Antoine

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6 - 10 von 207
Antoine vor 11 Jahren 3
8
Duft
Nett ist nicht immer die kleine Schwester von Sch...
Das Dufthaus Galimard kommt in Parfümforen meistens gar nicht gut weg. Obwohl die Tradition der in Grasse ansässigen Firma laut Firmenhomepage bis ins Jahr 1747 zurückreicht, habe Galimard keinen echten Klassiker hervorgebracht (wie etwa Nachbar Molinard mit seinem Habanita). Galimards Duftkollektion lasse Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit weitestgehend vermissen. Die Düfte seien handwerklich eher schwach und dabei kein bisschen „nischig“; sie würden sich dem Massengeschmack anbiedern und seien häufig nur (freundlich ausgedrückt) „Nachinterpretationen“ beliebter Klassiker.

Stimmt alles, da gibts nix schönzureden (dreimal dürft Ihr raten, welchem Duft wohl Galimards Damenduft „Galimar“ ähneln mag!). Aber trotz alledem mag ich einige der Galimard-Düfte, und zwar besonders den hier vorgestellten Galimard Star, der mich im diesjährigen grauen Frühjahr über manchen novembrigen Tag gerettet hat.

Galimard Star beginnt mit einer vollen Ladung Früchte, die zum Glück auf mich weder künstlich noch zu süß wirken. Die genaue Einordnung von Fruchtnoten finde ohne Rückgriff auf die Angaben der Pyramide meistens schwierig – sind das nun Orangen, sind das gemischte rote Beeren mit Zitrusnoten, oder sind es vielleicht doch gekochte Himbeeren? Egal, am wichtigsten ist mir, dass keine unangenehmen Assoziationen von billigem Lufterfrischer oder überaromatisiertem Fruchtsirup aufkommen, und diese Erwartung wird von Galimard Star erfüllt. Die Kopfnote ist spritzig-fruchtig ohne Pappigkeit, eindeutig rot bis orangig, und vermittelt sofort Fröhlichkeit und gute Laune.

Die Herznote duftet laut Pyramide nach Baumwolle und Lotus. Bei beiden handelt es sich um Duftnoten, die in meinem Duft-Erfahrungsschatz nicht gespeichert sind. Liegt es daran, oder ist der Duft wirklich so gebaut – ich weiß es nicht, aber jedenfalls empfinde ich es so, dass Galimard Star nach der spritzig-fruchtigen Kopfnote praktisch unmittelbar in die Basis übergeht. Ich kann nämlich keine möglichen Verdächtigen als Baumwolle oder Lotus ausmachen, aber dafür jede Menge Vanille, Sandelholz, etwas Moschus, und auch Patchouli. Aber auch hier wird der Duft nicht zu süß, sondern findet eine mir sehr angenehme Balance aus vanilligen und holzig-würzigen Noten.

Die Haltbarkeit ist für einen Galimardduft und für einen Duft dieses Preissegments (Galimard bewegt sich in etwa auf Drogeriepreisniveau) sehr ordentlich, die Sillage mittel bis ordentlich.

Ob auch der 2009 erschienene Galimard Star ein „Vorbild“ aus dem Mainstreamsektor hat, weiß ich nicht; wenn es so ist, kenne ich dieses Vorbild nicht. Jedenfalls duftet Galimard Star - anders als viele andere Galimard-Düfte - ziemlich unverwechselbar. Für mich kein unverzichtbarer Begleiter, aber ein sehr netter Gute-Laune-Duft gerade an grauen Tagen.
3 Antworten
Antoine vor 11 Jahren 2
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Ein leiser Gourmand
Gourmand-Düfte sind nicht mein Ding. Meistens sind sie mir zu süß, oft zu künstlich, sehr oft zu laut und zu plakativ. Carla Fraccis Duft Giselle ist ein Gourmand-Duft, aber er ist nicht betont süß, nicht künstlich anmutend, und er ist eher leise und subtil.

Was meine Vorkommentatorin Fran im Teströhrchen hatte, weiß ich nicht, vielleicht war es ein Flanker, vielleicht eine Sonderedition, aber ganz sicher nicht das hier gelistete Giselle von Carla Fracci. „Mein“ Giselle ist eindeutig der hier gelistete Duft; er sieht aus wie abgebildet, und er riecht so, wie er aufgrund der angegebenen Pyramide riechen sollte. Meine Rezension bezieht sich auf das Eau de Parfum.

Der Auftakt ist dezent blumig mit leichter Süße. Nicht die Art von blumiger Kopfnote, bei der man das Gefühl hat, jemand klatscht einem einen riesigen Blumenstrauß ins Gesicht, sondern einige eher verhaltene Noten von zarten Blütenaromen. Das strahlt eine sympathische Unverbindlichkeit aus, und ein Versprechen von Mehr. Ylang-Ylang hätte ich nicht identifiziert.

Das Herz des Duftes ist homogen blumig, aber wiederum nicht erschlagend parfümig. Mag sein, dass Freesie, Jasmin und Tuberose zusammen diesen runden, blumigen Akkord ergeben, doch auch hier gestehe ich ganz offen, dass ich einzelne Blütennoten nicht identifiziert hätte. Dabei ist der Duft nicht lasch oder langweilig, ich würde ihn in diesem Stadium eher in die Kategorie „gepflegter Sauberduft“ einordnen – wenn sich da nicht schon langsam die Basis breitmachen würde. Die ist nämlich eindeutig gourmandig, was für die Kategorie „gepflegter Sauberduft“ eher untypisch ist. Aber „Giselle“ schafft den Spagat zwischen dezent-gepflegt und gourmandig mit bewundernswerter Lässigkeit und Eleganz („Spagat“ ist für diesen Duft übrigens eine besonders passende Metapher, dazu später noch mehr!).

Die Basis hält alles, was die hier angegebene Pyramide an Leckereien verspricht, aber wiederum auf einem ganz dezenten, gepflegt und elegant wirkenden Level – eine Art im besten Sinn weichgespültes Ambre Narguilé, alltagstauglich und bürokompatibel.

Giselle ist sicher kein Fall für die Walhalla der Parfümeurskunst, aber allen, die einen eher leisen, trotzdem nicht langweiligen Gourmandduft für alle Tage suchen, kann ich Giselle wärmstens empfehlen. Schöner Nebeneffekt ist, dass man ihn nicht an jeder Ecke antrifft. Entgegen den obenstehenden Informationen ist "Giselle" wohl nicht mehr in Produktion, zumindest wird er auf der Firmenhomepage von Carla Fracci nicht mehr aufgeführt. Im Netz ist er aber hier und da noch für relativ kleines Geld zu haben. Ich halte ihn auch für Männerhaut-geeignet; es gibt deklarierte „Herrendüfte“, die weitaus süßer sind.

Carla Fracci war eine berühmte Balletttänzerin, die in den 60er Jahren ihre größten Erfolge feierte. Seit 2004 bringt sie unter ihrem Namen Parfüms heraus. Der Name des Dufts ist dem Ballett „Giselle“ nach dem Libretto von Theophile Gautier und der Musik von Adolphe Adam entlehnt. Die Rolle der Giselle war eine von Carla Fraccis Glanzrollen.
2 Antworten
Antoine vor 11 Jahren 2
5
Flakon
2.5
Sillage
2.5
Haltbarkeit
9
Duft
Flüchtiger Orientale
Indigo ist ein schöner, sicher mit viel Bedacht komponierter Duft, der im besten Sinn unisex ist: Es handelt sich nicht um eine betont agrumige oder gewürzige Komposition (bei denen eine Unisex-Einordnung ja immer naheliegt), sondern um eine für Mann wie Frau gleichermaßen tragbare Interpretation des Themas Rose - unsüß, grünlich, gewürzig, leicht. Indigo ist dabei keineswegs eindimensional; der Duft bietet eine vielschichtige, dicht gewebte Komposition. Die Art und Weise der Darbietung ist kein Kammerspiel, eher eine leise, verhalten interpretierte kleine Sinfonie, die ohne Paukenschläge und ohne Fortissimo auskommt.

Indigo eröffnet mit grünen, fast herben Noten, die mich an rohes Gemüse erinnern. Das klingt jetzt vielleicht wenig attraktiv, aber der Duft der Kopfnote ist angenehm und bei aller Fremdheit eingängig. Er hebt sich wohltuend ab von den betont einschmeichelnden Kopfnoten, wie sie im Mainstreambereich üblich sind.

Schon nach relativ kurzer Zeit entfaltet sich das Leitthema des Duftes, die Rose. Sie ist hier nicht prächtig, nicht schwer, nicht betörend und auch nicht majestätisch, sondern verhalten und in sich ruhend, umgeben von begleitenden Noten, ohne dass außer der Rose einzelne Komponenten als solche für mich identifizierbar wären. Der Duft erinnert mich in dieser Phase – nicht vom Geruchseindruck her, aber hinsichtlich Machart und Wirkungsweise – an Hiris von Hermès. Durchdachtes Understatement hier wie dort, mit dem Unterschied, dass bei Hiris die Iris das Leitmotiv liefert.

Auch im Ausklang bleibt der Duft leicht, verhalten und transparent, mit einer warmen, amberbetonten Anmutung. Holz und Weihrauch nehme ich kaum wahr. Die Beschreibung des Herstellers als orientalischen Duft kann ich weder dem Verlauf nach, noch anhand der Basis nachvollziehen. Wenn überhaupt, ist das ein nahezu schwereloser Orientale.

Doch was zweifellos ein wesentliches Charakteristikum von Indigo ausmacht, wurde vom Parfumeur vielleicht doch zu sehr auf die Spitze getrieben, und ist für mich im Alltagstest letztlich ein großes Manko: Die Haltbarkeit lässt sehr viel zu wünschen übrig. Bei der Entscheidung für einen Duft ist für mich das, was Luca Turin „Best bang for the buck“ nennt (frei übersetzt etwa: Viel Wumms für möglichst wenig Geld) wirklich kein Hauptkriterium. Aber die Freude über die Schönheit von Indigo wird für mich doch nachhaltig dadurch getrübt, dass der Duft bereits nach zwei, drei Stunden weitgehend verflogen ist. Dabei habe ich den Duft mehrfach ausgiebig erprobt und auch die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass ich ihn nach relativ kurzer Zeit, obwohl noch vorhanden, vielleicht nur nicht mehr wahrnehme, weil ich ihn als sehr angenehm empfinde. Von meinem Umfeld wurde mir aber bestätigt, dass ca. drei Stunden nach dem Auftragen nur noch äußerst schwache Dufteindrücke wahrnehmbar sind. Bei einem Preis von über 100 Euro für 50 ml für einen Duft, der sich nicht als Cologne, sondern als ausgewachsenes Parfum präsentiert, ist mir das eindeutig zu wenig Dufterlebnis. Auf meiner Wunschliste bleibt Indigo aber trotzdem noch, weil er einfach außerordentlich schön ist.
2 Antworten
Antoine vor 11 Jahren 3
8
Duft
Ein warmes Herz aus Weihrauch
Das zweite Eau de Fröhliche wirkt auf mich kurz nach dem Aufsprühen fast wie ein klassisches Cologne - wäre da nicht die deutliche Minzenote, die für ein klassisches Cologne ungewöhnlich ist und dem Duft neben der zitrischen Frische der Bergamotte auch noch eine kühle Anmutung verleiht. Und ich meine, einen deutlichen Kühlungseffekt auch auf der Haut wahrzunehmen, ähnlich wie nach dem Auftragen von Tigerbalsam oder japanischem Minzöl. Jedenfalls wirkt die Kopfnote, selbst wenn ich mir diesen thermischen Kühlungseffekt einbilden sollte, ausgesprochen erfrischend.

Nach einigen Minuten wird aber klar, dass es nicht cologne-artig weitergeht, denn es entfaltet sich eine gut haltbare Herznote, in der zunächst Anis die vorherrschende Rolle spielt. Daneben nehme ich krautig-grüne Aromen wahr, aber die Rosen und die anderen Blumen, die vorhanden sein sollen, verstecken sich gründlich. Wären sie nicht in der Pyramide genannt, würde ich wahrscheinlich überhaupt nicht auf die Idee kommen, dass hier Blumen eine Rolle spielen. In Kenntnis der Pyramide meine ich, eine von Anis stark überlagerte zarte Rosennote wahrzunehmen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Eindruck nicht eher einer Art Autosuggestion zuzuschreiben habe; hervorgerufen durch die von der Pyramide geweckte Erwartung, dass hier Rose wahrnehmbar sein muss.

Der Weihrauch, wegen dem ich auf diesen Duft besonders gespannt war, lässt auf sich warten. Aber nach einer ganzen Weile, nach 40, 50 Minuten, ist er plötzlich da: deutlich, aber nicht erschlagend, erhaben und sakral, aber nicht furchteinflößend, und auch nicht kalt. Das ist kein gruftiger Weihrauch, der in einer kalten, feuchten Kathedrale verräuchert wird, sondern sanfter, fast warm anmutender Weihrauch. Mag sein, dass der Moschus diese Anmutung von Wärme hervorruft, aber wiederum ist es so, dass ich ohne Kenntnis der Pyramide weder Moschus noch Hölzer als Duftnoten identifiziert hätte.

Das warme Weihrauchherz nimmt mich für diesen Duft ein, und dass der Weihrauch zur Basis hin ohne neue Wendungen sanft ausklingt, macht mir den Duft noch sympathischer. Eine zusätzliche Wendung in Richtung Moschus oder Holz wäre hier zu viel gewesen.

EdF No. 2 ist ein ausgesprochen klar und nüchtern wirkender Duft, der aber trotzdem ohne drastische Anmutung von Kälte auskommt und nicht streng wirkt, keine Distanz zur Umwelt schafft. Kuschelig ist er sicher nicht, aber tröstlich ist er in seiner weihrauchigen Geradlinigkeit. Ein schöner Begleiter für sehr viele Gelegenheiten.
3 Antworten
Antoine vor 11 Jahren 23
10
Duft
Eine nüchterne Liebeserklärung, oder: Ist er zu stark, bist du zu schwach …
Aromatics Elixir ist 1971 erschienen; damals war Richard Nixon US-Präsident, Willy Brandt war Bundeskanzler, Walter Ulbricht trat zurück, und „aufmüpfig“ war in der BRD das Wort des Jahres. Ich hatte mit Düften noch nichts am Hut, sondern ging gerade in die zweite Klasse und spielte mit Freundinnen Gummitwist oder Barbie.

Trotzdem wage ich die Behauptung, dass Aromatics Elixir nach seinem Erscheinen und bis weit in die 80er Jahre nicht wie heute ein polarisierendes Unikum war, sondern ein Duft, der sich bei aller Unverwechselbarkeit in die damalige Duftlandschaft einfügte, ohne allzu sehr herauszustechen. Denn die Duftlandschaft von 1971 war eine ganz andere als heute. Die Duftrichtung „Blumig-Fruchtig-Süß“, wie wir sie heute im Mainstream als vorherrschende Standard-Duftrichtung mit gefälligem Verlauf („lecker“) und sirupartig süßer Basis kennen, gab es so noch nicht. Auch Gourmand-Düfte gab es noch keine, es war die Zeit 20 Jahre vor Angel. Vieles, was in den 70er Jahren als Damenduft verkauft wurde, könnte heute ohne weiteres als Unisex oder gar als Herrenduft durchgehen, etwa Saint Laurents „Y“, Diors „Diorella“, Scherrers „Jean-Louis Scherrer“, Lauders „Alliage“ und noch viele andere. Die Einteilung in „Nische“ und „Mainstream“ war unbekannt; Düfte kaufte man je nach Geldbeutel und Verfügbarkeit in der Parfümerie, im Kaufhaus oder in der Drogerie. Das Sortiment war überschaubar, was nicht da war, gab es nicht, und wer auf dem Dorf wohnte oder mehr Auswahl wollte, musste sich in die nächste größere Stadt bemühen.

Dementsprechend war damals das Duftempfinden der Konsumenten – die ja nur das Spektrum des überschaubaren zeitgenössischen Marktes kannten – ein anderes: Aromatics Elixir mit seiner spannungsreichen Zusammenstellung aus Kräutern, Blumennoten, Moos und Patchouli bot sicher auch damals schon ein hohes Maß an Unverwechselbarkeit, aber die Grundaussage – moosig, krautig, herb und widerspenstig, dabei nur sehr verhalten süß – war nicht ungewöhnlich, Aromatics Elixier hatte sie mit vielen anderen damals gängigen „Damendüften“ gemeinsam.

Die Unverwechselbarkeit von Aromatics Elixir spielt sich für mein Empfinden auf einer anderen Ebene ab, nämlich in der spannungsreichen Kombination von krautigen Noten mit verhaltenen, gar nicht typisch blumigen Blütenaromen vor dem Hintergrund einer intensiven, harzigen Basis aus Moos, Ambra und Patchouli – all das bei fast völligem Verzicht auf Süße bei dennoch warmer Anmutung, höchster Intensität und rekordverdächtiger Haltbarkeit.

Schon die Kopfnote hat mit den sonst üblichen Kopfnoten (zumal im Mainstream) kaum Gemeinsamkeiten. Hier schmeichelt nichts und es gibt auch kein Feuerwerk flüchtig-anmutiger Anfütterungsnoten: die volle Wucht der geballten Krautigkeit, garniert mit Kamille, bahnt sich den kürzesten Weg ins Riechzentrum. Brutal? Ja.

Die überfallartig vorpreschenden Kräuter ziehen sich zur Herznote hin etwas zurück, aber hervor tritt nicht etwa ein gefälliges Blumenbouquet mit den üblichen Verdächtigen aus der Rose/Jasmin/Maiglöckchen-Combo, sondern es kommt zu einer Abfolge sanfterer, aber weiterhin eindeutig herber Kräuternoten. Nur ab und zu blitzt dazwischen ein etwas verschüchtert wirkendes Blümchen auf. So etwas kennt die geneigte (oder mittlerweile vielleicht auch nicht mehr geneigte) Parfümkonsumentin heute – wenn überhaupt – nur aus klassischen „alten“ Herrendüften. Wer ausschließlich Blumig-Fruchtig-Süß bevorzugt, denkt bei voreiligem Hauttest spätestens jetzt an Abwaschen (um festzustellen, dass Abwaschen nicht funktioniert; da muss schon ordentlich geschrubbt werden, um das Zeug wieder loszuwerden!).

Dennoch ist Aromatics Elixir bei genauerem Hinriechen ein auf spezielle Art femininer Duft, denn die Basis vermittelt trotz fehlender Süße eine intensive Ausstrahlung moosig-balsamischer Wärme, die ihresgleichen sucht. Und obwohl hier in der Pyramide nicht genannt, habe ich in der Basis von jeher auch eine Assoziation von feinem, knarzigem Leder.

Dass Aromatics Elixir insbesondere bei Jahrgängen ab ca. 1980 vermehrt unangenehme Assoziationen zu wecken scheint, ist mir angesichts des heutigen Duftumfelds durchaus nachvollziehbar (man könnte sich allerdings auch fragen, ob durch exzessiven Gebrauch von Fruity-Florals mittelfristig eine Degeneration der Riechzellen bewirkt wird, aber das ist natürlich Spekulation). Fakt dürfte hingegen sein, dass von Aromatics Elixir geweckte unangenehme Assoziationen („muffig“, „stechend“, „alt“ usw.) durch das in der Regel mittlerweile eindeutig omaeske Alter typischer Trägerinnen negativ verstärkt werden. Keine Frage; viele treue Aromatics Elixir -Trägerinnen haben sich diesen Duft in den 70er, 80er Jahren zugelegt und nähern sich, so ist der Gang der Welt, inzwischen dem Rentenalter, wenn sie es nicht schon erreicht haben. Und der Umstand, dass Aromatics Elixir nicht anschmiegsam, sondern eher widerspenstig und durchaus etwas zickig wirkt (und insoweit nicht selten gewisse Gemeinsamkeiten mit seinen Trägerinnen hat), tut sein Übriges.

Das alles schreckt mich aber nicht, ich liebe diesen Duft, hatte ihn im Alter zwischen 20 und 30 permanent in meinem Repertoire, und ich trage ihn auch heute wieder mit Freude und Hingabe, wenn mir danach ist. Was den Vorwurf des „Unzeitgemäßen“ betrifft, tröste ich mich mit dem Gedanken, dass spätestens in so 20, 25 Jahren der typische zeitgenössische Fruity-Floral bei dann 20-jährigen Duftkonsumentinnen ein Stirnrunzeln und den Kommentar „riecht irgendwie oll“ hervorrufen wird.

Im englischsprachigen Raum hat Clinique jahrelang mit dem Slogan geworben „Performs the role of a perfume, but goes far beyond.“ Das ist wie fast alle Werbesprüche überspitzt ausgedrückt, enthält aber einen wahren Kern. Aromatics Elixir hat seit über vierzig Jahren trotz aller Anwürfe alle Moden überdauert, steht noch immer bei Karstadt, Müller, Douglas und Co. wie der Fels in der Brandung neben typischen, ständig wechselnden Mainstreamdüften im Regal, ist nach wie vor unverwechselbar und einzigartig, und verkauft sich – obwohl Clinique kaum mehr Werbung dafür macht – offenbar unverändert gut. Und dass er polarisiert, schadet kein bisschen, ganz im Gegenteil. Die Duftwelt wäre ärmer ohne Aromatics Elixir. Ach ja, der geht locker auch für Männer!
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