AnneSuse

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6 - 10 von 21
AnneSuse vor 11 Jahren 8 6
Kleine Fluchten …
Die Duftnoten klingen ganz nach meiner Kragenweite: florientalisch mit Weihrauch - Nase, was willst Du mehr?
Nachdem ich mir im Zuge meiner neuentdeckten Weihrauchliebe ein Pröbchen Daphne ertauschen konnte, sprühe ich das Objekt meiner Begierde gleich auf und ich bin begeistert.
Nach ganz kurzem und heftigen (30 Sek.) zitrischem Start mit hinzukommender Gewürznote zeigt sich der erste Weihrauch und dann ist auch schon das blumige Herz da. Opulente Jasmin-Tuberose, beide liebe ich. Nach etwa einer Stunde erscheint eine hübsche, dezente kleine Basis: ambrierte Vanille mit einem ab und zu wiederkehrenden Hauch von leicht fruchtiger Süße. Wenn man mit der Nase auf der Haut klebt, lassen sich auch Patchouli und Weihrauch identifizieren, aber wer klebt schon mit seiner Nase am Dekolleté? Mein dritter Testlauf soll mir also Klarheit darüber verschaffen, wie die Wirkung im normalen Gebrauch ist und ob ich den Duft stundenlang riechen möchte.

[Exkurs: Miss Guinness sagt zu ihrem Duft: „Dieses ist eine Mischung aus Erinnerungen, … sinnlich und geheimnisvoll, aber zugleich ernsthaft, unkompliziert und ein wenig altmodisch”. Hmm, ein hoher Anspruch, so unterschiedliche Aspekte unter einen Hut zu bringen. Aber Miss Guinness ist ja auch eine bemerkenswerte Frau mit vielen Facetten. Vielleicht nacheinander: es gibt im Leben ja immer Phasen.]

Genauso empfinde ich das Parfum. Es hat verändert sich sehr stark: vom zitrischen Auftakt über 80er-Jahre-Blumenfülle bis zur in den letzten Jahren häufigst gerochenen Basis. Man könnte sagen, es ist abwechslungsreich und überraschend. Böse Zungen würden es „sprunghaft und knapp am unzusammenhängenden Sammelsurium vorbei“ nennen.

Tja, und was soll ich sagen? Es sind Ihre Erinnerungen, Miss Guinness, und zu Ihnen passt der Duft gewiss hervorragend. Er duftet in jeder Phase angenehm und ist auch handwerklich zweifellos sehr gut gemacht. In meine Sammlung wird er es nicht schaffen. Würde ich die Geschichte zu diesem Parfum nicht kennen, würde er sich mir nicht erschließen. Und mit der Geschichte sind mir die vielen Stunden mit der Basis zu belanglos, besonders für den Preis.
Interessant finde ich auch, dass dieser Duft seit 2009 als limitiert geführt wird. Naja, alles ist irgendwie limitiert und das Ende ist sicher, selbst wenn es bis dahin hundert Jahre braucht.

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Daphne kann ich mir gut an einer Frau vorstellen, die den opulenten Auftakt genießt, welcher sich verabschiedet, ehe man im Büro ist und einer politisch-korrekten, äh Verzeihung: umweltschonenden und eher körpernahen Basis Platz macht. Kleine Fluchten … dafür ist Daphne genau das richtige Parfum.
6 Antworten
AnneSuse vor 11 Jahren 15 10
Wahlverwandtschaften
Als Liebhaberin pudriger Düfte kam ich natürlich an Temps d´Hiver nicht vorbei.
Venit et vicit - die großzügige Probe von Anthra war blitzartig leer.

Zum Duft: er startet sofort pudrig mit einem unsüssen, sehr schön verwobenen Blumenbouquet. Keine Note sticht heraus und das bleibt auch so. Er hat wenig Verlauf, wird nur trockener und pudriger, die Blümelein treten in den Hintergrund und machen der elegant-herben Pudernote mehr Platz. Das ist schon eine Kunst, dass sich ein Parfüm von der Kopf- bis zur Basisnote treu bleibt und seine Trägerin in ein gleichmässiges Wohlgefühl einhüllt. Man braucht nur fünf Minuten zu warten und er ist da und bleibt. Und er bleibt laaange, die Haltbarkeit ist ganz ausgezeichnet. Auch die mittelhochtiefe Sillage wird über Stunden nur ganz langsam weniger, ist da und nie zu weitreichend. So nach sechs Stunden ist er bei mir plötzlich ganz leise geworden, puderblümelt und so bleibt er, bis zum nächsten Morgen - mindestens.

Apropos TrägerIN: für Herren durchaus geeignet, wer es noch etwas herber und frischer mag, probiere Roma Imperiale, s.u.

Er wird als chypre-blumiger Duft eingeordnet. Dem kann ich mich gut anschließen, sicher kein typischer Chypre, auch kein Wumms und kein Kratzen, aber völlig unsüß.

Parallell dazu habe ich Roma Imperiale von Profumi del Forte getestet. Auch ein ganz wunderbarer, pudriger Duft! Anfänglich duften beide fast gleich, aber dann dreht Roma in die andere Richtung. Von den hesperidischen Kopfnoten bleibt sehr viel im Verlauf erhalten, er ist frischer als Temps d´Hiver und leicht holzig, bleibt dabei aber pudrig; nach Stunden erst wird er etwas wärmer.

Temps d´Hiver würde ich als Duft genau zwischen Roma Imperiale und Teint de Neige einordnen. Zitrisch-frischer als der eine, nicht so ausschließlich pudrig wie der andere.
Schön und kaufenswert finde ich alle drei (seufz, Zwiebelportemonnaie).
Die starke Ähnlichkeit zur Washington Tremletts Iris Absolute kann ich auch bestätigen, empfinde Temps d´Hiver jedoch als feiner und eleganter, runder und ausgereifter.

Ich habe mir vor einem halben Jahr einen Flakon gegönnt und er ist und bleibt mein Puderliebling. Auch der Flakon ist sehr schön, unten rund und schaukelt sich nach dem Abstellen langsam aus - sehr passend!

Allen PuderliebhaberInnen sei Temps d´Hiver wärmstens an´s Herz gelegt!

Ergänzung: Er kostet übrigens - schon lange - 170€/100ml, in D nur bei ALzD (die liebe Turmalin hat´s in ihrer Nischenparfümerie auch so gesagt bekommen).
10 Antworten
AnneSuse vor 11 Jahren 12 5
Pudertraum mit Praliné
L´Erbolario reicht mir zum Auftakt ein entzückendes, weißes Praliné: das Ylang Ylang hat sich bei mir vorwitzig schon in die Kopfnote geschummelt.
Paßt und ist alles andere als pappig, die frische Bergamotte und die nicht sehr intensiven Aldehyde zaubern eine modern-elegante Aura für Puderliebhaber.
Denn eins ist der Duft von Anfang bis Ende: reiner, feiner Puder - nomen est omen.

Die für mich persönlich etwas heftige Süße zu Beginn klingt kontinuierlich ab und hat sich beim zügigen Erscheinen der Basisnote brav eingeordnet. Zusammen mit der kuscheligen Vanille bleibt ein runder und warmer Pudertraum bei mir - für Stunden, denn die Haltbarkeit ist wie bei meiner neuesten Liebe Meharées wieder grandios, die Sillage mittelhochtief. Das Moos rieche ich nicht, es könnte aber zusammen mit einem Rest Bergamotte und dem Tabak für die leichte Herbheit verantwortlich sein. Süss ist diese Iris nicht, sondern lieblich.

"Iris" ist nicht so extrem pudrig wie Teint de Neige, nicht so zitrisch wie Roma Imperiale und nicht ganz so herbe wie Temps d'Hiver von Visconti.

L´Erbolario bietet auch hier wieder ein umfangreiches Pflegeprogramm an:
Bade- und Duschgel, Seife, Deocreme und Körpercreme - alles zu bekommen. Besonders liebe ich die Puderlotion, eine Körperlotion, die unfettig ein Hauch Puder auf der Haut hinterläßt. Und wem das noch nicht genug ist, zündet die Duftkerze im Bad an, stellt den Raumduft auf oder legt Duftsachets zwischen die Wäsche.
Die Preise sind gegenüber vergleichbaren Düften wieder unerhört günstig.

Allen Puderverliebten kann ich "Iris" zur Testung nur empfehlen, auch den Herren!
5 Antworten
AnneSuse vor 11 Jahren 27 14
Auf edlen Meharis durch die Wüste
Eine Méharées ist eine Dromedarkarawane durch die Wüste, ihre Teilnehmer nennen sich Méharistes.

Méharis (arab.) sind Reit- und Renndromedare, die urprünglich aus Algerien stammen. Es ist eine besonders kräftige, langbeinige und elegante Rasse, die von den Tuareg gezüchtet wird. Ein gutes Mehari kann Millionen Dollar kosten und zeigt den Reichtum seines Besitzers.
Die Beduinen bezeichnen Kamele als "Ata Allah": Geschenk Gottes. Jahrhundertelang haben sie den Handel durch Nordafrika und große Teile Asiens ermöglicht.

Méharées nimmt mich mit auf die Reise durch die Wüste: es startet frisch wie nach einer kühlen Nacht in einer Oase, die Datteln und Orangen schaffen zusammen mit einem orientalischen Gewürzhauch eine völlig unsüsse Ahnung des kräftigenden Frühstücks.
Schnell steigt die Sonne, der leichte Wind läßt den Duft aromatischer Hölzer und einen Blumenhauch heranwehen und ein heftiger Windstoß wühlt feuchten, erdigen Sand auf. Ehe man sich´s versieht, ist es heiß, die Luft wird schwerer und die Frische ist fort. Die kostbare Fracht der Hölzer und die Erinnerung an Zimt und Rosen begleiten mich mit ihrer cremigen Eleganz auf dem weich dahingleitenden Wüstenschiff bis zum Abend, wenn sich langsam die Hitze und der staubige Wüstenwind legen.

Méharees ist ein hervorragend komponierter Duft, man merkt die hochwertigen Ingredienzen. Spürbare, aber angenehme Sillage und endlose Haltbarkeit erfreuen mich nach drei morgendlichen Sprühstössen den ganzen Tag.
Absolut alltagstauglich, pudrig-warm in der Sofaecke, cremige Orient-Eleganz an einem Sommerabend.

Ich habe ihn direkt mit Ambre Orient vergleichsgetestet: kein qualitativer Unterschied, gleiche Sillage, der Méharées ist allerdings deutlich haltbarer. Und er ist etwas blumiger, aber auch gewürzig, dezent zimtig und leicht cremig, während Ambre Orient im Verlauf und in der Basis bei mir eher gewürzig-holzig wird. Das ist dann eben Geschmackssache.

Für Liebhaber passend duftender Pflegeserien bleibt kein Wunsch offen: Bade- und Duschgel, Duschshampoo, Seife, Deocreme und Körpercreme - alles zu bekommen. Besonders liebe ich die Puderlotion, eine Körperlotion, die unfettig ein Hauch Puder auf der Haut hinterläßt. Und wem das noch nicht genug ist, zündet die Duftkerze im Bad an. Die Preise sind gegenüber vergleichbaren Düften unerhört günstig.

L´Erbolario fertigt in Lodi Nahe Mailand tierversuchsfreie Kräuterkosmetik aus organischem Anbau. Es gibt auf der Website ein pdf mit Geschäften, die die Produkte führen. Im Internet kann man bei verschiedenen Shops bestellen.
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AnneSuse vor 11 Jahren 20 10
Eleganter Hauch der Sehnsuchtsrouten des Orients
Soir de Marrakech ist einzigartig schön, für mich spielt er in der obersten Liga.
Ein schaumteppichgebremster, ganz feiner und edler, besonderer Duft, der den Hauch der Sehnsuchtsrouten des Orients in sich trägt.
Und er entspricht durchaus dem westlichen Zeitgeist: kein Wumms, aber klare Präsenz.

Nun der Reihe nach:
Von der lieben Ghislaine *dankedankedanke* bekam ich als Zugabe einen Probe-Miniroller von Soir de Marrakech. Nach einer Stunde war mein nächster Kauf klar!

Aber nicht sofort: ich mache die Flasche auf und rieche fast nur Patchouli. Uäärgs. Patchouli muss gut eingearbeitet sein, sonst riecht es bei mir nach 6 Monate lang ungelüftetem, feuchten Keller. Als geübter Parfumo lässt man sich ja nicht abhalten und er bekommt natürlich eine Chance auf meiner Haut.

Ich schnüffele sofort. Nanu? Ich rieche erstmal nur eine wunderbar frische, saftige Zitrone. Nix Patchouli. Schon mal gut.
Nach Sekunden erscheint - wirklich: "erscheint", wie eine Blüte im langsamen Zeitraffer aufgeht - ein Wölkchen aus Ambra und Moschus.
Das macht den Duft weicher, die Zitrone klingt etwas ab und macht dafür der Patchoulinote Platz - auwei, jetzt kellert´s. Kurz danach wird der ganze Duft weicher und runder, wunderbar verwoben; ich muss mich bei einem zweiten Test anstrengen, die einzelnen Noten herauszuriechen.
*Erleichtertaufseufz* Patchouli flaut ab und macht die Kellertür hinter sich zu. Man kann ihn durch die Türritzen nur noch erahnen, während sich die Zitronenfrische noch erstaunlich lange hält und mir wieder frische Luft zum Atmen verschafft.

Nun tauchen die floralen Noten auf, kriechen in die Lücken und Ritzen, die die schon erschienenen Duftnoten gelassen haben und bilden einen dicht geknüpften, orientalischen Teppich: so einen mit 300.000 Knoten pro m².

Monsieur Benchaâbane hat sicher nicht alles verraten - Gewürze SIND drin und ab und zu nehme ich ein Zimtblitzchen wahr oder etwas scharfes, sogar pfefferiges. Patchouli trägt für mich noch eine leicht rauchige Note bei (phhh, Glück gehabt). Das Ambra ist göttlich: ein Duft wie Seide in meiner Nase.

Jetzt, recht zügig nach ca. einer Viertelstunde, ist er fertig und bleibt bei mir, wie er jetzt ist. Und es schleicht sich eine Erinnerung in den Hinterkopf: Habanita. Aber würziger, eben orientalischer und gleichzeitig leichter, floraler.

Ich bin völlig hingerissen und hänge an meinem Handgelenk und würde am liebsten drin baden!

Leider ist bei mir Haltbarkeit eher so mittel, aber da kann er nichts für, ich gehöre zu den Duftfressern.
Die Sillage ist je nach Eindieselstärke von dezent bis kräftig frei einstellbar.
Wenn er jetzt noch einen angemessenen Flakon hätte ...

Florientalisten und Ambra-Liebhaber MÜSSEN ihn testen!
Regressansprüche wg. sofortiger Abhängigkeit werden allerdings von mir abgelehnt ;-)


Ergänzung 11.2.2013 zur Verfügbarkeit:
Ronin hatte mir mitgeteilt: M. Benchaâbane kommt möglicherweise Anfang Juni zur Global Arts of Perfumery nach Berlin. Er hat wohl nach der Extra-flug-Aktion Interesse am deutschen Markt, aber ich denke, bis wir es hier bekommen, kann es noch etwas dauern.

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