Bobby

Die Eröffnung ist sagenhaft gut, da die sprizige Ananas und das sexy Raucharoma eine sehr spannende Symbiose eingehen und eine männlich-herbe Fruchtigkeit erzeugen. Was man zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vermuten würde, ist, wie grün das Ganze schnell wird. Damit ist dann für mich aber auch das viel gelobte Moderne des Parfums vorbei, da das Moosige mich doch stark an Irisch Moos aus Opas Badschrank erinnert. Man sollte sich also von der Kopfnote nicht täuschen lassen, da Aventus m.E. deren verheißungsvolles Versprechen im weiteren Verlauf nicht einlösen kann. Der helle Wahnsinn dagegen ist die Haltbarkeit: Aventus hält tagelang auf meiner Haut, und diese warme Basis ist wirklich sehr, sehr lecker und steigt einem auch nach langer Zeit noch angenehm in die Nase. Also: ein wunderbares Parfum, wenn man diese krautig-grüne-birkig-moosige Note mag. Mir geht sie (leider!) durch ihre Penetranz etwas auf die Nerven.

Man sieht einen gut erhaltenen Mittsechziger, wie er den traditionsreichen örtlichen Tennisclub betritt, sein frisch gewaschenes Trainings-Dress duftet leicht nach Lavendel, er lutscht ein Minzbonbon, sein Rasierwasser hat er, wie üblich, leicht überdosiert.
Die jüngere Damenwelt hält ihn mittlerweile für altbacken und konservativ, aber wenn er zum Mixed antritt, kann er mit seiner unterschnittenen Vorhand immer noch für einige Verwirrung sorgen. Auch ist seine Kondition um einiges besser als die vieler jüngerer Sportskameraden, die in seiner Nase alle nur nach Duschgel riechen. Dass er selbst wie ein Stück Kernseife rüberkommt stört ihn wenig – er steht zu seinem Alter und wirft nach gewonnenem Match seinen Fred-Perry-Pullunder lässig über die Schultern. Danach trinkt er mit seinen besten Freunden Eau pour Homme von Armani (mit dem er fast die gesamte Duftpyramide teilt) und Anteus von und zu Chanel noch ein Pils und lässt den Tag draußen vor dem moosbewachsenen Clubhaus lässig ausklingen.

Wirklich enttäuscht, so dachte ich nach dem ersten Aufsprühen, kann man von diesem Ableger eigentlich gar nicht sein – die vom Hersteller geweckte Erwartungshaltung angesichts des Namens (eine Zitrusfrucht!) und des Flakons (eisig-mattiert! hellgelb-hellgrün! also frisch!) wird voll und ganz erfüllt. Der Duft ist zweifellos sehr rein, eindeutig und klar. Lediglich die versprochene Vielfalt der Duftpyramide, stellt sich zunehmend heraus, ist maßlos übertrieben: Man braucht eine wilde Phantasie oder wenigstens eine bestimmt geübtere Nase als meine, um da so etwas wie eine Kombination, Entwicklung oder Veränderung festzustellen. Acqua di Gío wird ja oft als langweilig beschrieben – ist aber eine Offenbarung an Vielschichtigkeit und Tiefe im Vergleich zu L.d.p.h.Y., welches dem ersten Aufsprüh-Eindruck von Acqua di Gío sehr ähnelt und dann einfach bis zum Ende dort stehen bleibt: Man drückt auf einen Knopf, dann riecht´s nach Zitrone, nach einer Weile hört´s wieder auf. Zitrische Düfte sollen ja erfrischen, kühlen, anregen – aber eigentlich möchte man doch nicht wirklich einfach nur nach Zitrone riechen...
Kurz: L.d.p.h.Y. ist so geheimnisvoll wie eine Neonröhre, und genauso hell. Eine statische, frisch-saure Kopf-Herz-Basis-Zitrone. Die letzten Punkte verliert der Duft durch die sehr mickrige Sillage und ebensolche Haltbarkeit. Nach 1,5 Std. kommt ein Hauch von Ingwer, nach 3 Std. eine Ahnung von Zeder (mit der Nase IN der Haut). Dann ist alles vorbei. Einfach so.
Damit entspricht der Grad meiner Enttäuschung am Ende der exakten Beschreibung dieses Dufts: „ein bisschen sauer“.

„Boss bottled“ ist für mich ein Gourmand-Duft für Anfänger, ein Gourmeggle eben. Daher gefällt er mir ganz gut, eben weil ich süßliches Parfum sonst stehen lasse. Hier entführt einen nämlich die Herznote mit Obst und reichlich Zimt zunächst schnurstracks in die kleine Bäckerei gegenüber, danach geht’s aber dann mit ein paar Stück gedecktem Apfelkuchen an der frischen Luft zurück ins Büro. Soll heißen: Die Basisnote markiert hier nicht, wie oft, das Süßeste zum Schluss, sondern sorgt noch einmal für angenehme Frische, die zudem sehr lange anhält – sogar bis nach dem Sport und der anschließenden Dusche. Das mir die Basisnote am besten gefällt, hebt die Punktzahl – schließlich ist es diese Schluss-Note, mit der man die meiste Zeit verbringt.

Wie alles Gute ist auch dieser Duft schwer zu beschreiben.
Fangen wir beim Namen an: Aus meiner Sicht ist „Royal Water“ das, was „Silver Mountain Water“, dem Namen nach gerne wäre – ein frischer, aquatischer, edler, silberner, kühlender Tropfen. SMW dagegen empfinde ich, unisex hin oder her, als zu fruchtig, süß und weiblich und aufgrund seiner Opulenz und Dominanz viel eher als ein königliches Wasser vorstellbar, zudem für eine Dame (Lady Di), geeignet. Verkehrte Welt!
Kommen wir zur eigentlichen Duftbeschreibung: Wasser an sich riecht ja eigentlich nicht – lediglich das, was im Wasser ist oder das, was nass wird. Im Wasser befindet sich nun bei RW der Saft einer sehr leckeren, leicht bitteren Zitrone. Das wirklich gute an diesem Duft ist aber für mich etwas anderes: das pfeffrige Prickeln, das bei mir, wie der ganze Duft, locker 10-11 Stunden dezent, aber deutlich bemerkbar anhält. Dieses würzige, reinliche Prickeln macht mich süchtig, und erinnert mich an frisch-feucht dampfgebügelte, weiße Sonntagshemden, die am Bügel bei offenem Fenster im Wind flattern und außerdem an eine Straße im Sommer, die nach dem Regen dampft, wenn die Sonne wieder hervorkommt. Dieser klare, verheißungsvolle heile-Welt-Duft lässt mich einfach nur grinsen – ich finde es faszinierend, das man so etwas, zudem mit dieser Haltbarkeit, konservieren kann.