17.03.2020 - 13:55 Uhr
Profumo
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Profumo
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23
Dieser gallische Ritter weiß den Degen zu führen!
‚Galaor’ ist ein schwieriger Duft: eine ziemlich üppige Rose, ach was: ein ganzer Rosenstrauß, kopfüber in ein Fass Perubalsam getaucht.
Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht so genau wie Perubalsam riecht, daher muss ich hier nach dem Ausschluss-Prinzip vorgehen. Bergamotte, Zitrone, Zimt, Myrrhe, Patchouli und Vetiver sind in unterschiedlichem Maße durchaus erkennbar, besonders die Rose, aber es gibt in diesem Duft einen dunkel-balsamischen Grundton, der unter allen mir bekannten und identifizierbaren Noten wie ein tiefer Orgelton den gesamten Duft durchströmt. Ich schätze mal, dass dieses süßlich-warme, vanilleartig-dunkle Grundrauschen auf den Einsatz des Perubalsams zurückzuführen ist.
Bergamotte und Zitrone akzentuieren das Balsam mit säuerlich-bitterer Schärfe, und der Zimt steuert seine durchdringend spitzen und trockenen Aromen bei. Die Kombination aus bitter-frisch, würzig-aromatisch und balsamisch-floral klingt als Konzept erst einmal recht harmlos und alles andere als aufregend. Das Resultat ist jedoch eine ziemlich kreischige Angelegenheit: kaum aufgesprüht explodiert der Duft geradezu und die schrillen und mäßigenden Anteile geraten in eine erbitterte Auseinandersetzung. Schon jetzt wünschte ich mir den Duft viel, viel leiser, moderater, mit luftigeren Akzenten, aber ‚Galaor’ bleibt gnadenlos und hämmert wie besessen in Großbuchstaben auf meine Geruchsrezeptoren ein: ZITRONE, ROSE, ZIMT, BALSAM – Peng!!!
Puh, man möchte niederknien und sich geschlagen geben... Das tat ich auch das erste Mal als ich den Duft testete: ich sprühte mir etwas auf meinen Arm, aber musste ihn augenblicklich von meiner Nase wegreißen. Diesen olfaktorischen Faustschlag hatte ich nicht erwartet. Sofort hatte ich die Assoziation von einer direkt auf mich zielenden Dose Haarspray. Ich weiß, das klingt jetzt erst einmal schrecklich, aber wer sich noch an die 80er Jahre erinnert, als ganze Haar-Türme mit Unmengen von Haarspray fixiert wurden, der weiß auch noch wie so manches Badezimmer gerochen hat, in dem man besser kein Streichholz entflammt hätte – es wäre dann nämlich grußlos in die Luft geflogen. Andererseits hatten diese scharf-klebrigen, schrillen Spray-Noten aber auch etwas – sie waren laut, bunt und im wahrsten Sinne des Wortes ‚atemberaubend’. Das schiere Gegenteil von zurückhaltender Dezenz – typisch 80er eben. Genau jene überlauten Vibes dieses kreischbunten Jahrzehnts verbreitet ‚Galaor’.
Dezenz zeichnet ohnehin keinen dieser Aristia-Düfte aus. Alle sind sie extrem potente Exemplare, und dieser hier ganz besonders. Im Gegensatz zu den anderen aber, vor allem den beiden die ich am liebsten mag, ‚Sinbad’ und ‚Condottiere’, bleibt ‚Galaor’ in seiner Präsenz nicht besonders beharrlich. Der Duft ist zwar zunächst schrecklich laut, ja aufdringlich, beruhigt sich aber nach einer Weile und endet in warm-balsamischer Harmonie. Dabei wird er zusehend leiser, und das ist auch gut so, denn der schrille Auftakt ist wirklich nervenzehrend. ‚Sinbad’ und ‚Condottiere’ starten nicht ganz so krawallig, haben aber hinten raus deutlich mehr Puste und eine bessere Balance.
‚Galaor’ ist dagegen ein sanguinischer Duft – lebhaft, temperamentvoll und aufbrausend, aber das hat ja auch seine Reize.
Die entdeckte ich nämlich erst beim zweiten Test. Wieder sprühte ich ihn mir auf, aber diesmal war ich gegen den Duftüberfall gewappnet, stellte mich ihm entgegen, drang bis in die Tiefe vor: Wow, was für eine Attacke! Anhand dieses Duftes kann man nachvollziehen, dass die Artstia-Reihe kriegerischen Sagengestalten gewidmet ist. Diese hier war der Überlieferung nach ein gallischer Ritter, der gegen die Soldaten des weströmischen Reiches zu Felde zog. Folgt man dem nach ihm benannten Duft, dann wusste er den Degen zu führen – der Hieb sitzt, augenblicklich. Zugleich soll er, wie ja allen Rittern nachgesagt wird, ein romantisches Herz gehabt und dem Minnesang gefrönt haben. Hier kommt die Rose ins Spiel, mit der er der angebeteten Prinzessin Briolanie aufwartete, an deren Hof wiederum die Magierin Urgande mit allerlei Balsamen und Räucherwerk ihr Unwesen trieb.
Soweit die Inspiration, die ‚Galaor’ duftend bebildern soll.
Im Falle von ‚Sinbad’ und ‚Condottiere’ erschließt sich mir die Verknüpfung mit den jeweiligen Sagengestalten einigermaßen, aber hier...
Irgendwie bekomme ich die rauchig-würzige Orientalik nicht ganz mit der Verortung nach Gallien zusammen. Aber egal, Rosen gibt´s auch in Gallien und das orientalische Umfeld zaubert eben besagte Urgande herbei.
Wie alle anderen Aristia-Düfte ist ‚Galaor’ ein veritables Parfum. Die Haltbarkeit ist einer Klette würdig und ein Sprühstoß ist schon fast einer zuviel. Vorsicht also bei der Dosierung!
Zuviel aufgetragen attackiert er nicht nur den eigenen Geruchssinn, sondern auch den aller anderen und saugt ruckzuck das letzte Fitzelchen Sauerstoff aus der Luft.
Aber auch sparsam dosiert heißt es zunächst: Zähne zusammenbeißen und durch – es wird besser!
Wie gesagt, ein schwieriger Duft, der mich manchmal fasziniert, manchmal abstößt - aber nie kalt lässt.
Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht so genau wie Perubalsam riecht, daher muss ich hier nach dem Ausschluss-Prinzip vorgehen. Bergamotte, Zitrone, Zimt, Myrrhe, Patchouli und Vetiver sind in unterschiedlichem Maße durchaus erkennbar, besonders die Rose, aber es gibt in diesem Duft einen dunkel-balsamischen Grundton, der unter allen mir bekannten und identifizierbaren Noten wie ein tiefer Orgelton den gesamten Duft durchströmt. Ich schätze mal, dass dieses süßlich-warme, vanilleartig-dunkle Grundrauschen auf den Einsatz des Perubalsams zurückzuführen ist.
Bergamotte und Zitrone akzentuieren das Balsam mit säuerlich-bitterer Schärfe, und der Zimt steuert seine durchdringend spitzen und trockenen Aromen bei. Die Kombination aus bitter-frisch, würzig-aromatisch und balsamisch-floral klingt als Konzept erst einmal recht harmlos und alles andere als aufregend. Das Resultat ist jedoch eine ziemlich kreischige Angelegenheit: kaum aufgesprüht explodiert der Duft geradezu und die schrillen und mäßigenden Anteile geraten in eine erbitterte Auseinandersetzung. Schon jetzt wünschte ich mir den Duft viel, viel leiser, moderater, mit luftigeren Akzenten, aber ‚Galaor’ bleibt gnadenlos und hämmert wie besessen in Großbuchstaben auf meine Geruchsrezeptoren ein: ZITRONE, ROSE, ZIMT, BALSAM – Peng!!!
Puh, man möchte niederknien und sich geschlagen geben... Das tat ich auch das erste Mal als ich den Duft testete: ich sprühte mir etwas auf meinen Arm, aber musste ihn augenblicklich von meiner Nase wegreißen. Diesen olfaktorischen Faustschlag hatte ich nicht erwartet. Sofort hatte ich die Assoziation von einer direkt auf mich zielenden Dose Haarspray. Ich weiß, das klingt jetzt erst einmal schrecklich, aber wer sich noch an die 80er Jahre erinnert, als ganze Haar-Türme mit Unmengen von Haarspray fixiert wurden, der weiß auch noch wie so manches Badezimmer gerochen hat, in dem man besser kein Streichholz entflammt hätte – es wäre dann nämlich grußlos in die Luft geflogen. Andererseits hatten diese scharf-klebrigen, schrillen Spray-Noten aber auch etwas – sie waren laut, bunt und im wahrsten Sinne des Wortes ‚atemberaubend’. Das schiere Gegenteil von zurückhaltender Dezenz – typisch 80er eben. Genau jene überlauten Vibes dieses kreischbunten Jahrzehnts verbreitet ‚Galaor’.
Dezenz zeichnet ohnehin keinen dieser Aristia-Düfte aus. Alle sind sie extrem potente Exemplare, und dieser hier ganz besonders. Im Gegensatz zu den anderen aber, vor allem den beiden die ich am liebsten mag, ‚Sinbad’ und ‚Condottiere’, bleibt ‚Galaor’ in seiner Präsenz nicht besonders beharrlich. Der Duft ist zwar zunächst schrecklich laut, ja aufdringlich, beruhigt sich aber nach einer Weile und endet in warm-balsamischer Harmonie. Dabei wird er zusehend leiser, und das ist auch gut so, denn der schrille Auftakt ist wirklich nervenzehrend. ‚Sinbad’ und ‚Condottiere’ starten nicht ganz so krawallig, haben aber hinten raus deutlich mehr Puste und eine bessere Balance.
‚Galaor’ ist dagegen ein sanguinischer Duft – lebhaft, temperamentvoll und aufbrausend, aber das hat ja auch seine Reize.
Die entdeckte ich nämlich erst beim zweiten Test. Wieder sprühte ich ihn mir auf, aber diesmal war ich gegen den Duftüberfall gewappnet, stellte mich ihm entgegen, drang bis in die Tiefe vor: Wow, was für eine Attacke! Anhand dieses Duftes kann man nachvollziehen, dass die Artstia-Reihe kriegerischen Sagengestalten gewidmet ist. Diese hier war der Überlieferung nach ein gallischer Ritter, der gegen die Soldaten des weströmischen Reiches zu Felde zog. Folgt man dem nach ihm benannten Duft, dann wusste er den Degen zu führen – der Hieb sitzt, augenblicklich. Zugleich soll er, wie ja allen Rittern nachgesagt wird, ein romantisches Herz gehabt und dem Minnesang gefrönt haben. Hier kommt die Rose ins Spiel, mit der er der angebeteten Prinzessin Briolanie aufwartete, an deren Hof wiederum die Magierin Urgande mit allerlei Balsamen und Räucherwerk ihr Unwesen trieb.
Soweit die Inspiration, die ‚Galaor’ duftend bebildern soll.
Im Falle von ‚Sinbad’ und ‚Condottiere’ erschließt sich mir die Verknüpfung mit den jeweiligen Sagengestalten einigermaßen, aber hier...
Irgendwie bekomme ich die rauchig-würzige Orientalik nicht ganz mit der Verortung nach Gallien zusammen. Aber egal, Rosen gibt´s auch in Gallien und das orientalische Umfeld zaubert eben besagte Urgande herbei.
Wie alle anderen Aristia-Düfte ist ‚Galaor’ ein veritables Parfum. Die Haltbarkeit ist einer Klette würdig und ein Sprühstoß ist schon fast einer zuviel. Vorsicht also bei der Dosierung!
Zuviel aufgetragen attackiert er nicht nur den eigenen Geruchssinn, sondern auch den aller anderen und saugt ruckzuck das letzte Fitzelchen Sauerstoff aus der Luft.
Aber auch sparsam dosiert heißt es zunächst: Zähne zusammenbeißen und durch – es wird besser!
Wie gesagt, ein schwieriger Duft, der mich manchmal fasziniert, manchmal abstößt - aber nie kalt lässt.
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