Esclarmonde

Esclarmonde

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11 - 15 von 37
Esclarmonde vor 12 Jahren 14 7
8
Duft
Mediterraner Lilientraum
Mein letzter Urlaub führte mich nicht nach Sardinien, wohl aber nach Italien, wo ich die Acque di Italia-Reihe kennenlernen konnte. Ähnlich der Blu mediterraneo-Linie von Acqua di Parma hat sich auch diese Duftreihe die unterschiedlichen Landschaften Italiens zum Thema gemacht, einer Duftreise gleich.

Gilgio di Sardegna ist ein warmer, cremiger Lilienduft, daher besitzt er eine gewisse Schwere, die durch grüne Akkorde jedoch etwas fortgenommen wird. Er verschmilzt mit der Haut, erlangt durch ambrige Akkorde sehr schnell eine animalische „Haut“-Note, damit meine ich eine gewisse Kuscheligkeit und leichte Süße.

Für mich erzählt der Duft weniger von der wunderschönen Insel Sardinien: üblicherweise würde ich von einem solchen „Küstenlandschaft im Mittelmeer“-Thema eher etwas wie Pino silvestre oder Nuit etoilee erwarten, zitrische Akkorde, Nadelhölzer, Hitze in Flaschen…
Stattdessen empfinde ich Giglio eher als Liebeserklärung an die Italienerinnen, und zwar ganz gleich, welchen Alters. Er ist damit definitiv kein Unisex- sondern ein sehr weiblicher Duft, sanft und süß, warm und blumig.

Ich habe schon einige Zeit in Italien verbracht, und Damen in Businessanzügen mit stylischen Haarschnitten und Brillen in den Industriestädten des Nordens ebenso wie schwarz gekleidete ältere Damen in den ländlichen Örtchen im südlichen Apulien kennen gelernt.

Freilich ein dämlicher Gedanke, sie alle seien Adressatinnen ein und desselben Duftes – umgekehrt aber besitzt der Duft etwas von all diesen Frauentypen, etwas sehr Italienisches, viel Lebensgefühl, und um ein wenig mit Klischees zu werfen: ein wenig vom warmen, aber resoluten Wesen einer italienischen Mama, ein wenig Verträumtheit und Temperament, wie wir sie Shakespeares Teenager Giulia zuschreiben würden, etwas vom Stil- und Modebewusstsein, das ich an vielen Damen erkennen konnte, ganz gleich, ob sie in besagtem Businessanzug oder aber ins Blumenkleid vom Wochenmarkt gekleidet waren…
So ist er denn ein sehr weiblicher Duft, was ihn von den eher unisex gehaltenen Düften der Blu mediterraneo-Linie unterscheidet.

Insgesamt ist Gilgio ein liebevoll kreierter, kleiner Duft, nicht komplex, nicht episch elegant, aber er macht Freude, ist (auch nördlich des Brenners) täglich tragbar und besitzt eine einem EdT angemessene Haltbarkeit.
7 Antworten
Esclarmonde vor 12 Jahren 20 9
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Die Wälder König Rogers
„Und am Ende der Straße steht ein Haus am…“ Wald. Darin leben seit den späten Siebzigerjahren meine Eltern. Mein Vater hat es selbst gebaut, und ganz am Ende des Gartens, da beginnt er: ein sogenannter Mischwald. Natürlich habe ich dort als Kind gespielt, Vögel beobachtet oder ich bin durch den Wald zum dahinterliegenden Baggersee gelaufen – zum Baden oder Schlittschuhlaufen.
Und gerade im Sommer, wenn auf den Feldern die flirrende Hitze stand, was ging man da gerne durch den kühlen Wald nach Hause! Und Ihr wisst sicher, wie es da dann duftet!

Ein weiterer Wald, der mich geprägt hat, war jener, der das alte Schloss umgab, in dem ich im Internat lebte: ein echter Gebirgswald, mit moosbewachsenen Felsen, Seen darin und sogar einer Burgruine (die sich geruchstechnisch aber sehr im Hintergrund hielt). Hier trieb es mich hin, wenn ich einmal nicht in der Studierzeit am Schreibtisch sitzen musste.

In Pino Silvestre sehe ich jene Gruppe Wälder vor mir, die mich als Drittes sehr beeindruckt haben: die Pinien- und Kiefernwälder Süditaliens!
Im Urlaub in jenem heißen Land, in dem sich die Normannen einst ihr Königreich errichtet haben, da begegneten mir jene würzig duftenden Bäume. Es entsteht ein Duftgemisch aus den Nadeln der stolzen, hohen Pinien und Zedernbäume, aus ihren Zapfen und ihrem Harz und aus den aromatischen, kratzigen Kräutern, die sich auf den Felsen um die Küste festhalten, Wachholder und Rosmarin, Salbei, sanfter Lavendel und dazu zitrische Noten. Die Sonne erwärmt ihre Düfte und der Wind trägt sie übers Land, wenn wir nachts vom Restaurant zurück spazieren…

Ich kann auch nur bestätigen, was TooSmell über die beiden Damen aus ihrer Familie erzählt und was Arioch nochmals formuliert hat: der Duft ist durchaus unisex, ich trage ihn als (mittlerweile) Stadtmensch sehr gerne, um mich zurück zu erinnern an die Wälder meiner Kindheit und Jugend.

Und zum Schluss muss ich hier noch eine Lanze für den Flakon brechen: in meinen Augen macht so ein zapfenförmiges Teil mehr her als z.B. die rechteckigen Flakons von Serge Lutens oder die von Acca Kappa *schnarch*…
Ich finde ihn lustig, ein grüner Pinienzapfen, der mich zur Duftreise in den Süden einlädt: „Komm mit mir, und träum von König Rogers Land!“
9 Antworten
Esclarmonde vor 12 Jahren 30 15
7.5
Flakon
5
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft
Liebesbrief an die perfekte Nelke
Ausgangssituation: Ich liebe den Duft von Nelken. Und manchmal trage ich gerne erkennbare Soliflor-Noten, wie z. B. das Maiglöckchen im alten Diorissimo, in Fragonards Marche aux Fleurs, Annick Goutals Le Muguet oder in Lily of the Valley von Bronnley: überall ist es in andere Duftnoten eingebettet, doch überall wird es erkennbar, geht es nicht unter.

So etwas hatte ich mir schon lange auch für ein Nelkenparfum gewünscht. Und was bin ich auf der Suche danach in scharfe Würzewolken geraten! Irreführenderweise z.B. nannte Serge Lutens, den ich sonst sehr schätze, seinen Gewürznelken-Pfefferkracher Vitriol d`Œillet (Kristall der Nelke), nach der gesuchten Blütennote. Holzweg! Auch in Nina Riccis Klassiker L´air du temps findet man eine stark gewürznelkige Variante, obwohl hier auch Gartennelken enthalten sind.

Ich mag diese Düfte, aber ich wollte doch etwas, das so roch, wie die puderrosafarbenen, fransigen Blüten, die mir als Kind aus Nachbars Garten ihre Köpfe entgegenstreckten, so würzig-pudrig-blumig-weich, das wünschte ich mir so sehr. Der Duft von Gartennelken fühlt sich für mich immer so an wie aufwachen in einem Bett, bezogen mit rosa Biberbettwäsche: schmeichelkuschelig-weich und warm… Oder wie ein anschmiegsamer Flanellpullover nach einem anstrengenden Tag, einfach heimelig.

Chrisantiss` Kommentar zur Nelkenversion von Fragonard hat mich also ermutigt: ich habs gewagt und blind bestellt – und bin nicht enttäuscht worden! Eine herrlich prominente, feinwürzige Nelke, verstärkt in ihrer Anschmiegsamkeit durch Vanille, unterstützt durch die sanften Begleiter Frangipani und Pfingstrose und frische Noten aus Bergamotte, Zitrone und Mandarine (die als frischer Hauch dezent im Hintergrund bleiben) und Zeder (die eine warm-holzige Basis bildet, aber keine Maskulinität einbringt). Der Haupteindruck bleibt die Nelke, ganz wie ich es mir gewünscht hatte.

Billet doux (Liebesbrief) ist wirklich ein Duft zum Verlieben. Fragonard verwendet für die Nelkennote die Sorte „Œeillet de poete“, im englischen auch „Sweet William“ genannt (und deshalb auch im Brautstrauß von Catherine letztes Jahr vertreten). Poetisch, das passt zum Duft und auch zu seinem Namen: ein poetisch verfasster Brief, der von Liebe spricht.

Es ist kein komplexer Duft, wie L´Heure Bleue oder Un air de Paris, kein episches Werk, sondern ein kleiner Glücksfall. Ein Duft, der es vermag, einem einen verregneten Mittwoch zu versüßen, oder einen unentschlossenen Donnerstag, wisst Ihr, was ich meine? Er ist wie das einfache, hübsche Kleid, das uns nach ewigem Suchen am Morgen einfach so zufriedenstellt. Wie das perfekte Buch, das man beim Stöbern einfach so irgendwo gefunden hat, und das genau das richtige war, um zu unterhalten. Er passt einfach und macht glücklich. Petit bonheur sagen die Franzosen: das kleine Glück. Und dabei will ich nicht den Duft klein machen oder ihn einen Alltagsduft nennen: er ist durchaus elegant, verspielt und weiblich.

Aufdringlich wird dieses Parfum bei normaler Dosierung nicht, es passt auch in jede Wetterlage. Die Haltbarkeit erweist sich bei mir als sehr gut, es handelt sich ja auch um ein EdP, und dies bringt mich dazu, noch auf den wirklich erschwinglichen Preis hinzuweisen.

Drum sei dieser Schatz allen empfohlen, die einen herrlichen, eleganten, blumig-würzigen, echten Nelkenduft suchen!
15 Antworten
Esclarmonde vor 12 Jahren 31 19
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Im Sommer. In der Nacht. Im Wald.
Der Tag war sehr heiß. Noch immer steht die Hitze flirrend über den Städten und Örtchen der südeuropäischen Landschaft, die ich vor mir sehe. Die Menschen wagen sich erst in den Abendstunden wieder aus ihren kühlenden Häusern hervor – so auch wir.

Wir verlassen die Stadt, verlassen das Menschenland. Auf unserem Weg am Rand der Siedlung streifen wir an Gärten vorbei, in denen Zitronen- und Orangenbäume ihre schweren Früchte in die kühler werdende Abendluft hängen. Ihr Duft steigt uns in die Nase und begleitet uns auf unserem Weg.
Wir unternehmen einen Spaziergang durch den nahegelegenen Pinienwald. Der weiche, kühle Waldboden federt unter unseren Füßen, während wir unter dem harzduftenden Dach benadelter Äste einherwandeln. Wo sich das Dach aus Pinienschirmen öffnet, dringt das Licht der Sterne durch die warme Atmosphäre zu uns. Die Natur atmet auf, atmet durch vor dem nächsten heißen Tag im südlichen Sommer. In die Tiefen des Erdreichs haben die Bäume ihre Wurzeln getrieben und saugen durch die Zeiten hinweg die Essenz von Regen und Boden in ihre Kronen, und nun geben sie uns einen Anhauch dieser verwandelten Essenz, ihren zauberhaften Duft, Preis.

Dort, wo sich der Wald zu unserer Seite nun zu den Wiesen und Feldern im Sternenschein öffnet, weht der leise Nachtwind die in der Dunkelheit aufsteigenden Aromen minzwürziger Kräuter herüber, weht er uns die beständige Wärme der Steine auf den Wiesen, die Wärme und Würze der Erde entgegen. Er erzählt uns vom widerspenstigen Land unter der unbarmherzigen Sonne, von unbeirrtem Kraut, das tagein, tagaus das Bisschen Leben gegen Hitze, Fraß und Trockenheit behaupten muß. Mit ihren Aromen singen die Kräuter das Lied ihres Lebenswillens, und nur des Nachts, wenn man will, vermag man es zu hören.
Wir wandern weiter, bis sich die Lücke im Wald wieder um uns schließt, und wir wieder umgeben sind von der waldigen Kühle unter dem Leuchten des Nachthimmels.

Ich finde Nuit Ètoilèe ganz toll, eine schöne Idee, und ich habe ja auch gleich ein Bild zu diesem Duft vor Augen. (Ich habe übrigens gerade bei ALzD festgestellt, dass mein Bild durchaus auch der Vision der Parfumeurinnen entspricht.)
Im Auftakt erscheint bei mir eine zunächst stärkere, hesperidische Süße, die dann etwas hinter den waldig-holzigen Noten zurücktritt, diese jedoch daran hindert, dass der Duft zu sehr in eine herbe Maskulinität abgleitet.
Ich kann dennoch all jene verstehen, die irritiert auf die Komposition reagieren: gerade Minzenoten sind, finde ich, recht schwierig: zu schnell kommen da Assoziationen mit Kaugummi, Kräutertee, Erkältungsbad oder Saunaaufguss hoch. So ging es mir bisher bei Aqua Allegoria Herba fresca: ich fand die Idee von Minze als frischer Kräuternote in einem Duft spannend, was auf meiner Haut jedoch blieb, war einfach Zahnpasta – schade. In Nuit Ètoilèe ist (für meine Nase) das Wagnis gelungen, die Minze in ein olfaktorisches Erzählkunstwerk einzuflechten.

Durch meine Assoziationen sehe ich Nuit Ètoilèe v.a. als Sommerduft. Man könnte ihn tragen, z.B.
- im Büro (ich finde ihn dezent genug für ein freundschaftliches
Zusammenleben) oder
- im Urlaub ( er ist abenteuerlich genug) oder
- Im Sommer In der Nacht Im Wald.
19 Antworten
Esclarmonde vor 12 Jahren 13 8
7.5
Flakon
6
Duft
Frische Brise in der Kitschflasche
Mich hat dieser Flakon gefangen genommen: ist der jetzt totaaal toll oder völlig kitschig und Panne? Aber: muss man sich da überhaupt entscheiden? Geht das nicht auch beides zusammen?
Ich erinnere mich an unsägliche Urlaubsmitbringsel: mit Muscheln beklebte Döschen, kitschige Spieluhren mit Balletttänzerinnen, die man als kleines Mädchen in den Ramschläden in Italien oder anderswo einfach nicht stehen lassen konnte. Einen so ähnlichen Effekt erzielte nun der Flakon von Aqua oriens (östliches Wasser!?) erneut bei mir.

Obwohl ich schon gelesen hatte, dass es sich um ein aquatisch-fruchtiges Wässerchen handeln würde, wie ich es eigentlich nicht bevorzuge, musste ich den Duft einfach testen.
Also, zur Handhabung muss ich auch noch sagen: da hätte ich heute fast einen unfreiwilligen Stunt hingelegt, in der Parfümerie! Dieser riesige Deckel ist lächerlich schwer, schwerer gar als der untere Teil der Konstruktion, in der sich das Parfum befindet, da wäre mir das Kunstwerk fast aus der Hand gefallen.

Vom Duft kann ich berichten, dass es sich um eine leichte, zitrisch-süße Sommerbrise handelt, die Mischung aus Geißblatt, Orangeblüte und Birne erzeugt jedoch eine insgesamt herbe Note, die vom Urlaub im sonnigen Süden träumen läßt. Orientalisch ist der Duft aber entgegen dem vielleicht irreführenden Titel überhaupt nicht.

Leider finde ich das Aqua oriens aber auch nicht wirklich beeindruckend, als leichte Sommerliebe für heiße Tage und Nächte kann es aber sicher Spaß machen.
8 Antworten
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