Alexxx

Alexxx

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11 - 15 von 23
Alexxx vor 4 Jahren 14 6
8
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
6.5
Duft
Ab unter die Dusche
Herr Gualtieri hat mich schon das ein oder andere Mal wirklich zu verzücken gewusst und ich halte ihn für einen der Großen seiner Zunft. Aber, ich mache es kurz, dieses Mare ist so gar nicht mega und so gar nicht meins.

Beim ersten Aufsprühen verzog es mir dermaßen das Gesicht, dass ich kurzfristig fürchtete, in diesem völligst entstellten Zustand für den Rest meines Lebens verharren zu müssen. Wie soll ich das beschreiben, was da gerade passiert war? Am ehesten wohl mit einem Tsunami, der da aus dem nichts heraus über meinen Geruchssinn hinweggerollt war.

Er hinterlässt im Anschluss auf meiner Haut eine ungemein herbe, salzig-aquatische Note. Mittendrin ist da auch noch der Geruch von ein paar Algenfetzen, die jetzt noch immer noch an mir haften. Mei, hab ich Glück gehabt, dass mich nicht frontal ein Fischerboot erwischt hat, aber auf holzige Noten hat Herr Gualtieri glücklicherweise verzichtet.

Immer wieder schnüffele ich an mir und ja, im Drydown wird das Ganze jetzt etwas gefälliger. Die Wogen haben sich geglättet: Das Meer ist jetzt klarer und die Algen sind verschwunden. Als hätte das Salzwasser eine kleine Kruste gebildet, bleibt das Ganze auf meiner Haut haften und ist dabei recht präsent. Die Haltbarkeit und die Projektion sind also wirklich gut.

Es erinnert an damals. An den Strandurlaub am Mittelmeer. Als du als kleiner Hosenscheißer wild im Meer geplanscht hast. Dich dann wieder an den Strand gefläzt hast. Deine Haare, deine Haut, alles zunehmend eine etwas salzige Kruste, die nach Wasser und Meer müffelt. Irgendwie nicht schlimm. Aber irgendwie auch gut, wenn Mami und Papi dann das entscheidende Kommando geben, bevor es zum Abendessen geht: So, jetzt ab unter die Dusche. Danke. Endlich.
6 Antworten
Alexxx vor 4 Jahren 15 3
9
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft
Waffenscheinpflichtige Zuckerwatte
Ich mag es ja, auch mal was Disruptives zu riechen. Haltung bedeutet nun mal auch, sich von anderem abzugrenzen. Und das wiederum mag Kontroversen heraufbeschwören. Dinge, die man so aus dem Hause Kurkdjian nicht unbedingt kennt. Im Gegenteil, viele dieser Düfte werden häufig als kantenlos und viel zu glatt beschrieben (nicht immer zu Unrecht). Baccarat Rouge 540 hingegen ist ein Duft, nach dem sich alle Nasen umdrehen (vielleicht nicht immer vor Verzückung).

Seine Bestandteile sind überwiegend süßlicher Natur. Und so fällt in der Tat beim ersten Aufsprühen vor allem mal diese sehr weiche, etwas fruchtige Süße auf. Safran, Jasmin, Amber, sie alle verkleben sich zu etwas, das einige hier sehr treffend als Zuckerwatte beschrieben haben. Klingt zwar im ersten Moment despektierlich, muss aber keineswegs so gemeint sein. Wenn du als kleines Kind auf dem Rummelplatz mal diesen Holzstab mit seinem überproportional großen Berg an Zuckerwatte dran in der Hand hieltest, kaum in der Lage, das überhaupt zu essen, dann hattest du nicht bloß einen ähnlichen Duft in der Nase – du warst auch auf die Ferne weithin erkennbar. Ungefähr so wie dieser Duft.

Noch vor seiner Süße ist die signifikanteste Eigenschaft von Baccarat Rouge 540 seine enorme, berauschende, raumfüllende Sillage. Mit anderen Worten: Für diese Zuckerwatte brauchst du einen Waffenschein. Denn mit diesem Duft kannst du dein Umfeld erschlagen. Also, caution! Handle with care!

Wer den am besten trägt und wann? Er ist ein Unisex-Duft, den Männer gut tragen können. Ja, er ist vordergründig sehr süß, aber das Zedernholz gibt dem Ganzen etwas Struktur. Und damit auch einen männlichen Akzent. Der wird bei jedem anders sein und ausfallen – allein auf meiner Haut hat er sich schon unterschiedlich verhalten: Manchmal kommt er mir sehr prägnant-süß vor, dann wieder merke ich das Holzige stärker – in anderen Momenten wirkt er sehr fruchtig, und ich nehme etwas von Erdbeeren wahr. Ein Duft, der sicher gut in den Winter bzw. zu kühleren Temperaturen passt, aber unter bestimmten Bedingungen das ganze Jahr über gut funktioniert. BR 540 ist sicher ein hervorragender Duft zum Ausgehen, insbesondere ein guter Date-Duft. Auch in der Freizeit gibt er sicher die meiste Zeit des Jahres eine gute Figur ab. Aber im Sommer ist der bei Hitze eher gefährlich – vor allem mal fürs Umfeld. Ich kann mich nur wiederholen: Vorsicht hier.

Fazit: Trotz seiner Süße ein kontroverser MFK. Und ich bin geneigt zu sagen: gut so! Er hat eine Sillage, wie es sie selten gibt: raumfüllend, geradezu berauschend. Du wirst gefragt werden, was du da trägst. Seine Layer-Eigenschaften wurden schon erwähnt. Hier kann ich Oud for Greatness bzw. Shadow Play empfehlen … mit Oud und Moschus wird der Rausch noch tiefer – der Waffenschein umso zwigender.
3 Antworten
Alexxx vor 4 Jahren 18 5
9
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
101% Romantik
Diesen Duft zu kommentieren – das ist wahrlich keine leichte Aufgabe. Sie ist sogar verdammt schwer. Auf dem Weg, die Gedanken und Gefühle in Worte zu bringen, liegen so viele Widersprüche. Aber ich lege einfach mal los …

Es fängt schon an damit, dass MFK einen Bruder dieses Dufts auf dem Markt hat – "Oud Satin Mood" – und damit eine Vergleichs- wenn nicht gar eine direkte Konkurrenzsituation geschaffen hat. Ich habe beide wieder und wieder getestet und mein erster Eindruck (aus dem Jahr 2017) hat sich bis heute gehalten: Ich mag Oud Silk Mood deutlich mehr, ich halte ihn für den stärkeren Duft (was seine Sillage und Haltbarkeit betrifft) und er ist für mich der für Männer tragbarere Rosenduft. Mit diesen Statements löse ich mich von einigen Eindrücken, die ich so im Netz vernommen habe, und auch manchem Parfumo geht es offensichtlich gegenteilig. Nicht zuletzt im Ranking hier, wenn man denn darauf etwas geben möchte, hat Oud Satin Mood die Nase vorn. Wie gesagt, ich sehe das etwas anders.

Ich finde, die Message bei Oud Silk Mood ist klarer. Wir haben hier eine Rose, die für mich schon vom Auftakt an deutlicher, prägnanter hervortritt und eine gewisse Tiefe hat. Tiefe ist hier nicht mit Schwere zu verwechseln, es bleibt ein leichter, aber intensiver Duftschleier mit hervorragen getroffener Sillage und exzellenter Haltbarkeit. Das Oud tritt zu keiner Zeit in den Vordergrund, es hilft hier aber, der Rose eine klare Richtung und damit Halt zu geben. So ist das Ganze also etwas weniger blümerant-lieblich, sondern etwas druckvoller (gerade zu Beginn), lauter, entschlossener. Immer noch leicht und rosig-süß, aber längst nicht so weich, lieblich, diffus-verträumt und vor allem nicht so seifig wie Oud Satin Mood. Und das macht ihn für mich als Mann auch das entscheidende Quäntchen tragbarer.

"Tragbarer" als Mann. Ja-ha, das ist der nächste Punkt. An der Grenze ist das Ganze nämlich schon. Oud Silk Mood riecht für mich ungemein romantisch. Wenn Romantik einen Duft hätte, dann wäre der wohl so. Die Romantik, die er ausstrahlt, hat etwas Unisex-Intimes, ja, wahrhaft Erotisches. Ich finde, er ist enorm privat. Also wo trägst du den als Mann? In der lauen Sommernacht auf dem Balkon. Unter einem Morgenmantel. Oder vielleicht auch einfach direkt im Bett. Für mich definitiv kein Duft für profane Anlässe. Keiner für den Alltag. Keiner für die Freizeit, ja am ehesten noch einer fürs romantische Candlelight-Dinner. Kurz: Der verlangt nach Intimität. Nach jenem Moment, wenn zwei Seelen sich extrem nah sind, miteinander verschmelzen. Auch körperlich. Dann, ja dann, finde ich, kannst du den als Mann sehr gut tragen. Dann spielt er seine Sinnlichkeit, seine Verführung voll aus. Dann ist er wahrhaftig ein Duft der Liebe, der puren Romantik.

Ich mag den Duft von Rosen ja so sehr, dass es mich an- und umtreibt, jeden Stein umzudrehen, der verspricht, Rose als prägnante Duftnote für Männer tragbar zu machen. Ich sage euch, das ist eine Reise, wie sie Odysseus durchgemacht haben muss (wenn ich da jetzt anfangen würde …). Ich habe bislang Lumiere Noire, ebenfalls von MFK, als den reinstmöglichen und zugleich besttragbarsten Rosenduft ausgemacht. Verglichen mit Oud Silk Mood funktioniert der im Alltag deutlich besser und ist wesentlich vielseitiger. Ich bin zwar noch längst nicht am Ende meiner Reise, nur so viel sei gesagt: Oud Silk Mood ist einer der absolut schönsten Rosendüfte, die mir dabei untergekommen sind. Und er ist für Männer tragbar.

Zum Schluss bleibt noch eine Frage: Braucht es das Extrait oder tut es das Parfum? Erneut nicht leicht zu beantworten. Ich finde das Extrait nochmal eine Spur dichter und schöner, als das Eau de Parfum. Im Vergleich zu diesem Tick hin zur Vollendung dieser Komposition ist das Extrait allerdings auch erheblich teurer. Wenn mir nicht die Gunst des Schicksals einen ziemlich guten Deal beschert hätte, der mich einen Flakon des Extrait mein Eigen nennen lässt – ich hätte den wohl nicht gekauft und mich mit dem EdP begnügt. Aber ich kann sagen, das Extrait macht aus der extrem schönen Rose des EdP eine vollkommene, wie sie mir schöner, so rosig-rein, nie begegnet ist. Heißt: trotz des hohen Preises eine 10 aus 10 für diesen Duft. Für diese atemberaubend schöne, sinnliche, romantische Rose.
5 Antworten
Alexxx vor 4 Jahren 16 5
8
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Das Wesen eines großartigen Dufts
Was ist ein großartiger Duft?

Einer, der auffällt?
Einer, der lange hält?
Einer, der anders ist?
Einer, der hochwertig ist?
Einer, der einzigartig ist?
Einer, der zeitlos ist?
Einer, der modern ist?
Einer, der ein Klassiker ist?
Einer, den du überall tragen kannst?
Einer, den du zu besonderen Anlässen trägst?
Einer, der ankommt?
Einer, der aneckt?
Einer, der Komplimente bringt?
Einer, der Rätsel aufgibt?
Einer, der cool ist?
Einer, der anziehend ist?
Einer, der nicht zu wenig kostet?
Einer, der nicht zu viel kostet?
Einer, den nicht jeder trägt?

Einer, wie Terre d’Hermès.

Einer, der im Segment der Designerdüfte die Tugenden eines hochwertigen Nischendufts mitbringt. Einer, der in seiner Formulierung nicht verwässert wurde, wie viele seiner einst gehypten Pendants. Sondern einer, der substanzielle Dufteigenschaften wie Sillage und Haltbarkeit jenseits der 7 Stunden bringt. Einer, der das ganze Jahr und praktisch in jeder Situation tragbar ist. Einer, der überall geht. Und einer, der ganz anders riecht, als alle anderen. Einer, der würzig duftet. Einer, der holzig duftet. Einer, der fruchtig duftet. Einer, der frisch duftet. Einer, der erdig duftet.

Vor allem und ganz am Ende einer, der einfach richtig gut duftet.

Für mich zählt Terre d’Hermès mit zum Besten, was jemals olfaktorisch aus Designerhand hervorging. Auch, und vor allem auch deswegen, weil sie an ihren Qualitätsmaßstäben festhalten. Und man es diesem Duft einfach anmerkt. Ich bin froh, dass diese Marke, aus deren Hand so großartige Schöpfungen wie die Kelly Bag oder die Birkin Bag hervorgingen, der Welt auch einen Duft geschenkt hat, der nicht nur flüchtig schön und oberflächlich begehrlich ist, sondern auch handwerklich einfach für ein hohes Maß an Qualität und damit Substanz steht.
5 Antworten
Alexxx vor 4 Jahren 14 2
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft
Die leise Revolution
Ach ja, die 90er. Als Kind der Zeit, in der ich einige der wichtigsten Erfahrungen meines Lebens machte, schließlich Abi machte und gerade so anfing zu studieren, hat mich diese Dekade doch immens geprägt. Vor einigen Jahren las ich mal einen Artikel, der die 90er als das erste Jahrzehnt beschrieb, das anfing, Dinge anderer Epochen nachzumachen. Gleichzeitig würdigte er die 90er als letztes Jahrzehnt, das wirklich eigene große Errungenschaften hervorbrachte – denken wir an Handys, ans Internet, um nur zwei davon zu nennen.

Auch im gesellschaftlichen Bereich, insbesondere im Lifestyle und der Kultur, zogen Veränderungen ein und bestimmten rasch den Alltag der 90er, bestimmten Schaufensterdekos und Werbekampagnen. Mit dem Umkodieren der Geschlechterrollen und hageren Models kam auf einmal ein anderes Rollenverständnis auf den Plan: Der Heroin Chic war geboren, wie ihn Models wie Kate Moss zum Ausdruck brachten. Die Geschlechtergrenzen bekamen einen diffusen Blur, Wörter wie Androgynität und Metrosexualität rückten ins Zentrum der Aufmerksamkeit, auch die Kultur brach mit neuen Darstellungen zelebrierter Bisexualität bis dato bestehende Tabus – und damit Grenzen.

In diese Zeit fiel CK One. Unisex, heute ein Wort, so etabliert wie unifarben, war damals noch frisch wie dieser Duft beim ersten Aufsprühen. Ja, Calvin Klein brachte die neue Geschlechterdefinition auch erstmals in Flakons. Es ist daher durchaus angemessen, ihn als olfaktorische Revolution zu feiern.

Es war eben keine laute Revolution, das gerade ist ja das Konzept. Was heute schwach wirkt und keinen mehr vom Hocker reißt, hat damals ganz schön was bewegt. Und auch wenn die Sillage und Haltbarkeit leider eher mäßig sind, war die Idee dahinter mehr als ein flüchtiges Fluidum. CK One ist purer Zeitgeist. Man kann ihm seine Kantenlosigkeit nicht vorwerfen, ohne sie im Kontext der Entstehungszeit zu sehen. Er war gerade dazu da, Kanten über Bord zu werfen und die neue Rollenidentität, unter der sich beide Geschlechter sehen konnten, unter einen Hut bzw. Duft zu bringen.

Er machte das für damalige Verhältnisse auf beeindruckend coole, weil auch so unfassbar tragbare Weise. Und eben weil er so kantenlos tragbar war, half er etwas zu etablieren, das gerade neu geschaffen war. Man tut diesem Duft also unrecht, ihn allein durch die Brille unserer Zeit zu sehen.

Alles andere ist natürlich eine ganz individuelle Geschmackssache, wer den generellen Duftcharakter nicht mag, der mag ihn nicht. Punkt. Ich mag ihn, finde ihn angenehm und frisch, er ist für mich ein sehr harmonisch schöner, runder Duft. Er ist ein jederzeit gut tragbarer, vor allem und in erster Linie mal ein angenehmer Sommer-Duft. Er weckt so allerlei Erinnerung. Leider fehlt es mir an Haltbarkeit und Ausdauer, weswegen ich ihn nicht mehr wirklich bewusst auf meine Haut wandern lasse. Aber ich würde ihn tragen und könnte es zu jeder Zeit. Er ist ein Klassiker, die Erinnerung an Zeitgeist und – verbunden damit – an eine Revolution. Und nicht jede Revolution muss laut sein, nicht immer müssen dafür Köpfe rollen.
2 Antworten
11 - 15 von 23