Avichr

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6 - 10 von 10
Avichr vor 8 Jahren 8 6
Cola mit Butter-Mandelkeks. Ein Männer-Duftalptraum?
Schon lustig, wenn man nach dem Kauf von Geza und Mark (Project Renegades) an der Kasse von Ludwig Beck vom netten, fachkundigen Verkäufer grosszügig gefragt wird: "Wollen sie ein paar Proben?". Ich: "Ja gerne, ich überlasse es ganz Ihnen. Gerne auch was ausgefallenes."

Keine Frage, der lustige Verkäufer hat seinen Proben-Dienst erfüllt. Nicht nur hat er mit die leckere Feigenbombe "Philosykos (Eau de Toilette)" eingepackt sondern auch das superleckere Cola-Keks-Parfum "Paris*L.A."

Um es kurz zu machen. Das ist absolut nichts für mich. Ist das wirklich Unisex?

Jedenfalls hab ich sofort "gourmandig" in meine Dislike-Liste aufgenommen. Zu mir passt das nicht. Ich mag schon Cola nicht trinken. Aber nach zuckersüssem, leckerem Butter- und Mandelkeks mit Cola und leichter Limettennote zu duften, ist für mich eher ein viel zu süsser Duft-Alptraum.

Aber es war spannend - ohne Frage. Nach meinem Parfumo-Einstieg über stalliges Echt-Oud, via verbrannten Agonist-Black-Amber-Holzhütten und E-Super-Unterschwelligkeit, musste Gourmandig schon auch noch sein.

Jetzt weiss ich wie das geht. Und ich weiss besser was ich nicht will.
Oder doch? /siehe meine letzte Antwort auf diesen Kommentar/
6 Antworten
Avichr vor 8 Jahren 13 6
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Mit teuflischen Weihrauch-Grüssen aus der verharzten Räucherhölle
Bei meinem Dark Saphir Kauf bekam ich eine Black Amber Probe mit. Und ich war dermassen gründlich geschockt - zunächst. Was ist denn das? Sowas hab ich noch nie gerochen. Wer hier nicht sofort wirr zu assoziieren beginnt, hat eine verstopfte Nase.

Aber was soll ich sagen. Nach der zweiten mutigen Sprühaktion war plötzlich Liebe entflammt. Ich wusste, ich werde über kurz oder lang in der Räucherhölle landen. Beim freundlich, perfiden Teufel und seinen brandschatzenden Weihrauch-Messdienern.

Im ersten Angang denkt man vielleicht zunächst an Zaubertrank-Hustensirup. Das gute mit Kirsch-? Pflaume-? Glühweinobst-Geschmack? Das leicht psychedelisch wirkt. Etwas drückend, schwül, geheimnisvoll und hintergründig.

Oder man denkt an einen alten Vintage Plattenladen, in dem die Mitarbeiter gar-nicht-heimlich Afganen-Klumpen zerbröseln.

Und ich muss an meinen Vater denken, der mit seinem schweren, süssen und leicht bitteren Pfeiffenrauch den ganzen Raum vernebelt. Spannend medizinisch, wie in einer alten Wallpurgisnacht-Apotheke. Die Kräuterhexen fliegen mit ihren verkokelten Hexenbesen im Hinterhof über ein lustiges, harziges Lagerfeuer.

Black Amber eignet sich auch prima für schwarze Voodoo-Messen im düster, melancholischen Spukschloss. Gruselig, teuflisch, infernalisch. Passend zum Dreh eines mittelalterlichen Rollenspielpornos im weihrauchgeschwängerten Lustfolterkeller.

Ein Duft garantiert nicht für jede(n) und für jede Zeit. Eher für die tiefe, dunkle Seele und düstere, religiöse Rituale mit Tieropfern im Trancezustand. Wer mir einen echten Duftzwilling nennen kann, bekommt 10 Peitschenhiebe geschenkt. Ich denke eher: "Black Amber gibts nur einmal."

Der rauchig-verbrannte Holzgeruch mit Birkenteeröl, strangem Fruchtaroma und Weihrauch, ist sicher nicht jedermanns Sache. Aber Agonist kann nicht anders. Auch so eine olfaktorische Extrembombe wirkt trotzdem elegant, edel und einzigartig. Mir gefällts. Sehr. Und dann schon wieder dieser Flakon!
6 Antworten
Avichr vor 8 Jahren 11 5
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Mit der mystischen Unisexbombe und Massanzug in die Oper
Zu viel Obst und Blumen wie Orchidee, Jasmin und dann auch noch Veilchen, Pfirsich, Himbeere und Karotte? Auf „feminine" Rose mit Oud steh ich schon gar nicht. Nein Danke.

Das dachte ich zunächst, als ich die 27-teilige Zutatenliste auf dem Flakon überflog. Aber halt. Im Beck war ich doch sofort nachhaltig begeistert. Wie kann das sein?

Und eigentlich habe ich Dark Saphir ja auch schon gekauft. Ganz spontan und unüberlegt. Ein Fehlkauf?

Zunächst aber zum Flakon. Steht man auf moderne, zeitlose Typographie, Minimalismus, klare Linien, fährt man auf Apple-like Detailverliebtheit wie Magnet-Schnappverschlüsse ab, wird einen Dark Saphire (oder die ganze Agonist Linie) spontan sprachlos machen. Und dann noch der blaue Blub im Boden. Äusserst subtil, edel, stylisch und sehr anders.

Man merkt sehr deutlich, dass Niclas Lydeen im ersten Leben Art Director und Visual Artist war, bevor er mit seiner Partnerin Christine Lydeen Lust hatte, künstlerisch mit Düften zu arbeiten. Auch Agonists Instagram-Seite und Tumblr sind absolut sehenswert und kunstvoll.

Aber deswegen wird man sich doch nicht gleich einen 125 € Duft kaufen - nur weil einem der Flakon so gut gefällt?

Der erste Eindruck bei Dark Saphir ist eine dunkle, düstere Rose, würzige Früchte, Weihrauch und Oud. Edel, teuer und mystisch und auf geheimnisvolle Weise elegant.

Nichts wirkt billig oder synthetisch. Und der Duft entwickelt sich erst noch. Es kommen leichte und für mich nicht klar identifizierbare Blumennoten hinzu. Das sehr angenehme und stimmige Oud und eine magische Rauchigkeit schwingen mit. Dark Saphir ist deswegen nicht so feminin, wie ich zunächst befürchtet hatte.

Ganz besonders begeistert mich aber sein grandioses Volumen und Vielschichtigkeit. Nicht einfach zu benennen aber vielleicht genau deswegen so spannend. Dark Saphir ist auch verblüffende nachhaltig. Auch am nächsten Tag kann man an Kleidungsstücken noch eine sinnliche Überraschung erleben.

Das macht Dark Saphir zu einem neuen Lieblingsduft. Wahrlich kein Fehlkauf. Aussergewöhnlich, dezent erotisch und äusserst komplex. Seine geheimnisvolle Eleganz macht ihn zu einem perfekten Ausgehduft. Wie gemacht für Events wie Oper und Konzert oder eine stylische Einladung, bei der man Eindruck hinterlassen will.
5 Antworten
Avichr vor 8 Jahren 12 4
10
Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft
Ist Halston Z 14 wirklich die Disco-Vorlage für Tom Ford's Italian Cypress?
Bei sogenannten "Duftzwillingen" bin ich inzwischen vorsichtig geworden. Ich hatte die Originalversion von Halston Z 14 in den 80ern, ich mochte sie sehr gern. Aber ich kann mich nach 36 Jahren natürlich nicht mehr an den Duft erinnern. Und wer hat noch eine Flasche der Originalversion?

Ausserdem bekommt die Z 14 Reformulation auf YouTube immer noch sehr gute aber auch aberwitzig schlechte und grotesk albern-überhebliche Kritiken: "This is a warning. This is not a fragrance. This is lemon juice. This is a joke. Zero out ten. Discontinue it."

Oder hier. https://bigslyfragrance.wordpress.com/2013/05/22/the-not-so-great-z-14-reformulation-debate/

Trotzdem wurde Z 14 mein zweiter Blindkauf (nach dem Disaster mit FM 335). Und es ist keine Enttäuschung. Ich mag den Duft. Immer noch. Auch in dieser Version. Ja - er gefällt mir sehr, sehr gut. Irgendwie fühle ich mich auch an die damalige Zeit erinnert.

Ein frischer, zitrischer Start mit Zitrone und Bergamotte. Prickelnd, fruchtig, leicht säuerlich. Ich empfinde nichts synthetisches. In der Mitte wird er dann holziger und würziger. Fruchtiger und weniger herb als Yatagan, mit dem er gewisse Ähnlichkeiten hat. Wobei Yatagan eher ein wilder, animalischer Löwe auf der Jagd im dunklen Wald ist und Z 14 ein gezähmter Disco-Tiger.

Denn eigentlich ist Halston Z 14 eine Legende. Einer DER amerikanischen Klassiker der 70/80 Jahre. Hypermaskulin, Goldketten, offenes Hemd, Brustbehaarung, Disco, Studio 54. Auf anziehend subtile Art maskulin. Nicht wirklich süß, eher frisch-fruchtig und angenehm herb durch die Holzigkeit wie bei "Italian Cypress".

Ich habe mir beim Oberpollinger auf der einen Hand Italian Cypress aufsprühen lassen um Zuhause dann mit Z 14 direkt vergleichen zu können. Und tatsächlich. Das sind Duftzwillinge. Ich finde, die zitrische Frische verschwindet bei IC etwas schneller und die Zypresse übernimmt schneller das Kommando. Bei Z 14 hat man etwas länger was von der frischen Zitrone und Bergamotte. Aber die Herznote ist wirklich verblüffend ähnlich. In beiden Fällen sehr angenehm.

Deswegen erscheint mir Halston Z 14 mit ca. 30€ für 125ml ein sehr interessantes Angebot. Besonders wenn einem Tom Ford's Italian Cypress auch gefällt (ca. 150€ für 50ml).

Und das Tom Ford den Z 14 und dessen glamouröse Disco-Romantik in einem eigenen Duft auferstehen lassen wollte, ist sehr naheliegend.
4 Antworten
Avichr vor 8 Jahren 12 4
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Eine Reise in eine ausschweifende, geheimnisvolle, maskuline Welt.
Yatagan ist der Inbegriff eines geilen, männlichen Dufts. Provokation als Konzept. Rasieren nicht erwünscht. Yatagan will nicht gefallen - lieber polarisieren. Kein grosses Vorspiel.

Er startet herbal, krautig-lavendelig, grün mit herbem Estragon und bitteren Galbanumnoten. Ein blumenloser, orientalischer Chypre Duft. Keine Orange, Mandarine oder Zitrone. Nichts blumiges im tiefen Wald.

Diese Duftwelt ist entweder vergangen oder wird wieder auferstehen. Beides ist möglich.

Entweder eine Zeitreise in die verbotene Vergangenheit. In den finsterern Wald.
Man schmeckt Kiefernharz, Moos und Animalisches. Kantig, aromatisch, herb, würzig, ledrig.

Besuch bei geheimnisvollen, kriegerischen Jägern. Die mit Krummsäbeln und Pferden jagen, um das erlegte Fleisch anschliessend am offenen Feuer lustvoll zu verzehren. Bärtige, brustbehaarter Machos. Raue, richtige Kerle, die sich nehmen was sie wollen. Der Duft eines autoritären Männerabends. Mannsbilder mit breiten Schultern und tiefen Stimmen. Die Erde eines warmen Waldbodens, leicht bitter, teerig mit weichem Moschus und feuchtem Moos steigt in die Nase.

Oder eine Reise in die Zukunft. In eine neu-archaische, neo-Arabische Macho-Zukunft. Ein geheimnisvoller Fremder, sitzt in einer schummrigen Bar. Nicht unbedingt gutaussehend. Trotzdem auf rätselhafte Weise anziehend. Mit markanten Falten, tiefer Stimme, einer Narbe. Und wenig Haaren auf dem Kopf. Dafür umso mehr Haaren im Gesicht, auf der Brust und auf den kräftigen Unterarmen.

Er stellt sich als Medizinmann und Zauberer vor. Seine heilende Medizin kann angeblich Wunder bewirken. Seine Birkenteer-Heilsalbe hat sexualisierende Wirkkraft. Seine herbe Kräutertinktur brächte jede latent versaute Maskulinität zu Tage. Unzüchtig, viril, rauchig, dreckig, teerig, animalisch, Castoreum.

Plötzlich spürst du eine unbändige, lüsterne Triebhaftigkeit. Wirst du von dem geheimnisvollen Medizinmann und seinen Düften angezogen? Wirst du sein Elexir ausprobieren? Die Sinne sind vernebelt und es kündigt sich ein rauschhaft-sinnliches Abenteuer an. Plötzlich schwirren hemmungslose Traumbilder im Kopf herum, leicht vulgär, leicht dreckig.

STOP. Das alles muss man nicht mögen. Yatagan auch nicht. Aber man könnte die mystische Zaubertinktur verwenden, um seine Triebe neu zu justieren. Back to the Roots im verbotenen Zauberwald.

Yatagan ist ein Ausnahmeduft. Der eigenständig, verwegen und außergewöhnlich riecht. Absolut kein massenkompatibler Nasenschmeichler.

Yatagan hat aber auch Klasse und Eleganz. Er riecht nach Mann, Wald, Erde, Leder und Geheimnissen. Die herbe und kantige Bitterkeit kann irritieren oder faszinieren. Auf jeden Fall ist Yatagan hochgradig individuell, extravagant, maskulin und garantiert auffallend. Für manche der Lieblings Old-Schooler. Der vergessene Klassiker. Für manche die Zukunft und moderner denn je.

Anmerkung. Meinen ersten Yatagan hatte ich vor über 15 Jahren von einem guten Freund, einem belgischen Modedesigner, empfohlen bekommen. Dann geriet er bei mir in Vergessenheit. Jetzt habe ich ihn neu bestellt. Die Qualität und die Wucht ist unverändert.

Im Moment macht es mir besonderen Spass, schon vergessen geglaubte Highlights aus früheren Phasen wieder zu entdecken. Halston Z-14 ist auch so ein Kandidat. Etwas fruchtig, zitroniger, gefälliger, weniger bitter und kantig, aber durchaus ähnlich. Interessanterweise vom selben, fast unbekannten Parfümeur Vincent Marcello. Yatagan und Z-14 waren seine einzigen Herrendüfte. Dirty English geht auch in die Richtung, allerdings mit einer Mandarinen-Note und wird nicht mehr produziert.

Bergamotte, Leder, Holz, Moschus, Amber, Moos haben sowohl Yatagan, Z-14 als auch Dirty English gemeinsam.
4 Antworten
6 - 10 von 10