Chizza

Chizza

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11 - 15 von 334
Chizza vor 6 Monaten 15 23
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Schöne Stagnation
Bei Ouddüften mit fehlender Nennung der Herkunft des Ouds ist es nicht selten so dass man nicht mit hoher Qualität rechnen darf, vielleicht nicht mal damit dass es sich um „echtes“ Oud handelt. Zumindest und ebenfalls erwecken Releases von sonst in dieser Hinsicht kommunikationsfreudigen Marken eben jenen Eindruck. So gesehen herrschte bei mir bei diesem Duft Verwunderung, wo Agar Aura für entsprechende Proklamation solcher Details bekannt sind. Sei es drum, diese Skepsis sollte sich nicht als begründet herausstellen daher folgt nun mein Reisebericht:

Anfangs durch güldene, herbstliche Wälder wandelnd, die Bäume auf dem erdigen Grund umsäumt von herab gesegelten gelb-braunen Blättern. Ein angenehmer holziger Duft durchzieht die Szenerie. Ölig, Ideen von Politur verfeinern diesen Duft, olfaktorisch goldbraune Inkarnation eines sonnendurchfluteten Waldes in kühler Luft. Süffig-holzig, hinabrinnende, nein, -kriechende Harztropfen.

Sukzessive erhält Agar Attar eine grüne Facette, erst dezent, dann dunkelgrün, bitteren Blättersud evozierend. Dieses Intermezzo währt nur kurz, es wird harscher, der Wind tost, die Wälder wiegen in besagtem Wind. Holzige Noten, frisch geschlagene Wunden, Baumsäfte.

Nun Transformation; ledrige Nuancen, für Augenblicke grün angehaucht, dann gourmandige Akzente. Hier nun Verweilen im Status Quo, jedoch nicht im Sinne von Mephistopheles respektive Faust sondern weil diese Kreation in der Entwicklung stagniert. Nach wie vor holzig, wenngleich nur leicht, nach wie vor ledrig. Ebenso ohne extraordinäre Merkmale, sogar blasser duftend, zumindest partiell.

Hier endet die Reise nun, unendlich schön im Moment doch ohne weiteren Verlauf, hier verweilt man gerne, kommt allerdings sowieso nicht voran. Insofern ein kurzweiliges, olfaktorisches Abenteuer, eingängig, leicht hineinzufühlen.
Wenn man nun kritisieren möchte, dann die Haltbarkeit sowie fehlende Alleinstellungsmerkmale. Klar, Agar Attar ist stark, riecht gut, ist nicht komplex sondern direkt da. Dafür partiell sehr sanft, manchmal weniger als moderat holzig, nur selten hypnotisch wie das Leder hier. Das ist schade, vermutlich wäre mehr möglich gewesen, besticht die Marke samt ihrer Werke sonst durch mehr Tiefgang.
23 Antworten
Chizza vor 6 Monaten 25 47
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Lauernde Sehnsucht
Süffiger Start, intensiv-ölig, dunkelholzig und edel zugleich; dennoch gezähmt, kein archaisches Oud, keine Wildnis; domestiziert. Sanfte Kaffeenoten, mittlere Stärke, Duft eines frisch zubereiteten, puren Kaffees. Al-Arabiya ist dennoch kein Purist. Zu deutlich sind die weichgezeichneten floralen Noten.

Die Minuten verrinnen, das Oud wird dunkler, wird reifer, wird zum Protagonisten. Sublimer Hauch von Weihrauch, jedoch harzig nicht rauchig. Orientalische Räucherrituale, Impressionen von Beduinen in Zelten. Oudistische Walze, dickflüssig, dominante aber schwermütige Kinetik.

Überwältigende Vielfalt in Sachen Oud. Von frisch-harzig, leichten Minznuancen bis hin zu dunkelgrün-holzigen Facetten und finalem Tiefgang. Dieser speit Rauch, hüllt die Erde in einen Oudnebel, flüstert von vergangenen kultischen Ritualen.
Das Oud und sein wildes Weben, divers ausgearbeitetes Erleben. Die Entwicklung schreitet voran wie ein einzelner Tag; gen Ende wird eine Aura wie ein nokturnes Waldgerippe im Mondenschein evoziert. Mystisch, doch nicht düster; sirenengleiche Aura versprühend und kein Pavor Nocturnus.

Gebanntes Starren, dann mäandert ein plötzlich auftretender Rauch in die Szenerie, schlängelt sich gnadenlos um das olfaktorische Empfinden, okkupiert die Sinne, oktroyiert diesen altehrwürdige, holzig-harzige Anklänge auf, weiß auf sachte aber stringent-geradlinige Art zu begeistern. Ledrige Nuancen zeigen sich im Verlauf, verfeinern; hohes Niveau.

Agar Aura ist für mich eine Marke, die wunderbare Kreationen in Sachen Oud erschaffen hat, nicht nur mit Ölen sondern auch mit sprühbaren Versionen. Zuletzt wurde etwas an Reputation aufgrund der mediokren Solafa-Düfte eingebüßt, die eigene Aura ein Stück weit nivelliert. Hoffen wir schlicht auf weitere Düfte wie diesen hier. Solafa ist dann vergeben und vergessen - wie ein blasser Schrei aus einer anderen Zeit: verklungen im Nichts.
47 Antworten
Chizza vor 7 Monaten 18 31
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Einen Oud-Sommer lang
Lange habe ich eine Art sommerliches Oud gesucht, ein cologneskes Werk mit deutlichem Oud-Einschlag. Zwischenzeitlich vergass ich diesen Wunsch bis ich damals Yellow Lemon Tree kennenlernte. Leider in der damaligen Konzentration längst ausverkauft, doch nicht begeisternd. Die Marke teilte mir im Dialog mit, Yellow Lemon Tree kommt irgendwann wieder. Es fühlte sich teils wie das Warten auf Godot an, doch endlich war es soweit, allerdings mit veränderter Konzentration, nämlich als Extrait. Doch - ich nehme es vorweg - das verlieh dem Duft ein wenig mehr Ernsthaftigkeit ohne jedoch den sommerlichen Verve zu verlieren, denn weniger Leichtigkeit bedeutet hier ein gewisses Plus an Tiefe ohne jedoch komplex sein zu wollen.

Dies ist übrigens der Kritikpunkt, der mich bisher von mancher Person erreichte. Es wurde mangelnde Diversität, mangelnder Wandel in Yellow Lemon Tree proklamiert doch frage ich: wer genau hat behauptet dass das immer sein muss? Genügt es nicht, einen erfrischenden, leichten, unverdrossenen Duft olfaktorisch genießen zu dürfen? Mir schon. Hier schon, denn nichts anderes erwartete, suchte und verlangte ich.

Zweifellos beginnt es zitrisch, dank den animalischen Noten erhalten die sommerlichen Ingredienzen einen dunkleren, reiferen und tieferen Wesenszug. Der Sommer wird zum Spätsommer, vielleicht gar zum Herbst an warmen Tagen, an denen manch welkes Blatt bereits herabgesetzt worden ist und die Sonne nicht mehr gleissend grell am Firmament steht sondern Sol ihren Sonnenwagen hell, doch durchsetzt mit warmer Röte und nicht mit heißen Strahlen lenkt. Hier verhilft der moderate doch deutliche Lavendel zu ansprechenden Charakterzügen. Auch der Ingwer gibt sich konziliant, begleitet eher als im Verlauf deutlich hervorzutreten.

Allgemein werden die floralen Noten durch die Dichte, intensive Zitrik, welche sich auf eigenem Zenit zu befinden scheint, überlagert, liefern nicht mehr als verfeinernde Nuancen, ziselieren den hesperidischen Grund. Sukzessive verlagert sich die Szenerie in animalisch angehauchte Schaubilder. Cremiges Sandelholz mit typischen Dufteigenschaften, ein ledriger Hauch legt sich über die Zitrusfrüchte, ähnlich zu den bekannten Sommerleder-Kreationen. Doch hier passiert freilich mehr.

Während sich die Zitrik verabschiedet wie eine lauwarme Oktobersonne, schält sich das hier äußerst introvertierte Oud heraus. Es ist niemals monologisierender Protagonist, wird begleitet durch das bereits erwähnte Sandelholz sowie andere, eher zarte Holznoten. Weihrauch darf man sich hier nicht als rauchig vorstellen, leicht harzige Facetten werden addiert. Nicht mehr, nicht weniger.

Somit endet meine Suche nach dem Sommer-Oud; quaere et invenies. Das Parfumhaus besitzt weitere, recht vergleichbare Düfte, Rising Mysore ist hier zu nennen, die hesperidische Akzentuierung scheint mir nur leicht verändert zu sein. Dixit & Zak kann man empfehlen, die Marke bietet viele interessante Düfte auf. Lediglich die Preispolitik erscheint mir fraglich, deutliche Erhöhungen sowie zusätzlich bei höheren Konzentrationen überproportional mehr zu verlangen, das kann sich irgendwann als Fehler herausstellen. Dennoch, ganz im Sinne einer Sandwichkritik, hebe ich gen Ende den Duft für dich hervor. Der ist in meinen Augen ein klasse „Oud Cologne“. Punkt.
31 Antworten
Chizza vor 7 Monaten 17 30
8
Flakon
7.5
Duft
Reminiszenz
Ash. Asche. Düsterer Himmel, Feuer, Rauch, Dystopie, Menschenfeind, zerstörerischer Moloch. Es gibt so viel, was man hier an Bildern malen könnte, von post-apokalyptischer Tristesse bis zu einem Niedergang und was sonst noch alles. Was ich an diesem Duft neben dem Thema als spannend erachte, ist das bisherige künstlerische Schaffen des Parfumeurs, stach Lost Tribe sonst durch wunderbare florale Werke mit Ambra hervor. Letztere ist auch hier enthalten, das war es an Gemeinsamkeiten.

Hier erblicken wir ein sich dazu diametral verhaltenes Werk. Ash ist dabei kein gerade entflammter Brand, keine sengenden Späne stieben durch die Luft, es ist kein Rauch, der alles in giftigen, verschlingenden Qualm hüllt. Es ist vielmehr eine größtenteils bereits verklungene Rauchsäule; kalt und die grüne Umwelt dezent verändernd, hin zu einem minzig-erdigen Aroma, als wäre der Grund durchwirkt. Mitti Attar wird als Ingredienz gelistet und dieser harmoniert hier mit den dunkelgrünen Noten wirklich gut. Wir haben eine leicht pfeffrige Basis, größtenteils auf trockenen Hölzern fußend gepaart mit grasgrünem Vetiver. Relativ aromatisch doch zugleich nicht einzigartig. Dieses Resultat findet man in vielen rauchigen Düften. Rauchdurchwirktes Holz, nicht verbrannt sondern vielmehr einem Dach gleich, welches nie Feuer fing, ihm dennoch ausgesetzt war. Hier abgerundet, keine kratzigen Akzente, die manch ähnliche Kreationen leider besitzen.

Grundsätzlich ist Lost Tribe hiermit mal ein etwas anderer Duft gelungen, handwerklich gut gefertigt. Die Ausdauer von Ash ist nicht beeindruckend und so sprechen wir tatsächlich von einer Verweildauer similar zu einer erlischenden Rauchsäule, hier nun eher Stab, anfänglich immerhin stetig. Der Duft weist keine Veränderungen im Verlauf auf, ist auch nicht sonderlich extrovertiert. Insofern bleibt mir nicht viel zu sagen außer:

Ich verflüchtige mich
Und treibe langsam
ins Unbekannte
Mit den kalten Winden der Seele
30 Antworten
Chizza vor 7 Monaten 19 33
6
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Irgendwas mit Zeitreise und so
Liebes Parfumo-Tagebuch,

heute begab ich mich auf eine Zeitreise in Länder lange vor unserer Zeit. Ok, vor meiner Zeit. Meine Entourage kannte die Zeit noch bestens. Ich wurde begleitet von älteren Herren, wettergegerbt ihr Antlitz, die Haare in meiner Erinnerung weiß wie Schnee, vielleicht trug der ein oder andere auch eine Perücke, es war zu deren Zeit vor Dekaden, Jahrhunderten, ach was, Myriaden an Jahren üblich. Ihr werdet es erkannt haben, Yatagan und seine Crew waren mit mir.

Eigentlich wollten wir zu einer Veranstaltung, eine Ausgrabung für Dinofreunde, die hatten wir verpasst, daher die Zeitreise, die viele Jahre zu weit ging. Eigentlich wollten wir nur bis letzten Donnerstag zurückreisen. Stattdessen saßen wir nun fest im Zeitalter der Dinosaurier, ob es Kreidezeit war oder was auch immer, ich weiß es nicht.
Wir entschlossen uns zu warten, 2023 wird schon kommen. Dort nahm ich an einem der Yatagans, der Einfachheit halber und aufgrund meines schwachen Gedächtnisses für Namen nannte ich sie alle gleich mit ihren Puderperücken und den Roben, einen Geruch wahr. Er war weniger animalisch als die Dinos hier aber doch krautig animalisch. Thymian, Basilikum erfrischten dank der Zitrik sogar. Etwas Lavendel lag ebenfalls in der Luft aber von moderater Natur.
„Sag mal….Yatagan II, was ist das?“
„Ich heiße Leonard.“
„Sag ich ja. Kenny, ich meine Lenny, also?“
„Habe ich mir hier zusammen gemixt aus meinem Reiseproviant, pass auf wie das weiter geht. Ich plane den 1980 zu releasen. Aus Zeitgründen und T-Rex-Populations-Gründen schwankt das aber noch.“

Dann ging es weiter, krautige frische, charakteristische Merkmale wie eine trockene Grobheit gesellten sich zu den anderen olfaktorischen Eindrücken. Und mit grob meine ich nicht taueresk sondern eher a la schroffe Felsenklippe. Eine düstere Note, für mich nun nicht mehr animalisch, erklomm die Duftspitze. Ein feiner Rauch, welcher ledrige, krautige Noten durchdrungen hatte und nun als dunkleres Triumvirat nach vorne preschte.
„Ja…da kommt mir eine Idee…Sturm und Drang….“
„Wie bitte, Yatagan XIII?“
„Johann bitte.“
„Natürlich. Johann. Jetzt lass mich weiter vor mich her schwurbeln bitte und so tun, als würde ich hier einen Dialog führen.“

So wurde die Melange sukzessive introvertierter, doch behielt sie ihre grundsätzliche Ausrichtung bei. Viel weiter kam ich dann leider nicht mehr denn ein Carnivor entdeckte uns. Kurz bevor ich dann gefressen wurde, dachte ich nur:
„Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet. Gigantische Schiffe, die brannten, draußen vor der Schulter des Orion. Und ich habe C-Beams gesehen, glitzernd im Dunkeln, nahe dem Tannhäuser Tor. All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, so wie Tränen im Regen. Zeit zu sterben.“

Manche Düfte sind im Regen äh ich meine durch Parfumo doch nicht ganz verloren, wie ich merken würde, wenn ich überlebt hätte. Over and out.
33 Antworten
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