Coriolon

Seit 1999 präsentiert Guerlain im Frühjahr neue Düfte in der Reihe ‚ Aqua Allegoria‘. Neue Namen, neue Duftrichtungen erobern den Markt, dafür werden bestehende aus dem Programm genommen. Ich erkenne die Notwendigkeit, sonst ständen bald 30 Allegorien in den Regalen. Ich denke der Verbraucher wäre überfordert, der Handel ebenfalls. Die Konzeption dieser Duftreihe war seit je her nie auf Beständigkeit aus. Anfänglich gab es zwar noch begleitende Derivate wie Duschgele oder das wahrhaft traumhafte Body-Öl-Spray von ‚Ylang& Vanille‘, aber diese Zeiten nun auch lange vorbei.
Die Haltbarkeit der Aqua Allegorien ist bis auf wenige Ausnahmen eher flüchtig. Ein im Mittelpunkt stehender Rohstoff soll eine spontane Frische vermitteln, Sorglosigkeit, Leichtigkeit.
Unter diesem Aspekt wurde 2011 ‚Jasminora‘ geboren. Ein Blütenbouquet, ein eingefangener Strauß von Frühlingsblühern. Der Duft startet knackig, frisch und lässt aber sofort erahnen, welche florale Richtung eingeschlagen wird. Die dominierende Note ist die Freesie. Das von vielen eher unbeliebte Maiglöckchen und auch der Namensgeber Jasmin spielen eher eine unbedeutende Rolle. ‚Jasminora‘ besitzt die Gabe, nicht wie viele der Vorgänger einfach in der Herznote stehen zu bleiben, sondern verwandelt sich wunderbar in eine – gestattet mir wieder einmal diesen Ausdruck – kuschlige ausklingende Note.
‚Jasminora‘ hat es innerhalb der erhältlichen Allegorien nie leicht gehabt. Ich erinnere mich an einen ‚Test‘, den ich mit parfuminteressierten Freunden erst kürzlich durchführte. Mit ‚Jasminora‘ an Hals und Brust sollte ca. 2 Stunden nach dem Auftragen ‚mein Duft‘ erraten werden.
„….mmmh, das duftet gut…..ist von Guerlain…..toll, aber welcher Duft ist es?.....ist bestimmt einer aus der Maison-Serie…..“ waren einige Ausrufe.
Mit einem verschmitzten Lächeln klärte ich die Ratenden auf. Die Reaktionen waren nun plötzlich entweder von extremer Verblüffung bis zu tiefen Entsetzen geprägt. Keiner konnte sich vorstellen, je einen Sprüher‘ Jasminora‘ überhaupt zu tragen.
Mit 73 % Bewertung kommt ‚Jasminora‘ hier bei ‚Parfumo‘ noch ganz gut weg (zum Vergleich: der Top-Seller ‚Pamplelune‘ kommt hier auf 79%).
‚Jasminora‘ wird dieser Tage ausverkauft. Damit hat der 28igste die kürzeste Lebensdauer aller Aqua Allegorien. Schade eigentlich. Ein Unbeliebter verlässt die Bühne und macht Platz für ‚Lys Soleia‘.

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Da ist er nun! Der 29. der Aqua Allegoria-Serie.
Passend zum Frühling wirft das Haus Guerlain alljährlich einen oder zwei aber auch mal gleich drei auf den Markt. Schon immer wird kalkuliert, dass sie eine begrenzte Lebensdauer haben werden.(Von den beiden Aqua -Stars Pamplelune und Herba Fresca mal abgesehen)
Lys Soleia kommt – der Name deutet es an – in frischer goldgelber Aufmachung daher.
Wer sich mit den Allegorien etwas auskennt, wird recht schnell feststellen, dass das Dufterlebnis Lys Soleia bereits schon mal da war:
1999, die Geburtsstunde der AA. Unter den 5 Düften die gleichzeitig das Licht erblickten, befand sich auch Ylang & Vanille.
Lys Soleia kommt etwas zarter und diskreter daher, lässt aber wie der ‚ältere Bruder‘ den Gedanken an trophisches Südseefeeling aufkommen.
Vielleicht liegt es an dem sofort aufgekommen Vergleich zu Ylang & Vanille, dass ich nun heute zunächst etwas enttäuscht von dem Neuling war. Zu unspektukulär und zu zurückhaltend.
Eine gute Stunde später wurde er präsenter. Eine leichte stechende Note entwickelte sich, Tuberose und Ylang Ylang spielten auf. Aber dann kam das, was ich bei vielen AA kritisiere: Stillstand. Man glaubt, vor allem man hofft, JETZT ginge es los. Aber nichts, wirklich nichts mehr passiert. Bei mir verblieb ein etwas dumpfer, bitter stechender Akkord auf der Haut, der leider nicht durch die Vanille abgewächt wurde.
Bereits im Vorfeld war mir persönlich klar, dass ich ihn in der Kategorie 'Kopfschmerz-Duft' eingruppieren kann (in der sich schon Mahora, aber auch Terracotta –Eau Sous le Vent befindet).Und hat nun auch Lys Soleia dort Einzug gehalten.Ich habe ein Problem mit Lilie, Ylang Ylang und Tuberose in diesen Konzentrationen.
Dennoch kann ich mir vorstellen, dass er begeistert aufgenommen wird. Der Sommer wird hoffentlich kommen und für viele könnte er Sinnbild von Fröhlichkeit sein.

An dieser Stelle sei noch ein kurzes Wort zu Ylang&Vanille erlaubt. Dieser Duft stellte 1999 innerhalb der AA-Serie eine Besonderheit, da er im Gegensatz zu seinen 4 Brüdern eine extreme Haltbarkeit aufwies. Die Verwenderinnen waren begeistert, hatten einen extrem lang anhaltenden Duft zu einem kleinen Preis (125 ml kosteten 1999 ca. 88 DM). Das missfiel dem Haus Guerlain und man stellte ihn 2002 ein. Der Protest war groß. Guerlain produzierte im Jahr 2004 wieder neue Tranchen, bis er dann wirklich den neuen AA‘s, die auf den Markt drängten, endgültig Platz machen musste.

Wer sich in meiner Sammlung umschaut, findet neben einigen wenigen Guerlain‘s (schmunzel) auch 3 Halston-Klassiker.
Die in Deutschland populären Halston 1-12 und Halston Z 14 habe ich bereits kommentiert, heute möchte ich mich dem vielleicht unbekanntesten Herren-Halston etwas widmen.Ich gebe es ja unumwunden zu, ich mag Lavendeldüfte.Ich stehe zu meinem Pour un homme von Caron, den ich – da große Mengen vorhanden - gerne großzügig verwende. Der andere Lavendel-Favorit –Halston 101- kommt seltener zum Einsatz. Hier ist nur ein 3 oz Flakon vorhanden und da mit einem Aufleben dieses Duftes nicht zu rechnen ist, wird strengstens gespart!
Halstons 101 ist ein intensiver, würziger, krautiger Duft, der eine völlig andere Linie verfolgt als Pour un homme.
Krautig-würzig sollte als Beschreibung von der Kopf- bis zur Basisnote als Überschrift stehen. Ich nehme nach gut 10 Minuten nach dem Auftragen Fichte und Nelken wahr. Schnell folgt dem ganzen dann aber eine wunderschöne holzige, ledrige Note nach. Sie erinnert mich ein wenig an das Anspitzen eines hochwertigen Bleistiftes. Ich denke hier wird das Zedernholz für verantwortlich sein. Überallem bleibt aber auch der Lavendel, dem ja im Allgemeinen eine beruhigende Wirkung nachgesagt wird.
Nichts wirkt kantig, eckig, kratzig oder gar laut. Ich wünschte mir diesen Duft in einem Massageöl oder Körpercrème.

Es wird bei diesem Wunsch wohl bleiben, denn Halston 101 gibt es nicht mehr. Eine Design-begeisterte Freundin brachte ihn mir Anfang der 90-Jahre aus Amerika mit. Der Flakon ist, wie die anderen aus der Halston Familie ein Design-Kunstwerk von Elsa Peretti. Der Flakon schmiegt sich eine halb geschlossene Hand. Die Finger greifen in die Rillen, der Daumen findet auf der anderen Seite geschmeidigen Platz. Man mag den Flakon auch als Handschmeichler bezeichnen.
Zeitzeugen berichten, dass Halston 101 auch in Deutschland vertrieben wurde.
Vor Jahren verfolgte ich eine ebay-Auktion, die mit Höchstpreisen endete. Sollte Halston 101 irgendwo gesehen werden, so kann ich nur die Empfehlung geben: KAUFEN !

Eines vorneweg: ich war noch nie in London ! Einzig 6 Stunden Umsteigezeit in London–Heathrow, aber das war auch schon 1991. Mich zieht es eben – wie vom Magneten gezogen- immer wieder nach Paris.
Nun gibt es den Duft : Voyage Olfactif Paris-London. Es ist der 4. Duft unter den City-Düften. Und es ist der jüngste.
Ich gebe es zu: Die neue Flakon-Form, elegant und ohne Schnörkel fasziniert mich. Die 4 Düfte nebeneinander aufgestellt, geben ein verdammt gutes Bild ab. Die dezenten Kontraste der Farben passen perfekt zum Design. Für Paris-London entschied man sich für ein transparentes Blau, welches fälschlicher Weise zu dem Gedanken führen könnte, es handelt sich hier um einen aquatischen Duft.
Völlig falsch ! Der Duft ist blumig und hat eine intensiv fruchtige Note.
Der Auftakt startet ( typisch Guerlain ) zunächst erst mal frisch, deutet aber schon von Beginn an auf die blumige Note. In meinem ersten Eindruck dachte ich an eine Aqua Allegoria-Mischung á la Pivoine Magnifica trifft auf Foliflora.
Rose und Veilchen und im Ausklang dezentes Holz, wenig kantig, markant.
In dem gesamten Werk fehlt mir der „WOW-Effekt“. Paris London ist ein gefälliger, eher unscheinbarer von Blumen geprägter Duft, der mir für die Voyage-Serie nicht glaubwürdig erscheint. Ich stelle ihn mir wirklich in einer Aqua Allegoria-Biene vor, unter den City Düften hat er nichts zu suchen.
Muss ich mal nach London ?

Wer dieser Tage eine Guerlain Boutique besucht, wird es gleich sehen: das neue Display für die
Linie “Une ville- un Parfum”.
Eineinhalb Jahre hat sich Guerlain Zeit gelassen, diese Düfte zu bewerben. Bislang fristeten sie ein eher trauriges Dasein, waren in einem schmucklosen 245 ml Flakon mit abschraubbarem Zerstäuber gefüllt und warteten darauf endlich mal gekauft zu werden.
Nun sind die Düfte im neuen 100 ml Flakon. Es hat sich ein weiterer zu der bestehenden Triologie hinzugesellt, nun können wir auch in Deutschland Guerlains Interpretation von London testen.

Ich weiß auch nicht warum, aber seit Eröffnung der Berliner Guerlain-Boutique schleiche ich wie die Katze um den heißen Brei um den Tokio Duft herum. Immer wieder teste ich ihn, immer wieder finde ich ihn toll und immer wieder frage ich mich, muss ich DEN haben ?

Meine Gedanken kreisen um die ersten Januartage 2011. Die Frau eines Freundes suchte ein Geschenk zu seinem 40.igsten Geburtstag. Sie entschied sich, ihm ein Flugticket nach Tokio zu schenken, wollte ihn aber keinesfalls auf dieser Reise begleiten. Die Frage der Begleitung galt nun mir. Tja und so kam es, dass ich -wie ’ne Jungfrau zum Kinde’- äh …zu einem Städte-Trip nach Tokio kam.
5 Tage durchstreiften wir die Stadtteile, waren fasziniert von Kultur, Disziplin, Städtebau und den Menschen ! Gut 2 Monate später bekam diese Reise eine völlig neue Bedeutung für mich……..

Es verwundert nicht, dass ich auch all die großen Kaufhäuser Tokios besuchte und die völlig unterschiedliche Ausrichtung der Parfümerie Abteilungen bemerkte. Es ist ja bekannt, dass Japaner nicht die großen Parfum-Liebhaber sind, vielmehr sollte alles sehr diskret und zurückhaltend sein. Schrill, laut, Aufmerksamkeit auf sich ziehend ist vielleicht die Jugend im Szene-Viertel Shibuja, aber der Japaner an sich möchte lieber unscheinbar sein und bleiben.
Die Counter der Kaufhäuser bieten zwar die großen Parfums aus Europa und Amerika an, dies aber nur in begrenzten Referenzen. ( Extrait und 1 Größe EdT, ggf. Körperlotion). In Japan verdienen die Firmen durch den Verkauf von Pflegeprodukten. Ca.80% eines Guerlain- Counters wird der Orchidee-Imperial-Pflege gewidmet ! Ich war erstaunt.
Uns Europäer mögen die Japaner eh nicht riechen, wir werden als “Butterstinker” bezeichnet. Der Genuss von Milchprodukten nach europäischen Maßstäben ist für sie undenkbar.

Doch nun konkret zur Voyage Olfactif Paris-Tokyo. Auf diesen Duft treffen die schon beschriebenen Attribute zu: diskret, zurückhaltend, natürlich, frisch und sauber, rein. Grüner Tee ist enthalten (kommt auch in der Farbe des Duftes zum Ausdruck), Bergamotte wird für die Eleganz zuständig sein. Klassisch für Guerlain: Der Duft klingt mit Zedern, Holz und Vanille aus.
Es ist ein Wohlfühl-Duft. Ein Duft den man für sich trägt, vielleicht am Samstagmorgen nach einer heißen Dusche,Morgenmantel, Zeitung lesend auf dem Canapée. Er vermittelt Ruhe, nimmt aber keineswegs Dynamik, wenn man vielleicht noch am Nachmittag zur lieben Schwiegermama aufbrechen muss.
Der Duft ist stimmig, die Interpretation zu Japan passt.
Aber ich überlege noch immer, ob der Paris-Tokyo bei mir einziehen muss. Wohlfühl-Düfte habe ich genug und in der etwas kälteren Jahreszeit greife ich auch lieber zu intensiveren Düften.
Primär stört mich aber wohl der Preis. Mit 150 Euro ist er fast doppelt so teuer wie das geliebte Habit Rouge.

Ich verstehe Guerlain, dass sie der Serie mit den neuen Flakons auch ein neues frischeres, ’urbaneres Aussehen’ vermittelt haben, die neue Größe ist nun auch Flugzeug tauglich.

Freunde des Landes der aufgehenden Sonne werden mit Paris-Tokyo Erinnerungen auffrischen können, für alle anderen dürfte er eine gewisse Entbehrlichkeit aufzeigen.