30.07.2019 - 12:40 Uhr
Profumo
284 Rezensionen
Profumo
Top Rezension
43
Olivia Giacobettis ikonischer Duft
Auf dem schon seit vielen Jahren völlig überhitzten Parfum-Markt geschieht es selten, dass einer Neu-Einführung längere Aufmerksamkeit zuteil wird, als sagen wir mal, 1-2 Monate. Erst Recht, wenn der Duft nicht aus einem der etablierten Häuser stammt, sondern das erste Werk eines zunächst kleinen Nischen-Unternehmens ist, dass sich allerdings einen einstmals großen Namen gesichert hat: Lubin.
‚Idole de Lubin’ ist so ein Duft.
Mehrere Faktoren halfen ‚Idole de Lubin’ ungewöhnlich große Beachtung zu finden:
- eine profilierte, sehr erfolgreiche Parfumeurin, Olivia Giacobetti
- ein grandioser Flakon, Serge Mansau
- ein sehr, sehr guter Duft, nebst schönen Inspirationsquellen
- eine, wenn auch nur namentliche Verknüpfung mit dem alten ‚Idole de Lubin’ von 1962 (den allerdings kaum einer mehr kennen dürfte), als Brückenschlag zum Erbe des Hauses.
2005 kam er auf den Markt, vom Hersteller und in den einschlägigen Foren als Herrenduft bezeichnet, was aber schon damals einigermaßen Unsinn war, da er von Damen wie Herren gleichermaßen getragen werden kann, und wird.
Innovativ war er nicht wirklich: Düfte in denen Rum, Gewürz- und Fruchtnoten, sowie exotische Hölzer eine Rolle spielten, gab es schon früher zuhauf. Aber er hatte etwas, was die wenigsten Düfte haben: Charakter, oder modischer gesagt: ‚Personality’.
Seither ist ‚Idole de Lubin’ eine Art ikonischer Duft geworden, ein Duft, den sehr viel mehr Menschen kennen, als ihn tragen, und der dem wiedererrichteten Hause Lubin schon fast als Gründungsmythos dient. Ohne ‚Idole’ ist Lubin heute nicht zu denken.
Dabei verschwand die erste EdT-Fassung des Duftes wenige Jahre nach seiner Einführung und kurz nachdem eine EdP-Variante auf den Markt kam. Die Gründe hierfür waren nicht ganz erkennbar, aber ich vermute, dass den ein oder andere Inhaltstoff der Bannstrahl der IFRA traf und Lubin sich gezwungen sah, den Duft gemäß der neuen Richtlinien zu überarbeiten. Glücklicherweise ging Olivia Giacobetti höchstselbst ans Werk. Heraus kam eine zwar leicht überarbeitete, alles in allem aber doch recht identische Fassung ihres früheren Duftes.
Auch andere und weitaus größer Häuser, wie beispielsweise Chanel, sahen sich in dieser Zeit mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert, sodass viele, viele ehemals als Eau de Toilette entwickelte Düfte zu Eau de Parfums mutierten, ohne dabei auffallend an Qualität einzubüßen – zumindest was Chanel betrifft, aber auch die Düfte von Patricia de Nicolaï, Etro, oder eben Lubin.
Vom 2005 erschienenen Originalduft habe ich zwar heute noch eine kleine Probe, aber wie das so ist mit gealterten Duftresten: sie vermitteln nur noch einen unzuverlässigen Eindruck vom einstmaligen Dufterlebnis.
Ich weiß allerdings noch, dass ich damals gar nicht so begeistert war. Rum-Gewürz-Düfte, seien sie karibischer Art, oder in ost-indischen Gefilden verortet, sprachen mich überhaupt nicht an, und tun es im Grunde heute noch nicht, obwohl meine Vorlieben vielfältiger geworden sind.
Vor kurzem aber fiel mir die alte ‚Idole’-Probe wieder in die Hand und ich sprühte mir vom verbliebenen Rest etwas auf. Irgendwie duftete es zwar nach ‚Idole’, aber eben doch so verändert, dass mir klar war: auf Grund dieser kläglichen Reste war eine Beurteilung des Duftes unmöglich.
Wenig später erwarb ich das wunderbare ‚Galaad’ und bat die Verkäuferin mir etwas von ‚Idole’ abzufüllen. Zuhause angekommen testete ich die Abfüllung und dachte sofort: ja, das ist ‚Idole’ wie ich es kannte, wie es mir in Erinnerung geblieben ist.
Unterschiede zum alten EdT mögen die entdecken, die noch einen Flakon mit halbwegs intaktem Inhalt des Originals haben. Ich habe leider nur meine Probenreste, und die sind schlichtweg unbrauchbar.
Eines ist die heutige EdP-Fassung auf jeden Fall: sie ist dem Charakter des alten EdT absolut verpflichtet und besitzt dieselbe Aura. Manche sagen, der Duft sei nun runder, weicher, andere wiederum beklagen genau das und vermissen die Ecken und Kanten.
Ähnliches wird auch immer wieder von ‚Sycomore’ berichtet, aber im Falle des Chanel-Duftes kann ich sagen, dass der neue nicht schlechter als der alte ist – ein klein wenig verändert, eben auch weicher und runder, aber das war’s.
Falls das neue ‚Idole’ sich qualitativ zum alten genauso verhält, wie das neue ‚Sycomore’ EdP zum alten EdT (was ich vermute!), kann ich nur sagen: Chapeau, die Arbeit hat sich gelohnt! Das EdP besitzt eine gute Ausdauer und die fruchtig-alkoholischen, holzig-rauchigen Noten, sowie die bittere Würze sind wunderbar ineinander verwoben.
Leider steckt ‚Idole’ aber nicht mehr in dem tollen alten Flakon, der von afrikanischer Maskenkunst inspiriert war, sondern in dem fast ebenso schönen neuen, den sich der Duft nun mit einigen anderen wie ‚Korrigan’, oder ‚Akkad’ teilt, und der mich immer an ein bezopftes, nach vorne schreitendes Männchen erinnert.
Beide Flakons wurden von Serge Mansau modelliert, dem vielleicht größten Flakon-Designer, den die Branche je sah.
Etwas aber irritiert mich erneut: so sehr die Etikettierung des alten EdT als Herrenduft Unfug war, sowenig nachvollziehbar ist die derzeitige Bezeichnung des EdP als Damenduft. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass ‚Idole’ nach wie vor, egal in welcher Version, eher von Männern als von Frauen getragen wird, was aber nicht heißen soll, dass der Duft eher in Richtung ‚maskulin’ tendiert. Nein, ganz ähnlich anderer Unisex-Ikonen wie ‚Bandit’, ‚Eau Sauvage’ oder dem schon genannten ‚Sycomore’, entzieht sich ‚Idole’ jeder Gender-Schublade. Nur in Sachen Hölzer, bitter-aromatischer Gewürze (Safran, Cumin & Co.) und hochprozentigem Schnaps, dürften die Herren der Schöpfung vermutlich einen Zacken schneller zur Stelle sein.
Eine Vermutung nur. Die Verkäuferin in der Parfümerie nannte ihn jedenfalls, nachdem sie den Flakon umdrehte, um die wichtigsten Noten zu entziffern, die auf einem kleinen handbeschriebenen Aufkleber auf der Unterseite aufgelistet waren, eher einen Herrenduft. Ich verneinte und ließ ihn mir dennoch einpacken.
Heute gefällt mir ‚Idole de Lubin’ so gut wie nie zuvor, und ein Fläschlein ziert nun mein ohnehin schon völlig überfülltes Regal...
Habe ich schon gesagt, dass es nur wenige Parfums schaffen zu einer Duft-Ikone zu werden?
Habe ich.
‚Idole de Lubin’ ist so ein Duft.
Mehrere Faktoren halfen ‚Idole de Lubin’ ungewöhnlich große Beachtung zu finden:
- eine profilierte, sehr erfolgreiche Parfumeurin, Olivia Giacobetti
- ein grandioser Flakon, Serge Mansau
- ein sehr, sehr guter Duft, nebst schönen Inspirationsquellen
- eine, wenn auch nur namentliche Verknüpfung mit dem alten ‚Idole de Lubin’ von 1962 (den allerdings kaum einer mehr kennen dürfte), als Brückenschlag zum Erbe des Hauses.
2005 kam er auf den Markt, vom Hersteller und in den einschlägigen Foren als Herrenduft bezeichnet, was aber schon damals einigermaßen Unsinn war, da er von Damen wie Herren gleichermaßen getragen werden kann, und wird.
Innovativ war er nicht wirklich: Düfte in denen Rum, Gewürz- und Fruchtnoten, sowie exotische Hölzer eine Rolle spielten, gab es schon früher zuhauf. Aber er hatte etwas, was die wenigsten Düfte haben: Charakter, oder modischer gesagt: ‚Personality’.
Seither ist ‚Idole de Lubin’ eine Art ikonischer Duft geworden, ein Duft, den sehr viel mehr Menschen kennen, als ihn tragen, und der dem wiedererrichteten Hause Lubin schon fast als Gründungsmythos dient. Ohne ‚Idole’ ist Lubin heute nicht zu denken.
Dabei verschwand die erste EdT-Fassung des Duftes wenige Jahre nach seiner Einführung und kurz nachdem eine EdP-Variante auf den Markt kam. Die Gründe hierfür waren nicht ganz erkennbar, aber ich vermute, dass den ein oder andere Inhaltstoff der Bannstrahl der IFRA traf und Lubin sich gezwungen sah, den Duft gemäß der neuen Richtlinien zu überarbeiten. Glücklicherweise ging Olivia Giacobetti höchstselbst ans Werk. Heraus kam eine zwar leicht überarbeitete, alles in allem aber doch recht identische Fassung ihres früheren Duftes.
Auch andere und weitaus größer Häuser, wie beispielsweise Chanel, sahen sich in dieser Zeit mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert, sodass viele, viele ehemals als Eau de Toilette entwickelte Düfte zu Eau de Parfums mutierten, ohne dabei auffallend an Qualität einzubüßen – zumindest was Chanel betrifft, aber auch die Düfte von Patricia de Nicolaï, Etro, oder eben Lubin.
Vom 2005 erschienenen Originalduft habe ich zwar heute noch eine kleine Probe, aber wie das so ist mit gealterten Duftresten: sie vermitteln nur noch einen unzuverlässigen Eindruck vom einstmaligen Dufterlebnis.
Ich weiß allerdings noch, dass ich damals gar nicht so begeistert war. Rum-Gewürz-Düfte, seien sie karibischer Art, oder in ost-indischen Gefilden verortet, sprachen mich überhaupt nicht an, und tun es im Grunde heute noch nicht, obwohl meine Vorlieben vielfältiger geworden sind.
Vor kurzem aber fiel mir die alte ‚Idole’-Probe wieder in die Hand und ich sprühte mir vom verbliebenen Rest etwas auf. Irgendwie duftete es zwar nach ‚Idole’, aber eben doch so verändert, dass mir klar war: auf Grund dieser kläglichen Reste war eine Beurteilung des Duftes unmöglich.
Wenig später erwarb ich das wunderbare ‚Galaad’ und bat die Verkäuferin mir etwas von ‚Idole’ abzufüllen. Zuhause angekommen testete ich die Abfüllung und dachte sofort: ja, das ist ‚Idole’ wie ich es kannte, wie es mir in Erinnerung geblieben ist.
Unterschiede zum alten EdT mögen die entdecken, die noch einen Flakon mit halbwegs intaktem Inhalt des Originals haben. Ich habe leider nur meine Probenreste, und die sind schlichtweg unbrauchbar.
Eines ist die heutige EdP-Fassung auf jeden Fall: sie ist dem Charakter des alten EdT absolut verpflichtet und besitzt dieselbe Aura. Manche sagen, der Duft sei nun runder, weicher, andere wiederum beklagen genau das und vermissen die Ecken und Kanten.
Ähnliches wird auch immer wieder von ‚Sycomore’ berichtet, aber im Falle des Chanel-Duftes kann ich sagen, dass der neue nicht schlechter als der alte ist – ein klein wenig verändert, eben auch weicher und runder, aber das war’s.
Falls das neue ‚Idole’ sich qualitativ zum alten genauso verhält, wie das neue ‚Sycomore’ EdP zum alten EdT (was ich vermute!), kann ich nur sagen: Chapeau, die Arbeit hat sich gelohnt! Das EdP besitzt eine gute Ausdauer und die fruchtig-alkoholischen, holzig-rauchigen Noten, sowie die bittere Würze sind wunderbar ineinander verwoben.
Leider steckt ‚Idole’ aber nicht mehr in dem tollen alten Flakon, der von afrikanischer Maskenkunst inspiriert war, sondern in dem fast ebenso schönen neuen, den sich der Duft nun mit einigen anderen wie ‚Korrigan’, oder ‚Akkad’ teilt, und der mich immer an ein bezopftes, nach vorne schreitendes Männchen erinnert.
Beide Flakons wurden von Serge Mansau modelliert, dem vielleicht größten Flakon-Designer, den die Branche je sah.
Etwas aber irritiert mich erneut: so sehr die Etikettierung des alten EdT als Herrenduft Unfug war, sowenig nachvollziehbar ist die derzeitige Bezeichnung des EdP als Damenduft. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass ‚Idole’ nach wie vor, egal in welcher Version, eher von Männern als von Frauen getragen wird, was aber nicht heißen soll, dass der Duft eher in Richtung ‚maskulin’ tendiert. Nein, ganz ähnlich anderer Unisex-Ikonen wie ‚Bandit’, ‚Eau Sauvage’ oder dem schon genannten ‚Sycomore’, entzieht sich ‚Idole’ jeder Gender-Schublade. Nur in Sachen Hölzer, bitter-aromatischer Gewürze (Safran, Cumin & Co.) und hochprozentigem Schnaps, dürften die Herren der Schöpfung vermutlich einen Zacken schneller zur Stelle sein.
Eine Vermutung nur. Die Verkäuferin in der Parfümerie nannte ihn jedenfalls, nachdem sie den Flakon umdrehte, um die wichtigsten Noten zu entziffern, die auf einem kleinen handbeschriebenen Aufkleber auf der Unterseite aufgelistet waren, eher einen Herrenduft. Ich verneinte und ließ ihn mir dennoch einpacken.
Heute gefällt mir ‚Idole de Lubin’ so gut wie nie zuvor, und ein Fläschlein ziert nun mein ohnehin schon völlig überfülltes Regal...
Habe ich schon gesagt, dass es nur wenige Parfums schaffen zu einer Duft-Ikone zu werden?
Habe ich.
4 Antworten