Alan

Alan

Rezensionen
Filtern & sortieren
11 - 15 von 21
Alan vor 10 Jahren 8 4
2.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Die Wahrheit ist, ich mag keine Meringues
Manchmal werde ich darum gebeten, bei der Suche nach einem Duftgeschenk behilflich zu sein. Statt mir jedoch zu sagen, was der zu Beschenkende denn nun gerne riecht, liefern mir viele der verzweifelt Suchenden zunächst eine gründliche Beschreibung des Äußeren. "Oh, er ist recht groß und schlank, ziemlich sportlich sogar, aber legt viel Wert auf seine Kleidung. Gepflegter, bisschen metrosexueller Typ mit dunklen Haaren, was könnte da passen?" In solchen Momenten denke ich manchmal an meinen eigenen Kleiderschrank, gefüllt mit Bleistiftröcken, Etuikleidern, unifarbenen Blusen und klassischen Pumps. Ich denke an mein Spiegelbild, den Kontrast zwischen der hellen Haut und den dunklen Haare, an meine distanzierte Miene und den kühlen Ausdruck in den Augen. Und dann denke ich an meine Kommode und den kitschigen rosa Flakon darin, der einen nicht minder rosa anmutenden Duft in sich beherbergt.

Wenn "Poiray" eine Frau wäre, dann würde sie nicht aussehen wie ich. Sie wäre jünger, ein Mädchen noch, ein Sommerkind im hellen Blumenkleid. Sie hätte einen Pfirsichteint, honigfarbene Locken und eine grazile Ballerinafigur, die sie sicher alleine durch den Genuss von Rosenwasser und Meringues erhält. Leicht wie eine Feder schwebt sie daher, mit einem freundlichen, verträumten Lächeln auf den Lippen. "Poiray" wäre die personifizierte Romantik, nur dadurch vor dem Abgleiten in den Kitsch gerettet, dass sie zugleich eine elegante Schönheit ist.

Wie riecht nun also für mich die personifizierte Romantik? Zuerst süßer als mir lieb ist, und sogar ein klein wenig künstlich. Vanille, nicht die tiefe, dunkle und ölige Vanille einer echten Schote, sondern süß, ein wenig pudrig und linear, wie man es von Vanillin kennt, und da ist eine milde Fruchtigkeit wie von Aprikosenjoghurt. Beides lässt die Rosen und die Pfingstrose, die sich bereits bemerkbar machen, nicht richtig zur Geltung kommen. Man würde nicht erwarten, dass dieser Duft sich binnen einer halben Stunde so weit wandelt, dass er sich zu dem schönsten Pfingstrosenduft entwickelt, den ich kenne. Die Fruchtigkeit zieht sich auf meiner Haut zurück und die Vanille wird zu einem Wispern und vermengt sich mit sauberem Moschus und einer hellen, nicht minder sauber wirkenden Zedernote.

Das Herz des Parfums ist jedoch die Pfingstrose, von den Rosennoten nur dezent unterstützt. Natürlich ist dies keine besonders orginelle Kombination, die meisten Rosendüfte scheinen früher oder später ihren Pfingstrosen-Ableger zu bekommen. Was diese Pfingstrose für mich jedoch so besonders macht, ist die Art, wie sie präsentiert wird. Nachdem Zeder, Vanille und Moschus zu einer sauberen, sanften Basis verblasst sind, bilden sie einen zurückhaltenden Hintergrund in Ecru für eine taubedeckte Pfingstrose, die rosa Blütenblätter noch nicht völlig entfaltet. Gerade gepflückt, keine unnötige Süße, keine Pudernoten, es ist stattdessen ein frischer, glasklarer Duft. "Poiray" ist wie ein rosafarbenes Seidentuch im Wind, unbeschwert, simpel und zugleich auf eine mädchenhaft Art elegant. Über Stunden hinweg bleibt einem diese Note erhalten, ehe die Pfingstrose sich langsam zurückzieht und auf der Haut ein dezenter floraler Schleier verbleibt, der gemeinsam mit Vanille, Zeder und Moschus den Geruch einer teuren Creme imitiert.

"Poiray" wäre der perfekter Hochzeitsduft, aber ich brauche kein weißes Traumkleid, um diesen Duft zu tragen, und auch keine geblümten Sommerkleider und Satinstoffe in rosa im Kleiderschrank. Optischer und olfaktorischer Gleichklang werden gemeinhin überschätzt, und zum Teufel mit den Meringues.
4 Antworten
Alan vor 10 Jahren 12 4
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Blattläuse im Garten Eden
Ich gestehe offen, üblicherweise kein sonderlicher Freund von Kopfnoten zu sein. Oft als das Werbebanner eines Duftes gesehen, kann ich mit ihnen meist nicht viel anfangen; zu schrill, zu schroff, zu wenig harmonisch, und ich habe gelernt, dass mir die meisten Düfte deutlich besser gefallen, sobald sie sich eine halbe Stunde auf der Haut entwickeln konnten. Aber selbst wenn ich meine Vorbehalte gegenüber Kopfnoten berücksichtige, muss ich sagen, dass "Bois de Paradis" einen besonders unvorteilhaften Auftakt hinlegt.

Er erinnert mich an den Pfeifenstrauch im Garten meiner Großeltern, und wer sich nun fragt, was an einem Pfeifenstrauch so schrecklich sein soll, dem sei gesagt, dass dieses Exemplar regelmäßig unter einer Blattlausplage litt, was meinen Großvater dazu bewegte, die Chemiekeule zu zücken und diese unglückselige Pflanze großzügig mit einem mir leider nicht namentlich bekannten Insektenvernichtungsmittel zu tränken. Ich weiß nicht, was mich mehr überrascht, dass der Strauch diese Behandlung tatsächlich überlebte oder dass jemand es für eine gute Idee befand, diesen giftig-grünen, süßlichen und benzinähnlichen Akkord in einem Parfum zu verwenden. Aber das ist noch nicht alles: Man nehme eine Schale mit Brombeeren, stelle sie in den Kühlschrank und vergesse sie dort, bis die Beeren weich werden und jede Säure verlieren, um dafür eine der Verderbnis nahen Süße zu gewinnen. Das ist eine gefährliche Mischung, die verspricht, einen unter fürchterlichen Bauchkrämpfen sterben zu lassen, sollte man tatsächlich so unvorsichtig sein, davon zu naschen.

Ich übergehe diesen merkwürdigen Auftakt mittlerweile aber mit einer gewissen Nachsichtigkeit, was vermutlich der positiven Prägung geschuldet ist, denn: "Bois de Paradis" wird besser. Deutlich besser sogar. Nach kurzer Zeit spaltet sich der giftig-grüne Akkord in Geranie und Feige auf, und die Feige ist hier nicht getrocknet oder mit Kokos vermengt, wie es oftmals der Fall ist. Die Frucht ist frisch und hat noch Festigkeit und sie wird von einer milchigen Note abgerundet. Die Geranie, die in der Duftpyramide zwar nicht genannt wird, aber für meine Nase dennoch sehr präsent ist, bringt hingegen eine mild-grüne und rosige Note ins Spiel. Die Beeren, vor kurzem noch matschige Brombeeren, verwandeln sich in delikate Himbeerkonfitüre, mit Rosenblättern verfeinert. Etwas später sind zurückhaltende Holznoten zu erschnuppern, die meine Nase vor allem als Zeder einordnet. Doch "Bois de Paradis" präsentiert seine Fruchtnoten mit sahniger Cremigkeit, die mich ein wenig an "Santal Massoïa" von Hermès erinnert, also vielleicht verstecken sich noch andere Hölzer unter der rosig-grünen Fruchtigkeit, mit der dieser Duft bezaubert.

Für mich ist "Bois de Paradis" kein Duft, der den Garten Eden heraufbeschwört, sondern eher ein paradiesisches Frühstück an einem milden Sommervormittag auf einer begrünten und sonnengefluteten Terasse, mehr feminin als unisex. Und während man unter dem Feigenbaum sitzt, die Rosen bewundert und einem der fruchtige Geruch der Konfitüre in die Nase steigt und ein herrliches Frühstück verspricht, blinzelt man in die Sonne und weiß, dass die Welt in Ordnung ist.
4 Antworten
Alan vor 10 Jahren 16 3
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Ein fantastischer Spaziergang durch den Basar
So verführerisch exotische und wohlklingende Parfumnamen wie "Shalimar" oder "Mitsouko" auch sein mögen, ich besitze eine gewisse Schwäche für die simplen, selbsterklärenden Namen, die so manches Parfum führt: Wer "Orange Sanguine", "Une Rose" oder "Vanille Extrême" liest, der weiß Bescheid. So lautet zumindest die Theorie. Eine Theorie, die mir "Ta'if" geradewegs buchstäblich zurück ins Gesicht pfeffert, statt mir die aufgrund des Namens erwartete Ta'if-Rose zu liefern.

Da mag irgendwo eine Rose sein, doch zunächst ist sie unter dem Inhalt eines ganzen Gewürzregals vergraben. Da ist vor allem Pfeffer, scharf und wärmend, und ein kastrierter Safran, der die leicht bittere Eigentümlichkeit dieses Gewürzes vermissen lässt und stattdessen auf eine etwas mildere, lieblichere Version setzt. Die restlichen Gewürze bilden einen undefinierten Hintergrund, in dem sich von Muskat bis Piment alles Mögliche verstecken könnte, der Dufteindruck eines Spaziergangs durch den Basar, geradwegs vorbei an den Gewürzhändlern.

Und wir kommen gleich zum nächsten Stand, wo getrocknete Datteln angeboten werden, honigsüß und klebrig, und für etwa zwei Stunden pendeln wir zwischen den Gewürzen und dem Trockenobst hin und her, bis sie endlich kommt, die versprochene Rose. Aber nicht in Form von tiefroten Blütenblättern und auch nicht als teures Rosenöl, sondern vielmehr als Rosenwasser, mild und süß und für die exotische Küche gemacht. Der Händler führt noch andere Blütenwässer im Angebot, aber wir wollen das Rosenwasser, danke vielmals, und wedeln die anderen Blütenaromen achtlos zur Seite.

Und was machen wir nun mit diesem erworbenen Schatz? Lokum natürlich, und ab da driftet "Ta'if" in süßlichere Gefilde ab. Rosenwasser und der honigartige Duft der reifen Datteln vereinen sich zu der Idee eines Konfekts, und eine cremige, vanilleähnliche Note mildert die scharfe Hitze des Pfeffers, der dieses Parfum weiterhin fest deutlich abseits der reinen Gourmanddüfte verankert. An mir zeigt sich "Ta'if" nicht als vordergründiger Rosenduft, sondern als orientalischer Traum von Gewürzen, Trockenfrüchten, Rosenwasser und Konfekt, geradewegs einem Gemälde des Orientalismus entsprungen. Ein romantisiertes Bild, sicherlich, aber wenn ich ehrlich sein soll: Nach einem ungeschönten Basar will ich vermutlich auch gar nicht riechen. Die Duftreise endet schließlich mit einem Wispern der Gewürze auf der Haut und einer Ahnung von Honig, ehe er vorbei ist, unser fantastischer Spaziergang durch den Basar.
3 Antworten
Alan vor 10 Jahren 17 3
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Vom Dosenpfirsich zum Nektar
Ich gebe zu, wenn es um fruchtige Düfte geht, lande ich zumeist bei den Chypres. Ich mag meine Pflaumen am liebsten dunkel und mit Eichenmoos serviert, danke vielmals. Aber "Péché Cardinal" zeigt, dass mich auch ein fruchtig-floraler Duft bezaubern kann.

Etwas, was der Auftakt nicht unbedingt vermuten lässt, denn dieser riecht nach Dosenpfirsichen. Nicht, dass an Dosenpfirsichen etwas falsch wäre, mit Vanilleeis finde ich sie sogar recht lecker, nur riechen möchte ich danach nicht, zumindest nicht länger als zehn Minuten. Länger muss ich mich zum Glück auch nicht in Geduld üben. Die zuckrige Süße verfliegt auf meiner Haut und macht dem Duft nach Aprikosen Platz. Ganz richtig gelesen, Aprikose und nicht etwa Pfirsich, der sich nach dem ersten Sirupschock scheu zurückgezogen hat.

Weitaus weniger scheu ist die Tuberose, nicht buttrig und überreif, wie sie meiner Nase in "Fracas" erscheint, auch nicht grün-pflanzlich, wie sie mir in "Carnal Flower" begegnet, sondern narkotisch und süß, auf die angenehme Weise betäubend, wie es Weißblüher in der Sommersonne sein können - einen gewissen Sicherheitsabstand vorausgesetzt. Der Duft von flaumiger Aprikosenhaut entwickelt sich langsam zu dem saftigeren, intensiveren Eindruck eines reifen Pfirsiches. Die Steinffrüchte und die Tuberose harmonieren als Duett, wobei die blumige Seite etwas dominiert, und der Gesamteindruck ist hell, sonnig, nektargleich und betörend. Ich schreibe dies nun als jemand, vor dessen Fenster gerade der mitteleuropäische Frühling erblüht, aber ich schwöre, würde ich in Gefilden weilen, wo Kolibris an der Stelle von Meisen durch den Garten flitzten, sie würden mich in Scharen umschwärmen.

Da die Vogelwelt hierzulande freilich von solchen Dingen nichts versteht, muss ich ohne gefiederte Begleitung auskommen und meinen wohlriechenden Arm alleine anschwärmen. Das tue ich auch noch, nachdem er nach einigen Stunden doch noch etwas dunklere Facetten enthüllt, vor allem durch eine Johannisbeerennote, die den hellen Eindruck etwas trübt. Dazu gesellt sich eine entfernt zimtähnliche Staubigkeit, was nun weitaus weniger angenehm klingt, als es eigentlich riecht. Es verleiht dem Duft in der Basis eine gewisse samtige Qualität, als hätte man Pfirsiche und Tuberose aus der Sonne geholt und in Schale und Vase auf ein samtenes Tuch gestellt, um es dort während der kühleren Abendstunden noch als Stillleben zu malen. Zum Schluss schließlich schimmert ein Gerüst aus Sandelholz hindurch, das mit seiner warmen Holzigkeit bereits aus dem Hintergrund zu dem Eindruck von sonnengewärmter Aprikosen- und Pfirsichhaut beigetragen hat und sich nun etwas deutlicher in die Wahrnehmung rückt. Ich denke, dass die angegebene Pflaume mit dieser Basis ganz wundervoll harmoniert hätte, leider kann ich von dieser allerdings nichts erschnuppern.

Aber ich will mich nicht beklagen, "Péché Cardinal" hat mich auch ohne Pflaume für sich eingenommen, und deren Fehlen soll mich so wenig bekümmern, wie die Ignoranz der Meisen, dieser Banausen.
3 Antworten
Alan vor 10 Jahren 19 6
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Sugar and spice and everything nice
Auf der Suche nach einem Parfum, das den Duft der sagenhaften babylonischen Gärten einfängt? Nach einer unkonventionellen, gewagten Komposition, einem Meilenstein der Parfümeurskunst? Nach einem Duft, der pure Erotik verkörpert? In diesem Fall: Keep looking, denn "Amytis" ist nichts davon.

Was sich hingegen nach dem ersten Tropfen auf der Haut entfaltet, ist Vanille. Keine unkonventionelle Vanille, nicht rauchig, unsüß oder mit Wacholder gepaart, sondern liebliche Vanille, weich wie eine Flaumfeder durch die pudrige Leichtigkeit von Heliotrop, das für meine Nase die einzige deutlich wahrnehmbare florale Note darstellt. Ich erahne mehr einen Hauch von Jasmin, als dass ich ihn tatsächlich erschnuppern kann, dafür verleihen heller Blütenhonig und Mandeln "Amytis" eine leichte Gourmandnote, ohne dass die Süße überbordend wird. Nicht essbar, aber lecker.

Es zeigt sich nur wenig Entwicklung, nach zwei oder drei Stunden wird der Gourmandeindruck schwächer und zum vanilligen Herzen gesellt sich eine gewisse Würzigkeit. Die Duftpyramide gibt Koriander an, ich hätte es eher als Piment beschrieben. Dennoch entwickelt sich der Duft nie zum Gewürzkracher, die Gewürze spielen hier eindeutig nur eine unterstützende Rolle, gemeinsam mit einer leichten Holzigkeit, die ich am ehesten als Zeder einordnen würde, hell und sauber. Es gibt keine scharfen Ecken und Kanten an "Amytis", keine dunklen Abgründe, nicht einmal eine Rose, an der noch die Dornen dran sind.

Der Leser mag sich nun fragen: Braucht die Welt das? Einen weiteren Vanilleduft in regelrecht klassischer Ausführung? Meine Antwortet lautet: Ja, auf jeden Fall! Denn was "Amytis" für meine Nase so besonders macht, ist die Tatsache wie rund und fein dieser Duft ist. Es ist nicht einfach, eine Vanille ohne dunkle oder kontrastierende Elemente zu schaffen, ohne dass die Komposition ins Banale, Zuckrige oder schlimmstenfalls Kitschige abrutscht. Aber "Amytis" ist lieblich und gefällig, aber auch erwachsen und edel, wie eine elegantes Cocktailkleid in zarten Cremetönen.

Eine Anmerkung zum Abschluss: Der Duft kommt als Parfumöl und als solches lässt es harsche Kopfnoten vermissen. In einem Interview habe ich davon gelesen, dass die Düfte von Nabucco etwa zu 70 % aus Duftstoffen bestehen sollen, und auch wenn ich dies freilich nicht verifizieren kann, glaube ich es sofort. Für ein Öl finde ich die Sillage bemerkenswert, also durchaus auch für Leute geeignet, denen Öl- und Cremeparfums normalerweise zu hautnah sind.
6 Antworten
11 - 15 von 21