Venice:
In allen anderen kulturellen Bereichen, Musik, Literatur, Malerei, ist unser Urteilsvermögen geschulter, weil wir uns zum einen mehr oder weniger selbst in diesen Bereichen geübt haben - auch wenn einer kein Virtuose ist, in der Grundschule hat er doch sicher mal eine Blockflöte in die Hand gedrückt bekommen - und zum Anderen gibt es eine lange Tradition der Ausübung und v.a. des Redens über diese Bereiche, somit auch eine Tradition des objektiven Betrachtens und Beurteilens. Düfte wurden dagegen lange ausschließlich konsumiert. Dass wir hier versuchen, über Parfüm zu reden, scheint mir ein eher modernes Phänomen zu sein.
Daher: Was die Parfümerie, also das Kunsthandwerk der Parfumerschaffung angeht, sind wir wohl ausnahmslos Analphabeten, die sich jetzt aufs Geratewohl was zusammenreimen.
Man muss nicht mal jemals ein Musikinstrument gespielt haben, um Musik beurteilen zu können. Da reicht z.B. ein gutes Gehör, viel Erfahrung mit Musikhören und -vergleichen. Bei Parfums sehe ich das ähnlich.
Damit die Diskussion durch das Intersubjektivitätsargument nicht totgeschlagen wird: wie etabliert man eine solche Kultur des Redens über Parfum? Bestimmte Parfums und Parfümeure als Referenzen sind ja z.B. bereits mehr oder weniger Konsens.
In diesem Zusammenhang ein kleiner Verweis zu einem anderen aktuellen Thread:
www.parfumo.de/forum/viewtopic.php?p=397497#39
7497Cinemoenti:
Kleine Analogie zum Thema: als junger Mensch konnte ich Kunstfaser nicht von Baumwolle unterscheiden und habe bloß beobachtet, wie eine Freundin Zustände bekam, wenn sie an Kunststoff fasste, es nicht ertragen konnte. Mit der Zeit habe ich das "gelernt", verstanden, verinnerlicht - und so geht es mir heute ähnlich.
Nachdem ich nun Jahre damit verbracht habe, Parfums wahrzunehmen, zu vergleichen, einzuordnen, war mein erster, spontaner Impuls bei LHI: synthetisch! Ein Duft kann in jede Richtung gehen, die ich nicht mag - aber er sollte zumindest gut gemacht sein, damit ich ihn gelten lassen kann. Bei LHI fällt mir das ausgesprochen schwer. Kleine Analogie zum Thema: als junger Mensch konnte ich Kunstfaser nicht von Baumwolle unterscheiden und habe bloß beobachtet, wie eine Freundin Zustände bekam, wenn sie an Kunststoff fasste, es nicht ertragen konnte. Mit der Zeit habe ich das "gelernt", verstanden, verinnerlicht - und so geht es mir heute ähnlich.
Nachdem ich nun Jahre damit verbracht habe, Parfums wahrzunehmen, zu vergleichen, einzuordnen, war mein erster, spontaner Impuls bei LHI: synthetisch! Ein Duft kann in jede Richtung gehen, die ich nicht mag - aber er sollte zumindest gut gemacht sein, damit ich ihn gelten lassen kann. Bei LHI fällt mir das ausgesprochen schwer.
Aber somit wiederum: jemand, der nicht so viel wahrgenommen, verglichen und eingeordnet hat, würde den Duft eventuell gar nicht als synthetisch empfinden bzw. es wäre für ihn kein negatives Kriterium.