Butterfly89

Testen konnte ich diesen Duft letztes Jahr, glaublich Frühjahr / Sommer, kurz in der Mittagspause in der Parfumerie vorbeigeschaut, den Duft auf den Arm aufgesprüht und zwecks weiteren Testens von Dannen gezogen - ihr kennt das ja...

Den ganzen Tag umwehte mich ein angenehm, heller, strahlender, vollmundiger Duft. Leicht stechend ist er, stimmt, aber nicht unangenehm, nur so viel, dass meine Nase gefordert und gekitzelt wurde. Er überdeckte sogar meinen Tagesduft, den ich am Hals trug.
Endlich mal ein angenehmer Sommerduft ohne Zitrone (diese mag ich an mir nicht, da empfinde ich immer, als hätte ich in Putzmittel gebadet). So muss es im Urlaub am Meer duften. Olfaktorisch sitze ich auf einer Terrasse bei Sonnenaufgang, ein leckeres Frühstück genießend und den ersten Wagemutigen beim Planschen und Kichern zusehend.

Verzaubert von dem, was mir aus der Armbeuge entgegen strömte, habe ich den Duft dann auch gekauft.

Nun ja; Zuhause bzw die Tage danach war ich dann von dem Parfum doch enttäuscht. Als hell und strahlend würde ich ihn noch immer bezeichnen, aber von vollmundig und ausdauernd keine Spur mehr. Beim Aufsprühen rieche ich nur noch eine synthetische, stechende Kopfnote, die zwar schnell verfliegt, aber mit ihr auch der restliche Duft. In Joy ist für mich nur noch minimal wahrnehmbar, wenn ich ihn auf die Kleidung sprühe; auf der Haut rieche ich schon nach kurzer Zeit nichts mehr.

Leider hat sich dieses Parfum für mich als "Mogelpackung" herausgestellt, und zurück bleibt ein synthetisches, laues, nicht näher definierbares "Irgendwas". Schade, denn die Flüssigkeit im Tester gefiel mir richtig gut!

Mensch, wie lange habe ich auf diesen Duft geschielt, wie lange in der Wunsch- und Merkliste stehen gehabt, wie oft schon darüber nachgedacht, ob ich ihn nicht doch bestellen sollte, wie lange darüber spekuliert, wie er letztendlich duften würde, wie oft nachgesehen, ob dazu nicht ein Sharing gestartet wird...?!

Eine gefühlte Ewigkeit habe ich alle diese Überlegungen angestellt.
Bis mir vor kurzem der Geduldsfaden riss und ich ein Sharing, ja sogar ein Blind-Sharing veranstaltete.
Laut Meinungen hierzu soll das ein wunderschöner Duft sein, wenn nicht der schönste aller Schokoduft den es gibt, mit einer unverwechselbaren Orangennote. Ich würde es bestimmt bereuen, nur 10ml für mich reserviert zu haben, hieß es.

Was hab ich mich gefreut, endlich hat es geklappt. Was für ein zeremonielles Verfahren das Abfüllen werden würde. Ausgemalt habe ich mir, wie schön schoko-orangig dieser Duft riechen würde. Wie sich andere nach mir umdrehen und denken "bist du deppert, was riecht hier so lecker?!" während ich glückseelig durch die Straßen hoppeln würde.
Kennt ihr diese mit dunkler Schokolade überzogenen kandierten Orangenscheiben? Die liebe ich sehr. Eine der besten Süßigkeiten für mich. So wie diese Orangenscheiben schmecken, so musste dieser Duft wohl auch riechen...

Dann war er endlich da und lag in meinen Händen. Der längliche Flacon mit der verheißungsvollen rotbraunen Flüssigkeit. Bisschen Angst hatte ich vor der enthaltenen Vanille, dich in Düften nicht mag, aber was solls?! Voller Freude sprühte ich die ersten beiden Sprüher auf meinen Arm, grinsend steckte ich die Nase in die Duftwolke, roch jedes Molekül welches in der Luft lag weg und ein, bis die Lungen drohten zu platzen und... versteinerte...

Wie ich mich auch anstellte, drehte und wandte, meinen Freund als Versuchskaninchen missbrauchte, der Duft blieb für mich ein eigenartiges Gebräu.
Für mich riecht er wie nicht besonders guter Punsch schmeckt: bisschen Alkohol mit nicht näher identifizierbaren Fruchtaromen und wirkt auf mir auch ziemlich flach und nichtssagend.
Im Hinterkopf habe ich Heidi Klum's Piepsestimme im Kopf: "heute habe ich für dich keeeeine Orangenschokoladeeee...."
Ich kann leider kein bisschen Schokolade ausmachen, auch kein Patchouli, welches gering dosiert nach dunkler Schoko duften kann. Und auch keine Orangen, schon gar keine saftigen, und auch keine kandierten.

Mir kam meine Mama in den Sinn, die früher zu Silvester immer ihren eigenen Glühwein kochte. So ein ähnlicher Geruch lag nun in der Luft.

Aber eines muss man ihm lassen, dem Duft: hartnäckig iss'er. Nach Stunden des Lüftens konnte man ihn immer noch in der Wohnung wahrnehmen.

... oder: "vanilliger" Duft für Rockerfanatisten ;)

So; nun mal aber langsam - ich erkläre mich nun kurz:

Anfangs zu meiner "Parfumo-Karriere" war ich Vanille-Düften gar nicht mal so abgeneigt. Fand ich die Damen, die mir auf der Straße entgegenkamen doch immer so gut duftend wenn sie Vanille-Düfte trugen, irgendwie geheimnissvoll, manchmal verrucht und sexy. Vanille rundet auch so gut wie jedes Outfit (so in meiner olfaktorischen Fantasie / Vorstellung) gut ab: ob leger mit Jeans und Kuschelpulli oder im Lederdress in der Metal-Bar - steht fast jeder Frau.

Dann durfte ich ein paar Vanille- und auch manch einen Schokoduft und andere süße Konsorten testen und ich muss euch sagen ... das geht an mir gar nicht. Schokodüfte sind an mir total flach und nichtssagend, oder es kommt die - in manchen Schokodüften beigemengte - Vanille raus und diese riecht - so wie auch in vielen anderen Vanilledüften - an mir sehr penetrant und auch ... ranzig (?!). Ja, wie alte Butter!
Somit hatte ich erstmal genug mit solcherart Gerüchen und meide diese und ähnliche Düfte a la Candy und Co. Das Ganze geht soweit, dass ich Vanille- und Gourmanddüfte sogar an anderen Personen abscheulich finde. Ganz besonders bei einem Overdose, sodass ich am liebsten das Gebäude oder das öffentliche Verkehrsmittel mit einem Köpfler aus dem Fenster verlassen möchte!
....
und dann "traf" ich Pure Eve.
Ich weiß gar nicht mehr, ob ich ihn in dem Geschäft vom Namen und Aufmachung optisch gut fand oder ihn zuerst auf Parfumo in die Merkliste geschoben habe; jedenfalls kam es dazu, dass ich ihn testete und was soll ich sagen:

für mich gibt es keinen besseren Nicht-Vanille-Vanilleduft. Es riecht nicht "wirklich" nach Vanille, eher vanilleähnlich. Mir kommt das Parfum von Chopard "Cascade" in den Sinn, welches Dank des Heliotrops auch stark vanillig daherkommt (die Blüten des Heliotrops - so laut meiner Recherche - sollen nämlich stark vanillig bzw vanilleähnlich duften; somit wäre mein Bildungsauftrag auch erfüllt)! ;)

Zarte, meiner Nase nicht herausfilterbare Blüten unterstreichen das Vanillearoma und sorgen dafür, dass der Duft nicht zu flach oder fad erscheint und wirkt dadurch auch ganz im Hintergrund etwas pudrig. Der Duftverlauf ist sehr linear, aber gerade am Anfang sehr opulent; wird aber recht rasch wieder körpernaher.
Passend besonders zu kühlen Temperaturen (im Sommer könnte er zu schwülstig sein).
Er ist zwar nicht so verrucht und dunkel wie "echte" Vanilledüfte, aber das empfinde ich als marginal.

Ich, an der "normale" Vanilledüfte untragbar sind, und mir zuckersüße Düfte gemiedene kopfwehverursacher sind, finde dieses Parfum wie für mich gemacht. Niemals langweilig oder störend, sondern richtig angenehm kuschelig.

Ein Gefühl von Geborgenheit und passend sowohl zum legeren Outfit als auch zur Lederkluft! :D

Endlich ist es so weit: über einen deutschsprachigen Parfumhandel konnte ich eine große Flasche dieses Dufts - nachdem ich immer wieder mal hier im Souk oder sonst im Internet geschaut habe - günstig käuflich erwerben.

Und was soll ich sagen: in den ersten Minuten riecht der Duft genauso, wie ich es mir vorgestellt habe! :D Lecker schokoladig, ohne einer (merklichen) Vanilleschote nebenbei, die ich nämlich gar nicht mag, gepaart mit erfrischender Minze. Leider mit einem leichten synthetischen Hauch; aber da habe ich schon weit schlimmeres gerochen. Eigentlich riecht es wirklich so, als ob man gerade eben die After-Eight "Pralinen"-Schachtel öffnet. Und ich liebe After-Eight, besonders im Sommer frisch aus dem Eiskasten.
Die Schokolade im Duft ist allerdings nicht ganz so frisch-knackig wie die der gekühlten Praline, sondern etwas klebrig süßer. Die Minze, die ich vor allem im Sommer als angenehme Alternative zu den zitronigen Düften sehr schätze, gibt der Schokolade die notwendige Frische und verhindert, dass die ganze Komposition (wenn man das so nennen mag, bei einem Duett), zu sehr ins Süße abdriftet.

Leider verduftet mir die Minze viel zu schnell und schon nach wenigen Minuten bleibt nur noch eine sehr süße, fast schon zuckerwatteartige Schokosüße übrig. Dies erinnert sehr an Schokolade, die in der Sonne vergessen wurde und daher zerschmolzen ist.

Zusammenfassend gesagt:
Gelungen finde ich das Aroma, welches dieses Parfum in den ersten paar Minuten verströmt; riecht nachdem was etikettiert wurde. Leider ist die Haltbarkeit sehr gering bzw. hat man nicht lange was von der Minz-Schokoladen-Kombination und übrig bleibt leider nur ein zuckersüßer Schokogeruch.

Als Raumduft, für eine "Schokodosis" zwischendurch oder als Statement finde ich ihn aber trotzdem gut gemacht und gelungen.

Ich mag das Wort Plätzchen und das obwohl ich es überhaupt nicht mag "Fremdwörter" in der Österreichischen Sprache zu verwenden. Man kann es viel süßer und auch lustig-lispelnd aussprechen; mit dem Wort "Kekse" geht das nicht so gut.
Warum diese verwirrende Einleitung?
Weil der Duft genauso gut "Plätzchen der Nacht" heißen könnte; und zwar aus folgenden Gründen:

Schon beim Aufsprühen hinterlässt das Parfum einen ölig orange-braunen "Fleck" auf der Haut, der mich an Zimt erinnert. Riecht auch schon so nach (Weihnachts-)Gebäck. Bisher war mir dieser Gerucht immer zu würzig-schwülstig, generell kann ich mit Zimt und Ähnlichem in Parfums nichts anfangen; aber heute - heute ist ein guter Tag, ich vertrage den Geruch und mag ihn sogar!

Im weiteren Verlauf bleibt der Duft auch weiterhin weihnachtlich-würzig-zimtig. Jasmin nehme ich im Großen und Ganzen nicht wahr; wenn überhaupt, bewirkt er, dass die Gewürze nicht zu bittersüß werden.

Zu meinem Glück bleibt der Duft auch recht linear und wird nach und nach "skinnier"; jetzt - ein paar Stunden später - duftet es an den besprühten Stellen angenehm leicht süßlich nach Plätzchen und erinnert mich an die Weihnachtszeit, wo Oma und Mama abends noch Kekse gebacken haben und der Ofen zum Auskühlen selbiger einen Spalt offen stand und sich das Aroma in der ganzen Wohnung verbreitete.

Für mich passt der Duft also gut zu eher kühleren, allerdings nicht zu kalten Tagen - so wie heute: es scheint zwar die Sonne, allerdings verträgt man schon die langen Hosen und Boots!
An warmen Tagen ertrage ich diesen schwülstigen, fast schon penetrant süßen Duft nicht. Da wird er untragbar für mich und legt sich mir unangenehm auf den Magen. Aber wer isst denn auch schon Zimtplätzchen im Sommer?! ;)