Stinkiwinki

Stinkiwinki

Rezensionen
Filtern & sortieren
11 - 15 von 24
Stinkiwinki vor 8 Jahren 10 4
DDR Friseur, Preisstufe II
Ich kenne die DDR ja nur aus den Erzählungen von Bekannten und Arbeitskollegen. Von daher tue ich mich etwas schwer mit Ostalgie und den entsprechenden Produkten. In Ostalgieläden ist TÜFF ROT (so die landläufige Bezeichnung von "Tüff Rasierwasser Nach der Rasur herb") allerdings ein absoluter Star und wird teilweise sogar bis zum Kultobjekt hochstilisiert. Aber auch im wiederverinigten Deutschland liest man fast nur Gutes über dieses Produkt. Da ich ein absoluter Fan der einfachen Rasierdüfte bin, stand fest, dass ich dieses Wässerchen früher oder später haben muss. Komme, was da wolle.

Jedenfalls hatte ich große Probleme, das Wässerchen hier (ehemaliges Zonenrandgebiet im Westen) überhaupt zu bekommen. Dabei sind's doch nur ca 50 km bis zum Sitz des Herstellers, quasi also "regional". Aber nix da; selbst Kaufland (rühmen sich ja immer der regionalen Produkte und des Ostprodukteanteils) hatte es nicht im Sortiment. Da ich nun, wie bereits erwähnt, schon sooo viel über als Wässerchen gelesen hatte, war irgendwann der Punkt erreicht, an dem ich im Rossmann Onlineshop bestellte. Durch das Porto verdoppelte sich der Preis zwar, aber egal! Nichts ist so stark wie ein Duftkaufverlangen, das bereits einige Zeit vor sich hin brodelt.

Nun ist es also da. Entweder ist meine Abfüllung schlecht, oder die Beschreibung "zitrisch-fruchtig" ist vollkommen daneben. Meins riecht auf alle Fälle krautig-herb. Altmodisch irgendwie. Oder "old school" wie man auf neudeutsch auch sagt. Auf gar keinen Fall "zitrisch-fruchtig". "4711 Echt Kölnisch Wasser" riecht "zitrisch-fruchtig" - dies hier nicht. Es könnte aber sehr gut der Bruder des westdeutschen "CHH Tobacco" sein, das auch recht krautig-wüzig daherkommt. Irgendwie habe ich gerade das Bild von zwei Brüdern vor mir, die durch die deutsche Geschichte getrennt wurden: Sie sind teilweise Produkte ihrer Umgebung und denoch erkennt man ihre Verwandtschaft auf den ersten Blick.

Gemäß meiner persönlichen Vorliebe trage ich Rasierwasser gerne großzügig auf. Von daher ist die Sillage wohl etwas größer als normal. ;-)
Auf alle Fälle begrüßte mich heute ein Kollege, der von meiner kleinen Duftspinnerei weiß, mit den Worten:
"Boah, wie riechst du denn heute?"
Ich antwortete schlagfertig mit: "Das ist aus deiner ehemaligen Heimat".
Darauf er: "Wusst' ich's doch! DDR Friseur, Preisstufe II".
Sprachs, drehte sich um und verschwand hinter seiner Arbeit. Und ich stehe nun da und frage mich, ob er meinen Duft nun gelobt oder doch eher getadelt hat. Überlege, ob ich die Sprache nochmal drauf bringe oder es doch lieber auf sich beruhen lasse. Hmmm ...

Ich brachte später nochmal die Sprache drauf und es offenbarte sich das Fettnäpfchen in seiner ganzen Dramatik: Er war damals nicht so ganz glücklich mit seinem Vaterland (abgelehnter Ausreiseantrag - den Rest kann man sich denken) und alles, was für ihn heute nach DDR müffelt (in diesem Fall also im wahrsten Sinne des Wortes), ist ihm unangenehm. Er ist auch kein besonderer Verfechter der Ostalgie-Welle ("Versteh ich nicht: Früher habt ihr uns Westpakete geschickt, weil es bei uns kaum was gab oder es nix taugte und nun kauft ihr DDR-Rasierwasser?"

Obwohl ich Tüff eigentlich gar nicht schlecht finde, lege ich morgen doch lieber was anderes auf.
4 Antworten
Stinkiwinki vor 8 Jahren 5 2
5
Flakon
4
Sillage
4
Haltbarkeit
7
Duft
Majestät zu sein bedarf es wenig
- für 1,99 bist du König:

Majestät for Men ist ein Pre bzw. After Shave, das von einem relativ unbekannten Hersteller seit Ende der 70er Jahre in Siegelsbach, Deutschland produziert wird. Dabei existiert die Firma Mann & Söhne schon seit 1864. Damals begann man als Seifensiederei. Danach gestaltete sich die Firmengeschichte im wahrsten Sinne des Wortes wechselhaft. Die Produktion wurde geschlossen und wieder aufgenommen, die Besitzverhältnisse änderten sich (deshalb heißt das Unternehmen heute Mann & Schröder), mal produzierte man vorwiegend Schmierstoffe und mal Fensterkitt. 1960 ist man dann bei Kosmetikprodukten angelangt, welche bis heute sowohl als Handelsmarken, aber auch als eigene Marken vertrieben werden. Eine der bekannteren dürfte "dulgon" sein.

Zum Duft selber gibt es nicht viel zu sagen; es handelt sich um einen alkoholisch frischen Duft, der nach einer halben Stunde bis einer Stunde auch schon wieder weg ist und somit Platz für ein EdT oder EdP macht. parfumo.de beschreibt es treffend mit "fruchtig-frisch". Das tifft es schon recht genau. Erwähnt weden sollte aber, dass der Duft bei großzügiger Anwendung ("Eindieseln") durchaus etwas länger hält und dann sogar eine leichte Entwicklung durchmacht. Nach der zitrsich-frischen Kopfnote geht es dann in eine etwas süßere Richtung, die sich am Treffendsten mit "Storck Eisbonbon" beschreiben lässt. Find ich gar nicht schlecht, diese Entwicklung, insbesondere, da es sich hier ja "nur" um ein Rasierwasser handelt. Ich habe am Anfang wohl den Fehler gemacht, das Wässerchen zu sparsam zu verwenden und da war jeglicher Duft direkt nach der frischen Kopfnote einfach weg.

Vorsicht an dieser Stelle übrigens vor dem Schüttflakon! Die Öffnung ist ungewöhnlich groß, so dass es recht ordentlich splasht, wenn man zu unbedacht zu Werke geht. codecheck.info bescheinigt diesem Wässerchen übrigens, frei von problematischen Inhaltsstoffen zu sein. Ist doch auch was; eigentlich erwartet man genau das von einem Pflegeprodukt. Der Flakon ist schlicht zweckmäßig, mehr kann man da wirklich nicht behaupten.

Insgesamt ist dieses Wässerchen wohl eher was für die Freunde von Hattric, Pitralon, Tüff oder CHH Tobacco und auch preislich spielt es in jener Liga. Ich habe für den 125 ml Schüttflakon, der übrigens ohne jede Umverpackung daherkommt, lächerliche 1,99 Euro bezahlt. Das Schwierigste dabei dürfte es wohl sein, überhaupt einen Händler zu finden, der dieses Wässerchen führt. Ich für meinen Teil wurde bei JAWOLL Sonderposten fündig. Eine Anfrage beim Hersteller ergab übrigens, dass die Produktion dieses Duftes keinswegs eingestellt wurde. Vielmehr würden die Zentralen der Handelsketten Handelsketten EDEKA und REWE rgelmäßig mit Pre und After Shave beliefert.

Mein Fazit: Schöner Rasierwasser-Klassiker, den ich garantiert wieder kaufen werde.
2 Antworten
Stinkiwinki vor 8 Jahren 5 2
3
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Verwirrender Franko-Engländer
Normalerweise verliere ich zum Flakon ja keine großen Worte. Ist er doch nicht viel mehr als das zweckmäßige Behältnis für das eigentlich Wichtige. Dieser Flakon hier gehört aber unbedingt an die Spitze des Kommentars, denn er ist die absolute Krönung. Leider im negativen Sinne. Da bekommt man einen schlichten Glasflakon, der von einem güldenen Pastikrahmen umfasst wird. Das Unterteil ist nur lose aufgsteckt. Infolgedessen wabbelt, schwabbelt und klappert der Rahmen an dem Flakon rum wie ein loser Fensterladen. Die ebenfalls goldene Schrift auf dem Glasflakon verliert schon beim ersten Auspacken ihren Glanz und reibt ab.

Genauso stelle ich mir eine britisch-französische Coproduktion im Autobau vor: Auf den ersten Blick absolut hui, aber wenn du den Türgriff anfasst, trifft dich das Grauen. Materialien, die trotz Oberflächenveredelung ihre billige Herkunft nicht verleugnen können. Dazu eine eher lässige Verarbeitung. Ohlala, was macht es schon, wenn es hier und da mal klappert und knirscht, solange es aus einem gewissen Abstand gut aussieht? Ein absoluter Blender! Sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass das Wässerchen mit der britischen Anmutung tatsächlich in Frankreich produziert wird?

Drauf gepfiffen; ich gehe lieber zum Duft über, sonst ärgere ich mich noch länger. Es beginnt zwar zitrisch-frisch, aber auch ziemlich süß. Auf den ersten Riecher wie ein Zwilling von Sculpture. Schaut man auf die Duftnoten, wird man feststellen, dass beide Düfte Bergamotte, Orangenblüte, und Zitrone bzw. Limette enthalten. Von daher ist die Ähnlichkeit gar kein Wunder. Blöd jetzt für mich, dass ich Sculpture irgenwie so gar nicht mag, dieses süßliche Bolchenwasser mit dem Hauch Energydrink.

Bergamotte dominiert, Limette geht (meiner Meinung nach) vollkommen unter, aber wenn man weiß dass er drin ist (oder einen sehr feinen Geruchssinn hat), kann man den Apfel erahnen bzw. herausriechen. Und da lässt auch schon die anfangs unerträgliche Bolchensüße nach und die Orangenblüte machts eher fruchtig-holzig. Teakholz soll wohl dafür mit verantwortlich sein. Meinetwegen - kann ich weder bestätigen noch verneinen, ob das tatsächlich Teakholz ist, aber irgendwas Holziges ist da mit bei. Auf alle Fälle wische ich mir an dieser Stelle die Schweißperlen von der Stirn, weil der Duft in just diesem Augenblick für mich persönlich die Kurve gekriegt hat.

Moschus wirkt in der Basis wohl eher als Katalysator fürs Patchouli; als eigenständige Komponente nehme ich es nicht wahr und das ist mit auch ganz recht. Das Patchoulie ist übrigens realtiv unsüß, eher herb. Die Vanille habe ich nur ganz kurz zwischendruch vernommen und nun ist es mir so, als würde sie hin und wieder aus weiter Ferne dazwischenrufen. Interessant! Da kann man definitiv länger und öfter dran rumschnüffeln und immer wieder neuen Duftaspekte vernehmen. Eine persönliche Stimmung und Erwartungshaltung könnte da durchaus Einfluss haben, was man gerade herausriecht. Was mich aber irritiert: Ich vernehme eine leicht stechende Note, die mich an Pfeffer erinnert, welcher aber gar nicht enthalten sein soll. Ich empfinde das als äußerst angenehm aber halt irritierend, da ich was rieche, was eigentlich nicht sein kann.

Auf alle Fälle ist der Duft sehr schick und lecker, auch wenn ich ihn rein logisch nicht so richtig verstehe. Was soll am Anfang diese süße Schockwelle? Soll sie bei Fans der entspechenden Düfte um Aufmerksamkeit werben? Falls ja, ob denen dann die weitere Duftentwicklung wirklich gefällt? Irgendwie ganz schön frech, was dieser Franko-Engländer da macht. Allerdings: Er kann sich das erlauben, verfügt er doch über eine ganz schöne Ausdauer, bei der andere nicht mitkommen. Geniestreich in der Budget-Klasse, vor dem so mancher höherpreisige Superduperdesigner kapitulieren muss.
2 Antworten
Stinkiwinki vor 8 Jahren 20 12
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft
Der große alte Duft von Fabergé lebt heute in Altersarmut
Wahrscheinlich bin ich der größte lebende Duft-Schnäppchenjäger unter der Sonne. Von daher natürlich glücklich über jeden Schnapper. Heute aber mischte sich zum ersten Mal ein wenig Wehmut unter die unerwartete Freude. Dazu gleich mehr.

In jungen Jahren war Brut einer meiner ersten Rasier-Düfte. Damals noch als die verwässerte Brut 33-Version in dunkelgrünen Plastikflaschen. Schon damals duftete Brut irgendwie anders. Nicht so alkoholisch-zitrisch-frisch wie die meisten Rasierwasser, sondern süßlich-orientalisch. Aber auch grün und seifig-sauber mit einem pudrig-cremigen Verwöhnabschluss. Ein typischer Barbershop-Duft, wie er wohl von den Amerikanern bevorzugt wird. Old Spice und Brut könnten gute Verwandte sein von ihrem Charakter her. Für mich als Jungspund war das damals nicht so richtig was, und ehrlich gesagt war ich froh, als die Plastikflasche leer war. Nicht, dass er schlecht war, aber für einen 18jährigen irgendwie auch damals schon zu bieder und altbacken.

Heute bin ich froh um jeden klassischen Duft, der dem Mainstream zuwiderläuft. Mittlerweile bin ich ja auch in einem Alter, in dem man unmoderne Düfte tragen darf. Ungeheure Freude also, als ich den modernen 100 ml Flakon von Unilever im Sonderpostenmarkt entdeckte. Neben dem klassischen Brut gab es auch noch andere Ausführungen als Rasierwasser (Passion, Instinct) und ein Eau de Brut, das irgendwie wie ein unisex Kölnisch Wasser duftete. Ich aber wollte an dieser Stelle den Klassiker. Ein Blick auf die Preisauszeichnung lies mich beinahe jubeln und erbrechen zugleich. 4,98 € je Flakon, egal was! So wird also dieser große, alte Herr unter den Düften unter Wert verramscht. Altersarmut beim Parfüm sozusagen. Am liebsten hätte ich alle Flakons aufgekauft, um ihnen ein wenig Würde in meinem Regal zurückzugeben. Ein paar andere alte Herren hatte es übrigens noch heftiger getroffen: Old Spice und Denim Original wurden respektlos für 3,98 Euro verschleudert. Nicht nur Menschen haben also im fortgeschrittenen Alter mit geringer Wertschätzung zu kämpfen.

Wie gerne hätte ich sie alle zu mir genommen. Dann könnten wir - billig, aber voller Stolz - zusammen auf der Terrasse sitzen und von vergangenen Duft-Tagen schwärmen. Voller Trotz und bei gleichzeitiger Verachtung für heutige Schickimicki-Düfte vergebe ich volle zehn Punkte. Jetzt erst recht!
12 Antworten
Stinkiwinki vor 8 Jahren 7 1
9
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Pfeffer - das ist Pfeffer!
Ich habe ja das "Problem", dass sich auf meiner Haut Düfte komplett anderes entwickeln als auf einem Testpapier. Bislang war es allerdings meistens so, dass ich einfach etwas schneller war als das Papier. Ich erklärte mir das damit, dass die flüchtigeren Kopfnoten auf dem kalten Papier nicht ganz so schnell verfliegen wie auf der Haut, die ja deutlich wärmer ist.

Nun kommt aber Aigner pour Homme und lässt meinen Erklärungsversuch wie ein Kartenhaus zusammenstürzen. Bei der Kopfnote vernehme ich sofort eine Frucht, die mal nicht altehrwürdige und teilweise überstrapazierte Begamotte ist. Schon mal anders, schon mal gut. Grapefruit soll das sein. Kommt wahrscheinlich hin, habe ewig keine Grapefruit mehr gerochen. Auf dem Papier geht der Duft ewig so weiter, was gar nicht schlecht ist. Ein leichter Gewürzansatz kommt durch, aber die Frucht dominiert immer noch.

Auf der Haut hingegen wandelt sich der Duft bei mir sehr schnell. Auf einmal riecht es nach Holz. Eher frisch geschlagenes als gut abgelagertes. Dazu eine heftige, schon fast stechende Pfeffernote. Ihr könnt mich jetzt für total deppert halten, aber für mich riecht es so, als hätte jemand im Wald eine Schreckschusspistole abgefeuert, die mit Pfefferpatronen geladen war, während ein paar Meter weiter Bäume gefällt werden. Irgendwo weit entfernt und vor mehreren Minuten. Nachdem sich der Knall und Rauch verzogen haben, bleibt nur noch der saubere Duft von Pfeffer übrig, der durch den Wald wabert. Klingt in dieser Bildsprache bestimmt strange, duftet in der Realität aber richtig, richtig klasse.

Irgendwann soll angeblich der Pfeffer ja wohl einer erdigen Moschus-Note weichen, aber das scheint bei mir nicht wo wirklich zu passieren. Vielleicht noch länger warten? Ehrlich gesagt bin ich aber gar nicht so furchtbar scharf drauf, weil ich die leicht stechende Pfeffernote total genial finde. Und ein wenig hat sie ja auch schon von ihrer anfänglichen Agressivität verloren. Es riecht einfach unglaublich lecker! Gediegen aber keinesfalls überheblich oder gar protzig. Passt in jede Jahreszeit und zu jedem Anlass, außer vielleicht zum Sport.

Auch wenn jeder diesen Duft etwas anders empfindet und verschiedene Noten bevorzugt herausschnuppert - ApH hat absolut eine Chance verdient und wird wohl niemanden so wirklich enttäuschen. Das wohl größte Problem dieses Dufts: Er wird regelmäßig bei Rossmann unter Wert verschleudert, was ihm wohl den Zugang zu gewissen Käuferschichten versperrt. Anderes Etikett, doppelter Listenpreis und nur in Luxus-Parfümerien angeboten, würde er mit Sicherheit Kunden überzeugen, die ihn heute mit einen spöttischen "Püh" abtun.
1 Antwort
11 - 15 von 24