Aramis924

Aramis924

Rezensionen
Aramis924 vor 7 Monaten 3 1
7
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Fata Morgana oder des Kaisers neue Kleider?
Schwierig, schwierig. Das fängt bei der Verpackung schon an: Wer eine edle hölzerne Schatulle mit seidiger Einlage erwartet (wie oben abgebildet), wird enttäuscht. Der aktuell hierzulande gehandelte Duft wird in einem ordentlichen Pappschuber geliefert. Besonders luxuriös ist das nicht.
Der Duft erinnert auch mich stark an X von Clive Christian. "Inspiriert von..." ist die positive Auslegung dieses Umstandes. Man könnte auch sagen, es handelt sich um einen ziemlich hochpreisigen Klon.
Insofern könnte man jetzt auch bei der Vorlage nachlesen, wenn es um die Beschreibung des Duftes gehen soll.
Jedenfalls ist gut erkennbar, dass Geza Schön die Vorarbeit geleistet hat. Monarch hat diese schwebende transparente Schönheit und diese Fata-Morgana-artige Flüchtigkeit, die viele seiner Werke auszeichnet.
Monarch empfinde ich als holzig und frisch auf eine sehr vornehme und erhabene Art. Das ist der positive Aspekt. Die Sillage ist auf Haut, Textil und Papier ist allerdings bescheiden bis unbefriedigend. Eine Entwicklung im Duftverlauf nehme ich nicht wahr. Dadurch habe ich den Eindruck eines Molekülduftes, auch wenn die Pyramide etwas anderes behauptet.
Und offenbar kann man derart komponierte Düfte auch kaum "lauter drehen". Vermutlich verlieren sie sonst ihren Zauber.
Monarch fasziniert mich trotz dieser Schwächen dennoch sehr - wohl gerade weil er sich so unnahbar gibt.
1 Antwort
Aramis924 vor 9 Monaten 2 2
8
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Bodenständig
Ich habe keine Ahnung, wie der Entstehungsprozess der Düfte bei Chiseled Face abläuft und ob Ronald Wiebe, der Inhaber dieser sympathischen, auf Rasierbedarf spezialisierten Firma, die "Nase" dahinter ist. Manche Kreationen sind so kraftvoll, schräg und ungehobelt, dass es sich auch um Zufallsergebnisse auf Basis von intuitiven Kombinationen ausgesucht guter Zutaten handeln könnte. Die Aftershaves und EdPs dieser Marke sind anscheinend jedenfalls ganz überwiegend aus natürlichen Ingredienzien zusammengebraut. Die Rede ist laut Homepage von "Essential Oils and Natural Fragrances". Das könnte zutreffen, ich nehme überhaupt keine Synthetik war.
Unter dem Strich muss das zwar noch kein Gütekriterium sein. Aber das Ergebnis stimmt: Alles, was ich von CF bisher testen konnte, hat Hand und Fuß und trägt sich sehr angenehm. Dies gilt auch für Vert Noir (AS): Die ungewöhnliche Komponente "Sanddorn" hatte mich hier neugierig gemacht. In Kombination mit der Bergamotte und dem Räucherwerk ergibt sich ein Duft, der an den zitrisch-rauchigen englischen Tee-Klassiker erinnert, der seinerseits nach Earl Grey benannt wurde ... wohl nachdem dieser Einfluss auf die Handelspolitik der East India Company genommen hatte.
Ich schweife ab, zurück zum Duft: Vermutlich durch Jasmin bekommt dieser einen spannenden und leicht verruchten Touch, der aber bald wieder in den Hintergrund tritt. Zurück bleibt eine sehr einnehmende Schwarztee-Note.
Da wohl alle Aftershaves aus diesem Haus zu funktionalen Zwecken auch Menthol enthalten, liefert das Ganze auch einen nachhaltigen Frische-Kick, der hier die Kopfnote (Bergamotte) sehr schön stützt.
Ob das auch für das eventuell zugehörige EdP gelten würde, lässt sich von hier aus nicht ohne Weiteres feststellen: Aus irgendwelchen kompliziert klingenden regulatorischen oder transportbedingten Gründen liefert CF im Moment leider keine EdPs in die EU und blendet diese Produkte für uns Europäer sogar aus.
Ich hoffe, das bleibt nicht so. Vert Noir hätte ich nämlich sehr gerne in einer intensiveren Version zum Sprühen. Das wäre dann ein unkomplizierter Begleiter für fast alle Gelegenheiten.
2 Antworten
Aramis924 vor 9 Monaten 7 6
6
Flakon
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Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Eine Art Nachruf
Suggestion muss ich um das Jahr 1980 als etwa 16-Jähriger kennengelernt haben, und zwar zunächst in Form eines ... Deostifts.
Damals war ich, da endlich mit der ersten richtig festen Freundin liiert, in einer gefühlten Notlage: Ein potentes, zuverlässiges Deodorant musste dringend her, das auch in kritischen Situationen dem damals noch recht verbreiteten hohen Synthetik-Anteil der Textilien in Kombination mit Teenager-spezifischen Herausforderungen gewachsen war. Meine Wahl fiel nach einigen nicht ganz zufriedenstellenden Tests mit Produkten aus dem Bac-, Fa- und 8x4-Sortiment auf eben diesen Stift von Mäuer & Wirtz. In der kleinen "Drogerie Kurze" vorne in der Straße war der mir zufällig in die Hände gefallen, wohl ohne dass mir so recht bewusst geworden war, dass ich zu einem Produkt für Damen gegriffen hatte. Weil dieser Stift seinen Zweck gut erfüllte, aber noch viel mehr weil ich diesen Duft so unglaublich toll fand, wurde er in dieser Form zu meinem ersten Signature Scent - obwohl mir dieser Begriff damals nicht auch nur ansatzweise geläufig gewesen wäre.
Mein Durchsatz lag damals bei mindestens 2 Stiften pro Monat, was signifikante Löcher in meinem Taschengeldbudget hinterließ. Aber was sollte ich machen: Ich liebte diesen Duft an mir, und meine Freundin tat es wohl auch.
Irgendwann war ich einmal so leichtsinnig, meinen Vater mit der Beschaffung von Nachschub zu beauftragen. Als er mir den Deostift übergab, war eine gewisse Irritation spürbar, weil ihn die Verkäuferin in der Drogerie über meinen intensiven Konsum und über die "richtige" Zielgruppe des Produkts belehrt hatte. Vor Scham wäre ich gerne im Boden versunken. Begriffe wie "unisex" oder "metrosexuell" benutzte in dieser Zeit noch niemand.
Es mag ein paar Tage gedauert haben, aber dann habe ich mich entschieden, "meinem" Duft weiter die Treue zu halten. Seitdem trage ich ganz bewusst die Düfte, die mir(!) gefallen - ohne Rücksicht auf irgendwelche vorgefertigten Einordnungen.
Suggestion, den ich mir jetzt aus sentimentalen Gründen als Cologne-Mini beschafft habe, riecht für mich fast ohne lagerungsbedingte Einbußen noch wie damals: Frisch, sauber, angenehm dezent blümelig, elegant und zugleich jugendlich-positiv. Und irgendwie dabei auch cool und erhaben. Dass ich überhaupt nichts "Oma-mäßiges" mit diesem Duft assoziiere, liegt sicherlich an der oben beschriebenen Prägung. Ich bin froh drum.
6 Antworten
Aramis924 vor 1 Jahr 4 4
6
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Alttestamentarische Überlieferung?
Das ist schon cool und ein echtes Statement, wenn man seine Kreation schlicht a. C. - also "ante de Christo" - nennt.
Ich hatte ein schweres sakrales Kaliber erwartet ... und wurde positiv überrascht: Der Weihrauch und das ganze andere Räucherwerk drumherum kommen freundlich, frisch und zugänglich daher. Die Eröffnung ist zudem leicht floral unterlegt, obwohl ich die gelistete Rose nicht explizit herausrieche. Jedenfalls handelt es sich keineswegs um einen typisch orientalischen Rose-Oud-Vertreter.
Im weiteren Verlauf entwickelt sich eine weiche, harzige Sandelholznote, die fließend in die Basis überleitet ... und die mich dann im Ergebnis zu einem recht spontanen Kauf überzeugen konnte. Nur teilweise mag das auch an der traumhaften Atmosphäre des Ladengeschäftes liegen - mit angeschlossenem kleinen Parfum-Museum in einem wünderschönen Patio unterhalb der Alhambra in Granada.
Jedenfalls repräsentiert a. C. all das: Unbeschwertes mediterranes Leben und eine verspielte Melange der Kulturen und der Düfte aus Orient und Okzident.
Wohl dem Umstand geschuldet, dass man auf einen sehr hohen Anteil natürlicher Ausgangsstoffe großen Wert legt, ist die Sillage recht moderat. Aber so geht es mir oft mit den ganz besonderen Düften: Sie machen sich rar, lassen sich nicht richtig fassen. Und genau deswegen wird man ihrer auch nicht so schnell überdrüssig.
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