches...Erinnerungen an eine Zeit von wärmender Sonne und Behaglichkeit ...aber auch etwas harzig,verkohltes was unter der Oberfläche brodelt tritt ab und zu hervor.
Ein mahnender Schatten - rauchige Lakritz.
Harmonie und Disharmonie liegen hier ganz nah beieinander, immer im Kampf miteinander.
Wer mag die Oberhand gewinnen?
Ich weiß es nicht...
Was ich aber zu wissen glaube ist, dass man mit diesem Duft einen Teil von "Lutens Selbst" zu kaufen bekommt.
Es ist der künstlerische Versuch einer Aufarbeitung, eine "duftgewordene Katharsis"
Ob einem dies 450€ wert ist,ist wie bei der Kunst im Allgemeinen, überflüssig zu beantworten.
Aus einer nüchternen Sicht, ist der Preis für einen "Best of" Duft sicherlich zu viel.
Hier wird nicht überrascht, hier gibt es keinen sensationellen Duftverlauf (es gibt viel zu entdecken, keine Frage)
Die Sillage und Haltbarkeit sind bei mir phänomenal, was sicherlich der Immortelle geschuldet ist,die, egal welchen Duft ich trage,immer sehr gut mit meiner Haut reagiert.
Dieser Duft ist und wird auch für mich immer, eine Herzensangelegenheit bleiben.
Wie es nunmal bei der Muse Kunst so ist...
Kunst ist eine "besitzergreifende Geliebte"…die nicht immer jedem gefällt... dies aber auch nicht muss.
9 Antworten
....sehr gerne gelesen. Früher sammelte ich Lutens, heute habe ich ihn etwas aus dem Blick verloren. Dieses Parfüm will auch auch schon lange testen.