11.05.2011 - 20:33 Uhr
Apicius
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Apicius
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17
Ein Parfum für Reaktionäre!
Revolution ist, wenn’s stinkt und kracht? Wie peinlich ist das denn? Sorry, Herr Lang und Frau Kirk, aber ein solches Parfum muss man einfach verreißen!
Für das Parfum Revolution wurden im Vorfeld allerlei angebliche, nicht näher benannte “Revolutionäre” befragt, was sie sich unter dem Begriff vorstellen, und wie das dann wohl riecht. Herausgekommen ist ein rauchiges, finsteres Zeug, angereichert mit ein paar urbanen Designermolekülen (“Tränengas“), vermutlich aus dem Fundus des sehr fähigen Parfümeurs Ulrich Lang. Der hatte hier neben Patricia Choux irgendwie auch seine Finger mit drin. Interessant riecht es und qualitativ ist es gut gemacht, obwohl ja Kunst bekanntlich nicht von können kommt. Der handwerkliche Wert dieses New Yorker Kunstprojekts ist allemal höher zu veranschlagen als der künstlerische, denn über einen Gimmick-Effekt geht das alles nicht hinaus.
Was ist eigentlich Revolution? Nun, man unterscheidet zwischen Evolution und Revolution; beides setzt voraus, dass nichts bleibt, wie es war. Ein Bild: chemische Prozesse evolutionärer Art finden unmerklich in einem Samenkorn statt. Es verändert sich innerlich, ohne dass man es ihm äußerlich ansieht. Schließlich kommt der Moment, wo aus dem Samenkorn ein Halm wächst. Die bisherige Form wurde gesprengt, eine neue ist entstanden. Genau dieser Qualitätsumschlag ist der revolutionäre Moment!
Und diesen, hier sehr vereinfacht dargestellten Vorgang kann man als Teil eines universellen Bewegungsgesetzes ausarbeiten, wie das der Philosoph Gottfried Wilhelm Friedrich Hegel und im Anschluss daran vor allem Karl Marx und Friedrich Engels getan haben. Auf die menschliche Gesellschaft übertragen, lassen sich lange evolutionäre Phasen von meist kurzen revolutionären Umschlägen unterscheiden. Lange Jahre gärte es im französischen Volk, bis schließlich die Bastille gestürmt wurde!
Heute werden wir Zeuge einer - bürgerlichen - Revolution in Ägypten, Tunesien und hoffentlich auch anderen arabischen Ländern. Die Menschen haben die Schnauze voll. In Zeiten der Globalisierung, des Internets und bei wachsenden bürgerlichen Mittelschichten werden die postfeudalen Herrschaftsformen der arabischen Welt den Möglichkeiten und Wünschen der Menschen nicht mehr gerecht. Wem dabei nur Blut, Tränengas, Rauch und die Reisewarnung des Auswärtigen Amts einfallen, zeigt, dass er nichts, aber auch gar nichts verstanden hat! Das Parfum Revolution nimmt eine spießige Touristenperspektive ein, indem einzelne klischeehafte Aspekte revolutionärer Erscheinungen zitiert werden - doch die Frage nach dem Wesen einer Revolution wird gar nicht erst gestellt.
Gibt es denn überhaupt so was wie revolutionäre Parfums? Aber ja! Fougère Royale und Jicky waren zu ihrer Zeit revolutionär, weil mit ihnen erstmals “künstliche” Duftstoffe für die Parfümerie erschlossen wurden. Sie spiegeln so die revolutionäre Entwicklung im Bereich der Chemie. Man kann auch ein “Le Mâle” als revolutionär bezeichnen, weil ein besonders prägnanter Akkord, der verhalten und in Ansätzen schon lange vorhanden war, endlich zum Durchbruch kam.
Revolutionär sind für mich vor allem diejenigen Parfums, die von einer bestehenden Form ausgehen, aber bereits über Sie hinausweisen. Ein solches wäre nach meiner Ansicht English Breakfast von Mark Buxton. Hier wird das Büroduftkonzept aufgegriffen, also das der eher frischen, aquatischen Düfte, wie sie gerne am Arbeitsplatz getragen werden. Revolutionär ist hier, dass der morgendliche Frische-Duft dieses Eau de Parfums am Nachmittag eine ganz neue, energetisierende Qualität erreicht, durch die Zedernholz-Vetiver-Basis. Das war vorher noch nicht da, und das ist genau das, was man am Arbeitsplatz braucht. Prada hat mit Infusion de Vetiver dieses Konzept bereits plagiiert.
Und Revolution von Lisa Kirk? Tja, das hat uns eigentlich nichts zu sagen. Das ist was für Leute, die allenfalls Nietzsche, aber niemals Hegel, die viel Foucault, aber zuwenig Marx gelesen haben. Wer nie den Hauch des hegelschen Weltgeistes spürte, findet das vielleicht ganz nett. Ich find es peinlich.
Für das Parfum Revolution wurden im Vorfeld allerlei angebliche, nicht näher benannte “Revolutionäre” befragt, was sie sich unter dem Begriff vorstellen, und wie das dann wohl riecht. Herausgekommen ist ein rauchiges, finsteres Zeug, angereichert mit ein paar urbanen Designermolekülen (“Tränengas“), vermutlich aus dem Fundus des sehr fähigen Parfümeurs Ulrich Lang. Der hatte hier neben Patricia Choux irgendwie auch seine Finger mit drin. Interessant riecht es und qualitativ ist es gut gemacht, obwohl ja Kunst bekanntlich nicht von können kommt. Der handwerkliche Wert dieses New Yorker Kunstprojekts ist allemal höher zu veranschlagen als der künstlerische, denn über einen Gimmick-Effekt geht das alles nicht hinaus.
Was ist eigentlich Revolution? Nun, man unterscheidet zwischen Evolution und Revolution; beides setzt voraus, dass nichts bleibt, wie es war. Ein Bild: chemische Prozesse evolutionärer Art finden unmerklich in einem Samenkorn statt. Es verändert sich innerlich, ohne dass man es ihm äußerlich ansieht. Schließlich kommt der Moment, wo aus dem Samenkorn ein Halm wächst. Die bisherige Form wurde gesprengt, eine neue ist entstanden. Genau dieser Qualitätsumschlag ist der revolutionäre Moment!
Und diesen, hier sehr vereinfacht dargestellten Vorgang kann man als Teil eines universellen Bewegungsgesetzes ausarbeiten, wie das der Philosoph Gottfried Wilhelm Friedrich Hegel und im Anschluss daran vor allem Karl Marx und Friedrich Engels getan haben. Auf die menschliche Gesellschaft übertragen, lassen sich lange evolutionäre Phasen von meist kurzen revolutionären Umschlägen unterscheiden. Lange Jahre gärte es im französischen Volk, bis schließlich die Bastille gestürmt wurde!
Heute werden wir Zeuge einer - bürgerlichen - Revolution in Ägypten, Tunesien und hoffentlich auch anderen arabischen Ländern. Die Menschen haben die Schnauze voll. In Zeiten der Globalisierung, des Internets und bei wachsenden bürgerlichen Mittelschichten werden die postfeudalen Herrschaftsformen der arabischen Welt den Möglichkeiten und Wünschen der Menschen nicht mehr gerecht. Wem dabei nur Blut, Tränengas, Rauch und die Reisewarnung des Auswärtigen Amts einfallen, zeigt, dass er nichts, aber auch gar nichts verstanden hat! Das Parfum Revolution nimmt eine spießige Touristenperspektive ein, indem einzelne klischeehafte Aspekte revolutionärer Erscheinungen zitiert werden - doch die Frage nach dem Wesen einer Revolution wird gar nicht erst gestellt.
Gibt es denn überhaupt so was wie revolutionäre Parfums? Aber ja! Fougère Royale und Jicky waren zu ihrer Zeit revolutionär, weil mit ihnen erstmals “künstliche” Duftstoffe für die Parfümerie erschlossen wurden. Sie spiegeln so die revolutionäre Entwicklung im Bereich der Chemie. Man kann auch ein “Le Mâle” als revolutionär bezeichnen, weil ein besonders prägnanter Akkord, der verhalten und in Ansätzen schon lange vorhanden war, endlich zum Durchbruch kam.
Revolutionär sind für mich vor allem diejenigen Parfums, die von einer bestehenden Form ausgehen, aber bereits über Sie hinausweisen. Ein solches wäre nach meiner Ansicht English Breakfast von Mark Buxton. Hier wird das Büroduftkonzept aufgegriffen, also das der eher frischen, aquatischen Düfte, wie sie gerne am Arbeitsplatz getragen werden. Revolutionär ist hier, dass der morgendliche Frische-Duft dieses Eau de Parfums am Nachmittag eine ganz neue, energetisierende Qualität erreicht, durch die Zedernholz-Vetiver-Basis. Das war vorher noch nicht da, und das ist genau das, was man am Arbeitsplatz braucht. Prada hat mit Infusion de Vetiver dieses Konzept bereits plagiiert.
Und Revolution von Lisa Kirk? Tja, das hat uns eigentlich nichts zu sagen. Das ist was für Leute, die allenfalls Nietzsche, aber niemals Hegel, die viel Foucault, aber zuwenig Marx gelesen haben. Wer nie den Hauch des hegelschen Weltgeistes spürte, findet das vielleicht ganz nett. Ich find es peinlich.
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