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vor 8 Jahren - 23.11.2015
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Von Tom und Serge und all den anderen

Wenn man sich eine Weile umgesehen und beschäftigt hat mit der Welt der schönen Düfte, entwickelt sich nicht unbedingt eiserne Markentreue, aber zumeist doch ein gewisses Gespür, bei welchen Häusern der subjektive Geschmack in der Regel besser getroffen wird als bei anderen. Das ist einfach Erfahrung und basiert - hoffentlich! - in erster Linie auf der empfundenen Schönheit (oder eben deren Fehlen) der Düfte. Aber auch die Geschichte und das Image des jeweiligen Hauses spielen - gesteht man sich das nun ein oder auch nicht - eine nicht unwesentliche Rolle. Ich lese bisweilen die Aufforderung, man möge sich doch bitte auf den Duft als solchen konzentrieren und nur auf den, aber ich erwerbe ein Produkt - und seine Verpackung und sein Image sind ein Teil davon, wenn auch sicherlich nicht der entscheidende.

Es gibt Marken, die es über Jahre - meist eher Jahrzehnte - erreicht haben, ein Image aufzubauen und konstant hohen Ansprüchen an Qualität und Innovation gerecht zu werden. Das macht sie nicht über Kritik erhaben - im Gegenteil ist die Fallhöhe dann um so größer - aber verspricht ob ihrer allgemein anerkannten Arriviertheit zumindest Komplettausfälle ein gutes Stück weit auszuschließen: Guerlain etwa, Hermès oder auch Penhaligon's, doch dazu später mehr. Es gibt (bisweilen ganz bewusst) polarisierende Marken - die meisten Premiummarken gehören dazu, weil man so schön darüber streiten kann, ob sie die aufgerufenen Preise wert sind: Bond No. 9, Roja und allen voran Clive Christian. Und es gibt vor allem in der Nische Marken, die - durch ihre Düfte aber eben auch das ganze Drumherum - einfach sehr gut sind darin, viel mehr als Düfte zu verkaufen: Nasomatto riecht nach Berghain - und weil man Zoologists beinahe nirgendwo kriegt als in Kanada, ist der Frequent Traveller-Status quasi gleich inklusive. Und das mag man dann oder auch eben nicht.

Markentreue entsteht, wo alles gefällt - wo der Duft die Seele stimuliert und wo auch Image und Verpackung sinnliches Vergnügen sind. Ich habe noch keinen Duft von Tom Ford gerochen (und ich hatte sie alle!), den ich als Totalausfall bezeichne, und einige meiner Allerliebsten sind von ihm ("London"! "Tuscan Leather"!). Die Düfte von Serge Lutens nötigen mir zumindest Respekt ab (mit der Section d'Or-Kollektion ringe ich noch - "Cannibale" und "L'Incendiaire" erobern nicht im Sturm) ebenso wie jene von Diptyque oder Frédéric Malle. Das Douglas-Midprice-Segment hingegen, dem ich (möglicherweise ungerechterweise) unterstelle, stets nur auf kurzfristigen Vertriebserfolgs hinzuarbeiten, statt geduldig ein Markenimage aufzubauen, langweilt mich. Und wenn eine Marke ihren Kredit verspielt - etwa weil sie sich aus Sicht ihrer Jünger allzu beherzt an 'die Falschen' anwanzt (wie etwa Chanel mit "Bleu de Chanel (Eau de Toilette)" oder jüngst Dior mit "Sauvage") bin ich einer von denen, die lange böse sind.

Ich habe eben einen Kommentar geschrieben zu "Blasted Heath", einem neuen Duft aus dem Hause Penhaligon's, und darin meinem Bedauern über dessen Mängel Ausdruck verliehen. Wenn einer der Liebsten stolpert, schmerzt es um so mehr. Ich habe ihm aber schon verziehen.

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