Vom brennenden Klavier und der großen Reise kleiner Flakons
Burning Piano, ein Duft, der meine Fantasie beflügelt hat, der in mir ein Feuerwerk an Ideen entfacht hat, der mich antreibt und umtreibt und nicht zur Ruhe kommen lässt - ZUM GLÜCK !!!
Als ich vor einem Jahr den Parfümeur Gatsby Yeh in Seattle auf dem Sonntagsmarkt am Capital Hill traf (im Blog vom September 24 habe ich ein Interview mit ihm beschreiben) ahnte ich nicht, welche Geschichte da auf mich zukommen würde.
Seine Düfte gefielen mir unterschiedlich gut. Aber als ich die erste Rauchwolke des brennenden Klaviers in der Nase hatte, war in mir ein Schalter umgelegt. Ich befand mich in einer Bildergalerie vor einem großformatigen Werk, das mich in den Bann zog. Sein „Maler“ (Gatsby hat tatsächlich in seinem Leben schon etliche Bilder und Skulpturen gestaltet) erzählte mir seine Gedanken zu diesem Werk: „Der supertalentierte Pianist beherrscht seine Kunst. Er spielt seine Musik, seine Songs, die er liebt. Er bleibt bei seiner Kunst und versucht davon zu leben. Aber es reicht nicht und er muss für seinen Lebensunterhalt anderen Berufen nachgehen. Am Ende seines Lebens und seiner Karriere angelangt spielt er sein letztes Stück. Es ist Chopins Tristesse. Er beschließt, es an der Meeresküste zu spielen. Mit dem letzten Ton geht sein Klavier zusammen mit seinen Träumen in Flammen auf.“

Der Gedanke, mit diesem Duft den Künstlern, die sich selbst treu geblieben sind ein Denkmal zu setzen, hat mich tief berührt. So tief, dass mir immer wieder Ideen kamen, Flakons zu gestalten. Einige davon habe ich umgesetzt, und zwei habe ich ihm in diesem Sommer mitgebracht, als Dankeschön für sein Werk.

„Wow nice! Really nice!“ und als wir uns schon verabschiedet hatten: „Wait please! Could you imagine designing me bottles?“ „Oh ja! Sehr gerne!“ Mein Herz hüpfte vor Aufregung und mir fielen keine englischen Wörter mehr ein.
Ein Auftrag aus den USA… ob das überhaupt geht? Tausende Fragen folgten der großen Freude. Egal. Einfach mal machen, könnte ja klappen…

Das Design musste ich allerdings seinen Flakons anpassen. Ein Klavierhammer schien mir dafür zu klein, zu klobig. Noch im Urlaub fand ich in einem Secondhand-Bastelshop Klaviertasten. Die passten ideal!
Sofort sprudelten aus meinem Kopf neue Ideen. Unterschiedlich lange Holzstücke, verkohlt, mit einer Saite zusammengebunden.

Ein paar Entwürfe und WhatsApps weiter, stand der Prototyp fest.
Die Holzstücke reihten sich wie ein maroder Zaun im Halbkreis um den Flakon, so blieb noch genug Platz, den Sprühkopf zu betätigen. Vorne hielt die Saite einen Fetzen von dem letzten Notenblatt zusammen.

Für mich symbolisiert das sowohl das traurige Ende der Geschichte wie auch Stärke und Mut. Der gedrungene Flakon strotzt vor Kraft. Die Holzstücke, von der Saite zusammengehalten stützen ihn. Die Musik ist zwar verklungen, doch das Stück ist noch nicht zuende. Es gibt noch Teile, Harmonien, Frasen, die in Einem weiterklingen, Noten, die vielleicht zu einem neuen Stück zusammenfinden. So wie die Tasten nach oben, über sich hinaus weisen, stehen sie für die offene Zukunft.
Der Austausch mit Gatsby zeigt, wie nah beieinander unsere Gedanken liegen. „Im Drydown wird er ruhig und meditativ. Trotz der Vergänglichkeit, die sowohl in einem gespielten Musikstück, wie auch im aufgesprühten Duft liegt, kann das Gefühl vermittelt werden, eingebettet zu sein, in etwas Gutem das größer ist als alles.“

Und obwohl er den Flakon nicht selbst in Händen halten konnte, gab er 20 Stück in Auftrag.
„And if you could finish them before end of November, I will take them to Polaris, the Exhibition in Stockholm.“
„Sure! They will be ready in time!“
…aber das ist eine andere Geschichte… … die ich auch noch erzählen werde.
Liebe Grüße aus der Werkstatt
Barbara


BeJot

(…. und es macht direkt wieder Lust auf einen Besuch in Deiner Werkstatt 😇)
Daher finde ich es superschade, wenn nun KI "Kunst" erzeugen darf. Das hat m.E. wenig mit einem menschlich produzierten Kunstwerk zu tun. Was dann fehlt, ist die Entwicklung , welche eine oder mehrere Seele/n bzw. Persönlichkeiten dabei durchlaufen und das verändert die Menschen. Und wirkt somit auch auf deren Umfeld. Selbst wenn das ERGEBNIS der KI-Produktion ähnlich oder gleichwertig sein sollte: Anderer Effekt!
Mir war bei der Flakongestaltung wichtig, die Geschichte nicht in ihrem dramatischen Ende zu belassen, sondern mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln Mut, Kraft und Vertrauen in eine positive, offene Zukunft zu vermitteln.
Je mehr wir an das Gute in uns selbst und den anderen glauben, an die Chancen, die wir durch unser eigenes Tun der Welt geben, desto positiver und offener wird unser aller Zukunft.
Jede und jeder, da wo wir stehen, mit dem was wir können. Zusammen ist das viel!
Du bist sooo kreativ, herzlich und wundervoll und jeder deiner Flakons ist so außergewöhnlich und persönlich - es ist toll, dass einige Parfumeure das nun nach und nacht ebenfalls entdecken 😊👍
Ich finde ihn sehr gelungen und er passt wirklich seht gut zu der interessanten Geschichte die der Duft erzählt!
Vielen lieben Dank für Deine Geschichte zum kreativen Prozess! Ohne Zweifel hast Du diesem wunderbaren Duft eine würdige Hülle gegeben 🎹, ich freue mich immer wieder sehr über Deine Ideenvielfalt und deren Umsetzung! 🏆
Und vor allem Glückwünsche zu dieser tollen Zusammenarbeit!
Bin schon so neugierig auf Deinen Polaris-Bericht...
Vielen Dank fürs teilhaben lassen!
Ganz begeisterte Grüße und Einenaufhochglanzpoliertenpokal für Dich ✨🏆✨